Full text: St. Ingberter Anzeiger

— A 
St. Mabeyter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
tbhe 
N 
— — — — —— — — 
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteliährlich 14 40 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 H, einschließlich 
0 A Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 4. bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
“ 203. 
Sonntag, 15. Oktober 1882. 
17. —X 
Politische Uebersicht. ! 
Deutsches Reich. 
München, 12. Oki. Wie wir vernehmen, 
jzat sich Se. Maj. der König während des neu⸗ 
ichen Aufenthaltes auf Herrenchiemsee über den 
ur Vollendung gelangten Mittelbau des neuen 
-chlosses, sowie über die Einrichtung desselben und 
die Gartenanlagen außerordentlich befriedigt aus⸗ 
gesprochen. Die Verlegung des kgl. Hoflagers 
jach Hohenschwangau, wo Se. Maj. der König 
wei Monate zu verweilen beabsichtigt, ist auf den 
zßa k. Mis. bestimmt. 
— Der Stadtrath von Landanu hat für die 
Wetterbeschädigten des Bezirksamts Kusel 300 M. 
»ewilligt; Walsheim gibt 80 M.; in Nieder⸗ 
jochstadt wurde gesammelt und dem kgl. Bezirks 
mie Kusel franco zugeschickt an freiwilligen Gaben 
1157 Pfd. Kartoffeln, 100 Pfd. Korn und 71 M 
haar; Rechtenbach gibt 30 M.; Haßloch 100 M. 
Dem Eilb. zufolge hat der Dekorationsmaler 
herr A. Eugen Lingenfelder von Edenkoben 
aus der Marimiliansstiftung für kunstgewerbliche 
Ausbildung ein Stipendium von 360 Mark er— 
halten. 
— Der Seltenheit wegen theilt man dem L. 
A. mit, daß die vier Nachtwächterstellen in Ober⸗ 
—XL 
ergeben werden sollen. 
darüber nahm, wegen gewerbsmäßigen Wudhers zu 
1 Jahr Gefängniß, 1000 Mark Geldbuße und 25 
ahrigem Ehrverlust verurtheilt. 
FNach Angabe eines Prager Arztes läßt 
ich bei vorkommenden Brandwunden oder Ver-⸗ 
zrühungen in jeder Haushaltung ein ebenso wirk— 
ames als rasch bereites Gegenmittel herstellen, das 
derselbe seinen Erfahrungen gemäß bestens empfiehlt. 
Fin Löffel von frischer (ungesalzener) Butter wird 
mit einem Ei gut verrührt, die Salbe auf ein 
Fleckchen Leinwand aufgetragen und auf die be— 
chädigte Körperstelle gelegt. So oft die Salbe 
rocken wird, muß dieselbe erneuert werden. Die 
Z„chmerzen sollen bei dieser Behandlung in kurzer 
Zeit nachlassen, und selbst große und tiefe Brand⸗ 
vunden in verhältnißmäßig kurzer Zeit ohne Rück⸗ 
assung von entstellenden Spuren oder Narben ver⸗ 
seilen. Einen besonders auffallenden Fall be— 
chreibt dieser Arzt in der „F. M. Z.“: Eine Frau 
rlitt infolge Entzündung ihrer Kleider am ganzen 
dörper große und tiefe Brandwunden. Der her— 
zeigeeilte Arzt ließ ein Betttuch mit einer Salbe 
ius 1 Kilogramm Butter und 20 Eiern bestreichen 
ind den wunden Koͤrper darin einschlagen. Die 
eftigen Schmerzen ließen bald nach, und in kurzer 
zeit war die Kranke hergestellt. In einem andern 
Falle hatte ein junges Mädchen infolge Explosion 
iner Theemaschine sich das ganze Gesicht sammt 
»en Augenlidern verbrüht. Auch hier wurde die 
heilung durch Auflegung von Lappen, die mit 
biger Salbe bestrichen waren und oft erneuert 
vurden, in ganz kurzer Zeit bewirkt, ohne daß 
„puren der Verwundung zurückgeblieben sein sollen 
deinöl thut es übrigens auch. 
