st. Iugherter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Oonnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 16 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 H, einschließlich
d ¶ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 2, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 1902. Samstag, 30. September 1882.
17. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Mann starkes Corps von egyptischen Soldaten und! wegen Nothzuchtversuchs, zu einer Zuchthausstrafe
Bendarmen unter englischen Offizieren gebildet von 83 Jahren.
verden. — Aus Oberbexbach berichtet die „Pf. Z3.“:
Ein Warschauer Correspondent des gambettist- Am 18. d. Mis. wurde in der Gemeinde Ober⸗
schen „Voltaire“ meldet, daß am Schluß der Ma- bexbach eine That ausgeführt, wie sie kaum roher
iöver bei Warschau das Offiziercorps den com- jedacht werden kann. Am 17. und 18. Sept.
nandirenden Großfürsten mit seinem Stab und den ierten die hiesigen Bewohner ihr Kirchweihfest.
Bouverneur von Polen zu einem Festessen einluden Bekanntlich waren jene Tage sehr regnerisch. Der
ind dabei Folgendes geschehen sei. „Ein Oberst Schafhirt von Berbach, ein alter, treuer Diener,
uind ein Major luden die Offiziere der französischen kellte am Abende des 18. Sept. seine der Gemeinde
Mission zu dem Essen ein. In Betreff der deutschen zehörige Schafheerde in den Pferch, um nach Hause
ind österreichischen Offiziere richtete man es so ein, su gehen und seine den Tag über durchnäßten
zaß sie ausgeschlossen wurden und sie kehrten zu dleider zu wechseln, das Nachtessen einzunehmen
Wagen nach Warschau zurück. Mein polnischer ind dann wieder zu seiner Heerde in den Schäfer—⸗
Torrespondent, der selber dem Festessen anwohnte, karren zurückzukehren. Den schlimmsten Hund ließ
chreibt, daß während der ganzen Dauer des Mahles er am Schäferkarren angebunden zurück. Die Ab—
zegen Deuschland eine ähnliche Sprache geführt vesenheit des Schäfers benützend, eilten (wahr⸗
vurde, wie diejenige, welche dem General Skobeleff cheinlich, vielleicht sicher) zwei Schäfer, bösgesinnte
vahrscheinlich das Leben gekostet hat. Vesterreich- Menschen, in den Pferch mit in diesem Geschäft
Ungarn erweckt wegen seiner engen Allianz mit illem Anscheine nach geübten Hunden. Mit Dolch⸗
Deutschland dasselbe Mißtrauen und denselben Wider- messern und Hetzen der Hunde gings nun auf die
visllen. Die französischen Offiziere wurden mit armen Thiere los. Die Hunde griffen an den
ichmeichelhaften Aufmerksamkeiten überschüttet, auch Burgeln und an den nacktten Hinterschenkeln an.
vurde ein Hoch auf Frankreich ausgebracht.“ Die Dolche spielten an den Genicken. Dreimal
Einer Meldung aus Tunis zufolge wurde muß der Angriff erneuert worden sein. Beim
eine französische Mission und der sie be— drittenmale scheint der Pferch dem wuchtigen An⸗
zleitende Reitertrupp von sechzig Mann unweit prall der todtgeängstigten Heerde nachgegeben zu
airuan von 400 Marodeurs angegriffen. Der haben. Nun gings nach allen Enden und Richt⸗
ranzösische Commandant wurde getödtet und sieben ungen. Viele Schafe kamen in den Ort Bexbach
Mann außer Gefecht gesetzt. Die Marodeurs ver- u allen offenen Thüren hineingerannt. 27 Schafe
soren dreißig Todte und fünfzig Verwundete. ind todt; viele mußten in Folge der erhaltenen
Kairo, 28. Sept. General Wolseley bleibt Wunden getödtet werden. Der Schaden wird auf
mindestens noch vierzehn Tage in Egypten und kehrt 1000 Me. geschätzt. Die armen Thiere mußten
erst zurück, wenn die dringenden Fragen bezüglich im Walde, zitternd hinter Gebüsch, in Frankenholz
der Kriegsgerichte und der Zurückziehung eines Theiles und auf umliegenden Höfen zusammengesucht
der britischen Truppen sowie der Reorganisation der verden.
