Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ↄu. JAuuberter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Tet. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
at und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich 
J Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fuür die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 A, bei Neclamen 30 A. Bei Amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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MX8 184. Montag, 18. September 1882. 
17. Jahrg. 
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Politische Uebersicht. — Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 18. Sept. Dem Ver—⸗ 
iehmen nach hat sich der Fabrikrath am Sams— 
ag Abend in der Kirchenbauplatzfrage 
chlüssig gemacht und sich mit 6 gegen 4 Stimmen 
ür Erbauung der neuen Kirche auf dem Platze, 
auf dem die alte steht, ausgesprochen. Die 4 Stim⸗ 
p der Minorität waren gegcn den Abriß der alten 
irche. 
* St. Ingbert, 18. Sept. Die gestern 
Ubend im Saale des Hrn. C. Horst stattgehabte 
nusi kalische und theatralische Unter— 
jaltung der „Gemüthlichkeit“ war außer— 
eTdentlich zahlreich besucht. Das Programm wurde 
n allen seinen Theilen auf das denkbar Beste aus⸗ 
jeführt, und jeder Nummer desselben folgte stürm— 
scher Beifall. (Einen ausführlichen Artickel über 
zie Unterhaltung, der uns bei Schluß des Blattes 
zuging, bringen wir morgen zum Abdrucke. (D. Red.) 
*St. Ingbert, 18. Sept. Die gestrige 
Zauptübung unserer Feuerwehr brachte sozusagen 
sie halbe Stadt auf die Beine, um sich das inte— 
essante Schauspiel anzusehen. Auch die Nachbar⸗ 
xte waren stark vertreten. An der Uebung selbst, 
zie gegen 3 Uhr begann, betheiligten sich auf An⸗ 
»xxdnung des kgl. Bezirksamtmannes Herrn Dr. 
Schlagintweit, der persönlich zugegen war und 
nit vielem Interesse dem Verlaufe folgte, außer 
inserer Ortsfeuerwehr, die Feuerwehren 
„om hiesigen Eisenwerk, von Nieder würz— 
bach und Hassel in einer Gesammistärke von 
irca 130 Mann; zugegen waren ferner die Feuer⸗ 
wehren von Heinitz (etwa 80 Mann) und El⸗ 
dersberg; vertreten durch Deputationen waren 
ziejenigen von Neunkirchen, Friedrichs— 
hal, St. Johann, Zweibrücken und 
Blieskastel. Sechs Spritzen, drei von hier 
ind je 1 vom Eisenwerk, von Niederwürz- 
hach und Hassel, kamen in Thätigkeit. Als 
Angriff sobjekt war das „Hotel Laur“ gewählt. 
In kurzer Zeit war der dreistöckige Bau erstiegen 
zie Wasserschläuche spielten von allen Seiten, die 
settungsarbeiten begannen. Es war eine Freude, 
zie einzelnen Commandos so rasch und sicher aus— 
jeführt zu sehen. Auch als der Angriff wiederholt 
vurde, zeigte sich die gleiche Sicherheit in der Aus⸗ 
ührung der gegebenen Befehle. Nachdem sich gegen 
a 4 Uhr die einzelnen Corps zum Abmarsche 
ormirt hatten, ging es im Zuge, der einen im⸗ 
‚osanten Anblick gewährte, unter Vorantritt der 
refflichen Heinitzer Kapelle eine kurze Strecke durch 
ie zum Theil mit deutschen und bayerischen Fahnen 
jeschmückte Hauptstraße und dann in den großen 
IAberhauser'schen Saal. Bald war derselbe bis zum 
ẽrdrücken gefüllt; nur mit Mühe konnte man ein 
Stehplätzchen behaupten. Zunächst drückte Herr 
gezirksamtmann Dr. Schlagintweit in warmen 
Vorten der Anerkennung und Ermunterung seine 
zufriedenheit über den Verlauf der Uebung aus; 
r erinnerte die Feuerwehrcorps sodann, immer ihrer 
zflicht, eine Pflegestätte des Gemeinsinnes zu. sein, 
ingedenk zu bleiben und schloß mit dem Hinweis 
uf das erhabene Beispiel, mit dem uns unser er— 
nmichter König Ludwig II. darin voran leuchte. 
diesem gelte darum sein Hoch. Begeistert stimmte 
n dasselbe die Versammlung ein; die Musik in— 
onirte die Königshymne und die Anwesenden fielen 
räftig ein. Herr Posthalter Conrad, der Senior 
inserer Feuerwehr, hieß Namens derselben die aus— 
värtigen Feuerwehren, sowie die Gönner und För— 
derer des Feuerwehrwesens willkommen und toastete 
der Krieg in Egypten ist mit der Schlacht 
ei Tel⸗eleKebir und der Gefangennahme Arabis 
ohl zu Ende! Der diplomatische Feldzug um 
zghpten wird nunmehr beginnen. Die Plänkler, 
tzi die „Fr. Ztg.“, haben sich bereits gezeigt. 
