St. Jugberter Aumzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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214.
Montag, 30. Oktober 1882.
17. Jahrg.
iti die von unsern Ausbeutern gepriesene Gefsellschaft
Politische Ueberficht .Kameraden, der Tag der Rache ist da;
Deutjches Reich. rächen wir uns mit Eisen, mit Feuer und mit
Trier, 28. Okt. Die Nachricht von einer Bift!“ .... Die Orte, von denen die Corr.
verständigung der staatlichen und kirchlichen Be⸗ Havas heute Unordnungen, Maueranschläge, Droh—
jörden bezüglich der Ergänzung des Domcapitels riefe, Verhaftungen und dergleichen mittheilt, sind
estätigt sich während andere Mittheilungen bezüg- Lyon, Chalon, Marseille, Montceau⸗les⸗Pines
ig des Priesterseminars und des Convicts unbe-⸗ Roanne, Perreurx, Le Creuzot, Macon, Mazamet,
gründet ind. .5 Neuville⸗sur· Saone (wo ein Colli von 28 Kg.
Das Frankf. Journ.“ schreibt: Die von uns Dynamit mit Beschlag belegt wurde), ferner Anno⸗
eun lange vertretene Ansicht, daß der preußische ay, Valence, Amiens, Bourges, wo wieder ein
dandtag im November zusammentreten werde, Kreuz mit Dynamit gesprengt wurde, endlich Paris,
estätigt fich und wird uns von gewöhnlich gut wo im Saale Rivoli der Bürger Le⸗francais be⸗
mlerrichteter Seite Dienstag der 14. November als antragte; „Es muß jede Obrigkeit, jede Regierung
rröffnungstag bezeichnet; von derselben Seite er abgeschafft werden!“ und der Bürger Criè schrie:
ahren wir, der Konig beabsichtige, den neugewählten Die Commune soll leben! Die sociale Revolution
dandtag in Person zu eröffnen. joch!“ Die Corr. Havas meldet ferner, daß an
Bezüglich der Unfallversicherungs⸗ der belgischen Grenze eine Waffenkiste mit Beschlag
ßorlage, welche die Commission des Reichs- belegt wurde, andere Kisten seien wahrscheinlich nach
zags ja in Kurzem wieder beschäftigen wird, ver· Partis gelangt.
autet, daß die Regierung die Vorlage zwar nicht London, 28. Okt. Im hiesigen Auswärt⸗
zurückziehen werde, aber den Verbesserungen, so gen Amt ist die Nachricht eingelaufen, daß der
heit fie das Prinzip nicht umstürzen wollen, weiten S„Sultan die groͤßten Anstrengungen macht, den Pro⸗
Spieltaum gewähren wird. Es haben Besprechungen heß Arabi's zu hintertreiben.
nit einzelnen Regierungsmitgliedern stattgefunden, Tunis, 28. Okibr. Der Bey von Tunis ist
vobei die gegentheiligsten Kriliken über solche Vor- Jeute Nacht gestorben. Sein legitimer Nachfolger
cchläge laut geworden sind. So viel man hört, st Ali Bey. Derselbe übernahm die Regierungs⸗
sttan der Centralstelle die Ansicht vorhanden, daß jewalt.
iuf formelle Ausführungen nicht allzu viel Werth
u legen ist, wenn nur das Prinzip der Vorlage
ind somit der Enwurf selbst zur Annahme und
war ohne weiteren Verzug gelangt. I
Der Ausfall der preußischen Landtagswahlen
niebt der „Trib.“ zu der Befürchtung Anlaß, daß
zie Regierung noch im Winter versuchen werde.
zurch eine Auflösung des Reichstages ein
zünstiges Resultat für sich zu erzielen. Es ist immerhin
aitwendig, auf eine solche Moͤglichkeit gerüstet
u sein.
sn
laut schriftlicher Erklärung der Eigenthümer nur
auf 26,800 Mark stellt. Der erste Punkt hat sich
also schon als eine gewaltig übertriebene Ent—
stellung entpuppt.
