Full text: St. Ingberter Anzeiger

x vorher die Berechtigung zum einjährig⸗frei⸗ 
—* Dienst nicht nachgesucht. so geht er des 
haichs seiner altiven Dienstpflicht in dieser 
qhe genügen zu dürfen, verlustig. 
8wiegespraäch) Der Pfarrherr einer 
atfirche Niedersachsens sieht einst während der 
digt eine Dame, die keinen Platz gefunden, vor 
herschlossenen Thür eines Kirchstuhls stehen, in 
em sich nur eine Person, ein Bürgersmann in 
nleren Jahren, dreit macht. Er unterbricht 
a seine Rede und richtet an den Siuhlinsassen 
Vorte: „Christ, vffne der Christin! Der Bürgers⸗ 
m rührt sich nicht. Nach einer Weile erneuerte 
sorderung „Bruder in Christo, laß' die Schwester 
Schließlich, als auch das Nichts fruchtete, die 
Ae Frage: Aber lieber Mann, wollen Sie denn 
Dame nicht aufmachen?“ Da endlich erhebt 
det Bürgersmann und spricht mit bedauerndem 
jelzucken: „Ja, Herr Zupperndent, ich bin selber 
gellettert “ 
Fin Feldzug gegen den deutschen Wal—⸗ 
als einen „unanständigen und deutschen Tanz“, 
d zjur Zeit in Amerita eroffnet. So erklärt 
et Tage in der Philadelphia Preß ein ange⸗ 
uer Tanzprofessor jener Stadt: „Ich bin zu 
Ueberzeugung gekommer, daß der Walzer un⸗ 
ralisch ist. Es ist der einzige Tanz, gegen den 
jandige Leute protestiren, und ich bin stolz da⸗ 
, sagen zu können, daß es noch eine ganze 
nahl von Vätern gibt, die es streng verbieten, 
fihre Tochter diesen Tanz tanzen, obschon die 
hionable Gesellschaft im Augenblick sich noch nicht 
Jder Gefährlichkeit desselben überzeugt hat. Ich 
e kärzlich eine Unterredung mit Rev. Wayland, 
n bekannten Baptistenprediger, und mit noch an⸗ 
ven geistlichen Herren, und diese sind alle mit 
rdetselben Ansicht, daß der Walzer in seiner 
zäse einen ebenso demoralisirenden Effekt hat wie 
Allohol und der Tabak in anderer Art. Ich 
der Ansicht — fügte dieser geistliche Herr hin— 
— daß es jetzt gerade die richtige Zeit ist, 
gen den Walzer einen Krieg anzufangen. In 
heten Jahren war der Walzer ein verhältniß⸗ 
hig anständiger Tanz, jetzt ist aber gerade das 
egentheil der Fall, und in der That demoralifirt 
xWalzer unsere jungen Leute mehr als andere 
nter, gegen die von der Kanzel herab gepredigt 
id und die den häuslichen Frieden und das 
milienleben ruiniren. Diejenigen, die den Kampf 
sen den Walzer eröffnen wollen, hegen die Ab— 
t, Citculare an die berühmtesten Geistlichen, so⸗ 
e an die religioösen Organe und Institute zu 
iden und dieselben zur Betheiligung an dem 
unpfe aufzufordern. Frau General Sherman 
ücht in ihrem Buche gegen den Walzer und die 
tdernen Rundtänze ihre Meinung dahin aus, daß 
w Walzer ein frivoler Tanz ist, daß er Gelegen⸗ 
i zu Vertraulichkeiten gibt, die niemals geduldet 
erden sollten, und daß derselbe überhaupt nach 
zer Richtung hin einen demoralisirenden Einfluß 
übe.“ Professor Welch sagt zum Schluß, er 
der Ansicht, daß man den Walzer als Tanz 
dehalten solle, daß man aber Tänzer und Tän⸗ 
in durch ein sehr einfaches Mittel in respecwoller 
tternung halten müsse und das bestehe darin, 
jzbeide sich über's Kreuz die Hände geben. () 
habe in einigen seiner höheren Classen diese 
e Form eingeführt und dieselbe sei außerordent⸗ 
HLünstig aufgenommen worden. Soweit die 
Preß. Vielleicht könnte man noch bei Zeiten 
Compromiß machen, schlägt ein anderes Blatt 
Union vor, nämlich den, ein moralisches, Tanz⸗ 
zbrett einzuführen, das den Tänzern von den 
ien bis über den Kopf reicht, zwei Oeffnungen 
n durch die der Tänzer die Arme stecken kann, 
aber sonst jede andere Berührung, jegliches 
ehen unmöglich macht! Dieser Feldzug gegen 
Walzer ist übrigens nicht so ganz unberechtigt. 