He „Times“, welche von Anfang an die Parole 
es englischen Protectorates ausgegeben hatten, 
piederholen ihren Gedanken, indem sie fordern, daß 
zngland ohne die Mitwirkung der anderen Mächte 
je inneren Verhältnisse Egyptens regele. Ihr tre⸗ 
en die der Regierung nahestehenden „Daily News“ 
fort entgegen, indem sie die Hinzuziehung Euro— 
as zur Regelung der egyptischen Frage als selbst⸗ 
erständlich hinstellen. England wird, auch wenn 
z den Mächten nicht vor dem Bombardement 
llexandriens in dieser Beziehung bindende Er—⸗ 
llärungen gegeben hätte, in seinem eigenen Interesse 
uuf jedes eigenmächtige Vorgehen in Egypten ver⸗ 
ichten müssen. Es würde durch eine egoistische 
zolitik vielleicht einen momentanen äußeren Erfolg 
tzielen, dafür aber nur die ganze orientalische 
grage aufrollen und vor allem seinem gefährlichsten 
jzegner, Rußland, in die Hände arbeiten. Eng—⸗ 
md hat keine Annexionen nöthig. Seine Macht— 
ellung ist hinreichend ausgedehnt. Es hat Mühe 
enug, in seinen jetzigen Besitzungen Ordnung und 
duhe zu erhalten, und braucht nicht nach neuen 
werbungen zu streben. 
Freiburg, 15. Sept. Nach einer von der 
esigen Staatsanwaltschaft an die Reichs⸗Telegraphen⸗ 
chörde gelangten Mittheilung, ist die anfangs in 
migen Blättern ausgesprochene Vermuthung, daß 
us beklagenswerthe Eisenbahnunglück zu Hugstetten 
urch den Umsturz einer Telegraphenstange ver⸗ 
ssacht worden sei, durch das Ergebniß der Unter⸗ 
chung vollständig wiederlegt. — Das Elsässer 
ournal schreibt: Auf das Gesuch des Herrn Ober⸗ 
ndesgerichtsraths Scheuch, Mitglied des Landes⸗ 
sschusses, betreffend Erlaß der Erbschaftssteuer an 
e Hinterbliebenen der Verstorbenen, hat der kaiser⸗ 
he Statthalter folgendes geantwortet: „Bad Gastein, 
n 11. September 1882. Euer Hochwohlgeboren 
afälliges Schreiben vom 8. d. M. habe ich er⸗ 
ilten und danke Ihnen aufrichtig für dasselbe, 
igleich benachrichtige ich Sie ergebenst, daß ich 
w Ministerium veranlaßt habe, die von Ihnen 
ugeregte Frage schleunigst in Angriff zu nehmen 
nd so günstig als möglich im Interessen der Ver⸗ 
nqglückten zu erledigen“ 
Ausland. 
London, 16. Sept. Aus Alexandrien wird 
meldet, daß mehrere Gefangene eingebracht worden 
id, welche angeblich Hauptbethelligte bei dem 
ussacre vom 11. Juni waren. Sämmtliche egyp⸗ 
che Soldaten bei Millaha wurden entlassen und 
sttten in ihre Heimath zurück. General Wood 
hr heute Nachmittag nach Kafreel-⸗Douwar, um die 
rmelle Erklärung der Unterwerfung entgegen zu 
ehmen. In Kairo herrscht die größte Ordnung, 
eHotels sind wieder geöffnet und die Geschäfte und 
Vörse fangen an sich wieder zu beleben. 
Alexandrien, 16. Sept. Kurschid Pascha, 
mmandant von Abukir, erklärte sich bereit, das 
dort zu übergeben. 