Sodann nennt man den erwählten Plazz in
der Oberstadt eine „ungünstige Lage“ hinsichtlich
des Hinaufbringens der Baumaterialien: eine
Schwierigkeit, die mittelst eines Hebekrahnens aus
der Baustelle nach dem Ausspruche eines hohen
Fachmannes sehr leicht beseitigt werden wird, ohne
auch nur einen einzigen „Weg“, geschweige „Stra⸗
zen“ anlegen zu müssen.
Ferner wird die Anschaffung neuer Glocken,
einer neuen Orgel, neuer Paramente und anderer
Dinge angeführt. Allerdings müßte man das
saben; aber so nehme man doch die vielen Tau-
sende, die man nutzlos in den sumpfigen
Boden bauen müßte und so ist Geld genug
vorhanden für Glocken, Orgel, Paramente und noch
für einen Vermögensstock fuͤr die zweite Kirche.
Die Cultusumlagen aber scheint der Haupt ⸗
trumpf zu sein, den die Gegner der zweiten Kirche
ausspielen. Sie begehen dabei aber den Fehler,
daß sie vergessen, daß der Kirchenbauverein nur
zum Baue und der Ausstattung einer zweiten
Zirche gegründet, daß nur zu diesem Zwecke
die Beilrage gesammelt und nur dafür eine Lotte⸗
rie nachgesucht wurde. Wenn es ihnen nun darum
zu thun wäre, sparsam in der Gemeinde zu hau⸗
sen, so möchten sie doch bedenken, daß die 160
Tuitusumlagen, die die Katholiken zu zahlen haben,
noch von dem tostspieligen Umbau des kath. Pfarr⸗
hauses herrühren.“ Derselbe war zu 8000 Mark
heranschiagt und kostete schließlich 158,000 Mark,
allerdings für manchen unndthigen Luxusgegen⸗
jand, wie: vergoldete Tapeten im Speisesaal,
Haustelegraph u. a. m. Ohne diese und ähnliche
unnöthige Depensen wären die Cultusumlagen heute
zewiß viel niederer.
Wenn man nun jetzt mit dem Vergrößerungs-
projecte der alten Kirche hervortritt, was. nebenbei
bemerkt, von Fachmännern des ungünstigen Ter⸗
rains und ihrer Lage wegen als unausführbar
bezeichnet und in den fünfziger Jahren, soviel wir
wissen, von der Baubehörde bereits abgelehnt wurde,
woher würde man dann das Geld nehmen? Dazu
würde keine Lotterie genehmigt und die Ka⸗
tholiken müßten in ihren eigenen Säckel greifen
und hätten auf lange. age Jahre Hun—⸗
derte von Prozenten Eultusumlagen
in bezahlen.
Hinsichtlich des Bauplatzes hat die katholische
Bürgerschaft entschieden und zwar für den vorge⸗
chlagenen Platz in der Oberstadt (Schwarz'sches
daus), weil dieser Stadttheil hoöͤher liegt, als irgend
Aner hier und die Kirche dorten eine wirklich herr⸗
liche Lage beläme! Daß man Treppen oder ge⸗
— sich von
seibst, denn die Kirchen baut man ja erhaben,
damit man nicht rislirt, bei einem Unweiter, wie
vor mehreren Jahren hier, mit Kähnen, resp. Wasch⸗
bütten um die Kirche herum fahren zu müssen,
wobei das Wasser meterhoch in der Kirche stand.
Diesen Fehler unserer Vorfahren nicht nach einmal
zu begehen, das haben die Katholiken mit ihren
Unterschriften und durch ihre Abstimmung wohl—
weislich vermeiden und die Erhaltung ihrer Pfarr⸗
tirche, die ihnen wirklich heilig und eh würdig
ist, aussprechen wollen.
Nun kommt man noch einmal mit dem abge—
worfenen Vroiekte einer einzigen Kirche, deren
Lokale und pfälzische Nachrichten.
