Full text: St. Ingberter Anzeiger

auf den nächften Verbandstag verschoben werden 
(Frkth. Tgbl.) 
Dürkheim, 9. Olt. Unser Nachwurst⸗ 
Markt war sehr zahlreich besucht und machten Ver⸗ 
käufer und Wirthe fast durchgängig die besten Ge— 
schäfte. Das über den Wurstmarkt Verzehrte isi 
diesmal nicht ohne Hindernisse festzustellen, was 
darauf schließen läßt, daß das Quautum desselben 
gewiß nicht gering zu bemessen sein dürfte. Es 
wurden ca. 25 Fuder Wein, sowie ein ziemlich be⸗ 
deutendes Quantum Bier getrunken; außerdem 
mußten, gering veranschlagt, mindestens 70 Schweine, 
30 —- 40 Kälber und fast ebensobiel Rinder, Kühe 
Fassel und Stiere das Leben lassen. Natürlich 
ging es auch den schnatternden und gackernden, 
sowie dem jagdbaren und (schwimmenden Gethier 
hart an den Kragen. Alles Anzeichen, daß es der 
schwachen Magen seitens der Besucher nur wenige 
oder, besser gesagt, wohl gar keine gegeben habeh 
durfte — und das ist gut; denn die Tagesfragen. 
sie ruh'n im Magen! (D. A.) 
— Welch' hitziges Gewächs der diesjährigt 
Neue ist, beweist folgender Vorfall, den die „Ggt.“ 
aus Edenkoben berichtet: Der einem hiesigen 
Weinhändler gehörige neue 82er Wein (Vorlese) 
in einem zum Versandt bereit liegenden 150 Liter 
haltenden Fasse kam früher als erwariet in Gäh— 
rung, sprengte in der Nacht den Boden des Fasses 
und lief aus. 
— Vom mitleren Gebirg wird dem 
„Pf. K.“ geschrieben: Man soll den Tag nicht vor 
dem Abend loben; dies Sprichwort bewahrheitet 
sich auch dieses Jahr bei uns am Gebirg. Im 
Frühjahr lebte der Winzer in der sichersten Hoff⸗ 
nung auf ein gesegnetes Weinjahr, sowohl auf 
Quantität, als Qualität, heute, wo der Herbst vor 
der Thüre, sieht er sich getäuscht. Wenig und sehr 
wahrscheinlich auch geringe Qualität. Infolge der 
kalten, regnerischen Witterung konnten die Trauben 
nur langsam zur Reife gelangen und sind sie in 
letzter Zeit auch sehr stark gefault, so daß in 
manchen Orten bereits Vorlese war. Bekommen 
wir bis zur Weinlese noch warme, sonnige Tage, 
dann kann es einen brauchbaren Wein geben, bleibt 
die Witterung aber ungünstig, wird die Qualitäi 
eine geringe werden; auch mit dem Herbsten wird 
es dann nicht mehr so lange dauern, man spricht 
vom 16. d. M. Tritt günstiges Wetter ein, wird 
mit der Lese länger gewartet. Die Portugieser 
wurden anfangs der Woche geherbstet und wurde 
in Gimmeldingen und Konigsbach die Logel, 40 
Liter, mit 14 M. bis 14 M. 50 pji. bezahlt; 
derselbe wog 650 nach Oechsle. Durch die un⸗ 
günstigen Herbstaussichten war es in letzter Zeit im 
Weingeschäft sehr lebhaft. Im Obergebirg wurde 
1881 zu 260 bis 860 M. verkauft, in hiesiger 
Gegend von 650 bis 1100 M. 
— Die Traubenreife macht am oberen 
Gebirg zusehends Fortschritte. Die Traminer 
färben sich lebhaft, Rieslinge werden weich, Gut⸗ 
edel und Oefterreicher sind ziemlich reif. Der all⸗ 
gemeine Beginn der Weinlese am oberen Gebirg 
wird wahrscheinlich am 19. Oktober stattfinden. 
