Full text: St. Ingberter Anzeiger

Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 10. Nov. Leider hat es 
den Anschein, als ob unsere diesjährige Kirchweih 
außer der Ungunst der Zeitverhältnisse auch noch unter 
der des Wetters zu leiden haben soll, und 
daß alle auf Putzen und Scheuern verwendete 
Mühe nicht zur Geltung gelangen wird. Trübe 
Aussichten! Und doch haben Wirthe, Metzger 
und Bäcker sich mit flüssigem und festem Proviant 
wohl versehen. Hoffentlich stellen sich, der Witterung 
zum Trotze, die erwarteten Kirchweihgäste ein und macht 
sich der schon so oft beklagte Ueberfluß an Geldmangel 
über die Kirchweihtage nicht fühlbar. Darum nur ge— 
sorgt für ein mit dem bekannten kreisrunden Metall wohl 
bersehenes Portemonnaie, und die richtige Kirchweih— 
stimmung kommt dann von selbst! 
S St. Ingbert, 10. Nov. Unter gro—⸗ 
her Betheiligung, namentlich von höheren Beamten, 
wurde am Dienstag den 7. ds. zu Landau 
die Leiche des allgemein geliebten und hochgeachteten 
königlichen Oberamtsrichters Herrn Ludwig König 
von hier nach protestantischem Ritus der Erde 
übergeben. Die von Nah und Fern eingetroffenen 
Spbenden an Bouqueten und Lorbeerkränzen gaben 
Beweis fur die allgemeine Beliebtheit, welcher sich 
der Verblichene zu erfreuen hatte. Wir wünschen, 
daß die tieftrauernden Hinterbliebenen im Bewußt⸗ 
sein, daß Ihr theuerer Todte nur allgemeine Liebe 
und Hochachtung mit in das dunkle Jenseits ge— 
nommen hat, von ihrem Schmerze nicht zu tief 
gebeugt werden. Friede seiner Asche! 
— Von der Bliesthalbahn, 8. Novb. 
In der Station Folpersweiler verunglückte heute 
der Bremser Schöterer aus Kaiserslautern da— 
durch, daß er beim Rangiren zwischen zwei Puffer 
kam und ihm die Brust eingedrückt wurde. Er 
war sofort eine Leiche; derselbe hinterläßt eine Frau 
mit 4 Kindern. (3w. 3.) 
Zweibrücken, 9. Nop. Als Reinerirag 
der öffentlichen Theater-Vorstellung, welche Mit— 
glieder der Gesellschaft „Harmonise“ am Sonn— 
tag „im Zweibrücker Hof“ zum Besten der durch 
Unwetter Beschädigten des Bezirks Kusel gegeben 
haben, konnten gestern 205 Mk. an das k. Be— 
zirksamt Kusel abgesandt werden. (3w. 3.) 
— Vor der Strafkammer des kgl. Landgerichts 
Landau stand am 7. November der 20 Jahre 
alte Schreibgehilfe Jakob Barry auch Böchingen, 
um sich wegen 65 Unterschlagungen zu verant⸗ 
worten. Beschuldigter arbeitete auf dem kgl. Rent⸗ 
amte Germersheim als Schreibgehilfe, woselbst er 
mit der Erhebung der Strafgelder betraut war, 
von diesen aber in der Zeit vom Herbst 1881 bis 
Mitte Juni d. Is. 6õ eingelaufene Posten für sich 
behielt, die die respectable Summe von 437 Mt. 
ergaben. Herr Rentmeister Moschel schildert den 
Beschuldigten als einen talentvollen jungen Men— 
schen, für welchen er später im Sinne hatte zu 
sorgen. Beachtenswerth ist, daß der Beschuldigte 
über die sämmtlichen unterschlagenen Posten ein 
Register angelegt hatte. Er wurde heute zu einer 
Gesammtgefängnißstrafe von 1 Jahre, wovon jedoch 
drei Monate seiner Untersuchungshaft abgehen, 
sowie zu den Kosten verurtheilt. (L. A.) 
— Speyer. Der allerhöchste Bescheid auf 
die Beschlüsse de Generalsynode von 1881 
ist eingetroffen. Derselbe ist datirt: München, 2. 
Nov. 1882 und enthält am Schlusse folgende An— 
erkennung: „Indem Wir euch vorstehende Eröff⸗ 
nung zugehen lassen, finden Wir Uns gerne ver⸗ 
anlaßt, der Generalsynode, welche die ihr gestellte 
Aufgabe mit unermüdeter Thätigkeit und Hingeb— 
ung wie mit dem Geiste der Maßigung und Um— 
sicht erledigt hat, Unsere Anerkennung auszusprechen 
und erwiedern die Uns dargebrachten Gesinnungen 
der Dankbarkeit, Treu eund Anhänglichkeit mit der 
wiederholten Versicherung Unserer Huld und Gnade 
wie Unserer landesväterlichen Fürsorge für das 
Wohl der protestantisch unirten Kirche der Pfalz.“ 
Außerdem ist eine höchste Entschließung des Staats⸗ 
ministeriums des Inneren für Kirchen⸗ und Schul⸗ 
angelegenheiten vom gleichen Datum an das kgl. 
Consistorium gelangt, die folgenden Wortlaut hat: 
„Se. Maj. der König haben den unterfertigten kgl. 
