Full text: St. Ingberter Anzeiger

werden. Immerhin ließe sich auch ohne Collette 
»on Haus zu Haus noch manche Quelle öffnen. 
In einigen Städten wurden auch schon Concerte 
zum Besten der Beschadigten gegeben. Auch dieses 
Verfahren sollte in den größeren Städten mehr 
Nachahmung finden. Wenn schon ein Kusel 188 
M. auf diese Weise zusammenbringt, wie viel 
könnte man erwarten von Kaiserslautern, Zwei⸗ 
hdrücken, Speyer, Ludwigshafen ꝛc., die gewiß hinter 
susel nicht zurückbleiben wollen. 
— Der k. Forstgehilfe von Frankenstein 
hat in der Nähe von Frankenstein erst kürzlich 
wieder einen starken Hirsch erlegt. Es wurden noh 
mehrere dieser edlen Thiere gespürt. 
Das „Fr. Tagebl.“ berichtet, daß mehrere 
yon Friesenheim nach Amerika ausgewanderte 
Personen wieder zurückgekehrt seien; deren Beispiel 
werden weitere einstige Reiselustige in Kürze folgen. 
— Die Direktion der pfälzischen Bahnen hat 
den Besuchern des in der Zeit vom 17. bis zum 
20. ds. Mis. in Dürkheim staitfindenden Weinbau 
Congresses eine Vergünstigung dadurch eingeräumt, 
daß die am 15., 16 und 17. September gelösten 
Retourbillete nach Dürkheim zur Rückfahrt bis ein⸗ 
schließlich 238. September berechsßen. 
— Am Freitag den 15. September beginnt 
die Jagd auf Hasen und dauert bis 1. Februar 
1882; am selben Tage beginnt auch die Jagd 
auf Dächse, welche bis 1. Januar dauert, sowie 
uuf Edel-, Alt- und Schmalthiere, welche bis 6. 
Januar dauert. 
—— — 
Vermischtes. 
München, 13. Sept. Lieutenant Schauer, 
velcher bekanntlich im vergangenen Jahre den Bau⸗ 
draktikanten Schachner im Duell erschoß, dann vom 
Militärgericht zu 2 Jahren Festung verurtheilt 
wurde und zur Verbüßung dieser Strafe seither 
auf Oberhaus sich befand, ist am 11. September, 
nachdem ihm fünf Vierteljahre im Gnadenwege an 
der Strafe erlassen, wieder entlassen worden. Der⸗ 
elbe ist zum 15. Infanterie⸗Regiment versetzt. 
Si. Johann, 11. Sept. Das Gauturn⸗ 
fest war gestern vom herrlichsten Wetter begünstigt. 
18 Vereine nahmen an dem Feste theil. Um 8 
Uhr nachmittags setzte sich der Festzug durch die rein⸗ 
lich mit Grün und Fahnen geschmückten Saarstädte 
in Bewegung. Zwei Musiktkapellen begleiteten den 
Zug. Eine zahlreiche Menschenmenge wohnte dem 
Weitturnen bei. Der Schluß des Festes war am 
Montag. 
Trier, 8. Sept. Durch mysteriöse Geld⸗ 
sendungen sind dieser Tage mehrere Familien in 
Euren und Zewen überrascht worden. An eine 
Familie in Euren wurden 150 Mark, an mehrere in 
Zewen je 71 Mark, im Ganzen ungefähr 500 M. 
geschikt. Das Geld ist in Trier von einem unbe⸗ 
sannten Absender auf die Post gegeben worden. 
Auffällig ist, daß genau dieselben Personen vor 2 
Jahren schon mit denselben Summen von einem 
anonymen Absender bedacht worden waren. Ob auf 
diese Weise nachträglich ein Unrecht gut gemacht 
vird, oder welche andere Beweggründe den Send⸗ 
uingen zu Grunde liegen, ist nicht unbekannt. 
F Mannheim, 12. Sept. Vor der Straf⸗ 
ammer des Landgerichts hierselbst begann heute die 
Verhandlung gegen Philipp Berger, früherer Wei⸗ 
hensteller von Plankstadt, 28 Jahre alt, den Sing⸗ 
ialwärter Johann Leibrecht von Kirchheim, 31 Jahre 
alt, und Stations-Assistent Eckerlin aus Baden⸗ 
weiler, z. Z. in Heidelberg, 27 Jahre alt, wegen 
Gefaährdung eines Eisenbahn⸗Transports, wodurch 
10 Personen getödtet und 53 verwundet wurden. 
Begen Sebastian Berger, welcher flüchtig ist, wird 
das Verfahren einstweilen eingestellt. Die Anklage 
dehandelt die in der Nacht vom 29.--830. Mai d. 
