u. Ausgherter Atzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
natt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 146 40 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 60 , einschließlich
d ⸗ Zustellunasgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 4, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 153 , bei Reclamen 30 4. Bei 4maliger Einröckung wird nur dreimalige berechnet
M 200.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Se. Maj. König Ludwig von Bayern
nternahm vor einigen Tagen einen Ausflug
m's Gebirg und wird anfangs dieser Woche
pieder nach Schloß Berg zurüdkehren.
Ueber das Ergebniß der Wahlmännerwahlen in
zreußzen schreibt das „Frankf. J.“ Was bis
tzt an Wahlnachrichten vorliegt, ist wenig mehr
s was der Telegraph schon gemeldet hat. In
urzem läßt sich nur sagen, daß sowohl auf
beraler, wie auf conservativer Seite die Sieges⸗
wersicht gleich groß ist. Die Conservativen haben
llerdings vor den Thoren Berlins überraschende
rxfolge erzielt, während die Nachrichten von der
erdrängung Conservativer durch Liberale recht
zärlich einlaufen. Ob sich die Meldung der
kreuzzeitung, daß mit Ausnahme von Königsberg
anz Ostpreußen sich in Händen der Conservativen
efindet, bestätigt, läßt sich noch nicht sagen. Die
'ationalliberalen haben Verluste erlitten, die Sezes⸗
onisten entschieden gewonnen. Es ist folgendes
rgebniß berechnet: Nationalliberale 70 — 80, Fort⸗
hrittspartei 60 — 70, Sezessionisten 40, zusammen
so 180- 190 liberale Mandate. Denselben
pürden gegenüberstehen: 100 Ultramontane, 20
olnische und danische Mandate, so daß für die
eiden conservativen Fractionen 124 bis 134 Sitze
estirten. Trotz einer erheblichen Verschiebung nach
inks, die man von vornherein zugesteht, hofft man
lso die confervativ⸗ ultramontone Mehrheii erhalten
u sehen. Innerhalb des Liberalismus zeigi sich
ie bei den Reichstagswahlen hervorgetreiene Ver—
chiebung des Schwerpunkttes nach links auch jetzt
nieder in einer Anzahl Wahlkreise.
In Bezug auf die formelle Abänderung des
csnwurfes einer Unfallversicherung gehen,
vie verlautet, die Vorschläge der Betheiligien dahin,
in Stelle der fachgewerblichen wirthschafilichen Ge—
iossenschaften Bezirksgenossenschaften zu bilden.
danach wären also für die vorhandenen Verwal—
uingsbezirke in den Bundesstaaten, also z. B. für
reußen, in jedem Regierungsbezirle je eine solche
enossenschaft zu errichlen, in denen fich alle daselbst
refindlichen Gewerbe vereinigen. Auf solche Art
pürde man anstatt der gegenwärtig geplanten 2000
derbände deren nur etwa 75 erhalten. B
Ueber die Stellung Deutschlands in der egyp⸗
schen Frage bringt jetzt der ‚Standard“ eine Reihe
n Mittheilungen, die den Stempel der Wahrheit
der doch der Wahrscheinlichkeit an sich tragen und
em jüngst dementirten Gefasel des Pariser Times
sorrespondenten gegenüber Beachtung verdienen.
der Bericht des Toryblattes knüpft an den Besuch
es Londoner Botschafters Grafen Münster in Var-
in an, dem gegenüber Fürst Bismarck Veranlass-
ung genommen habe, seine Meinung über die egh—
iche Frage zu entwickeln. Die wesentlichen Puntie
er deutschen Politik, die der britischen Regierung
u erläutern der deutsche Botschafter angewiesen
»urde, find nach den Informationen des genannien
lattes folgende: Deuischland ist enschlossen, in den
Ingelegenheiten Aegyptens Alles zu vermeiden, was
4s Parteilichkeit, sei es gegen England, Frankreich
der die Türkei, ausgelegt werden konnte Daher
vünscht Furst Bismarck nicht der Vertraute der Ab
hten Englands in Bezug auf die Zukunft des
dillandes zu sein. Deuuschland hat noch dem Er—
nessen des Kanzlers in Aegypten zu wenig auf
em Spiele stehen, um sich gerechtfertigltermaßen
Montag, 23. Oktober 1882. 17. Jahrg.
