Full text: St. Ingberter Anzeiger

Fuhrmann von Biedershausen wollte zwei 
Pinder an einem Stricke auf die Weide treiben. 
Unvorsichtiger Weise schlang das Kind sich den 
Strick um den Leib, die Rinder wurden scheu und 
schleiften den unglücklichen Knaben etwa 400 Meter 
'ort. Derselbe erlitt, wie die „Pf. Pr.“ meldet, 
hierdurch derartige Verletzungen am Kopfe, daß er 
sofort sein junges Leben aushauchte. 
Am kommenden 19. Sertember findet in 
Neustadt die fünfundzwanzigjährige Jubildums⸗ 
feier derjenigen pfälzischen Lehrer Statt, welche im 
Jahre 1859 aus dem kath. Schullehrerseminare 
Speyer entlassen wurden. Zur besagten Feierlichkeit 
sind noch eingeladen die Ober- und Unterkurser des 
erwähnten Jahrganges, im Ganzen gegen 40 noch 
lebende Lehrer der 3 Jahrgänge 1856, 1857 und 
1858. Nach einer Seelenmesse für die Verstorbenen 
aus den drei Kursen beginnt im Saalbau die Feier⸗ 
lichkeit mit entsprechenden Reden. Für den Nach— 
nittag ist ein Ausflug auf das Hambacher Schloß, 
sowie gesellige Zusammenkunft in den Lokalitäten 
z»ei Herrn F. Bauer auf der Haardi in Aussicht 
genommen. 
—Dürkheim. Der „D. Anz.“ schreibt 
Aehnlich wie in anderen Städten herrscht auch bei 
uns vielfach Unzufriedenheit wegen Erhöhung der 
Bewerbsteuer, die in Folge des Gesetzes vom 19. 
Mai 1881 gegen früher bedeutende Aenderungen 
erfahren hat. Besonders ist die Anwendung der 
Art. 7 und 20 des citirten Gesetzes für die betr. 
Steuerpflichtigen sehr erschwerend. Um einige Zah— 
len anzuführen, sei es gestattet, die uns von ver⸗ 
chiedenen hiesigen Gewerbtreibenden vorgezeigten 
Steuerzettel von 1881 und 1882 vergleichsweise 
anzuführen. Ein Metzger und Viehhändler zahlt 
tatt früher 38 jetzt 116 Mk.; eine Näherin statt 
2 jetzt 7 Mk. ein Küfer mit Weinvermittlung statt 
44 jetzt 63 Mk. eine Eisenhandlung statt 57 jetzt 
173 Mk. eine Brannweinbrennerei statt 74 jetzt 
268 Mk. ein Lederhändler statt 45 jetzt 107 Mk. 
ein Ellenwaarenhändler statt 19 jetzt 32 Mk; eine 
Spezerei⸗ und Farbwaaren-Handlung statt 71 jetzt 
242 Mk.; ein Weinhändler und Wirth statt 60 
jetzt 188 Mk.; ein Wein⸗Kommissionär mit Keller— 
aufsicht statt 47 jetzt 264 Mk.; ein Gastwirth statt 
19 jetzt 102 Mk., ein Fabrikant statt 217 
etzt 708 Mk.; eine Branntwein⸗ und Liqueur—⸗ 
Handlung statt 91 jetzt 229 Mk.: ein Brierbrauer 
statt 67 jetzt 131 Mk. — Zahlen sprechen für sich. 
— Für die Mehrbelasteten gibt es keinen anderen 
Ausweg, als entweder für 1882 und 1883 zu 
zahlen oder das Geschäft niederzulegen. Ende 1883 
erfolgt eine neue Einsteuerung für die Jahre 1884 
und 1885. Bis dahin werden die Leute durch 
Schaden klug geworden sein, um die Bekanntmach⸗ 
ung wegen der öffentlichen Auflegung der Steuer⸗ 
listen zu beachten, die vorgeschriebene Reklamations⸗ 
frist nicht unbenützt verstreichen zu lassen und sich 
auf diese Weise an der Hand des Gesetzes vor 
Ueberbürdung zu schützen. Alles spätere Lamen— 
tiren und Raisonniren kann nichts nützen. 
