Full text: St. Ingberter Anzeiger

bar geworden, Gleiches mit Gleichem vergelten zu 
müssen. Und in der That! Die kgl. Staatsbehörde 
hatte nur zu sehr Recht, wenn dieselbe in der Be— 
gründung ihrer Anklage hervorhob, daß seit langer 
Zeit ein solcher Verbrecher nicht mehr vor dem hohen 
Gerichte zur Aburtheilung erschienen sei. Denn 
frech sich geberdend, als echter „Criminalist“, Alles 
abläugnend, was durch Indicien sich nicht rechl 
nachweisen läßt, tritt der 38 Jahre alte Schneider 
Johann Villmann von Kindsbach dem Gericht 
wie den Zeugen gegenüber auf, der wieder einmal 
eines Einbruchdiebstahles und eines Betruges wegen 
sich zu verantworten hat. Am 14. Februar abhin 
lam derselbe morgens um 8 Uhr, als sein „Vetiter“, 
der Flaschensetzer Peter L. aus Kirrberg noch im 
Bette lag, zu letzterem in dessen Arbeitshütte — 
Aktien⸗Glashütte St. Jugbert — und gab sich als 
„dem Matz seinen Buben“ aus, und als der 50 
Jahre alte Mann den Mazz nicht zu kennen vor⸗ 
zab, als dem „Betichen seinen Buben“ aus, woraus 
er weiter erzählie, daß er Arbeit bei den Herren 
Krämer erhalten habe und sein Koffer von Kinds— 
bach nach St. Ingbert Bahnhof geschickt worden sei. 
Hierauf erfolgte Einlaß desselben in das Fremden 
unzugängliche Arbeitshaus, wo er sich dienstbar zu 
machen suchte, die Kartoffeln schälte u. s. w 
Mittags *212 Uhr kam derselbe nach kurzer Ab⸗ 
wesenheit zu L. mit der Bitte, er möge ihm, da 
der Portier seinen (des Angeklagten) Koffer, weil 
er denselben nicht kenne, abzugeben sich weigere, 
doch zum Zwecke der ärzilichen Visitation ein sauberes 
weißes Hemd leihen, da das seinige schmutzig sei 
und er vor dem Herrn Doctor nicht also erscheinen 
wolle. L. gab dem Angeklagten im guten Glauben 
ein Hemd im Werthe von 6 Mk., um so dem 
Sohne des Mathias Vorsch zur Arbeit zu verhelfen. 
Bei dieser Gelegenheit nun sah der Angeklagte, der 
ein gutes Auge für blinkende und glänzende Sachen 
hat, wie ein gewisser Johannes Fr., der mit dem 
L. gemeinschaftlich einen in 2 Hälfte getheilten 
Schrank zur Benutzung angewiesen hat, seine Cy— 
linderuhr in eines der ihm gehörigen Fächer legte. 
Um die Mittagszeit wurde der Angeklagte noch von 
verschiedenen Arbeitern gesehen. Aber Abends war 
die Uhr fort, welche die Nr. 3427 trug, und auch 
das Hemd wurde nicht mehr dem „Vetter“ gebracht, 
das giebt nun der Angeklagte zu, daß er sich bei 
L. als Verwandter ausgegeben und ihm erklärt habe, 
er bekäme bei den Hrn. Gebr. Krämer Arbeit und 
daß er das Hemd behalten; die Uhr dagegen wils 
er und — das müßte ihm bewiesen werden — 
nicht „genommen“ haben, da er, wenn er doch 
einmal stehlen wolle, auch stehle, wo was zu holen 
sei, bei reichen Leuten. Allein dieses gemeingefähr⸗ 
liche Subject, das seine gestohlene Sachen nur an 
Leute verkauft, seiner würdig, die ihn nicht ver⸗ 
rathen, hat gerade es auf Taschenuhren abgesehen, 
oder wie die kgl. Staatsbehörde sagt: „der Uhren⸗ 
diebstahl ist seine Spezialität“. Und keineswegs 
wäre es auch das erste Mal gewesen, daß er ge—⸗ 
stohlen, denn wegen bei armen Leuten und meistens 
Arbeitern im sog. „Eck“ begangenen Diebstahls 
wurde derselbe, dem auch das Mindestwertheste des 
Mitnehmens werth ist, am 3. Januar des Jahres 
1866 zu 8 Monaten Gefängniß, vor dem Zucht⸗ 
polizeigericht Zweibrücken am 10. Januar 1872 zu 
4 Jahren Gefängniß, im Zuchthaus zu erstehen, 
und dieses Jahr im April vor der Strafkammer 
des k. Landgerichts Saarbrücken hauptsächlich wegen 
„Uhrendiebstahl“ zu 3 Jahren Zuchthaus verurtheilt 
und muß derselbe in Koln seine Strafe verbüßen. 
