Natur giebt, die ihm dann bereitwilligst gegen Zinsen,
jedoch schwerlich zu dem niedrigsten Zinsfuß Geld
vorschießen, bis endlich nicht nur der Kapitalist das
Kapital, sondern auch der Lieferant den seither be—
willigten kurzen Kredit kündigt. Dann bricht plötz
lich, das mit künstlichen Mitteln aufgebaute und
erhaltene Gebäude zusammen und die Bekannten
sagen, es thut mir leid für den Mann, er war
fleißig und solid, aber er ist weiter gegangen, als
ihm seine Mittel erlaubten. Warum aber dies Alles?
Weil er seinen Kuuden länger kreditiren muß als
er selber Kredit hat. Es besinden sich freilich unter
diesen Kunden auch wieder Viele, denen es genau
ebenso geht, die recht gerne früher zahlen würden,
wenn sie es eben könnten. So greift hier Eines
in das Andere zum schließlichen Ruin der Klein—
handwerker. Das Gesagte ist von Theorie und
Praxis längst erkannt, und die verschiedensten Mittel
zur Beseitigung des Mißstandes sind vorgeschlagen
worden, neuerdings von den sogenannten, Reformern“
die obligatorischen Innungen. Die Zwangs⸗Inn⸗
ungen werden, nimmermehr im Stande sein, dem
Uebel Einhalt zu thun. Haben nicht sehr viele
Berufe, die Bäcker, Metzger, Aerzte, Juristen, Fabri⸗
kanten auf dem Wege der freien Vereinigung für
ihre Berufe ganz Erhebliches geleistet? Das Sonder—
barste ist, daß gerade die Leute, die dem Hand⸗
werk in der angedeuteten Weise helfen wollen, keines⸗
wegs Leute von Fach, sondern höhere oder niedere
Staatsdiener, Beamte und andere dem Handwerl
fernstehende Persönlichkeiten find. Nein, von diesen
Leuten kann den Gewerbtreibenden Hilfe nicht kommen,
wir meinen vielmehr, daß nur allein mittelst freier
Vereinigungen der Handwerker dem Borgsystem und
anderen Uebelständen ein Ende bereitet werden kann.
F Cin scheußliches Bubenftückist in der
Nacht vom Sonntag auf Montag in der Nähe von
Friesenheim bei Lahr verübt worden. Es wurde
entdeckt, daß eine Schiene des östlichen Geleises der
Hauptbahn in der Nähe der Station Friesenheim
aus ihrer normalen Lage gelöst war. Ein der
That dringend verdächtiges Individuum, ein schon
längere Zeit entlassener Bahnwartsablöser, befindet
sich in Haft. Die „Bad. Losztg.“ berichtet noch
weiter über diesen Fall: Wirth Kohler zur Bahnhofre⸗
stauration bemerkte beim Schließen des Hauses einen
Menschen, welcher sich auf dem Bahnkoͤrper zu
schaffen machte; als er sich demselben näherte, ent⸗
floh der Bursche und Kohler sah nun, daß derselbe
mit einem Schraubenschlüssel ein Schienenstück be⸗
reits ganz losgemacht, von einem zweiten aber schon
mehrere Schrauben aufgedreht hatte. Offenbar ge⸗
schah dies, um den nächsten Schnellzug zur Ent⸗
gleisung zu bringen. Der Beschädiger der Eisen⸗
bahnstrecke bei Friesenheim wurde in der Person
eines früheren Bahndieners Namens Urban Bürk
enideckt. Bürk wurde sofort verhaftet.
F In dem badischen Oberland und im
Elsaß reisen augenblicklich Agenten herum und er—
muthigen unter den glänzendsten Verlockungen zur
Auswanderung nach Paraguah, welches Land an⸗
geblich von einem Reichsfreiherrn v. Wolzogen in
Kalsbrieth, bei Aitern colonisirt werden soll. Die⸗
selben lassen sich für ihre beglückenden Auswan⸗
derungspläne einige Mark vergüten. Mittellose
Anfiedler wurden von ihnen nicht berücksichtigt. Von
jedem Familienhaupt, das sich dahin begeben will.
wird ein Baarvermögen von mindestens 3000 Mt.
verlangt (). v. Wolzogen will eine Expedition
von 24 Männern ausrüsten, sobald die hierzu
dringend erforderlichen 144,000 Mk. zusammenge⸗
bracht sein werdea.