— In der kürzlich in München abgehaltenen 
Generalversammlung des landwirth 
schaftl. Vereins in Bayern stand u. A. 
auch die Frage betreffend den Realkredit, bezieh—⸗ 
ungsweise die Errichtung von Hypotheken⸗Anstalten 
auf der Tagesordnung. Reichsabgeordneter Dr 
Armand Buhl Meidesheim) erwähnte gelegentlich 
der Besprechung auch des Entwurfes für Satzungen 
einer pfälzischen Boden- und Gemeinde⸗Kredit⸗An⸗ 
stalt, wie solcher vom Landrathe der Pfalz ausge— 
arbeitet worden sei. Leider konstatirte Redner da⸗ 
bei, daß trotz des hohen Hypotheken⸗Zinsfußes, wie 
jolcher im Allgemeinen in der Pfalz herrsche, doch 
diesem Vorgehen des Landrathes im Großen und 
Ganzen größte Gleichgültigkeit in landwirthschaft⸗ 
lichen Kreisen entgegengebracht werde. Es ist Dies 
um so mehr zu bedauern, als das Kreditbedürfniß 
in der Pfalz in jenen Kreisen nicht unbedeutend ift 
und die borhandenen Kreditvereine nach Dr. Schulze⸗ 
Delitzsch noch lange nicht in verdienter Weise ge— 
schätzt und gewürdigt werden. Man geht immer 
noch viel eher zu dem Wucherer, weil dort angeb⸗ 
lich das „Geheimniß besser bewahrt bleibe,“ bedenkt 
jedoch gewöhnlich zu spät, wie theuer man dies Ge⸗ 
heimniß bezahlen muß. — Mögen unsere Kreis— 
regierung und unser Landrath trotzdem die Errichtung 
des beregten Kredit Instituts fördern! Der große 
Werth derselben gerade für die Landwirthschaft wird 
sicher, wenn auch erst nach und nach erkannt werden 
Vermischtes. 
Der unfreiwillige Morder seiner Tochter zu 
verden — von diesem entsetzlichen Unglück ist ein 
Jagdpächter in Weyersbaäch betroffen worden. 
Er kehrte von der Jagd heim, als seine 19jährige 
ꝛinzige Tochter ihm eine Strecke entgegeneilie. 
Plötzlich entlud sich die Flinte, welche der Vater 
nit gespanntem Hahn unter dem Arme trug, und 
die Tochter sank, schwer in die Brust getroffen, zu 
Boden. — In der folgenden Nacht hauchte das 
Mädchen sein Leben aus. 
GSchicksale eines „Mai-Gefang— 
znen.“) Im süchsischen Zuchthause Waldheim be— 
and sich im Jahre 1851 unter den nahezu 1000 
Sträflingen auch ein ehemaliger sächsischer Lieutenani 
Bodo v. G., ein auffallend schöner, stattlicher junger 
Mann von kaum 22 Jahren, der wegen seiner Be⸗ 
heiligung an dem Dresdener Maiaufstande 1849 
jefangen genommen, Lriegsgerichtlich zum Tode ver⸗ 
irtheilt, im Gnadenwege jedoch zu lebenslänglicher 
zuchthausstrafe verurtheilt worden war. Trotz der 
uußerordentlichen Strenge, mit welcher die „Mai⸗ 
zefangenen“ in Waldheim behandelt wurden, wußte 
ich G. doch durch musterhaftes Verhalten wie durch 
iebenswürdige Manieren bei den Leitern der Anstali 
nn Gunst zu setzen, so daß ihm durch Verwendung 
m Bureaudienst eine wesentliche Erleichterung der 
jarten Gefangenschaft wurde. Da faßte zum Un— 
zlück für den Gefangenen dessen Schwester, eine 
vhetannte Schriftstellerin, den abentheuerlichen Plan, 
hren Bruder zu befreien. Unter Zuziehung einiger 
vertrauter Freunde waren zwei Soldaten der Wacht 
mannschaft gewonnen worden, welche Wachsabdrücke 
des Thürschlosses der G.'schen Gefangenenzelle be— 
orgten, um bei einem Schlosser in Vresden Nach⸗ 
chlüssel anfertigen zu lassen. Das Vorhaben wurde 
edoch entdeckt, der Plan vereitelt und die bei der 
Affaire Betheiligten mit schweren Kerkerstrafen be— 
egt. Für den unglücklichen Gefangenen hörte selbst 
verständlich von da ab jede Vergünstigung auf. 
Erst nach langen Jahren der Gefangenschaft sollten 
ich die Pforten des Zuchthauses für ihn erschließen. 
