Full text: St. Ingberter Anzeiger

vi. Fulherter Awzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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F St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
jat und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A40 2 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 60 , einschließlich 
J Zustellungsaebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 A. bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
179. 
Volitische Uebersicht. 
der Reichskanzler enthält sich wegen an⸗ 
zuernder Leiden aller Geschäfte. Diese Mittheilung 
Korddeutschen wird sehr lebhaft commentirt und 
r Schluß gezogen, daß der Kanzler in der That 
errn v. Puttkammer die preußischen Landtags⸗ 
dahlen allein überläßt. 
DerReichskanzler macht Folgendes bekannt: 
ne mittelst meiner Bekanntmachung vom 8. Juli 
IJ. angekündigte neue Ausgabe der Pharmacopoea 
manica ist erschienen und wird im buchhänd⸗ 
rischen Wege zum Preise von 2.80 M. für ein 
roschirtes Exemplar abgegeben. Gleichzeitig bringe 
nur Kenniniß des betheiligten Publikums, daß 
foige Bundesrathsbeschlusses auch der der latei⸗ 
ischen Ausgabe der Pharmacopoea germanica 
tio altera) zu Grunde liegende deutsche Entwurf 
ez Arzneibuchs demnächst dem buchhändlerischen 
hertriebe übergeben werden wird. Weitere Bekannt⸗ 
nachung in dieser Hinsicht bleibt vorbehalten. 
Der leidige Briefmarkenstreit scheint end⸗ 
ich einer gluͤcllichen Losung entgegenzugehen. Offi⸗ 
vs verlautet, daß im Bundesrathsausschusse für 
zandel und Verkehr ein Antrag eingebracht werden 
rird, wonach einheitliche Postwerthzeichen im Ge— 
ziele des deuischen Reiches eingeführt und an Bayern 
nd Württemberg, um diese Staaten für den Aus⸗ 
all ihrer Postintraden zu entschädigen, jährlich an⸗ 
emessene Pauschalsummen gezahlt werden sollen. 
dan rechnet nicht nur auf eine Mehrheit für diesen 
utrag im Bundesrathe, sondern namentlich darauf, 
aß auch Bayern und Württemberg selbst dafür 
immen werden. Der unerquickiche Zeitungsstreit, 
er sich jüngst au die Briefmarkenfrage geknüpft 
at, würde auf diese Weise den erfreulichsten und 
efriedigendsten Abschluß finden. 
Kassel, 9. Sept. Prinz Karl reiste heute 
Nittaa nach Berlin zurück. 
Ausland. 
Paris, 9. Sept. Es ist hier ein unverbürgtes 
zerücht im Umlaufe, daß Arabi Bey von einigen 
irkischen Officieren im Namen des Sultans auf-⸗ 
efordert wurde, die Waffen niederzulegen, und 
aß ihm für diesen Fall eine hervorragende Stellung 
—E 
London, 9. Sept. General Wolseley tele⸗ 
rapirt, 3123 Meilen westlich von Gasassin vom 
eutigen Mittag: Eine beträchtliche Streitmacht des 
jeindes machte bei Tagesanbruch eine Recognos⸗ 
itung gegen unsere Vorposten. General Willis 
üdte zum Angriff vor und warf den Feind mit 
herlusten zurück, erbeutete auch 4 Gefchütze. Die 
nglischen Verluste sind unbedrutend. Der Feind 
og sich hinter die Erdwerke zurück, von wo er auf 
ine Entfernung von 5000 Metern die Kanonade 
ortsetzte. Wolseley wird mit allen Truppen ins Lager 
on Gasassin zurüdlehren. wo er sein Hauptanartier 
iahliren will. 
London, 8. Sept. Die Times widmet aus 
snlaß der schiesischen Mandver den deutschen Zu ⸗ 
änden einen langen Leitartikel. Nachdem sie zu— 
ist den in Deutschland herrschenden Enthusiasmus 
it Kaiser und Heer constatirt und denselben für 
Allkommen berechtigt erklärt hat, verbreitet sie sich 
iber die in England allgemeine falsch Beurtheilung 
es Heerwesens und der Politik Deutschlands. So— 
ann tritt fie den ungereimten Befürchtungen, wel⸗ 
jen man in Folge der deutschen Siege von 1870 
ind 1871 so häufig begeqnete, energisch entgegen 
Montaa, 11. September 1882. 