Da jedoch das heutige Verbrechen vor die Abur— 
theilung in Saarbrücken fällt, so mußte von der 
Strafkammer des kgl. Landgerichts eine Gesammt⸗ 
strafe ausgesprochen werden, welche, da bei dem 
hartnäckigen Läugnen des Angeklagten, daß er den 
Uhrendiebstahlseinbruch begangen, nach den bekann⸗ 
ten Rechtsgrundsätzen des hohen Gerichts auch der 
leiseste Zweifel dem Angeklagten zu Gute komme 
nur wegen des Betrugs auszusprechen war. In 
der Annahme, daß der Angeklagte wegen Betrugs 
ein Jahr Gefängniß verwirkt habe, welche umzu⸗ 
wandeln ist nach der höchsten, also Zuchthausstrafe 
von 8 Monaten. wurde derselbe zu einer Gesammt⸗ 
zuchthausstrafe von 3 Jahren 7 Monaten ver—⸗ 
urtheilt. 
- Blieskastel, 10. Sept. Als eine 
Seltenheit verdient erwähnt zu werden, daß in dem 
benachbarten Webenheim die Kuh des Wirthes 
Reitnauer drei Kälber zur Welt brachte. Schreiber 
dieser Zeilen hat die munteren Thierchen, welch⸗ 
jetzt 14 Tage alt sind, persönlich gesehen; dieselben 
werden alle drei von der Mutter gesäugt, und 
dürfte jetzt schon ein jedes derselben das nicht ge— 
ringe Fleischgewicht von 45 Pfd. erreicht de 
(3. 3. 
— In Lösung einer von dem Vereine „Con⸗ 
cordia“ aufgeworfenen Preisfrage: Wie nährt man 
ich gut und billig? erhielt den 1. Preis von 700 M. 
Dr. Meinert (GBerlin); als nächstbeste Arbeit war 
die von Herrn Dr. Demuth in Frankenthal (der 
Autor erhielt als Anerkennung 200 M.); der Ar⸗ 
zeit des Herrn Dr. Höhe in Homburg wurden 
100 M. zuerkannt. 
— Landau, 11. Sept. Dem Vernehmen 
aach soll es gelungen sein, die Person des am 
Freitag (in einem Minengange) aufgefundenen Selbst⸗ 
mörders zu ermitteln. Es soll ein gewisser Avril von 
hier sein, der nah einem abenteuerlichen Leben in 
der erwähnten Weise sein Ende gefunden hat. Abril 
oll an der französischen Revolution im Jahre 1851 
vetheiligt gewesen, nach Cayenne deportirt und dor! 
20 Jahre festgehalten worden sein. Hierher zurück⸗ 
zekehrt, hatte er im Hospitale Aufnahme gefunden 
ei aber wegen Vergehens gegen die Hausordnung 
vieder entfernt worden. Wie weit diese Angaben 
eichtig sind, vermögen wir nicht zu sagen. (Eilb.) 
— Nach Mittheilung des „Annweiler Wochen⸗ 
blattes“ befanden sich in dem bei Iphofen ber— 
ainglückten Güterzuge allerdings 4 der Schafhand⸗ 
uung Gebr. Völker in Annweiler angehörige 
Waggons; diese sind jedoch nicht zertrümmert worden 
wie es von verschiedenen Seiten („auch im Anz“.) 
zemeldet wurde, sondern mit ihrer Ladung glücklich 
in Annweiler angekommen. 
— Maikammer, 10. Sept. Heute wurde 
durch Herrn Joh. Schenk, Weincommissionär, bei 
Müller hier 82er neuer Weinmost gekauft per 
100 Liter zu 390 Mark, nach Oechsle's Waage 
85 Grad wiegend. 
— In letzter Zeit sind in Ramberg ca. 20 
Schweine am Milzbrand zu Grunde gegangen. Die 
Thiere fallen zusammen wie Mücken, trauern nur 
inen Tag und dann ist es fertig mit ihnen. (A. W.) 