Nach wiedererlangter Freiheit begab sich d. G. nach 
hamburg und wirkte daselbst als Mathematiklehrer, 
bis ihn 1862 der Hamburger Senat mit einem 
Ausweisungsbefehle wegen politischer Umtriebe be— 
dachte. Nun wanderte v. G. aus, trat in mexi— 
anische Dienste und schwang sich dort bis zum 
Obersten des Ingenieurcorps auf. Der Zufall 
hrachte ihn auf einem Schiffe nach New⸗VYork mit 
der schönen Donna de Orviedo, einer der reichsten 
Damen Mexicos, in Berührung und wenige Monate 
jenügten für den stattlichen Oberst, der heute 55 
Fahre zählt, das Herz und die Millionen der lie— 
enswürdigen Witiwe zu gewinnen, die nach der 
Versicherung des „New⸗NYork Herold“ gleichzeitig 
die größten und kostbarsten Brillianten besitzt. Am 
5. September fand die Vermählung statt. 
f Berlin, 8. Okt. Auf' einem hiesigen 
Standesamte meldete ein hiesiger Schuhmacher- 
neister, der sich erst in der Mitte der bierziger 
Jahre befindet, die Geburt seines einundzwanzigsien 
Zindes an. 
F. Zu Tode geraucht. Vor einigen Ta— 
jen starb zu Berlin ein Versicherungsbeamter 
olötzlich und ohne vorherige Krankheit, und zwar 
aut ärztlichem Todtenschein an den unmittel- 
zaren Folgen übermäßigen Rauchens bei leerem Magen. 
F Dem Bericht, welcher dem Kaiser über die 
krgebnisse der Reichspost- und Telte— 
praphen⸗Verwaltung für die Jahre 1879 
—1881 erstattet ist, entnehmen wir nach dem, Archiv 
ür Post u. Telegr.“ noch folgende, den ungemeinen 
lufschwung des Verkehrs im Reichspostgebiete kenn⸗ 
eichnende Daten: Das Gebiet umfaßte 444,170,27 
Z.⸗Kilom. und 37,978, 165 Einwohner. Da Ende 
88 91483 Postanstalten und 5896 Telegraphen⸗ 
instalten vorhanden waren, so entsiel je eine Post · 
instalt auf 48.6 O. Kilom. und 4155 Einwohner 
und je eine Telegraphenanstalt auf 75.8 O.-Kilom. 
