xt. Iugherter Anzeiger
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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* St. Ingberter Anzeiger“? erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
gatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1 “6 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 H, einschließlich
3 Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 A, bei Reclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 199.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Aus Berlin berichtet das „Frkf. J.“. Als
zeuerdings der schädigende Einfluß erörtert wurde,
velchen die stetige Erhöhung der russischen Zölle
cuf die deutsche Industrie üben müsse, wurde viel⸗
iach die Befürchtung laut, es könnten die land⸗
victhschaftlichen Zölle bei uns erhöht werden, um
in Gegengewicht zu erlangen. So weit jetzt be—⸗
nnt, ist diese Frage seitens der Regierung noch
ücht eroͤrtert worden. Thatsächlich beschäftigen sich
ie leitenden Kreise mit den durch die russischen
zollerhöhungen bei uns geschaffenen Verhãltnissen
qhr eingehend und es wird wohl in Bälde eine
dundgebung nach dieser Richtung erfolgen.
Die seitens des Centralverbandes deutscher
Industrieller eingesetzte Commission zur Detail⸗
Herathung und Abfassung eirer Denkschrift über
die Gesetzentwürfe, betreffend die Kranken⸗ und Un⸗
sallbersicherung der Arbeiter, ist zum 12. Oktober
nach Berlin zusammenberufen worden.
Das neuerlich colportirte Gerücht, betreffend die
ventuelle Abtretung Helgolands an Deutsch⸗
land, wird nirgends ernst genommen. Wie man
weiß, ist dieses Gerücht schon oft und zu verschie—
enen Zeiten aufgetaucht und hat jedesmal durch
die Thatsachen ein Dementi erfahren.
Fürft Bismarck befindet sich neuerdings
Fener, sieht wohl aus und leidet nur ab und zu
m neuralgischen Schmerzen. Staatsminister v.
götticher hat aus Varzin die Nachricht mitgebracht,
zaß der Reichsstag am 30. November zusammen⸗
ommen wird. Es sollen ihm beide bereits fertigen
Budgeis für 1883284 und 1884 —88 vorgelegt
werden, sonst aber nur das Krankenkassen⸗ und
Unfallversicherungsgesetz, aber keine neuen Steuer—
borlagen. Was den preußischen Landtag betrifft.
d sou in' der letzten Sitzung des Staatsministeriums
der Gedanke ventilirt sein, den Landtag entgegen
der bisherigen Absicht schon gleich nach den Wahlen
einzuberufen, doch ist ein bestimmter Beschluß, so
viel man erfährt, bis jetzt nicht gefaßt.
Ausland.
Von einer angeblich bevorstehenden Dreikaiser⸗
Zusammenkunft, welche in einem Wiener Briefe der
dondoner Allgemeinen Correspondenz signalisirt wird,
ist in Wien absolut nichts bekannt.
London, 7. Okt. Nahe bei Allina in Ir⸗
and wurden gestern Mordversuche unternommen,
jedoch ohne Erfolg. Eine Verbaftung hat stattge⸗
funden.
Alexandrien, 7. Olt. Hadje Mustapha,
einer der Hauptschuldigen an den am 11. Juni
Jegen die Europäer verübten Gewaltthaten wurde
heüte früh in Gegenwart einer großen Menge Ein⸗
geborener und Europäer hingerichtet.
Die Gazette egyptienne meldet, man werde auf
die Vorstellungen einer Macht in der egyptischen
Angelegenheit zwei Entschädigungs -Commissionen
einsetzen, von denen die erstere aus Vertretern aller
Maͤchte mit Einschluß Griechenlands bestehen und
die Schadenersatzanträge prüfen werde. Die zweite
ommission werde die Mittel zur Zahlung unter⸗
uchen, da die egyptische Regierung sich weigere, zu
diesem Zwecke die für die Staatsschuld bestimmten
finnahmen zur Verfüßung au stellen.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 8. Olkt. GBerichtigung.)
Ihr „b“Cortespondent von Nr. 198 Ihres Blattes
Montag, 9. Oktober 1882.