17. Jahrg. 
ind lobt die friedliebende Politik des Fürsten Bis— 
narck. Es heißt dann in dem Leitartikel, der be—⸗ 
eits telegraphisch signalisirt wurde, weiter: Keine 
uropaische Machi, selbst unsere friedliche nicht aus— 
enommen, hat größere Bescheidenheit und Klugheit 
ewiesen als das neue deutsche Reich. Deutschland 
st thatsächlich der große maßgebende und Mäßigung 
eischende Factor in Europa. Seine ungeheure 
nilitärische Stärke gibt seiner geschickten und weit⸗ 
ehenden Diplomatie einen gebietenden Rückhalt. Bei 
leichzeitiger Wahrung deutscher Interessen hat es jedwe⸗ 
en Versuch, den europäischen Frieden zu stören, stetig 
ind sicher unterdrückt und jedes Unternehmen vereitelt, 
as, seibst unabsichtlich, Unheil hätte anrichten können. 
daß wir jetzt die uns in Egypten gestellte Aufgabe 
hne Hinderniß unbelastigt losen können, ist des Fürsten 
Bismarck stetiger Entmuihigung aller Einmischungs- 
ersuche zu verdanken. Demselben Einfluß verdanken wir 
ruch hauptsächlich den plötzlichen Rücktritt Frankreichs 
‚on jedem Versuche, mit uns zu cooperiren. Die 
ranzosischen Minister selber mußten damals ein⸗ 
aumen, daß sie sich im Hinblick auf die Haltung 
er Berliner Regierung gezwungen sähen, alles 
u vermeiden, was das Land in auswärtige 
Zerwickelungen hineinziehen könnte. Diese 
haltung war jedoch keineswegs feindselig 
jegen Frankreich oder besonders freundlich gegen 
rẽgland. Das Interesse Deutschlands verlangt, 
zaß der Frieden erhalten bleibt. Deßwegen er⸗ 
nuthigte es England in seinem Vorhaben, während 
g8 sich bestrebte, Andere davon zurückzuhälten, weil 
iach feinem Ermessen die Störung nur dann loca— 
isirt werden konnte, wenn dieselbe durch die Macht 
Fehandelt würde, welche an der Sicherung der Ruhe 
n Egypten am direktesten interessirt ist. In der— 
elben Weise hat Fürst Bismarcdkfich soeben be⸗ 
nüht, den drohenden kleinen Krieg zwischen der 
zürkei und Griechenland zu verhindern. Es mag 
ur ein Funken gewesen sein, aber kluge Männer 
oschen selbst einen Funken, wenn er in der Nähe 
ines Pulvermagazins glüht. 
Petersburg, 9. Sept. In amtlichen Kreisen 
verden die Gerüchte von einer partiellen Mobilisirung 
n der formellsten Weise dementirt, und wie man von 
uus gezeichneter Seite versichert, denkt Rußland in 
er That jetzt nicht daran, sich in irgend welche Aben⸗ 
euer zu stuͤrzen. Man versichert, so lange Giers 
im Ruͤder bleibe, werde Rußland keinen Krieg mit 
zer Tärkei führen. Allerdings besteht gegen Eng⸗ 
and eine beträchtliche Verstimmung; aber man hält 
‚aran fest, daß auch Rußland bei der endlichen 
segelung der egyptischen Frage zu Worte kommen 
bird. ünd so slange diese Hoffnung sich als keine 
rügerische erweist, will man hier zu keinerlei Ge⸗ 
valtmaßregeln greifen. 
Konflantinopel, 9. Sept. Die Pforte 
richtete am gestrigen Tage an Konduriotis eine neuer⸗ 
liche Note, in welcher sie auf das Fortdauern der 
stüstungen in Griechenland und auf die Agitationen 
inweist, welche dazu bestimmt seien, die Bevölker⸗ 
ing aufzureizen. Die Pforte verlangt, Griechenland 
solle energische Maßregeln ergreifen, damit die ge— 
ahrdrohende Situation aufhöre. 
Gasßassin, 9. Sept. Der heute früh gegen 
zie beiden Flanken der englischen Stellung gerichtete 
Ungraff der Truppen Arabi's ührte zu einem teb⸗ 
zaflen Gefecht, wobei Arabi's Truppen schließlich 
urückgeworfen wurden. Generat Wolseley ist auf 
zem Wege hierher. Von Tel⸗el-Mahuta find enq⸗ 
ische Truͤppen in Anmarsch. 
haßaißsin. 9. Sept. Die Angriffe Arobi's 
vurden zurückgewiesen, aber das Gefecht dauerte 
soch Miltags auf der Ausdehnung von drei Meilen 
jorit. Die Verluste der Englander werden bis jetzt 
nuf 100 Todte und Verwundete geschätzt. 