Alerandrien, 17. Sept. Die Uebergabe 
butir's soll heute erfolgen. — Die Nachricht von 
⁊ Capitulation von Damiette hat sich nicht beftätigt. 
auf dieselben. Herr Bürgermeister Custer von 
hier widmete seinen Toast Herrn Bezirksamtmann 
Dr. Schlagintweit, dem eifrigen Gönner und 
Förderer alles Guten und Schönen, dem 
varmen Freunde aller gemeinnützigen Bestrebungen. 
herr Dr. Schlagintweit kleidete seinen Dank 
in ein Hoch auf die Arbeit. Kurz vor 5 Uhr ver⸗ 
ließ derselbe die Versammlung, indem er sich mit 
einigen herzlichen Worten von ihr verabschiedete. 
Spaͤter toastete noch Herr Kaufmann Fisccher von 
hier auf die Feuerwehr und die musterhafte Kapelle 
bon Grube Heinitz; als Antwort hierauf brachten 
dieselben der hiefigen Feuerwehr ein Zfaches Hoch aus. 
In den Redepausen erfreute die mehrgenannte Hei— 
nitzer Kapelle unter Leitung ihres Dirigenten Herrn 
Wittich die Versammlung durch ihre meisterhaften 
Horträge, wofür derselben auch an dieser Stelle Dank 
und Anerkennung ausgesprochen sei. Erst gegen 
127 Uhr traten unsere preußischen Nachbarn unter 
klingendem Spiele den Heimweg an. — So verlief 
der gestrige Tag, vom Wetter ziemlich begünstigt, 
in der angenehmsten und, wie wir im Interesse der 
Feuerwehrsache hoffen, wohl auch Nutzen bringend⸗ 
sten Weise. 
— In San dertrank' am verflossenen Donners⸗ 
ag nach dem „H. A.“ ein 24 Jahre alter Knabe 
in einem Kübel voll Wasser. 
— Aus Hambach, 15. Sept. berichtet die 
„N. B.⸗Z.“: Heute Morgen gegen6 Uhr verspürten 
vir ein von Osten nach Westen ziehendes ziemlich 
tarkes Erdbeben. 
— Vom Haardgebirg wird dem „FIrkth. Tgb.“ 
nerichtet: Nachdem nun die erste Hälfte des Herbst⸗ 
nonats unter sehr ungünstigen Witterungsverhält⸗ 
nissen vorüber ist, sind wir zu unserm Leidwesen 
ur Ueberzeugung gelangt, daß nus bei sofortigem, 
varmen und anhaltend trockenem Wetter ein brauch⸗ 
hares Produkt des Weinstockes erzielt werden kann. 
Wahrlich eine großartige Täuschung den übertriebenen 
xrwartungen im Fruͤhjahr gegenüber. Der hart⸗ 
Jeprüfte Winzer wird nun seine Hoffnungen ein 
veiteres Jahr hinausschieben müssen. Einen Nutzen 
iber wird dieses Mißgeschick haben: Das wahrhaft 
vahnwitzige Geschrei und Wüten gegen alle und 
ede Weinverbesserung, auch wenn dieselbe durch die 
Nothwendigkeit geboten und durch die Wissenschaft em⸗ 
fohlen ist, wird ein Ende nehmen und der Ueber— 
eugung Platz machen, daß das Verbot einer Ver⸗ 
hesserung, die in Frankreich nicht blos gesetzlichen 
Schutz genießt, sondern sogar von Regierungs⸗ 
vegen befördert wird, für den deutschen Weinbau 
uim so mehr ein allgemeines Unglück wäre, als 
derselbe unter weniger günstigen Verhältnissen be⸗ 
rieben werden muß, als der französische. Möchte 
man sich diese Erfahrung zu nutze machen! 
— Aus Schwegenheim berichtet der „L. 
A.“: Um sich für das hiesige Kirchweihfest einige 
Mark zu verschaffen, begab sich der im höchsten 
HZrade geizige W.,von hier, der ein Vermögen von 
wa 30,000 M. besitzt, auch schon in diesem Früh— 
ahre durch die Gendarmerie Germersheim bettelnd 
abgefaßt wurde und jenesmal 600 M. bei sich trug, 
nach Spehyer und betielte sich insbesondere bei eini⸗ 
gen geistlichen Herren des Consistoriums, unter dem 
horwande, seine Verwandten, bei denen er in Kost 
ind Verpflegung ist ließen ihn darben, ein nettes 
Zümmchen zusammen. Einige der genannten Herren 
chrieben nun an das wohllöbliche Bürgermeisteramt, 
wie es mit der Wahrheit der gemachten Aussagen 
des W. stehe. Auf dies hin sahen sich die Ver— 
vandten veranlaßt, letztgenannten einmal wieder zu