un muß man das Kind nicht mit dem Bade aus— 
ütten. Die Agitation datirt auch nicht von heut. 
un erinnert sich an Byron's „valtz.“ 
s. Die polnischen Zeitungen bringen die Bio— 
Lhie eines polnischen 100 Jahre alten Veteranen 
icher im Jahre i833 nach Sibirien deportirt 
irde und vor Kurzem nach Russisch-Polen zurück⸗ 
e. Der Name dieses Veteranen ist Skarbeck 
elezewski. Derselbe hatte zuerst in preußischen 
Hsdiensten gestanden und gerieth 1806 in der 
hlacht bei Irna in franzöfische Gefangenschaft. 
trat uun in das Corps des Generais Dom— 
wsti als Lieutenant ein und erhielt nach der 
lacht bei Pr.⸗Eylau das goldene Kreuz mit der 
Inschrift ,Virtuti militari“. 1813 war er in der 
Zchlacht bei Hanau, wurde in Frankreich verwundet, 
ind begleitete Napelon nach der Insel Elba. Nach 
ser Rückkehr Napoleons wurde er nach Italien zur 
Zuite des Königs Murat abcommandirt, bei Gaeta 
bvon den Engländern gefangen und an Oesterreich 
ausgeliefert, gelangte von dort wieder nach Frank—⸗ 
reich und wurde in der Schlacht bei Waterloo ver— 
vundet. Nach dem Manifeste des Kaisers Alexander lJ. 
ktehrte er nach dem Konigreich Polen zurück, erhielt 
»ort die Stelle eines Schwadronschefs, wurde im 
Jahre 1820 zum Oberstlieutenant und 1830 zum 
Obersten des 3. Ulanen-Regiments ernannt. Als 
olcher nahm er an dem polnischen Insurrections⸗ 
riege Theil, wurde 1833 vor das Kriegsgericht ge⸗ 
dellt und nach Sibirien deportirt. — Malczewski 
hat also genau füufzig Jahre in Sibirien zugebracht. 
F (Mystifikation) Folgendes Stücklein 
yon einem, einem Wiener Arzte gespielten Possen 
vird erzählt: Der Herr Doktor ist gewohnt, eine 
sübsche Anzahl „Leidtragender“ täglich bei sich 
uu sehen. Man denke sich das Erstaunen des Herrn 
doktors, der vor kurzem einige Tage hinter einander 
ie traurige Bemerkung machte, daß zu den festge⸗ 
etzten Ordinationsstunden sich keine Seele sehen 
asse. Was ist denn geschehen? Ist die Welt 
virklich auf einmal aller irdischen Leiden ledig ge— 
porden? Sind jene sogar geheilt, deren Heilung 
x erst nach Wochen berechnet und erwartet hat? 
Wo ist die „häusliche Praxis“ hingekommen und 
war mit einem male? Was das nur sein mag? 
Da erhielt er folgendes Briefchen mit einer Drei⸗ 
streuzer-Marke: Geehrter Herr Doktor! Darf man 
ielleicht brieflich erfahren, wann Sie ordinieren? 
ille Herren Aerzte haben auf ihren Tafeln die 
ztunde verzeichnet, wann sie ordinieren. Aber 
Zie, wann fsind Sie denn eigentlich zu sprechen, 
venn laut der Bekanntmachung Ihres Schildes 
aͤglich von „10 —2 Uhr vormittags“ und von 
„3—5 Uhr nachmittags“ Ihre Speisestunden sind. 
ẽs wird mich freuen, dies zu erfahren, damit ich 
die befragen könnte in betreff meines Magen⸗ 
eidens, um sodann auch zu dem Appetit zu ge⸗ 
angen, der mir jetzt fehlt und mittelst dessen man, 
wie Sie, Herr Doktor, von 10 bis 2 und von 3 
bhis 5 Uhr zu dinieren vermag. Mit großer 
Achtung vor solchem Appetit verbleibe ich ganz er⸗ 
sebenst . ..“ (folgt der Name einer Dame.) Der 
herr Doktor stand verblüfft vor dem Briefe. Er 
ilte rasch auf die Straße und besah sein Schild. 