17. Jahrg.
bringt über den Vorfall des 7. October (in Be⸗
treff des Liesdorfer BVauern. D. Red.) vollständig
mwahre Angaben. 1) Fingen die Chaisenpferde
nicht an sich in schnellen Lauf zu setzen, als sie in
die Nähe des Liesdorfer Bauern kamen, sondern
vurden mit ganz kurzen Zügeln in langsamer
Fangart gefahren. 2) Geschah das Unglück, weil
der Bauer, trotz mehrfach wiederholten Zurufs sei⸗
ens des Kutschers sowohl, als des Insassens der
Thaise, nicht rechtzeilig auswich und der Kutscher
nach links nicht fahren konnte wegen der dort be—
findlichen Wagen. 8) Konnte der Bauer nicht auf
dem Trotdoir ausgleiten, weil er sich zwischen sei—
nen Pferden und der Chaise befand. 4) Bestehen
die Verletungen nicht in einem Bein- und Schul—
erbruch, sondern einer Quetschung und theilweisen
Zautabschürfung der rechten Schulter, Hautabschür⸗
ung der rechten Schläfengegend, einer etwa 5 ctm
langen Hautwunde der linken Wade, endlich einer
irce markgroßen Hautabschürfung des linken
Kniees. 5) Reduzirt sich die Lebensrettung der 2
auf dem Wagen befindlichen Mädchen darauf, daß
sie nach Stiüstehen des Wagens unter allerdings
urchtbarem Geschrei herunterstiegen. (Anmerkung
der Red.: Von unserer Seite war bereits, als uns
Vorstehendes mit Hinweis auf 8 11 des Preßge⸗
setzes von Herrn Dr. Kreitz zuging, gleichfalls
eine Berichtigung der, wie wir nachträaglich
erfuhren, allerdings stark übertriebenen An—
gaben des be Correspondenten geschrieben. Wir
eßen jedoch Herrn Dr. Kr. das Wort, wollen
aber bemerlen, daß dieses nicht wegen des Hin⸗
weises auf das Preßgesetz geschah. Der Bauen
wurde überfahren, das laßt sich nicht berichtigen,
und daß die Verletzungen nur ungefährlicher Natur
ind, ist hoffentlich für beide Theile angenchm.
Vielleicht hat der leidige Vorfall das Gute, daß in
Zukunfi an Markttagen die Wagen der Verkäufer
aur mehr auf einer Seite der Straße halten
dürfen oder ganz von der Straße weg, etwa auf
den freien Platz im Müleneck, zu bringen sind.
Daß bei dem bisherigen Wagenwirrwarr an Markt—
agen nicht schon öfters Unfälle vorkamen, ist ge—
viß nur dem Zufalle zu danken.)
*St. Ingbert, .Okt. An Gleichstel—
ungs-Umlagen kommen dahier für das lauf
Jahr zur Erhebung 121 Proz. der Gesammisteuer,
m Distrikts-Umlagen 47 Proz., an Cultus⸗
1mlagen bei den Katholiken 16 Proz.
»ei den Protestanten 8 Proz., an Feld—
chützenlohn b6 Proz. der Grundsteuer. Ar
Schulgeld werden bezahlt 2 Mk. 70 Pf. pro Kind
Biehbesitzer haben serner zu zahlen für 1 Pferd
1 Kuh, 1 Ochsen oder 1 Rind je 38 Pf.
n. St. Ingbert, 9. Okt. Die Haus:
dollecte fur den Neubau einer protest. Kirche in
der Gemeinde Olsbrücken ergab in der hie
sigen protest. Pfarrei den hübschen Betragç
jon 200 Mark. In Ensheim gingen zu dem
zleichen Zwede ca. 36 Mark ein.
*Si. Ingbert, 9. Okt. Für die wetter—
beschädigten Gemeinden im Bezirksamt Kusel
gingen bis jetzt ein 15472 Mk. 18 Pf., darunter
eine Gabe der Hrn. Gebr. Krämer dahier im
Betrage von 200 Mtk. Ferner wurden bis jetzt
470 Ztir. Saatfrucht geliefert und zur Beschaffung
don weitern 645 Zentnern den 12 schwerstbe⸗
ichädigten Gemeinden 5160 Mk. verabfolgt.