Vermischtes. 
FMünchen, 10. Sept. Von den Lokal—⸗ 
omites sind an das Centralcomite zur Errichtung 
eines Denkmals zu Wörth⸗Fröschweiler bis zum 
J. Sept. abgeliefert: 12,870 M. 64 Pf. 
F Die Strafkammer des kgl. Landgerichts 
München J. verurtheilte den 42 J. a. Kauf-⸗ 
nann Albert Höhfeld von hier, Vater von sie⸗ 
den Kindern, wegen Entführung der 18 Jahre 
ilten, also noch minderjährigen Tochter des Bier⸗ 
brauereibesitzers Farmer dahier, verübt mit deren 
—R 
mithin wegen Vergehens wider die persönliche Frei⸗ 
heit, zu 1944 Jahr Gefängniß, und wurde die so⸗ 
jortige Verhaftung angeordnet. Höhfeld war mit 
dem Mädchen, zu dem er in intimen Beziehungen 
stand, nach der Schweiz gereist, dort aber auf Re— 
quisition der Eltern der Bethörten verhaftet worden. 
Das Mädchen befindet sich jetzt in Amerika. 
F Die Internationale Elektrizitäts-Ausstellung 
derbunden mit elektrotechnischen Versuchen, im kgl 
Blaspalaste zu München währt vom 16. Sept 
zis 15. Oktober 1882. 
F Der Schauspieler als König. Dem alten, 
rüchtigen Münchener Hofschauspieler Lang, der 
neulich verstarb, widmet die „Presse“ einen warmen 
Nachruf, dem wir folgendes Geschichtchen entnehmen 
Unser Künstler war ein Originalgenie, das zur rich⸗ 
igen Stunde auch in der Privatpraris allerlei 
kFulenspiegeleien bei der Hand hatte. Er selbst er⸗ 
ählte jüngst, daß er Anno 1827 als jugendlicher 
diebhaber am Hoftheater mit einer Jahresgage von 
200 fl. engagirt wurde, die dem Sausewind mit⸗ 
inter zu schmal wurde. Gelegentlich des 50jährigen 
Dienstjubilaums einer Kollegin, welches von den 
Mitgliedern des Hoftheaters als Gartenfest im 
„grünen Baum“ gefeiert wurde, erscheint unver⸗ 
fehens König Ludwig J. Bei seinem Eintritt saß 
die Heldin Jes Abends mit dem Rücken gegen die 
Seite, woher der Monarch kam und konnte ihn also 
nicht gleich bemerken. Er winkte den andern, ruhig 
zu sein, schritt schnell auf die abgewandte Jubilarin 
zu und verhielt ihr mit den Händen die Augen: 
„Wer ist's?“ — „Ach, das sind Sie wieder, Lang,“ 
erwiderte lachend die greise Künstlerin. „Sie ko— 
piren den König wieder einmal prächtig.“ — „So 
o, er kopirt mich?“ rief überrascht König Ludwig 
das möchte ich doch auch einmal hören. Vocwärit 
dang, kopieren Sie mich.“ Tief erschrocken fiott 
Lang entschuldigend einige Worte; aber Ludn en 
»estand nun nachdrüchlich auf seinem Willen: d 
wünsche es und Ihr König befiehlt es“ ge 
schie sih hun an in Seltentischchen und def u 
»er angenommenen Manier Sr. Majestät; 
abinetsrath Riedel soll einmal herauskommen de 
Zabineisrath Riedel —Megjestat wünstent 
fuhr Lang in näselndem Tone des Gerufenen fort 
— „Ah, bravo, bravissimo! applaudirte gut gelaun 
der König, er kopirt meinen Riedel so gu, * 
mich selber. Ein vorzüglicher Beobachter und Mensche 
darsteller!“ Lang aber fuhr derweilen in der Rol⸗ 
des Königs fort: „Riedel, schicken Sie doch morgen 
dem Hofschauspieler Lang 200 Gulden aus meine! 
Kabinetskasse!“ — „Hören Sie auf, Spitzbuben 
unterbrach mit schallendem Gelüchter der Konig, du 
übrigens selbstverständlich das Mandat seines Doppel. 
zängers auf die volle Jahresgage honorirte. 