und 6441 Einwohner. In den letzten 8 Jahren 
hat sich die Zahl der Postämter um 29.35 pCt., 
und die der Telegraphenämter um 42.31 pCt. ver⸗ 
nehrt. Ebenso hat auch das Gesammtpersonal in 
Folge der Zunahme des Verkehrs, der Errichtung 
neuer Verkehrsanstalten und insbesondere zum Zwecke 
zer seit 1881 in Angriff genommenen Erweiterung 
ind Verbesserung des Landpostwesens eine Steigerung 
rfahren: es umfaßte 1881 67,075 Personen gegen 
32,431 im Jahre 1879; darunter befanden sich 
25,118 eigentliche Beamte, 36,385 Unterbeamte 
1026 Posthalter und 4546 Postillone. 
fFast unglaublich ist, was alljährlich 
Deutschland zusammengebettelt wird E 
ist ein Betrag von etwa 200 Millionen —* 
welche herumziehende Vagabunden gleichsam 
eine ihnen zukommende Steuer erheben. Ein Man 
den seine amtliche Stellung befähigt, in die z0 
stenzverhältnisse der untersten Volksschichten ee 
zuhlicken, der Direktor der großen sächsischen Sitan 
anstalt zu Zwickau, Geh. Reg.-Raih D Alinge * 
ohnlängst in Dresden in der Generalversammlue 
der Vereine zur Fürsorge für Strafentlassene dan 
mitgetheilt, aus denen hervorgeht, daß täglich m 
deutschen Reiche durchschnittlich 200,000 —XXE 
dagabundirend von Ort zu Ort ziehen um sich 
ihren Unterhalt durch Bettelei verschaffen. Herr 
D'Allinge hält sich auf Grund der von ihm in 
seiner amtlichen Siellung angestellten Eroörterungen 
für berechtigt, den Ertrag der Bettelei für sehr 
beträchtlich anzusehen, und zwar stellt fich de 
Minimalertrag täglich auf 1M. 70 Pf. der 
Maximalertrag auf etwas über 4 Mark für die 
Person. Es werden somit durchschnittlich jährlich 
200 Millionen Mark aufgebracht, um einen Krebs. 
chaden unseres Volkes weiter zu erhalten. — Das 
sind fürwahr erschreckende Daten, die zum Handeln 
zu planmäßigem energischen und gemeinsamen Han 
deln antreiben, denn die Ziffer ist noch vigl zu 
lein. 200,000 Vagabunden repräsentiren zugleich 
ein vernichtetes Arbeitskapital, das über obige 
Schätzung noch weit hinausgeht; sie sind eine hin⸗ 
uind hergewehte Häufung von sozialem und mora— 
lischem Elend, dessen ansteckendes, in unser Vollks— 
leben ausgestreutes Gift von Jahr zu Jahr neue 
edle Kräfte verdirbt. Es ist nur zu wahr, was 
das Sprüchwort sagt: „Im Armen bitiet dich 
Christus, im Bettler versucht dich der Teufel!“ 
— Die höchsten Punkte der im Betriebe befind⸗ 
ichen Gebirgsbahnen sind folgende: Schwarzwald 
350 m, Semmring 895 m, Kaukasus 975 m 
——A 
Brenner 1367 m, North Pacific 1652 m, Cen— 
ral Pacific 2140 m, Union Pacific 2513 m 
AUnden 4769 mm über dem Meere. 
xEinen eigenthümlichen Selbstmordversuch hat 
ine Frau in Pest gemacht. Sie setzte sich in 
einer öffentlichen Bade-Anstalt aus einem mitge⸗ 
vrachten Glase sechszig Blutegel an, kleidete sich 
dann an und ging mit den Blutsaugern am Leibe 
aach Haus. Unterwegs aber sank sie auf der Straße 
zewußtlos nieder und wurde, von den Thieren 
örmlich zerfleischt, in's Spital gebracht. 
F Ein wunderliches Turnier berichtet der Smol. 
Wijest. aus dem Dorfe Dubrowo bei Smolensk. 
Als kürzlich dort eines Abends das Vieh ins Dorf 
zetrieben wurde und an der Schenke vorbeikam 
da fiel es einem der vor der Schenke stehenden 
Bauern ein, seine Stirn an der des stärksten Ochsen 
ab zu prüfen; er bildete sich mit Rüchsicht auf die 
Dicke seines Schädels ein, er brauche nur mit 
seiner Stirn dem Ochsen an den Kopf zu stoßen— 
o werde derselbe zu Boden stürzen. Gesagt — 
zethan. Einen Moment sah der Stier sich seinen 
ühnen Gegner an und dann stürzte er mit solcher 
Zeftigkeit auf den Bauern los, daß dieser sicherlich 
chwer verletzt worden wäre, wenn nicht die anderen 
Bauern ihm rasch beigestanden wären. Daß der 
»etreffende Bauer in der That ein „Dickhschädel“ 
var, ist wohl klar. 
x Eine lustige Auswandrergeschichte ereignete 
ich kürzlich zu Kal mar in Schweden. Bei einem 
reichen Bauern in der Umgegend der Siadt diente 
ein junger Knecht Namens Anders. Anders war 
ꝛin schmucker Junge und der Bauer hatte eine 
zübsche Tochter und Anders und die hübsche Anna 
vurden einander bald gut. Da der Bauer jedoch 
reich, Anders aber ein armer Schlucker war, so 
erlohnte es sich nicht der Mühe, den Alten um 
eine Einwilligung zur Heirath anzugehen. Anders 
zeschloß daher, gleich so vielen Anderen auszu⸗ 
vandern und sein Heil in Amerika zu versuchen, 
vo alle Menschen gleich sind und wo es nur selten 
inen reichen Vater gibt, der Nein sagt, wenn die 
Tochter Ja sagt. Der Bauer vermißte den fleißigen 
snecht sehr ungern, da derselbe sich jedoch durchaus 
nicht zureden ließ, noch länger in Schweden 
bleiben, so wollie er ihm wenigstens das Gelei 
bis zum Dampfschiff geben; dort an det Landunge 
zrücke lag auch schon das Gepäck desselben, al— 
dauptstüch eine große blau angestrichene Kiste. „Za 
in!“ sagte der Alte, als sie zur Stelle waren, m 
rgriff das eine Ende der Kiste. „Wetter, ist sę 
ding schwer,“ meinte er. „Wird schon lei