mit den Details der egyptischen Reorganisation zu
heschäftigen. England, so glaubt er, habe indeß
ein wirkliches Interesse daran, sich mit Frankreich
in der Angelegenheit auseinanderzusetzen. Fürst
Bismarck selber ist keineswegs geneigt, Partei gegen
Frankreich zu nehmen. noch will er irgend welche Ab⸗
nachungen in Vorschlag bringen, welche sich als
iachtheilig oder unannehmbar für Frankreich er⸗
veisen dürften. Mit einem Worte, der deutsche
seichskanzer ist enschlossen, sich der Regelung der
gyptischen Angelegenheiten gegenüber gänzlich neutral
u verhalten. Der Gewährsmann des „Siandard“
chließt seine Mittheilungen mit der Versicherung, er
jabe Grund zu der Annahme, daß der Fürst Bis⸗
narck in der von ihm der egyptischen Frage gegen⸗
iber angenommenen Haltung keineswegs auf die Mög⸗
ichkeit einer Entzweiung Englands und Frankreichs
peculire. Diese Angaben entsprechen vollständig
den Grundzügen der auswärtigen Politik Deutsch-
ands und der bisherigen Haltung des Fürsten Bis⸗
narck in der egyptischen Frage.
Ausland.
Paris, 21. Okt. Ein Redakteur der socia⸗
istischen Bataille wurde verhaftet, bei anderen
iesigen Führern der Anarchistenpartei aber Haus⸗
uchungen vorgensmmen. Wahrscheinlich handelt
s sich um eine Complicität mit Montceau⸗les⸗mines.
— Ferner wurde aus demselben Grunde Her Crie,
stedakteur des sozialistischen Blat tes Le Citoyen,
nerhaftet und seine Papiere beschlagnahmt, auch
vurden mehrere Verhaftungen in-Saint Etienne
nieserhalb vorgenommen.
Paris, 22. Oct. In Folge der Vorgänge
n Montceau wurden gestern in Paris, Lyon, Saint
rxẽtienne, Narbonne und Montceau zahlreiche Ver⸗
aftungen vorgenommen. Die Regierung soll ent⸗
hlossen sein, mit der größten Strenge vorzugehen.
Bern, 21. Okt. Die internationale Con⸗
erenz zur Herstellung technischer Einheit im Eisen⸗
»ahnwesen, welche seit dem letzten Montag unter
»em Vorsitze des Bundesraths Welti hier iagte, ist
jeute geschlossen worden. Die getroffenen Verein⸗
arungen wurden in einem Proiokolle niedergelegt,
pelches die Vertreter Deuischlands, Oesterreich⸗
UIngarns, Frankreichs, Italiens und der Schweiz
interzeichneten.
London, 21. Okt. „Timesmeldung“ aus
dairo: Die Hauptpunkte der Anklage gegen
Arabi sind: daß er unter Verletzung des Völler⸗
echts die weiße Flagge in Alexandrien aufgehißt,
unter Deckung durch dieselbe mit Truppen sich
zurückgezogen, die Stadt dem Feuer und der Plün⸗
derung preisgegeben, Egypten zur Bewaffnung gegen
)en Khedive aufgewiegelt und zum Bürgerkrieg,
um Massakre, zur Verheerung und Plünderung
ẽgyptens aufgereizt habe.
Eine Moskauer Correspondenz der B. P. N.
veißt darauf hin, daß in Rußland die Prop⸗
aganda der Sozialisten unter der Landbevölkerung
gefahrdrohendere Dimensionen annimmt.