F Ein Schwindlerpaar wurde dieser Tage in 
Paris zur Haft gebracht. Dasselbe aus einem 
irmlich gekleideten Mädchen und einem nobel aus⸗ 
ehenden Mann bestehend, wußte dadurch Geld zu 
nachen, daß das Mädchen in den verschiedenen Vor⸗ 
tadten unter herzzerreißendem Schluchzen versicherte, 
ein seiner strengen Herrschaft gehörendes 20 Franks⸗ 
tück verloren zu haben, weßwegen ihm nichts übrig 
hleibe, als in die Seine zu springen, wozu denn 
auch Anstalten getroffen wurden. In diesem tra— 
zischen Augenblicke intervenierte der feine Herr, 
warf ein 5 Franksstück in seinen Hut, sammelte bei 
dem zahlreich herbeigeeilten Publikum und überlie— 
ferte dem Mädchen das Geld. Der Schwindel 
wurde durch einen Herrn entdeckt, welcher das 
Manöver an einem Tage zweimal beobachtet hatte. 
Im Pariser „Gaulois“ erzählt ein Bericht⸗ 
erstatter die Geschichte der Elterm Gambettas 
ind ihrer Uebersiedelung von Cahors nach Nizza. 
Interessant ist dabei, was über die Vermögensver⸗ 
zältnisse berichtet wird. Demnach soll der Vater 
Bambettas sein ganzes Kapital, das eine Rente 
»on etwa 12,000 Fres. abwirft, in Italien ange— 
segt haben, nicht aus Liebe zu seinem Heimath⸗ 
ande, sondern in der Ueberzeugung, sein Sohn 
Leon könnte früher oder später froh sein, wenn er 
ußerhalb Frankreichs die nöthigen Mittel für sei— 
nen Unterhalt fande. „Er wird sich mit seiner 
zanzen Politik Unannehmlichkeiten zuziehen. Man 
vird ihm Alles nehmen, was er besitzt, und wie 
würde er es dann anstellen, wenn wir ähm nichts 
dinterließen? Nur auf das, was wir für ihn bei 
Seite gelegt haben, kann Leon mit Bestimmtheit 
ählen.“ 
F Wie sehr in England der Buchstabe des 
Hesetzes herrscht, beweist nachstehender Fall. In 
Zontefract (Nortshire) wurde ein junges Mädchen. 
Ausland. 
Paris, 11. Oklt. Die „Patrie“ bringt ein— 
nal wieder folgende Nachricht: „Im Jura⸗Depar⸗ 
ement werden zahlreiche Deutsche wahrgenommen; 
je ziehen Erkundigungen bei den Ackerbauern ein, 
xrxängen sich auf und sind Gegenstand der Klagen 
der Bevölkerung. Der Präfect des Jura wurde 
nach Paris beschieden, um im Ministerium Bericht 
u erstatten.“ — In Montceau les⸗Mines wurden 
randstifterische Maueranschläge verbreiket. In 
iesem Orte, wo neuerdings wiederholt Unruhen 
vorkamen, wurden in verwichener Nacht zwei Dy⸗ 
aamitpatronen gegen das Haus des Werkmeisters 
geschleudert. Dieselben richteten Verwüstungen an, 
denen jedoch kein Menschenleben zum Opfer fiel. 
London, 183. Okt. Times verdffentlichen 
rin offiziöses Communique, daß ein Plan besieht, 
inen neuen Canal Alexandrien⸗Kairo⸗Suez zu bauen. 
die Länge würde 240 Meilen, die Kosten würden 
10 Millionen Pfund betragen. 
Warschau, 13. Okt. Das Kriegsministerium 
Jeabsichtigt, an der russisch⸗preußischen Grenze Be⸗ 
estigungen aufzuführen. In der Nähe von Grodo 
ind 5000 Arbeiterhütten errichtet; hunderte von 
Arbeitern aus den russischen Gouvernements treffen 
daselbst ein. 
Bern, 13. Olt. Der Bundesrath ver—⸗ 
bot die im Gange befindlichen Wer— 
zungen nach Egypten. 
Alexandrien, 12. Okt. Heute trafen mit 
einem österreichischen Dampfer 32 Europäer ein, 
im in die Gendarmerie einzutreten. Die Zahl der 
zereits eingestellten Personen betrügt 381. Drei 
m Innern des Landes verhaftete Oberste von 
Mustaphesins wurden heute hier eingebracht, und 
ind beschuldigt, an den Vorgängen vom 11. Juni 
heilgenommen zu haben. 
Vermischtes. 