F Nürnberg. 10. Sept. Von hohen und 
höchsten Persönlichkeiten haben in der letzten Woch 
zdie Ausstellung eingehend besichtigt: Der deutsch 
Lronprinz und die Frau Kronprinzessin nebst Priu 
zessin Victoria, der Großherzog von Sachsen⸗Weimat 
Brinzessin Marie von Meiningen, der regierend 
Fürst von Reuß Heinrich XIV. der Großherzo 
„on Baden, Minister von Bötticher, Staatssekreid 
m Reichsamt des Innern, der vortragende Rath 
im Reichsamt des Innern Geh. Oberregierungsrath 
Weymann, der Unterstaatssekretär im Ministerium 
für Elsaß⸗Lothringen Dr. von Mayr, der baherisch 
Gesandte am preußischen Hof, Graf Hugo von 
Lerchenfeld⸗Kofering. 
F Aus der unlängst erschienenen amtlichen Ueber⸗ 
icht über den Tabakbau und die Ergebnisse der 
Tabakernte in Bayern im Erntejahr 1881/82 ij 
zu ersehen, daß die Zahl der Tabakpflanzer wieder 
um gestiegen ist. Dieselbe beträgt jetzt 27,56 
Mehrung gegen das vorhergehende Erntejahr 3518) 
die Zahl der von denselben bepflanzten Grundstüch 
ist auf 50,946 gestiegen und hat sich demnach um 
7352 gemehrt. Der Flächeninhalt dieser Grund⸗ 
stücke ist 645,586 Ar und ist um 78,738 Ar ge 
stiegen. Die meisten Tabakpflanzer sind im Hebe— 
bezirke Landau, nämlich 18,667 (welche 272,660 
Ar bepflanzt haben), dann folgt der Hebebezit 
Ludwigshafen mit 8760 Tabakpflanzern und 250,246 
Ar, Nuüͤrnberg mit 2262 Tabakpflanzern und 77,540 
Ar, Fürth mit 1295 Tabakpflanzern und 838,709 
Ar u. s. w. Der Gesammtwerth der Tabakernht 
in Bayern im Erntejahr beträgt 8,425,467 M 
Mehrung gegen das vorhergehende Ernteijahi 
26,367 M.) 
F Metz, 7. Sept. In der hiesigen Kathedrolt 
wurde heute wie alljährlich eine Todtenfeier zum 
Gedächtniß der im Jahre 1870 in den Schlachten 
und Gefechten um Metz gefallenen franzöfischen 
Soldaten abgehalten; etwa 300 Personen, vornehm 
lich Damen, der einheimischen Bevölkerung nahmen 
daran Theil. Einzelne derselben begaben sich nach 
dem Chambisrekirchhof, um dasselbst die Grädber 
und das große gemeinsame Denkmal mit Blumen 
zu schmücken: in der Kirche war schon eine Samm—⸗ 
iung veranstaltet worden, aus deren Erlos die 
Schmückung dieser Gräber bestritten wird. An dieset 
Feierlichkeit pflegen nur die vornehmeren Kreise der 
einheimischen Bevölkerung sich zu betheiligen, wah⸗ 
rend der übrige und groͤßte Theil davon in keinen 
Weise mehr berührt wird; die Feier verläuft jedod 
schon seit einigen Jahren in jeder Beziehung ruhit 
und harmlos und ist von irgend welchem demon⸗ 
strativen Auftrelen dabei durchaus nichts zu merken 
Es ist eben hier wie überall, daß das Demonstriren 
mit der Zeit den Reiz derliert. (Koln. Zig.) 
p Metz, 8. Sepi. Eine recht interessante Ent 
deckung scheint die hiesige Kreisdirektion gemacht zu 
haben, die, wenn sie sich bewahrheiten sollte, ein 
Keweis für die geriebene Schlauheit gewisser speku— 
satider Kopfe waͤre. Um die in diesem Somme 
hier massenhaft vorkommenden Kreuzottern zu 
tilgen, hatte die genannte Behörde bekannt —J 
daß sie für jede getödtete Otier eine Prämie rn 
drei Mark zu zahlen bereit sei. Die Folge hiene 
war, daß derschiedene Personen den getun 
Reptilien eifrig nachstellen und auch das Glückhat 
eins oder mehrere dieser Thiere zu erlegen 
dafür die ausgesezte Prämie in Empfang enn 
In den letzten Wochen wurden nun der de 
direktion fast täglich hundert und mehr Schaun 
gebracht und die Prämien, welche hierfür 
vorden sind, betragen bereits mehrere tausend * 
Der Umstand nun, daß es fast immer dieselben