Is. auf dem Bahnhof zu Heidelberg vorgekommene 
raurige Eisenbahn-Katastrophe, welche durch den 
Zusammenstoß zweier Züge herbeigeführt wurde. 
der Angeklagte Philipp Berger ist geständig, daß 
er an dem verhängnißvollen Tag bis abends 6 
Uhr dienstfrei war, jedoch erst um 7 Uhr zum 
Dienst erschienen ist. Auch nach seinem Dienstan⸗— 
tritt hat sich derselbe auf längere Zeit von seinem 
Posten entferntt, und hat ein Wirthshaus besucht, 
wozu er von seinem Bruder, dem Obmann Berger, 
die Erlaubniß gehabt haben will. Der Angeklagte 
gibt selbst zu, daß das Verlassen seines Postens 
ein Dienstvergehen involviere, er sei indeß überzeugt 
zewesen, sein Bruder werde in der Zwischenzeit 
den Weichendienst auf das Gewissenhafteste wahr⸗ 
nehnen DWseinem Wiedereintreffen im Dienst 
soll ihm sein Bruder Sedastian die Bemertung ge— 
macht haben, die Weichen ständen sämmilich richtig 
fkür die ein⸗ und ausfahrenden Züge, und in dieser 
Annahme habe er sich weiter nicht mehr um die 
Weiche bekümmert, sondern sei erst an die zu be— 
zieuende, unglücklicherweise falsch stehende Weiche 
ür Zug 24 getreten, als für diesen das Abfahrts- 
ignal von der Station Heidelberg aus gegeben 
vorden sei. Einige Minuten später sei dann das 
Zignal von Wieblingen für Zug 39 gekommen 
ind habe Angeklagter geglaudt, auch für diesen Zug 
hätte die Weiche ordnungsgemäß gestanden. Als 
der Zusammenstoß erfolgt sei, habe er aus Ver—⸗ 
weiflung die Flucht ergriffen und sich in seiner 
Wohnung verstecht. Der Angeklagte Leibrecht hatte 
n jener Nacht das Einfahrtssignal für Zug 39 zu 
geben und auch trotß der falschen Weichenstellung 
die Semaphore auf freie Einfahrt gezogen. Leib⸗ 
recht gibt an, er habe von seinem Posten aus die 
Weichenstellung nicht kontrolieren können. Die Ver⸗ 
fündigung des Urtheils ist bis nächsten Montag 
zusgesetzt. 
FCrsatz.) In Rüttenscheidt bei Essen schritt 
rüh morgens ein Bergmann mißmuthig durch sein 
dappusfeld und zählte die „Häupter“ (15 Stüch) 
velche ihm gestohlen waren, als sein Auge auf eine 
iuf der leeren Stelle liegende Lohndüte fiel. Er 
iffnete dieselbe und fand darin 58 M. einen mehr 
ils hinreichenden Ersatz für die gestohlenen Kappus⸗ 
öpfe, für den Fall nämlich, daß Dieb und Ver— 
ierer der gefüllten Düte ein und dieselbe Person ist. 
Der in Kassel tagende deutsche Juristentag 
aßte u. A. folgende Beschlüsse: Differenz⸗Geschäfte 
ind nicht zu verbieten, noch zu beschränken. Die 
*⁊lagbarkeit derselben ist anzuerkennen und keine 
rinrede gegen die Zahlungspflicht aus denselben zu⸗ 
ulassen. Es ist Aufgabe des nächsten Juristentages, 
Maßregeln gegen schwindelhafte Börsengeschafte zu 
erathen. Bei der allgemeinen Wechselfähigkeit er⸗ 
cheint es unzweckmaßig, den Aussteller eines vor 
Zegebung verlorenen Wechsels, den ein Dritter in 
zutem Glauben erworben hat, für den Betrag des 
Wechsels haften zu lassen. — Sind Geldpapiere auf 
znhaber in Masse emittirt, so ist die Haftung des 
lusstellers beim Abhandenkommen solcher Papiere 
jerechtfertigt, falls die Emission öffentlich ange— 
ündigt oder begonnen wurde. — Ist der Lebens— 
zersicherungsvertrag ausdrücklich zu Gunsten der 
kIrben oder Kinder abgeschlossen, so haftet die Ver⸗ 
icherungssumme nicht den Nachlaßgläubigern des 
Prämienzahlers. Ist der Begünstigte nicht aus 
rücklich genannt, so fällt die Versicherunggssumm 
in den Nachlaß der Ueberschuldung. 