— Speyer, 2. Sept. Die dem verst. Stadt⸗ 
rinnehmer Paulus gehörigen Häuser in der kleinen 
Pfaffengasse wurden gestern von Herrn Baumeister 
Braf fur die Herren Bürgermeister Haid, Adjunkt 
Merbel und Bankier Haid um die Summe von 
35,700 M. ersteigt. Vor einigen Jahren wurden 
auf das Anwesen 80000 M. geboten. 
Ludwigshafen, 4. Septbr. Die am 
Samstag Nachmittag erfolgte Verhaftung des muth⸗ 
maßlichen Thäters des vor einigen Tagen zwischen 
Mundenheim und Ludwigshafen verüblen Mordes 
erregt in unserer Stadt begreiflicherweise großes 
Aufsehen. Die Verhaftung fand auf Grund einer 
bei der hiesigen Polizeibehörde eingelaufenen De— 
nunciation in Mannheim durch den hiesigen Poli— 
zeicommissär statt. Der Verhaftete, welcher erst 
seit acht Tagen verheirathet ist und sich im allge— 
meinen eines guten Rufes erfreut, heißt Friedrich 
Lehmann und ist von Profession Dreher. Hoffent⸗ 
lich wird es den Bebörden gelingen, Licht in diese 
einigermaßen mysteriose Geschichte zu bringen. 
-An die pfalzischen Creditbereine (Vor⸗ 
schuß⸗Vereine) ist seitens des Verbandsdirectors Dr. 
Znecht und dessen Stellvertreters Bezirksamtsassessor 
Conrad ein Circular hinausgegangen als Antwort 
auf ein anderes Rundschreiben, welches am 13. 
August in Landau von einer geheimen Versamm⸗ 
ung von Vereinen beschlossen wurde, die bei der 
Abstimmung über die Revisorenfrage auf dem Ver⸗ 
handstage in Zweibrücken in der Minorität waren. 
daß diese hochwichtige Frage nicht sachgemäß ge— 
prüft und behandelt wurde, als unzutreffend zurüd 
und verweist diesbezüglich auf die Genossenschafts— 
blätter, die Berichte des allgemeinen Vereinstages, 
auf die in Weinheim geführten Verhandlungen und 
die dort mit Einstimmigkeit gefaßte Resolution. 
Dann wird ausgeführt, daß ein Verbandsrevisor 
recht wohlthätig und in jedem Falle im Interesse 
»er Mitglieder wirken werde. Die Thaätigkeit des 
Berbandsrevisors werde vielleicht eher zu einer 
Stärkung des Ansehens des Aufsichtsrathes führen 
egenüber einer etwa vorhandenen Allmacht des 
dorstandes. Wenn ein Verbandsrevisor vorhanden 
st, wird auch der Aufsichtsrath, welcher in vollstem 
Vertrauen zum Rorstande die Revision nicht sach: 
ich und gründlich genug vornimmt, gezwungen, 
eine Verpflichtung nicht ausschließlich formell zu 
exfüllen. — Die Ursachen von Unglück fern zu 
jalten, die Aenderung falscher Einrichtungen und 
Beschäftsgebahrungen herbeizuführen, gute praklische 
Einrichtungen weiterzupflanzen, die Sicherung der 
olidarisch haftenden Mitglieder vor Verlusten und 
has Vertrauen in die Solidität der Vereine zu er— 
höhen, dazu würde zweifellos ein genossenschaftlich 
iebildeter und technisch geschulter Revisor beitragen. 
-—chließlich wird bemerkt, daß die Absicht, einen 
üdwestdeutschen Revisionsverband zu organisiren, 
ils definitiv aufgegeben anzusehen ist, da der mittel⸗ 
cheinische Verband einen besonderen Revisor anstell! 
ind der Starkenburger durch seinen Verbandsdirektor 
rebidiren läßt. In beiden Verbänden unterziehen 
ich alle Vereine dieser verbandsmäßigen Revision 
—ADD 
»eiden badischen und des pfälzischen Verbandes 
übrig. Die Verbandsleitung wird dieses Ziel im 
Auge behalten. „So lange aber eine Verständigung 
zierüber unter Zustimmung der Vereine nicht er— 
reicht ist, wollen wir an dem in Winnweiler ein⸗ 
stimmig gefaßten Beschlusse festhalten. Wir richten 
)aher an alle Vereine in Ausführung des Winn⸗ 
veiler Beschlusses das Ersuchen, dem seitherigen 
Verbandsdirektor anzuzeigen, wann sie sich einer 
Revision desselben unterziehen wollen. Der Ver— 
andsdirektor ist bereit, dieselbe vorzunehmen.“ 
Vermischtes. 