Munchen, 12. Okt. Die feierliche Schlie⸗ 
zung der elekir. Ausstellung erfolgt am Sonntag 
m allerh. Auftrage durch Herrn Minister Dr. v. 
dutz. 
F Passau, 12. Okt. Gestern früh wurde 
der Vorstand der Bahnstation Schalding bei Passau, 
derr Krieninger, als er im letzten Augenblick das fälsch⸗ 
ich „Halt“ anzeigende Stationssemaphor umstellen 
vollte und zu diesem Behufe über das Geleise sprang. 
von der Lokomotive des um 3 Uhr 45 Minuten in 
Passau eintreffenden Schnellzuges erfaßt, unter 
zie Räder geschleudert und sofort- getödtet; 
Arme und Beine sind vom Rumpfe getrennt 
ind die Schädeldecke vom Kopfe weggerissen. 
kin eigenthümliches Spiel des Zufalls ist es, daß 
jzerade vor einem Jahre in derselben Nacht der 
Zohn des Verunglückten von einem Eisenbahnzuge 
wischen Schaiding und Sandbach überfabren wurde 
ind so den Tod fand. 
FSaarbrücken, 12. Olt. Von einem 
Augenzeugen wird der „Sbr. Ztg.“ über ein gestern 
Abend in Saargemünd vorgekommenes Unglück 
jerichtet: Von dem Abends 9 Uhr 5 Min. von 
dieding in Saargemünd eingetroffenen gemischten 
Zuge begab sich der Bremser Kles von St. Johann 
iber das Bahngeleise, um die dem Saarbrücker 
Zug anzukoppelnden lerren Wagen in dem Stun—⸗ 
denpaß zu notieren. Er wurde hierbei aber von 
der Rangiermaschine erfaßt, niedergeworfen und er— 
itt durch die über Brust und Arm gehenden Räder 
o schwere Verletzungen, daß sofort der Tod eintrat. 
Der Verunglückte, ein braver, pflichtgetreuer Mann 
hinterläßt eine Frau und 3 unerwachsene Kinder 
F Mühlhausen i. E. 11. Okt. Am 30 
Ikt wird Hr. Reichstagsabgeordneter Jean Dollfus, 
Thef des Hauses Dollfus, Mieg u. Co., mit seiner 
Battin das Fest der diamantenen Hochzeit feiern. 
F Koln, 13. Okt. Der Bimetallistencongreß 
jat einstimmig folgende Resolution angenommen: 
Im ein festes Werthverhältniß zwischen Gold und 
Silber herzustellen, ist es für England und Deutsch⸗ 
and wünschenswerth, 1) daß in beiden Ländern 
»er Gebrauch des Silbers durch Prägung voll⸗ 
verthiger Silbermünzen neben Silber⸗Scheidemünze 
hergroßert werde; 2) daß Deutschland alle Gold⸗ 
nünzen und Papiergeld unter 10 Mark einziehe; 
3) daß Deuitschland kein weiteres Silber verkaufe; 
H daß die Bank von England von ihrem eristi— 
enden Rechte Gebrauch mache, Silber als Theil 
hrer Reserve zu halten. 
4 Gestrafter Wucherer.) In Heiligen— 
tadt wurde der Handelsmann M. Bachmann aus 
Zeuern, welcher nie unter 25 Ct.. wobhl aber 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*Si. Ingbert, 14. Oklt. Gestern wurde 
der 65 Jahre alte H. von Rohrbach durch die 
Jiesige Gendarmerie verhaftet und heute nach Zwei⸗ 
hrücken transportirt, weil derselbe eine geisteskranke 
Frauensperson zu geschlechtlichem Umaange verleitet 
haben soll. 
6. Ensheim. Marktpreise vom 11. Oltober. 
Zutter per s Kilo 1.20 Mk., Cier per Dutzend 
0 Pf., Kartoffeln per 50 Kilo 3.50 Mt. 
— Das Schöffengericht Wardfischbach 
erklärte, dem P. A. zufolge, in seiner Sitzung vom 
I1. Oktober den Bürgermeister Helfrich von Leimen 
es Diebstahls eines Schleifsteins zum Nachtheil 
ꝛer Pfalz. Bahnen und begangen auf der Station 
Biebermühle für überführt und verurtheilte den⸗ 
zu zwei Monaten Gefängniß und zu den 
osten