Aus Thüringen, 183. Sept. In dem 
zroßen Gothaischen Dorfe Herbsleben, 8 
S„tunden von Langensalza, sind nicht nur die in 
ziesem Jahre geimpften, kleinen Kinder, sondern 
auch die revaccinirten 12jahrigen Schulkinder in 
Folge der Impfung gefährlich erkrankt. Das Fleisch 
sault an den Impfstellen förmlich vom Leibe und 
er Körper ist über und über mit Blasen bedeckt 
Man befürchtet für das Leben sämmtlicher Kinder. 
Indem wir diese Mittheilung eines Factums geben, 
weifeln wir nicht, daß das Reichs-Gesundheitsami 
ich der Sache annehmen und die nöthigen Unter⸗ 
uchungen über die benutzte Lumphe ꝛc. anstellen 
vird, bemerkt dazu die Red. des „Frankf. Journ.“) 
Der Ueberschuß beim dritten deutschen 
Zängerbundesfeste in Hamburg betrug 42,005 
Nark. Die gesammte Einnahme belief sich auf 
200,005 Mark. 
4 Graktisch.) In Kleinenberg bei Büren 
at ein Schneidermeister seinem Lieblingsthier, eine 
Ziege, welche die bose Gewohnheit besaß, sich selbst 
»ie Milch auszusaugen, Maß genommen und dann 
ꝛine Pumphose angefertigt, welche dem Uebel gründ— 
ich abhilft. 
Folgendes Wort an unsere deutsche Frauen 
'nden wir als „Eingesandt'“ in der „Köln. Ztg.“: 
Nachdem es von Jahr zu Jahr immer mehr in 
lufnahme gekommen, so zu sagen zum vermeintlich 
zuten Tone geworden ist, sich fast sammtliche Be— 
zürfnisse der Toilette aus Pariser Modegeschäften 
ommen zu lassen, dürfte es angesichts der in 
üngster Zeit von der „Ligue des Patriotes“ in 
Paris geplanten Deutschen-Hetze, wie der fortdauern⸗ 
en Beschimpfung unserer Nation, doch wohl ange— 
zeigt sein, die deuischen Frauen darauf aufmerksam 
zu machen, wie wenig patriotisch es von ihnen 
gzehandelt ist, daß sie fort und fort Gegenstände 
jon Paris beziehen, welche sie ebenso gut und auch 
Sco billia durch jedes aute deutsche Geschäft er⸗ 
halten können. Wollte man sich nur einman 
gewöhnen, „die heimischen Einkaufe ebenso Iere 
Baar“ zu machen, als es bei den Pariser e 
ten geschehen muß, und nicht, worüber alle deuischen 
Modegeschäfte bis jetzt leider zu klagen haben füt 
die bei denselben gemachten Einkaufe vielfach Kre 
bis ins zweite Jahr in Anspruch zu nehmen. 
.Interessante Erfindung. Ein Fran— 
zose Namens Dufoy hat neuerdings eine kleine dy⸗ 
aamo⸗elektrische Maschine erfunden, welche dazu be 
nutzt wird, durchgehende Pferde zum Stehen zu 
bringen. Dieselbe ist derart angebracht, daß de 
Reiter oder Kutscher sie sofort zur Hand hat. Di 
Zügel enthalten dünne, isolirte Leitungsdrähte au 
Hrelall, die von dem gedachten Apparal ausgehen 
mit dem Gebiß der Pferde in Verbindung stehen 
Durch eine Drehung des Handgriffs des Äppalas 
verpfianzt sich der elektrische Strom in den Nun 
des Thieres, welches dadurch augenblicklich zum 
Stehen gebracht wird. Die in Paris mit diesem 
Apparat angestellten Versuche sollen zur vollsten Ve— 
iriedigung ausgefallen sein. 