F München. Der Verwaltungsgerichtshof hat 
'olgende Entscheidung publicirt: Zur Enischeidung 
»on Streitigkeiten über die Belastung eines im 
Privateigenthume befindlichen Grundstückes mit einer 
Wegdienstbarkeit sind nicht die Verwaltungsbehörden, 
ondern die Gerichte zuständig Die Zuftändigkeit 
»es kgl. Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich nich 
auf die Fragen: 1) ob ein öffentlicher Weg an eine 
indere Stelle zu verlegen sei, 2) ob Anlaß oder 
Bedürfniß bestehe, einen über Privateigenthum führen⸗ 
den Weg als einen öffentlichen in Anspruch zu nehmen. 
F Würzburg, 31. Aug. Ein bedauerlicher 
Inglücksfall ereignete sich heute Abend in dem Ge⸗ 
chäfte eines hiesigen Trödlers. Dort erklärte der 
Beschäftsinhaber einer Kaäuferin die Handgriffe ei⸗ 
ies Revolders, während zwei Sanitätssoldaten nicht 
veit davon entfernt mit dessen Frau einen weiteren 
Handel abzuschließen im Begriffe waren. Plötzlich 
entlud sich der Revolver in der Hand des Trödlers 
und fuhr die Kugel einem der Soldaten in den 
dinterkopf, so tief, daß dessen Tod bald darauf 
erfolgt sein soll. 
f Aus Baden-Baden wird der „Saar— 
und Blies⸗Ztg.“ unterm 2. Sept. berichtet: Von 
hier muß ich Ihnen die Thatsache melden, daß 
nan heute als am Sedantage, diesem großen Ge— 
)enktag unserer Nation, es hier nicht einmal der 
Mühe werth hielt, desselben auch nur mit einem 
inzigen Anzeichen zu gedenken. Nirgends eine 
Fahne, selbst nicht am Dienstgebäude der Reichs- 
»ost. Und weshalb? Um die vielen Franzosen, 
die hier sind, nicht zu verletzen, während uͤnsere 
AUngehörigen täglich und stündlich jetzt wieder in 
daris beleidigt werden. Wir sind ihatsächlich ein 
Bedientenvolk, und verdienen bei solcher Gesinnung 
virklich nicht, eine große Nation zu sein. Diese 
Weisung soll sogar von seiten der Stadtbehörde 
exfolgt sein. Dies Verhalten ist um so auffallender, 
als Baden⸗Baden auch materiell von unserm Kaiser— 
hause jährlich großen Vortheil hat. 
F Großes Eisenbahnunglück.) Am verflossenen 
Sonntag (3. Sept.) hat sich bei Freiburg im Breis— 
zau (Baden) in Folge eines Zusammensturzes 
einer vom Hochwasser beschädigten Brücke ein gro— 
ßes Eisenbahnunglück zugetragen. Die Brücke brach 
auf der Fahrt von Colmar nach Freiburg su 
passirt hatie, und wurden die nachfolgenden Wo 
gen über die Brücke hinab geschleudert — 
der Todten soll sich auf 14, die der Verhen 
auf 72 belaufen; andere Nachrichten sprechen er 
von 45 Todten und 200 Schwerverwundeien in 
(Siehe Neueste Nachrichten.) 5 
f Aus Straßburg wird geschrieben: Si 
hatte eine schöne, schlanke Gestalt. Silisam —* 
waren ihre Wangen, verschämt ihr Blick um * 
Gang hatte die junge Dame, der Aufsehen nn 
sobald sie sich ab und zu auf dem Brogliepuß 
und auf sonstigen Straßen und Plätzen zur Aben 
stunde sehen ließ. Kein Wunder war es daher 
wenn zur Anknüpfung einer Bekannischaft n 
jungen Mädchen oftmals junge Männer folglen 
Das Gespräch war dann jedesmal so anziehen 
daß der Bekanntschaftsuchende der holden Dam⸗ 
aft in die dunkelsten Thorgange folgte. Don et. 
eigneten sich aber Wunderdinge, denn die hold⸗ 
Dame entriß ihrem Anbeter plötzlich die Uhr au⸗ 
der Tasche und war verschwunden, ehe der Mann 
zur Besinnung kam. Wie vielen Männern ein 
solches Mißgeschick widerfuhr, wird unaufgellarh 
oleiben, denn nicht jeder hat Lust, der Polizei von 
jolchem Betruge Anzeige zu machen. Die Polize 
kam jedoch hinter die Schliche der Person, sie lies 
dieselbe beobachten und verhaften. Bei der Ver 
nehmung hat sich die holde Dame als — ein bar— 
loser Jüngling in Frauenkleidern entpuppt. 