F In Koblenz genügt die seit 1340 be—
stehende altehrwürdige Moselbrücke den Anforder⸗
ungen des Verkehrs nicht mehr. Es soll deßhalb
1883 der steinerne Oberbau zum Theil abgetragen
und durch einen eisernen ersetzt werden. Die Kosien
—A
welche zu *6 von der Provinz getragen werden
Ueber die jetzige Moselbrücke welche in den 524
Jahrhunderten ihres Bestehens fast ohne Beschädig⸗
ung geblieben ist, sind die Truppen fast aller
Hherrscher Europas dahingegangen.
F Berlin, 4. Oltober. Die Geschworenen er⸗
hannten Conrad schuldig des fünffachen Mordes
Diebitz seine Geliebte. unschuldig der Begünstigung
aber schuldig des Meineides. Conrad wurde zum
Tode verurtheilt, Diebitz zu sechs Monaten Gefäng—
niß. (Conrad hat bekanntlich seine Frau und 4
Kinder erhängt.)
F. In Danzig hat ein junger Arzt ein junges
Mädchen von einer angeblich noch nicht sehr vor—
geschrittenen Lungenkrankheit dadurch schnell zu heilen
gehofft, daß er durch eine chirurgische Operation
den kranken Lungentheil entfernte. Die mit Erlaub—
niß der Eltern des Mädchens vorgenommene Ope⸗
zation hat, wie die abmahnenden Kollegen befürchtet
jatten, schon nach wenigen Stunden den Tod der
Zranken zur Folge gehabt.
F GEin Erzherzog als Dorfbürger—
meister.) Unter den Buͤrgermeistern, welche aus
den diesjährigen Gemeindevorstandswahlen in den
Landgemeinden Niederösterreichs hervorgeangen sind
befindet sich auch ein Mitglied des Kaiserhauses,
Erzherzog Karl Ludwig. Derselbe bekleidet neben
seinen hohen Würden auch das Amt eines Bürger⸗
meisters von Artstetten, welches eine im Bezirk⸗
Persenbeug (Bezirkshauptmannschaft Amstetten) ge—
legenes Dorf mit 300 Einwohnern ist. Bei der
diesjährigen Gemeindevorstandswahl wurde Erzherzog
Karl Ludwig zum 5. Male als Bürgermeister unt
sein Förster, Franz Hauser als Gemeinderatbh
wiedergewahlt.
Ein Perpetuum Mobile.) Nach dem
Zerichte eines französischen Blattes wäre es einem
Uhrmacher im Kanton Wallis gelungen, ein
Perpetum Mobile“ oder wenigstens etwas Aehn⸗
iches zu erfinden. Dieser brave Handwerker, der
zereits 80 Jahre zählt und in der Gemeinde Poudry
wohnt, hat vor vier Jahren zwei von ihm ange—
fertigte und mit einem von ihm erfundenen Apparaf
in Bewegung gesetzte Holzkisten eingeschlossen, im
Gemeindeamie deponirt und daselbst mit dem Amts⸗
iegel die Kisten versiegeln lassen. Vor wenigen
Tagen wurden nun, nachdem vorher offiziell kon⸗
tatirt worden war, daß die Siegel unverletzt seien
die beiden Kisten geöffnet, und es zeigte sich, daf
die Uhren noch immer gingen und durchaus keine
Reigung zeigten, stehen zu bleiben. Der ührmacher
chien sich an der Ueberraschung der Umftehenden
zu weiden, hat sich aber bisher geweigert, sein Ge—
jeimniß bekannt zu geben. Er fürchtet, wie er
agt, wie alle gegenwärtigen und künftigen Erfinder
geprellt“ zu werden.
x Demnächst soll ein sogenannter Blitzzug
(PTrain éclair) zwischen Wien und Paris ein—
gerichtet werden, welcher mit der kürzesten Fahr—
dauer, die erreichbar ist, verkehren wird. Sonder—⸗
darerweise geschieht das aber nicht von Seite der
Bahngesellschaften, sondern durch die bekannte Schlaf⸗
waggon⸗Compagnie, welche schon langere Zeit mit
den interessirten Staaten in Unterhandlung steht.