FEin verliebter Kammerdienetr. 
In Ferrara hat der Kammerdiener Gaetano Sordin.— 
seine jugendliche Gebieterin, die Baronin Louise 
Pasquali-Pavenelle, ermordet. Die Dame hate 
hm, weil er sie fortwährend mit seinen Liebesan 
irägen verfolgte, den Dienst gekündigt. Während 
sie nun eines Tages allein beim Mittagstische saß 
varf sich der Unmensch auf sie und schnitt ihr den 
Hals mit einem Rasirmesser durch. Der Mörden 
befindet sich bereits in den Händen der Justiz. 
F Biel 18. Sept. Der Schnellzug von Luzern 
nach Bern ist entgleisst. Der Heizer verungluͤckte 
dabei, sonst ist der Schaden unbeutend. 
F GGFolgen der Gotthardbahn.) Der 
im Auftrage des früheren Kammer-Präsidenten Frey 
cinet verfaßte Bericht des Herrn Marteau über 
den Einfluß der Gotthardbahn auf den Handel 
Frankreichs enthält einige bemerkenswerthe Notizen 
die man allerdings, da der Verfasser für die Er— 
»auung des Simplon plaidiert, vorsichtig prüfen 
nuß.. Soviel ist nach seinem Berichte jedoch jetz— 
chon klar, daß die Gotthardbahn den direkten Ver⸗ 
ehr Englands und Belgiens nach Italien und um 
gekehrt Frankreich wegzunehmen droht und in der 
zukunft Genua für Marseille ein unbequemer Kon⸗ 
urrent werden wird. Am meisten aber hab 
Frankreichs Industrie die Konkurrenz zu fürchten 
velche Deutschland ihm in manchen Industriepro 
dukten, wie Gewebe, Kleidungsstücke u. s. w. mache. 
ür welche Frankreich unbedinat den Vorrang zu 
haben glaubte. 
— Die Mannschaften der Kriegsschiffe im Hafer 
»on Alexandrien waren am Montag Zeuger 
iner schrecklichen Bestrafung. Drei arabische Ma— 
rosen von der egyptischen Fregatte, Soada“ waren 
»om Kriegsgerichie der Meuterei für schuldig be— 
unden und zur Strafe des Kielholens verurtheil 
vorden. Nachdem dieselben zuvor die Prügelstraf⸗ 
erlitten hatten, wurden sie an einem Tau bis an 
die Backbord⸗Rahnocke gehißt, dann in die See fallen 
zelassen und unter dem Schiffe hindurch bis zur 
Rahnocke an der Steuerbordseite gezogen. Kury 
aach Vollstreckung der fürchterlichen Strafe trat bei 
allen drei der Tod ein. 
F Vor 20 Jahren soll der Deutsche Peter Heln 
bei Fort Wahne im Staate Indiana, gelynch' 
verden, weil er einen angesehenen Einwohner dieser 
Stadt in einem durch Trunkenheit veranlaßten 
Streite getödtet hatte. Die empoörten Bürger brachten 
den Helm bis in die Nähe eines Wäldches, als eit 
Advolat, der sich unter ihnen befand, um nur 5 Min 
Behör bat, da er dem Gefangenen etwas Wichtiges zr 
sagen habe. Die Pause wurde genehmigt und der 
Awalu fuͤhrte Helm einige Schritte abfeits: hier 
agte er demselben, er solle in den Wald laufen und 
ür sein Leben fliehen, das fei der letzte Versuch zu 
seiner Rettung. Helm befolgte den Rath sofort 
ind es gelang ihm, seinen Verfolgern zu entkommen 
Der Advokat wäre von den empoͤrten Bürgern 
aahe selber gelyncht worden. Dieser Tage e 
derselbe einen Brief von Helm mit einem Wechse 
iber 500 Dollars und der Mittheilung, daß 
Schreiber zur Zeit der wohlhabende Besißer ein 
caffeeplantage in Mexiko sei. d 
'Die Prügelstrafe in Matgland 
In Baltimore wurde dieser Tag ein Farbiger. ben 
seine Frau mißhandelt hatte, zu 30 Peitschenhie 9 
verurtheilt. Es ist dies die erste Verurthelung m 
Grund des kürzlich von der Legislatur von a 
land erlassenen Gesetzes