Eingesandt.). St. Ing bert, den 29. Octo⸗
her 1882. Wer glaubte, daß die Kirchenbaufrage,
rachdem sie in diesem Sommer die Gemüther au⸗
zerordentlich stark bewegt hatte, nachdem die kath
Bürger durch ihre Unterschriften und durch ihre
Abstimmung ihren Willen offen ausgesprochen
hatten, in ein ruhiges Fahrwasser eingelenkt wäre
der hatte sich sehr geirrt. Denn heute früh wurde
ein Flugblati von Haus zu Haus (sogar in Rohr—
bach, Hasel und Rentrisch) gebracht, das die be⸗
ruhigte Gluth abermals zu einem aroßen Flam⸗
nenmeere anfachen sollte.
Der entscheidende Moment ist in der Thal—
gekommen, gekommen durch die mit nahezu 700
Unterschriften selbstständiger katholischer Män⸗
ner bedeckte Petitionen an die hohe königliche Re—
zierung und an das hochw. bischöfliche Ordinariat,
bwie durch die erdrückende Majorität ge
gen die Erbauung einer einzigen Kirche
n's Wiesenthal und gegen den Abriß
Rer jetzigen Kirche in der außerordentlichen
Zeneralversammlung vom 1. ds. Mts. ——
Diese bedeutende Thatsachen ließen, scheint es,
die Anhänger des Abrißplanes, die das Kirchen⸗
monopol in der Stadt nur für fich allein in
Anspruch nehmen möchten und sich sogar erkühnten,
den erwählten Bauplatz, der der Mitte der Stadt
benso nahe ist, wie die jetzige Kirche, als „au⸗
ßerhalb der Stadt“ zu erklären, nicht in
Kuhe und boten in dem Schriftstücke in sützen,
jalbungsvollen Worten eine ganze Reihe von Un—
vahrheiten und Entstellungen dar, die jeder Kluge
und Verständige sofort auf den ersten Anblick als
olche ertennen muß.
Man beginnt mit dem Kostenpunkt als dem,
heim Bauen am ersten zu beachtenden Gesichts-
unkte und schatzt den Ankauf der auf dem von
zer Majorität gewählten Platze nothwendig wer⸗
benden Häuser und Gärten nebst „Anlage
nener Wege und Straßen“ (wohin denn)
duf mindestens 65.000 Mark“. während er sich
Ausland.
Paris, 27. Okt. Die Nachrichten über die
evolutionääre Bewegung nehmen einen immer grö⸗
zeren Umfang an. Constatirt ist, daß in Genf ein
marchisnsches Centralcomite tagt und daß von
Henf aus in den letzten Wochen an die Lokal⸗
omites in Frankreich Sendungen von Dynamii
gemacht wurden. Das Journal „Paris“ ver—⸗
Iffentlicht Details über den anarchistischen Geheim—
zund. Die lokalen Gruppen führen den Namen
„Das Schwert“, uͤber den lokalen Gruppen stehen
dreiscomites und über diesen das Geheimcomite,
velches mindestens jeden Monat in Genf Ver—
ammlung hält. Auch die Corr. Havas meldet,
daß die Dynamitpatronen sämmtlich aus der Schweiz
eingeführt worden: „Die Bundesbrüder bringen die
datronen in ihren Taschen über die Grenze, da
ie Explosion ja nur Folge eines Schlages ist.“
die communistischen Kundgebungen werden immer
reister und herausfordernder. Eine Marseillaiser
Proclamation von der Place de la Joliette lautet:
Brüder, die Bourgeoisie steckt sich hinter Geist⸗
ichkeit und Richter und predigt uns fortwährend
Ordnung, Familie und Sittlichkeit. Sie ist sich
elbst Moral. Der Vater nimmt sich Concubinen
ind die Söhne, die in der Gemeinheit aufwachsen,
)egehen Fälschungen und sitzen auf der Armsünder⸗
hank, wo sie gefällige Richter finden, die das Ge—
etz vertreten und doch die Augen bei solchen
Lebertretungen zudrücken. Die Geistlichkeit, faul
dis ins Mark der Knochen, träumt von der Wie—
derherstelluna der heiligen Ingauisition Das ist