F Darmstadt, 1. Sept. Das Schöffen 
zericht verurtheilte heute einen englischen Offiziers 
Aspiranten Namens Richat, der einen RMuüͤilr— 
chwimmlehrer während der Ausübung seines Verufe 
am großen Woog durch Schimpfworte wie „der 
fluchter Deutscher', „Schweinehund'“ — das ein— 
zige Deutsch. was er gekannt haben will, beleidigte 
zu 10 Tagen Gefängniß und verfügte die sosor— 
tige Verhaftung des Verurtheilten, der vergeben' 
jede beliebige Kaution bot, um seinen Examen— 
arbeiten obliégen zu können. Der Staatsanwall 
hatte 3 Wochen Gefängniß in Antrag gebracht. 
F Ein Hausirer in Crefeld, welcher geladen 
Revolver zum Verkaufe anbot, behandelte die 
Waffen so unverantworilich leichtfinnig, daß ein 
Schuß losging und ein 15jähriges Mädchen durdh 
die Brust geschossen zu Boden sank. 
fF (Ein Feuer-Diner.) Gelegentlich eine 
am 20. August stattgehabten Bankettes des Rheinisch 
Westphälischen Feuerwehrberbandes in Barmen 
wurde folgendes feurige Menu veranstaltet: „Ver— 
bands-⸗-Hummer. — Flammensuppe mit Feuerwerks 
körpern. — Wasserleitungs-Salm mit Delegirten⸗ 
Sauce. — Gelöschtes Roastbeef mit Wasser⸗Gurken 
und Schlauch⸗Nudeln. — Spritzen⸗-Sauerkraut mi 
Assecuranz⸗Schinken und vertrampelten Erdäpfeln 
Aus dem Feuer gerettetes Geflügel mit Sicher— 
heitss Salat und Prämien⸗Compot. — Brand⸗Torte 
— Dessert von verzuckerten Rettungssacken mit 
Strickleitern.“ Man kann sich den Durst denken. 
den dieses Feuer-Diner hervorrufen mußte. 
F Eupen. Der 35jährige älteste Sohn des 
hiesigen Bierbrauereibesitzers D., welcher schon sei 
Jahren als technischer Leiter der mit Dampftkraf 
hetriebenen Brauerei seines Vaters vorstand, hatt 
kürzlich das schreckliche Unglück, als eben die zweit 
Würze von einem 50b1. haltenden Maischbottish 
abgelassen werden sollte, in diesen, wahrscheinlich 
in Foige eines Schwindelanfalles das Gleichgewiht 
verlierend, hineinzustützen. Den rasch hinju— 
springenden Brauburschen gelang es zwar, den 
Verunglückten fast augenblicklich herauszuziehen; 
die in einer Siedehitze von 75 bis 80 Grad be— 
findliche Maische hatte indessen den Körper des be⸗ 
dauernswerthen jungen Mannes und Vaters bvor 
fünf Kinder im Alter von einem bis acht Jahten 
so gräßlich verbrüht, daß trotz Aufbietung aller nut 
moglichen Hülfsmittel und der aufopferndsten Be 
mühungen der sofort zur Unglücksstätte herbeigeeilten 
Aerzte nach fieben Stunden der unsaalichnen 
ZSchmerzen und Qualen der unabwendbare 170 
den so Gemarterten von seinen Leiden erldste. 
Berlin, 2. Sept. In dem Fußleiden r 
daiserin, das sich die hohe Frau in voriger Wo 
durch einen Fall zugezogen hat, ist, wie 
Potsdam telegraphisch gemeldet wird derart 
Lerschlimmerung eingetreten, daß gestern um — 
leidenden Theil ein Gypsverband gelegt w— 
nißte. Ferner sind die Schwestern. welche 
saiserin in Koblenz während ihrer vorahrige 
schweren Krankheit Pflegedienste geleistet baben, 
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