Alexandrien, 21. Olt. General Wolseley
jat sich heute an Bord des Aviso „Iris“ nach
Triest eingeschifft. Der englische Finanzcontroleur
n Egypten, Colvin, suchte, wie es heißt, bei der
degierung eine Anstellung in Indien nach, aber
ie Regierung ersuchte ihn. in Eqypten au bleiben.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 283. Oktober. Das am
Samstag Abend von der Heinitzer Bergka—
pelle unter Direktion ihres Kapellmeisters Herrn
Wittig im Oberhauser'schen Saale veransialtete
l.Abonnementsconzert war außerordentlich
zahlreich besucht. Das trefflich gewählte und sehr
reichhaltige Programm wurde von der Kapelle von
der ersten bis zur letzten Nr. in gewohnter Meifter⸗
chaft zum Vortrage gebracht. Das Publikum zeigte
ich für das Gebotene durch reichlich gespendeten
Zeifall recht dankbar, besonders auch als zum
Schlusse Herr Wittig die Freundlichkeit hatte, dem
Zrogramm noch eine Piece zuzugeben. — Etwas
eeinträchtigt wurde die Wirkung der Musik durch
die im Hintergrunde des Saales aufgeschlagene
Zühne. Wünschenswerth wäre es daher, wenn
ich dem für die nächsten Conzerte abhelfen ließe.
*St. Ingbert, 23. Okt. Als eine ab⸗
iorme Erscheinung in der jetzigen Jahreszeit wurde
ins am Samstag ein kleines Sträußchen frischer,
im Freien gepflückter Veilchen gezeigt.
— Blieskastel. Das ehemals Ley'sche
Bebäude auf dem Schloßberg soll von Herrn Pfarrer
Dduth in Zweibrücken zu dem Zwece angekauft
vorden sein, ein Capuzinerkloster darin einzurichten,
ind die Sache bereits zur Vorlage an den Ge—
meinderath bereift sein.
— Der Ausschuß des Pfälzischen Sänger—
hundes theilt nach der „Pf. Pr.“ den Bundesber⸗
zinen mit, daß die diesjährige Hauptversammlung
am Sonntag den 29. Oktober, Vormittags 11 Uhr,
in der Bauer'schen Wirthschaft zu Haardt mit fol⸗
zender Tagesordnung abgehalten wird: 1) Ent⸗
zegennahme des Jahresberichtes, 2) Bescheidung
der Rechnungen, 8) Feststellung des Voranschlags.
Ordentliche Mitglieder des Bundes sind zur Zeit
38 Vereine mit 908 aktiven Mitgliedern, außer⸗
»rdentliche 108 Vereine mit 3190 aktiven Mit⸗
zliedern, sodaß der Gesamtstand 146 Vereine mit
1098 Sängern zählt. Das Gesamtvermögen des
Bundes beläuft sich auf Mk. 10,837.99.
— Die Mostpreise variiren in Wachenheim
‚wischen Mk. 13,25 - 13,50 -14 Mk. pro 40
diter; vereinzelt wurden auch Mk. 15 bezahlt.
Das Geschäft zeigt sich, dem „D. Anz.“ zufolge,
nemlich lebhaft.
— In Trippstadt stieß sich ein 28jähriges
Mädchen einen Nagel, der in einer Latte war, in
den Ballen der rechten Hand, ohne die Woche über
etwas davon zu verspüren. Am letzten Sonntag
war sie noch bei der Tanzmusik, bei welcher fie,
vie die „Pf. P.“ meldet, anfing über Mundklemme
zu klagen und in der Nacht vom 19. d. starb sie
im Starrkrampf, nachdem fie 3 Tage unter den
rchterlichsten Schmerzen dalag.
— Landau, 21. Okt. (Zur Warnung.)
Gestern Abend wollte die Tochter einer hiesigen
Obsthändlerin die Petroleumlampe ausblasen, wobei
der Oelbehälter explodirte und das sich entzündende
Del dem Mädchen schwere Brandwunden im Ge⸗
sicht zufügte. CGGEilbote.)
— Dem dphilologisch gebildeten Lehrer für
neuere Sprachen Georg Heyer von Landau
wurde ein Reisestipendium von 900 Mk. behufs
weiterer Ausbildung in Frankreich und England
bewilligt.
— Frankenthal, 20. Okt. Die Straf⸗
kammer des kgl. Landgerichts hat den Mannheimer
Sozialdemokraten Erhard, welcher wegen der be⸗
sannten Vorgänge auf dem Hambacher Schlosse,
velche sich in der Pfingstnacht d. J. abspielten,
n Untersuchung gezogen war, gänzlich außer Ver⸗
olgung gesetzt.