xt. Indherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
er ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs-
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1A 40 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 60 ⸗, einschließlich
d ¶ Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 B, bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet.
212.
Samstag, 27. Oktober 1882. —17. Jahrg.
.Fuür die Monate November und
Dezember kann auf dieses Blatt
och abonnirt werden. Der Preis beträgt bei der
ost 80 Pf., wozu noch die Zustellungsgebühr
mint, bei den Austrägern 92 Pf. einschließlich
trägerlohn.
iöser Versicherung nur „mit pathologischem In⸗
eressen; doch mischen sich einige Bemerkungen über
jewisse, nicht zu überschreitende Grenzen ein. Den
etzigen Zustand Frankreichs malt treffend ein Bon⸗
nont des schon vor fünf Jahren aus dem Leben
eschiedenen Thiers; derselbe sagte eines Tages zu
hambetta selber: „Ich will die Republik ohne Re⸗
ublikaner, denn die Republikaner sind keine Män⸗
ier, welche zu regieren verstehen.“ Dies haben
ie zwölf Jahre französischer Republik ausgiebig
ʒewiesen.
Paris, 24. Ott. Die Arbeiterunruhen in
Züd⸗Frankreich gewinnen immer mehr an Aus—
»ehnung. Gewaltthätigkeiten wie in Lyon wurden
uch aus Montpellier und aus Amiens gemeldet.
zn Montpellier wurden in der Nacht auf Montag
zomben in den Garten der Präfectur geschleudert.
n Amiens häufen sich seit Monaisfrist Brand⸗
liftungen, bei denen offenbar das Petroleum seine
erheerende Wirkung übt. Gleichzeitig wird die
zevölkerung durch geheimnißvolle Drohbriefe und
Zlakate erschreckt, welche von unbekannter Hand
bährend der Nacht an die Mauer von öffentlichen
zebauden und Fabriken angeklebt werden. Aus
on werden neue Dynamitattentate gemeldet, da⸗
unter eines gegen ein Gebaäude des Militärfiscus.
Ddie „revolutionäre Förderation des Süd⸗Ostens“
ielt gestern eine öffentliche Versammlung ab, in
belcher die bekannten Agitatoren Gautier und
zordat reden sollten und da dieselben verhaftet
borden waren, zu Ehrenpräfidenten proclamirt
hpurden. Die gehaltenen Reden spotten jeder Be—
hreibung. Man erklärte u. A., daß dem unter⸗
rückten Arbeiter nur der Dolch und das Dynamit
ibrig bleibe, um die Rechnung mit der Bourgeoisie
u reguliren. Schließlich erschien der Citoyen Joly
zuf der Tribune und sprach: „Ich bin verheirathet
ind Familienvater, aber wenn ihr meines Armes
jedürft, so bin ich zu Eurer Verfügung, um den
zräsidenten der Republick zu tödten, ebenso wie
en hier anwesenden Polizeikommissär. wenn es
röthig ist.
Uebrigens fangen doch auch die republikanischen
zournale an, sich über diese Ausbrüche der anar—
zistischen Revolution einigermaßen zu entsetzen und
en gefährlichen Charakter seiner jüngsten Unruhen
u begreifen. So schreibt der Temps: ....
das sind nicht mehr einfache rednerische Ausschrei⸗
—XVV
ommen können, das sind kategorische Drohungen,
as sind Aufrufe zur Revolution und zum Morde.
Wir glauben gern, daß der Bürger Joly Nieman-
en toͤdten wird, allein wir kennen auch die Kraft
»es Nachahmungsinstinktes in den Massen und die
insteckende Gefährlichkeit des bösen Veispiels; wir
vissen, welchen Nutzen die Feinde der Republik
araus ziehen könnten wenn jene Art von Epidemie
ich weiter ausdehnte und zum Ausbruche gelangte.
der Skepticismus und der Scherz sind nicht mehr
mm Platze. Kein Blatt und keine Partei kann und
arf solche Gewaltthätigkeiten entschuldigen oder
arüber die Augen schließen unter dem Vorwande,
aß es nicht der Mühe werth sei, sich darum zu
ümmern; die republikanische Partei weniger als
ille anderen. Sie ist sich schuldig, jene Individuen
u brandmarken. Die Repression, welche die Re—
sierung anwenden muß und wird, genügt nicht.