— In Kaiserslautern wurden am 7.
ds. Mis. durch die Arbeitsnachweistafel des Vereins
gegen den Hausbettel folgende Arbeiter gesucht:
Schreiner 22, Schlosser 7, Leistenmacher 1, Schuh⸗
macher 7, Tüncher 2, Schmiede 2, Maurer 4,
Blaser 2, Küfer 2, Dreher 2, Schneider 6. Zu⸗
sammen 57.
— In Neustadt fand am Freitag die all⸗
ährige Versammlung pfaälzischer Aerzte zu Besprech—
ung wissenschaftlicher und reingeschäftlicher Ange-
legenheiten statt. Anwesend waren etwa 50 Aerzte
aus unserer Provinz.
— In Folge der in Aussicht stehenden Be—
setzung niederer Postdienststellen mit Unteroffizieren
ind, wie „Pf. Z.“ schreibt, die Auslichten der Post⸗
packergehilfen sehr trüb, und ist deren Befoͤrderung
sehr fraglich geworden. Nächstens wollen dieselben
in Neustadt a. H. eine Versammlung abhalten,
um durch eine direkte Petition das k. Staatsmini⸗
sterium uͤm eine Aeußerung hiecüber zu bitten. (Wir
leben in einer Zeit, in welcher man in der Uni—
form geboren sein muß, wenn man für den Staats-
dienst tauglich sein will.)
— In Baden-Baden, wo der Kreisturntag
eben seine zSitzungen hält, ist Neustadt a. H.
als Festort zur Abhaltung des II. Kreisturnfestes
des X. deutschen Turnkreises (Baden, Pfalz und
Elsaß) gewählt worden.
— Welchweiler, 3. Okt. In einem dem
Friedrich Cassel J. von hier gehoͤrigen Ader im
Woog, Bann Welchweiler, ist ein Apfelbaum zu
ehen, der jetzt blüht, obwohl derselbe den ganzen
Sommer dürr war.
— Heute (Montag) beginnen in Speyer
die Anstellungsprüfungen der Schuldienstexspek⸗
tanten pro 1882.
— Am Feste Allerheiligen, 1. November wird
in den katholischen Kirchen der Pfalz eine Collecte
»u Gunsten der neuzuerbauenden Filialkirche in
»z»zgenbrcken vorgenommen.
Vermischtes.
4 An das Centralkomitee zur Errichtung des
bayerischen Landesdenkmals zu Wörth
waren bis zum 6. d. M. 15,216 Mk. eingegangen.
4 Der bayerische Landtagsabgeordnete Jakob
Zäfele, Gutsbesitzer in Holzgunz (Wahlkreis
aufbeuern), welcher vor einigen Wochen das Un⸗
zlück hatte, von einem scheugewordenen Pferde ge⸗
schleift zu werden, ist an den hiedurch erlittenen
Verletzungen am Samstag im Alter von 63 Jahren
gestorben. Häfele war erst bei der letzten Wahl
in die Kammer gesendet, in welcher er der Frak⸗
tion der Rechten angehörte.
F In Unterfranken ist jüngst ein bäuer⸗
liches Anwesen, auf welchem 170 M. Hypotheken⸗
schulden hafteten, im zwangswege um das Meistge⸗
bot zu einer Mark versteigert und zugeschlagen wor⸗
den. Diese Thatsache ist für den landwirtschaft⸗
lichen Kredit in Baiern ebenso bezeichnend, als sie
auf die Reformbedürftigkeit des Subhastationsver⸗
fahrens ein helles Licht wirft.
Das Conditorgewerbe, das in kunst⸗
gewerblicher Beziehung sich empor zu schwingen be⸗
trebt ist, schickt sich an, mit Energie seine inneren
Angelegenheiten zu regeln, um mit vereinten Kraften
das zu erreichen, was Einzelnen zu erringen nicht
möglich ist. Wie vorher in Stuttgart, so fand
ürzlich in Sch wetzingen eine Zusammenkunft
pfälzer Conditoren siatt, woselbst sich ein „Pfälzer
Hauverband selbstständiger Conditoren“ constituirte.
Der Zweck dieses Verbandes ist, die Förderung ge—
meinschaftlicher Interessen im Geschäfte, d. h. enger
Anschluß an den „Deutschen Conditorenverband“