egyptischen Armee erlediat sind — Kaiserslautern, 26. Sept. Der hie⸗
ige Stadtrath wird in seiner nächsten Sitzung vor
iner sehr schweren und neuen Aufgabe stehen. In
yorausgesehener Konsequenz seines jüngsten Beschlus⸗
es, einem Arbeiter, welcher sich 10 Jahre dahier
adellos aufgehalten, ohne eine öffentliche Unter⸗
tützung zu beanspruchen, das Ortsbürgerrecht in
einem ganzen Umfange, unentgeltlich zu verleihen,
jat nun eine allgemeine Arbeiter⸗Agitation für eine
olche Einwanderung in hiesiger Stadt begonnen.
Eine Anzahl von Bürgeraufnahmsgesuchen solcher
Arbeiter, welche die oben bezeichneten Qualitäten
vesitzen, liegt bereits der Stadtverwaltung für die
nächsten Sitzungen vor. Bezüglich der Theilnahme
m den Gemeindenutzungen wird dann bald der Satz
sich bewahrheiten: „Viele Brüder, schmale Güter!“*
K. St.
— Bergzabern, 27. Sept. Gestern wur⸗
den hier und in Dörrenbach für den Centner
dopfen 320 Mark geboten, jedoch nicht abgegeben.
Man verlangte 350 Mark, welcher Preis, wie
nan hofft, noch erzielt wird.
— Landau, 26. Sept. Die nachträgliche
Abänderung des Zeugnisses eines Schülers der
4. Gymnasialklasse durch den Professor der Klasse
vird in den nächsten Tagen hier Gegenstand einer
gerichtlichen Verhandlung sein. Ein Schüler der
1. Gymnasialklasse erhielt laut Konferenzbeschluß
die unbedingte Erlaubniß zum Vorrücken in die
weite Gymnasialklasse, womit bekanntlich auch die
Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligendienst ver—
bunden ist. Gegen Schluß des Schuljahres besuchte
derselbe aber wegen Unwohlsein die Klasse einige
Zeit nicht mehr, obwohl der Professor seiner Klaffe
hu öfter spazieren gehen sah. Als ihm derselbe
Berlin, 26. Sept. In dem projektirten deut⸗
hen Civilgesetzbuch will man auch eine einheitliche
zestsezung der Verjährungsfristen für das Reichs—
ebhiet anbahnen. Es herrscht bekanntlich in dieser
eziehung gegenwärtig im deutschen Reiche ein ganz
untscheckiger Rechtszustand, ja es bestehen sogar in
mzelnen deutschen Staaten verschiedene Verjährungs⸗
risten.
Ausland.
Wien, 27. September Eine kaiserliche Ver⸗
conung exmächtigt die Regierung zum Zwecke der
Interstützung der hülfsbedürftigen Bevölker—
ing Tyrol's bis zu 500,000 fl. und Kärv—
hens bis zu 200,000 fl., nach Maßgabe des
vitklichen Bedarfs, aus Staatsmitteln flüssig zu
rachen.
Wien, 27. Sept. Wie in diplomatischen
reisen verlautet, wurde die Pforte von Deutsch⸗
and und Oesterreich-Ungarn der Rath ertheilt, die
onflicte zwischen Albanesen und Montenegrinern
u keiner bedrohlichen Affaire anwachsen zu lassen,
ondern bei Zeiten an der Grenze Vorkehrungen zu
reffen, damit dort die blutigen Zusammenstöße ein
inde nehmen oder mindestens eingeschränkt werden.
Nan darf annehmen, daß die türkische Regierung
a ihrem eigenen Interesse ehrlich diesem Rathe
volge leisten werde.