Träumte oder wachte er? Auf dem Schild stand 
n der That Folgendes zu lesen: „Dr. med. ... 
iuiert täglich von 10 bis 2 und von 3 bis 5 Uhr.“ 
Jetzt war die Theilnahmslosigkeit der Patienten an 
en Ordinationsstunden des sonst so zufriedenen 
Ddoktors, die ihn in den letzten Tagen so pikierte, 
aufgeklärt; jemand, natürlich ein „guter Freund“, 
jatte sich den Spaß gemacht, nächtlicherweile auf 
»em Schilde des Herrn Doktors vor dem Worte 
»xdiniert die Silbe „or“ wegkratzen zu lassen. 
F Die Südfranzosen haben an den span⸗ 
schen Stiegefechten wie es scheint, recht vielen Ge⸗ 
allen gefunden. Sie wollen auch das grausame 
„chluß und Bravourstück dieses Vergnügens, die 
Tödtung des Stieres, nicht entbehren. Die Gazette 
es Cauterets erzählt folgenden Zwischenfall, welcher 
ich Donnerstag der letzten Woche im Circus von 
Fauterets ereignete. Die Localbehörden hatten die 
iuf den Anschlagszetteln angekündigte Tödtung des 
Stieres untersagt, und demgemäß wollte der Toreadou 
Nazzantini, als die Mantelkämpfe mit dem Stier 
zeendigt waren, abtreten. Cauterets aber wollte Blut 
ließen sehen. Die Mitglieder des Stadtraths zogen 
ich vor dem Toben des enttäuschten Circus zurück; 
zie Zuschauer vou den reservirten Plätzen und dem 
ersten Range — also die Honoratioren der Stadt 
ind Umgegend — erho ben sich in Masse und zwangen 
sen anwesenden Polizeicommissar, welcher sich mit 
einer trikoloren Schärpe gegürtet, den verbietenden 
lkas wieder aufzuheben. Darauf nahm der Toreador 
ann wieder den Kampf mit dem wüthenden Stier auf, 
rwartete den Heranstürmenden festen Fußes und 
tieß ihm das breite, kurze Schwert bis an das Heft 
wischen die Schultern. Als er es zurückzog, brach 
»enn zum innigsten Ergötzen der Leute von Cau— 
erets das Blut in Strömen hervor. * 
F Im Cirkus Sanger zu Cannes spielte sich 
üngster Tage eine furchtbar aufregende Scene abd. 
der löwenbändigende Neger glitt beim Betreten des 
röwenkäfigs — während der Vorstellung — aus 
ind stürzte auf's Gesicht. Die Löwen warfen sich 
ofort über ibn und begannen ihn mit ihren Tatzen 
u zerfleischen. Ein Wärter kam ihm, mit einer 
großen eisernen Gabel bewaffnet, zu Hilfe und ver⸗ 
rrieb vier der Löwen. Das fünfte Ungethüm wich 
edoch erst, als ein anderer Wärter mit einer glühen⸗ 
den Stange ihm in den Rachen fuhr. Diesen 
Moment benutzte der Neger, um sich aus dem Käfig 
zju entfernen, vergaß jedoch dabei die Thür zu 
chließen und eine halbe Minute lang saß das ent⸗ 
etzte Publikum vor dem offenen Löwenzwinger, um 
endlich in hellem Schrecken zu den Ausgängen des 
Firkus zu drängen und die aufregende Kunde in 
der Stadt zu verbreiten. Mittlerweile aber hatte 
nan das Gitter geschlossen und keiner der Löwen 
sewann die Freiheit. Wie man schreibt, ist der 
steger im Spital seinen Wunden erlegen. 
- Bekanntlich sollen nach einem Beschluß des 
Weltpostvereins vom 1. Jan. 1883 ab alle „ein— 
jeschriebenen“ Briefe mit einem großen in 
ie Augen sallenden Reabgestempelt werden. Hier— 
»urch wird die bisherige Ungleichheit mit einem 
Schlage heseitigt. Dieselbe war freilich groß genug. 