Gasassin, 10. Sept. Die Stärke der Trup⸗ 
zen Arabi's, welche bei dem heutigen Gefechte be— 
heiligt waren, wird auf 18000 Mann mit 12 
heschützen geschätzt, die Engländer erbeuteten 5 Ge— 
chütze und machien viele Gefangene. Sie haben 
hre Vorposten bis auf Kanonenschußweite von Tel⸗ 
A⸗kebir vorgeschoben. F — 
Tokale und lzische Nachrichten 
*St. Ingbert, 11. Sept. Die gestern 
Abend von dem Musikverein im Saale des 
Tafe Oberhauser (Baumann) veranstaltete musi— 
alische und theatralische Unterhaltung mit 
—EX 
das Programm war ein recht reichhaltiges, und 
ernteten sowohl die Gesangsvorträge der aktiven 
Mitglieder des Musikvereins, wie auch die Vorträge 
einer Musikkapelle aus St. Johann⸗-Saarbrücken, 
ie anstatt der Lindner'schen Kapelle engagirt war. 
illgemeinen Beifall. Kraftig und in höchst wirksamer 
Veise wurden die Sänger des Musikvereins durch 
inen Dilettanten, Herrn Laugs, aus St. Johann, 
interstützt. Große Heiterkeit und lebhaften Applaus 
rregie das von 4 Mitgliedern des Musikvereins und 
em gen. Herrn vorgetragene komische Gesangsstück 
Der Komet“ wegen seines witzigen und gelungenen In⸗ 
Jalts. Die Tanzunterhaltung verlief in der schön⸗ 
ten Weise und dauerte bis gegen 3 Uhr heute 
Norgen. Küche und Keller des Hrn. Baumann 
erdienten auch bei dieser Gelegenheit wieder alles Lob. 
*St. Ingbert, 11. . Sept. Heute Vor⸗ 
nittag brachte uns ein Gewitter einen tüchtigen, 
ehr unerwünschten Regen. Auch heute Mittag ist 
der Himmel noch mit ziehendem Gewölk bedeckt, 
)urch welches der Sonnenschein nur von Zeit zu 
Zeit, daun aber auch recht stechend, hervorbricht. 
— Kaiserslautern, 9. Sept. Nach 
authentischen Mittheilungen beträgt die Anzahl der 
in hiesigen Fabriken beschäftigten Arbeiter 3200 
dis 3400. (K. 3.) 
— Durch die Arbeitsnachweistafel des Vereins 
Jegen den Hausbettel in Kaiserslautern vom 
5. September werden folgende Arbeiter gesucht: 
Zchlosser 8, Schreiner 22, Schneider 2, Schuh—⸗ 
nacher 2, Tüncher 6, Küfer 1, Tapezierer 2, 
Blaser 2, Dreher 2, Seiler 1, Leistenmacher 1, 
Maurer 4, Spengler 3, Wagner 1. Zusammen 57. 
— Vom Höcherberg wird der „Pf. Z.“ 
zerichtet: In der kurzen Zeit von kaum zwei Jahren 
jaben in Waldmohr in einem und demselben Hause 
rei Kaufleute hinter einander bankerott gemacht. 
dier scheint eine gute Gegend zu sein für — Con— 
ursverwalter, und hat denn auch in der That seit 
inigen Tagen ein neuer Geschäftsmann in besagtem 
Zantonshauptort sich niedergelassen. 
— In Dürkheim suchte ein Weinhändler 
jeimlich das Weite in Gesellschaft einer Summe 
on 3000 M., die er bei einem Mannheimer Bank⸗ 
ause echoben hatte. 
— Lundau, 9. Sept. EEin unheim— 
icher Fund.) Als gestern in der Mittagsstunde 
dnie Arbriter an dem Synagogen Neubau an der 
tziaduktstraße Rast hielten, begaben sich zwei Buben 
ieser Arbeiter in den auf den nahen Graben 
nündenden Minengang. Dieser Gang dehnt sich 
nach Osten und Süden weit aus; er stand z. B. 
nit dem früheren Vorwerk „Cornichon“ in Ver—⸗ 
sinduna. Die Buben verfolgten den Minengang