Budapest, 27. Sept. Zwischen dem Per—⸗
nanenz⸗Comité der europäischen Danau⸗Commision
m Galatz und der russischen Regierung ist ein Con⸗
lict ausgebrochen, nachdem letztere erklärt hat, daß
ich die Thätigkeit der Commission nur auf die
zulina⸗, nicht aber auch auf die Kilia-Mündung
ttrecken dürfe.
Paris, 27. Sept. Man haäͤlt es hier für
woglich, daß Deutschland den ersten offiziellen Schritt
hun werde, um der Botschafter⸗Conferenz in Kon⸗
antinopel das Mandat zur Berathung der eng⸗
ischen Ansprüche in Egypten ertheilen zu lassen. Als⸗
zann dürfte Rußland sosort die deutsche Polik un⸗
erstützen.
(Aus Frankreich.) Die „Repu—⸗
que Francaise“ verlangt, daß so bald wie
noͤglich die Mobilmachung zweier Armeekorps ver⸗
ucht werde. Die Reorganisirung der Armee sei
unmehr ziemlich vollständig; aber ohne diesen Ver⸗
uch werde man nie volles Vertrauen haben können,
ß die Armee im Falle eines Krieges recht rasch
hagfertig sein werde. Der moralische Werth der
lruppen beruhe auf dem Mechanismus dieser Opera⸗
on. Das Blatt meint, es sei jedoch nicht not⸗
dendig, die Territorialarmee mit zu mobilisiren,
n dieselbe sich im Kriegsfalle doch hinter den aktiven
ituppen zusammenschaaren werde. Aber von den
estehenden achtzehn Armeekorps müßten alljährlich
dei mobil gemacht werden. Wenn die Mobil⸗
tachung mit den großen Herbstmanövern zusammen⸗
alle so werde die Ausgabe für dieselbe nur 2,8300 000
tancs betragen.
Am Dienstag 10. Okltober wird die franzöfische
ammer wieder zusammentreten. Gambetta ist
teits in Paris angelangt und wird die Haupt-
ludt angeblich bis zu dem bezeichneten Termin nicht
vieder berlassen.
London, 26. Sept. General Wolseley kehrt
„.0 Tagen nach England zurück, und General
—X übernimmt sodann den Befehl über die Oc⸗
hationstruppen. Es verlautet. es tolle ein 10.000
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 29. Sept. Gestern Nach—⸗
nittag gegen 6 Uhr gelang es der Gendarmerie
zu Schnappbach, in der Nähe von sechs Eichen
in den Waldungen der Hrn. Gebr. Krämer zwei
Wilderer bei der Ausübung ihres unsauberen Ge⸗
verbes festzunehmen. Von den Verhafteten,
»em Vernehmen nach ein Bergmann und ein An⸗
treicher von Sulzbach, war der eine mit einem Ge⸗
vehr und der andere mit einem Sacke zur Auf⸗
aahme des erlegten Wildes versehen. Die Gendar—⸗
nerie soll denselben schon einige Zeit nachgestellt
—W
S Niederwürzbach, 28. Sept. Eine
KRiesen-Kohlrabil) Vor einigen Tagen zeigte
Herr Gutsbesitzer Johannn Valentin Altpeter
„om Annahof in der Wirthschaft von Adolf Schaller
zahier eine Bodenkohlrabi, welche 30 em. Durch⸗
nesser und über 90 cm. im Umfange hatte. Das
Wurzelgewächs wog 171 Pf., und versicherte ge—
achter Herr, daß in seinem Ackerstücke, *4 Morgen
groß, die meisten Kohlrabien diese Größe zeigen.
— Das Schwurgericht verurtheilte am Mon⸗
lag den 20 J. a. Tagner Georg Schank von
den Erzhütten bei Kaiserslautern wegen Nothzucht⸗
versuchs und Diebstahl zu einer Gefängnißstrafe
»on 4 Jahren und ferner an demselben Tage den
Dienstknecht Peter Weißmann von Geiselberg
vegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode zu
iner Gefängnißstrafe von der gleichen Dauer. Die
etzte Verhandlung der diesmaligen Session endete
aim Dienstag mit der Bestrafung des 28jährigen
Tagners Peter Müller von Rehweiler, angeklagt