Im Rachahmer abzuschrecken und die öffentliche
Neinung zu befriedigen, ist eine einstimmige Pro—
estation der Republikaner nothwendig. Wir woll⸗
»n nicht die Letzten sein, eine solche hören zu lassen.“
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 27. Okt. Von der neu⸗
röffneten St. Gotthardtbahn verspürt man sogar
chon etwas in St. Ingbert. Morgen wird nam⸗
ich der erste Waggons Coaks vom hiesigen
haswerk nach IJtalien und zwar nach Milano
Mailand) abgehen und werden höchst wahrscheinlich
noch andere Waggons dahin nachfolgen. Bisher ver⸗
andte unser Gaswerk seine Coaks nach Baden, Elsaß⸗
rothringen, Oldenburg, Württemberg und nach der
Z„chweiz.
e. Ensheim, 26. Oktbr. (Markipreise):
Butter per s Kilo 1,20 Mk., Eier per Dutzend
90 — 1 Mk., Kartoffeln per 50 Kilo 8,30 Mk.
— Eschringen. Die für die Nothleidenden
des Bezirks Kusel veranstaltete Sammlung hatte
einen Ertrag von 23,44 Mk. Naturalien wurden
keine verabfolgt.
— Zweibrücken, 26. Okt. (Zw. Zig.)
In dem Nachlasse des früheren Bürgermeisters Wil⸗
helm Eugen Schultz (f 10. Febr. 1870) befand
ich unter vielen Urkunden auch eine für die Stadt
Zweibrücken historisch werthvolle, welche später in
das Eigenthum des historischen Vereins der Pfalz
ibergegangen ist und deren Rückgabe von der
Stadt Zweibrücken zur Einverleibung in deren Ar⸗
hiv soeben erbeten wird. Diese Urkunde besteht
in einem in franzoͤsischer Sprache abgefaßten Briefe
des ehemaligen Polenkönigs Stanislaus Lescinzky
an die ehemalige herzogliche Stadt Zweibrücken und
autet in deutscher Sprache, wie folgt:
‚An die Herren Oberbürgermeister, Bürgermeister
und den (gesammten) Magistrat der
Stadt Zweibrücken.
Ich bin sehr gerührt über die Freudenbezeug⸗
ingen, mit welchen Sie, meine Herren, und die
sjanze Stadt Zweibrücken mich gelegentlich des
lücklichen Ereignisses der Vermählung meiner Toch⸗
er, der königlichen Prinzessin, mit dem allerchrist⸗
ichsten Könige überhäufen. Sie erwecken in mir
ille Gefühle der Dankbarkeit, welche ich Ihnen
chulde, der Anhänglichkeit an mich und der Be—
eisterung, die ich für Ihre liebe Stadt empfinde.
zholl Freuden erinnere ich mich immer an die Ge⸗
egenheiten, bei denen ich Ihnen nützen konnte.
Unterdessen wünsche ich, daß Gott alle seine
„egnungen über Ihre Stadt ausgießen, Sie mit
sßlück überhäufen und vor Allem dem regierenden
zürsten, Ihrem durchlauchten und gnädigen Herrn,
ine lange und glückliche Regierung bei vollkommen
ier Gesundheit schenken möge, damit unter der
Nilde seines Schirmes und seiner weisen Regierung
Zie lange Zeit den Frieden und die aus ihm ent⸗
pringenden Früchte, welche das wahre Glück des
debens wiederbringen, genießen mögen.