Bis jetzt widerstreben, wie der „N. Fr. Pr.“ ge—
chrieben wird, nur Bayern und Württemberg der
kinrichtung des Blitzzuges, und diese Länder haben
vorläufig nur die Zustimmung für den Verkehr des
Probezuges gegeben. Nächste Woche schon wird
iin solcher Blitzzug von Paris abgelassen werden
Derselbe verläßt am Dienstag den 10. ds. 6 Uhr
10 Min. Abends, Paris und trifft in Wien vi—
Simbach am 11. Oktober um 10 Uhr 30 Min.
Abends ein. Die Fahrdauer wird also nur 27
Stunden betragen, während sie jetzt 33 Stunden
beträgt. Donnerstag den 12. Oklober wird ein
ühnlicher Probezug Wien um 3 Uhr 40 Min. Nach—
mittags verlassen, welcher Freitag 13. October um
7 Uhr 40 Min. Abends in Paris einzutreffen hat
Diese Probezüge werden enthalten zwei Gepäds—
wagen, vier Schlafwaggons, einen Salonwagen und
einen Restaurationswagen. Der Totalpreis für eine
Fahrt beträgt sammt den Kosten für die Restauration
250 Francs.
fParis, 4. Oktober. Gestern stürzte sich
don dem Thurme der Notre⸗Dame eine sehr elegan
zekleidete Dame herab, Sie fiel auf das Güͤter
so daß ihr Körper in der Mitte durchschnitten wurde
Nur ein Theil des Körpers blieb am Gitter hängen
der andere fiel auf das Pflaster.
Die Nachrichten von der Ueberschwemmung
in der Provinz Rovigo in Oberitalien lauten
entsetzlich. 120,000 Menschen kampiren obdachlos
großentheils auf den Po-Dämmen, deren Durch
hruch mit Schreden entgegen gesehen wird.
F Das so rasch in Jtalien eingetretene Wasser⸗
unglück erfolgte, wie jetzt Sachverständige darthun,
nicht ohne menschliche Schuld. Die zügellose Ab—
holzung der italienischen Alpen, welche in den letzten
Jahren stattfand, hat viel dazu beigetragen. In
Italien, wo das Eisen verhältnißmäßig noch wenig
als Baumaterial zur Verwendung kommt, wurden
ꝛnorme Quantitäten von Bauholz zu den neuen
Fisenbahnlinien und zu den bedeutenden Neubauten
in vielen Städten verwendet. Die Nachfrage war
daher eine außcrordentliche, die Preise waren hoch,
io daß die Waldbesitzer die Gelegenheit wahrnahm
sich rasch in unerwarteter Weise zu bereichern —*
lückenhafte Waldgesetz Italiens war nicht hinteichez
um diesem wahnsinnigen Treiben Einhalt zu shun
Das Wasser hatte somit keine Hindernisse meht
Waährend früher die Wälder einen großen —*
des Regens und der Wolkenbrüche abforbirlen und
vertheilten, stürzt fich jetzt die Wassermasse don den
kahlen Bergen mit Blitzesschnelle in die Thäler
Denkt daher die Regierung nicht bald daran, diesem
Uebelstand durch ein drakonisches Gesetz über die
Waldpflege und Abholzung abzuhelfen, so wirt
Oberitalien künftig alljährlich solche Verheerungen
ragen müssen. Auch früher fehlte es nicht an Ueber⸗
chwemmungen, aber sie erschienen wenigstens lang⸗
amer; man konnte dieselben von den Bergen schoͤn
einige Tage vorher signalisiren und Vorsichtsmaß.
regeln treffen.