Desterreich bezeichnete seine eingeschriebenen Briefe 
nit: „Rekomandirt“, welches in Deutschland dem 
„Eingeschrieben“ hatte weichen müssen. Ungarn 
nit „Ajanlott“, Belgien und Luxemburg mit, Re- 
ommandé“, Egypten und Italien mit Recom- 
nandato“, Spanien mit ‚Certificado“, Portugal 
nit .Registrada“. England und die Vereinigten 
Staaten mit .Registered“, Schweden mit ‚Ke- 
ommanderas“, Norwegen mit, Recommanderet“, 
Ddänemark mit „Anheéfalet“, die Niederlande mit 
„Aangetekend“, Rumänien mit , Recommandat“, 
die Türkei mit , Recommandé“, die Schweiz und 
Briechenland uuit „Chargé“. Auf den franzöfischen, 
velgischen und holländischen Briefen kann man jetzi 
chon neben der Recommandationsnummer ein großes 
rothes „R finden, welches wie gesagt, von Neu— 
ahr ab allgemein in Kraft treten soll. 
FEGie Eisenbahnen Europas.) Die 
tatistische Abtheilung — Ressort Eisenbahnen — 
— VDO—— 
yeröffentlicht im „Journ off eine interessante Zu⸗ 
ammenstellung der gesammten Eisenbahnlängen der 
erschiedenen Staaten Europas. In nachsiehender 
Aufstellung sind noch die Bevolkerungssummen bei⸗ 
zefügt im Vergleich mit der Schienenlänge pro Kopf 
der Bevölkerung und pro Meter Meter Schiene 
Kilometer Bevölkerung pro Kopf 
Deutschland 34,314 43,338,000 0,79 
england 29,232 31,630,000 0,93 
Frankreich 27,5585 36, 103, 000 0,76 
dußland, euro, 23,739 72,520,000 038 
Desterreich 9,126 37,509,000 0,51 
ztalien 3,774 27,770,000 0,832 
zpanien 7,839 15,343, 000 0,47 
S„chweden 7, 333 4485,000 0, 16 
zelgien ,123 5,413,000 0,76 
olland 2,296 3,925,000 0,58 
änemark ,6896 1,894,000 0,89 
dumänien 474 3,3376,000 0,27 
kürkei europ. 2,395 3,972,000 0,15 
Zortugal 1,229 4,441,000 0,27 
Briechenland 10 1.2458,000 0,01 
S„chweiz 2,500 3,000,000 0,83 
Berechnet man die durchschnittlichen Kosten des 
dilometer auf 150,000 Franken, so repräsentiren 
ille Bahnen zusammmen einen Werth von 25 Milli⸗ 
irden 855 Millionen Franken, was zu einer mitt⸗ 
eren Rente von 3 90 beinahe ein Erträgniß von 
390 Millionen Franken pro Jahr ausweist. 
(Gmerikanische Spitzbuben Rang— 
rdnunug.) Ein amerikanisches Blatt setzt dieselbe 
zach heutiger Anschauung folgendermaßen fest: 1) 
Wer eine Million stiehlt, ist ein Finanzier. 2) 
Wer eine halbe Million stiehlt, ist ein Gesetztundiger. 
3) Wer nur 100,000 Dollar stiehlt, ist schon ein 
Schurke. 4) Wer 50,900 Dollar stiehlt, ist bereits 
ein Dieb. 5) Wer aber einen Laib Brot oder ein 
Baar Stiefel stiehlt, ist ein ganz gemeiner Kerl, 
der das Zuchthaus verdient. 
Gemeinnuͤtziges. 
Wiederholt machen wir die Besitzer von Kar⸗ 
voffelfeldern aufmerksam, doch sofort, besonders in 
chwerem Boden, das heuer überaus kräftige Kar— 
offelklraut auf ca. 15 Centimeter Höhe vom Boden 
ius abzumachen und von dem Acker zu entfernen. 
durch die schweren Regen in jüngster Zeit hat sich 
der Boden so geschlossen, daß eine Ausdünstung der 
im Stocke befindlichen Näasse nur dann möglich ist, 
venn das Kartoffelkraut entfernt wird, weil außer— 
hem weder Luft noch Sonne einwirken kann, das