Sie können mir glauben, daß es mir immer
eine außerordentliche Genugthuung sein wird, zu
ein Ihr aufrichtiger und wohlgewogener
Weißenburg, den 20. Juni 1725.
gez. Stanislaus Rex.“
Stanislaus Lescinzky zog am 4. Juli 1714
jebst seiner Gemahlin Maria Opalinska und zwei
Töchtern in Zweibrücken, welches ihm von König
darl XII. von Schweden zum Aufenthaltsorte an—
jsewiesen worden war, ein. Da das herzogliche
Schloß in Folge der vorausgegangenen Kriege noch
inbewohnbar war, so überließ der Gouverneur
rreiherr v. Strahlenheim das Oxenstierna-Haus
zuletzt im Besitze der Erben Eisenmenger und von
derrn L. Hagenthau im Juli 1879 behufs Auf—
ührung eines Neubaues, der jetzigen Gambrinus—
Deutsches Reich.
Berlin, 26. Okt. Die Nachricht, daß die
ayerischen Tabaksfabrikanten wegen des starken
Imports österreichischer Regiefabrikate einen höheren
„chutzzoll auf Tabaks- Fabrikate anstreben, wird
ementirt.
Wie die „Nationalztg.“ vernimmt, liegt es in
er Absicht des Fürsten Bismarck, zu Ausgang
dovember nach Berlin zurückzukehren.
Die halbamtliche Prov.⸗Corresp.“ sagt in einem
irtikel über das Ergebniß der preußischen Land⸗
ags⸗Wahlen, dasselbe gewähre einen freundlichen,
offnungsvollen Blick in die Zukunft, in so fern
⸗ der, der Besserung der wirthschafilichen und so—
jalen Lage, vornehmlich der ärmeren Classen und
em kirchlichen Frieden dienenden kaiserlichen Re—
ormpolitik die Wege ebne.
Gerüchtweise verlautet, daß der preußische⸗
zinanzminister Schol z während seines neulichen
fufenthalts in Varzin dem Reichskanzler einen Ge⸗
tzentwurf in Betreff der Aufhebung der vier un—
ersten Stufen der Klassensteuer vorgelegt habe und
aß dieser vom Fürsten Bismark genehmigt worden
ei. Das Gerücht ist jedenfalls mit Vorsicht auf⸗
unehmen.
In einem Leitartikel der Trübine „Der finan⸗
elle Ruin der kaiserlichen Tabaksmanufactur
n Straßzburg. Eine Anklageschrift', war die
rage aufgeworfen worden, ob denn die Sachver⸗
andigen⸗Commission, welche aus fünf Mittgliedern
es Landesausschusses besteht, jemals die ganze und
olle Wahrheit über das reichsländische Finanzinstitut
rfuhr. Jetzt erhält das genannte Blatt darauf
me competente Antwort. Die Sachverständigen⸗
sommission hat am Ende der letzten Woche ihre
demission eingereicht, und diesen Schritt damit
notivirt, daß ihr nur durch beschönigende Darstell⸗
ing die schlimme Lage der Sraßburger Tabaks-
nanufactur derheimlicht werden konnte.
Politische Uebersicht.
Ausland.
Paris, 26. Okt. Das gambettistische „Pa⸗
is“ versichert, die Regierung habe alle Fäden einer
veit verzweigten revolutionären Verbindung in
dänden; ganz Frankreich sei in Bezirksverbande
ingetheilt, deren leitender Ausschuß seinen Sitz in
jenf habe.
Bei Besprechung der gegenwärtigen inneren Ver—
altnisse Frankreichs sagt die „Südd. Presse“
. A.: „Je schlimmer es der Republik geht, desto
esser natürlich für Gambetta. Was jetzt in Miß⸗
redit steht, ist doch eben die auch von ihm be—
ampfte parlamentarische“ Rupublik. In einer
m 22. d. zu Chalon (nicht Chalons) abgehaltenen
Pportunistenversammlung (Gambettisten) wurde von
en anwesenden 428 Delegirten das Listenskrutinium
instimmig als einzige Rettung proklamirt; sämmt⸗
che französischen Departements waren vertreten,
nehrere Deputirten und Senatoren anwesend.
lußer dem Listenstrutinium ist bekanntlich die
Heutschenhetze der Machthebel Gambetta's. In
zerlin hettachtet man diese Vorgänge nach offi—