F (GDer Bau des Canaltunnels.) Die englisch
Regierung hat nach Anhörung des Kriegsministes
iums und der Sachverständigen gegen die Gesiatt
ung weiterer Arbeiten am Canallunnel entschieden
Obwohl kaum zu bezweifeln ist, daß in spätere
Zeit auch in England bezüglich dieses Werkeg
andere Anschauungen Platz greifen werden, so ist
doch die Vollendung des bereits begonnenen Baues
in weite Ferne geruͤckt.
Gündhslzchen-Statistik.) Ein eng
ischer Statistiler berechnet, daß in Eurdpo jährlich
1,618,300 Centner Holz allein auf Zündhölzchen
erbraucht werden. Am meisten Zündhoölzchen der
hrennt Deutschland, wahrscheinlich wegen der in
demselben allgemein herrschenden Gewohnheit des
Rauchens. In diesem Lande schätzt man den täg⸗
lichen Verbrauch auf 15 Zündhölzchen per Kopf der
Bevölkerung, in Belgien auf ungefähr 9, in Eng⸗
land auf 8 und in Frankreich auf 6. Ueberhaup.
nimmt der Konsum derselben in der Richtung von
Norden nach Süden stetig ab. Im Durchschnit
kann man annehmen, daß in Europa täglich 6 oder
7 Zündhölzchen per Kopf dem Flammentode oder
der sonstigen Vernichtung geweiht werden.
J Gegeln für die Lüftung von
Schlaf—- und Wohnräumen.) Das Echlaf⸗
zimmer ist derjenige Raum, welcher in Bezug
auf die Erneuerung der Luft die groͤßle Aufmerl
amkeit verdient. Wer im Besitze eines gesonderten
Schlafzimmmers ist, soll die Fenster womöglich bis
um Schlafengehen offen lassen. Es ist für gefundt
Menschen, wenigstens für den Sommer rathsam
auch in der Nacht die Oberflügel der Fenster offer
zu halten. Sollte Jemand überängstlich vor dem
ersten Versuche sein, so empfiehlt es sich, die Rou⸗
leaur herunter zu lassen, jedoch nicht senkrecht, sondern
schräg nach dem Innern des Zimmers.
Steht ein Schlafzimmer mit Wohnräumen in
Verbindung, so empfiehlt es sich, die Thür offen
ju lassen. Das Schlafen in ungeheizten Zimmern ist
immer am gesundesten, weil bei der kuͤhleren Luft
in Folge ihrer größeren Dichtigkeit durch jeder
Athemzug eine großere Menge Sauerstoff eingeathmel
wird. Wer krankheits⸗ oder gewohnheitshalber sein
Schlafzimmer heizen muß, der benuße einen im
Zimmer selbst heizbaren Ofen, womöglich einen Re
gulirofen, bei dem keine Gefahr für Kohlenoxyd
bergiftung vorhanden.
Das Brennen von Nachtlichtern verschlechteri
die Luft um so viel mehr, daß man ein Nachtlich'
gleich 1J und eine Gasflamme gleich 4 Menschen
rechnen kann.
Hohe Bettstellen sind vortheilhaft, weil die dem
Körper schädliche Kohlensäure schwerer als die at—
mosphärische Luft ist und deshalb mehr zu Boden
finkt; nachtheilig dagegen die Rollbetichen und Körbe
welche unmittelbar über dem Fußboden als Laget
für Kinder bei ärmeren Familien dienen. Hiet
würde eine geeignet construirle Hangematte viel bessere
Dienste leisten.
Auf jedes benutzte Beit eines Schlafzimmers
sollte ein Raum von 6 qm und 20 ebm Luft
kommen.
Für Wohnzimmer gelten im Ganzen ähnliche
Grundsätze, wie für die Schlafzimmer. Häufiges
Oeffnen der Fenster und Thüren ist ein längst be—
kanntes, aber leider nur zu wenig angewendetes
Mittel zur Lufterneuerung. In der Regel, halten
die meisten Menschen die Luft eines Wohnzimmers
erst dann verdorben, wenn dieses den Geruchsor⸗
zanen fühlbar wird; die eigentlichen Luftverderber
aber, Kohlensäure, Kohlenorydgas, übergroße Menge
Wasserstoff ec., sind keineswegs sofort bemerkbat.
Kohlensäure in großer Menge erzeugt Blutvergiftung