Staatsminister allergnädigst zu beauftragen geruht, 
dem kgl. protestantischen Consistorium Speyer, wie 
insbesondere dem kgl. Consistorial⸗Director v. Gla⸗ 
ser als Dirigenten der jüngst in Speyer versam⸗ 
melten Generalsynode, für die wohlbemessene Hal—⸗ 
tung und umsichtige Leitung der Geschäfte, wodurch 
die Verhandlungen der Synode zu einem so we⸗ 
entlich befriedigenden Ergebniß geführt worden sind 
die allerhöchste Anerkennung und besondere Zufrie— 
denheit Sr. kgl. Majestät auszudrücken.“ 
— St. Martin, 8. Nov. Heute Morgen 
nach 7 Uhr ereignete sich in dem Hammerwerke 
des Herrn J. Gienandt hier ein schreckliches 
Unglück; es zersprang nämlich während der Arbeit 
ein Schleifstein und trafen Stücke davon den daran 
zeschäftigten Schleifer derart, daß er besinnungslos 
jon der Stelle des Unglücks weggetragen werden 
nußte und an seinem Aufkommen gezweifelt wird. 
Der Verunglückte ist ein junger. Mann von hier 
uind Vater von fünf unversorgten Kindern. Mit 
welcher Wucht das Zerspringen des Steines statt⸗ 
fand, läßt sich annähernd daraus schließen, daß 
ein Stück desselben von zirka zwei Zentner, nach 
dem es in seinem Fluge ein Fenstergewand voll⸗ 
sttändig zertrümmert und die Mauer noch stark be— 
schädigt hatte, außerhalb der Werkstätte im Hofe 
und 183 Meter von dem Standorte entfernt nieder⸗ 
riel. 
— In der am Mittwoch stattgehabten 4. Sitzung 
des pfülz. Landrathes wurden die von der 
gl. Regierung weiter eingegangenen Vorlagen, 
betr.: 1) Anlage der Capitalrenten⸗ und Einkom— 
mensteuer, hier Bildung bezw. Ergänzung der Be— 
cufungskommission, 2) örtliche Revision der Häuser—⸗ 
teuer an den ersten Ausschuß verwiesen. Herr 
Decan Krieger referirte sodann über: 1) Rechnung 
des Fonds der Lateinschule Grünstadt pro 1881 
Die Gesammt-Einnahme beträgt 24,247 M. 06 Pf.. 
die Gesammt⸗Ausgabe 23,647 M. 14 Pf., das 
Gesammtvermögen 196,999 M. 08 Pf. 2) Sta— 
tistik der Lateinschulen. Die Gesammtziffer des 
Lehrerpersonals hat sich bei kleinen Schwankungen 
ginsichtlich der Nebenlehrer nicht verändert, während 
»die Zahl der Schüler von 2031 auf 1937 herab⸗ 
zegangen ist, welche Minderung hauptsächlich auf 
»ie Frequenz der 1. Classe kommt. Im Jahre 
1881182 haben sich die Gesammtkosten um 7083 M. 
)9 Pf. erhöht. 3) Die Etats der Kreislatein—⸗ 
chulen werden nach den Propositionen der kgl. Re⸗ 
zierung genehmigt und erhält aus Kreisfonds 
Grünstadt 12,764 M. 81 Pf., Frankenthal 12,810 
Mk. 61 Pf., Kaiserslautern 12,436 M. 46 Pf. 
uind Landau 14,408 M. 38 Pf., zusammen aus 
streisffonds zu decken 52,420 M. 26 Pf., bei 
einem Gesammtaufwand von 84,482 M. 42 Ppf. 
Für die 15 Lateinschulen, welche Gemeinde⸗Anstalten 
ind, ist eine Erhöhung der Alterszulagen von 
2145 M. 41 Pf. nöthig, der Zuschuß aus Kreis⸗ 
fonds beträgt für das Jahr 1883 118,452 Mt. 
)9 Pf. Schließlich berichtete Herr Decan Krieger 
iber die Rechnung pro 1881 und Voranschlag pro 
1883 des Pensionsvereins der Reallehrer und der 
Lehrer an den isolirten Lateinschulen und deren 
stelicten. Die Rechnung weist eine Einnahme von 
17,940 Mk. 87 Pf. und eine Ausgabe von 
21,163 Mt. 70 Pf. nach; der Vermoͤgensstand 
var Ende 1881 27,777 Mt. 17 Pf. Die Ein— 
nahmen für das Jahr 1883 werden auf 2420 M. 
19 Pf. und die Ausgaben auf 15,260 M. fest⸗ 
jesetzt, es bleiben sonach aus Kreisfonds zu decken 
2,839 M. 80 Pf. Tagesordnung der nächsten 
Sitzung: Volksschulen. 
— Der „Pfälzische Turnerbund“ war seit sechs 
Wochen ohne Vorsitzenden und Schriftführer, da 
die Herren Dochnahl und Mattern von Neustadt 
am 27. September l. Is. durch ein Zirkular an 
die 36 Bundesvereine ihre Aemter, ohne Angabe 
»on Gründen, niedergelegt hatten. Es versammel⸗ 
en sich daher am 5. die noch übrigen 5 Ausschuß⸗ 
nitglieder zu Neustadt, um die Bundesleitung 
vieder herzustellen. Herr Buchhändler Lang in 
S„peyer wurde einstimmig zum Vorsitzenden bis zum 
nächsten außerordentlichen Turntag (Juni 1888) 
jewählt und ihm überlassen, sich einen Schrift⸗ 
ührer aus dem Vereine Speyer zu erwählen 
S„odann wurde noch Herr Stadischreiber Gunther 
»on Zweibrücken in den Ausschuß kooptirt. — 
Drei Turner aus der Pfalz wurden bestimmt zum 
egelmäßigen Besuche der Vorturnerstunden des zehn⸗ 
en deutschen Turnkreises (Baden, Elsaß und die 
Pfalz); die Uebungen leitet der Kreissturnwart Zahn, 
dehrer an der Zentralturnanstalt in Karlsruhe und 
Hauptmann der Landwehr. Die pfälz. Turnvereine 
iind seit 1878 von 20 auf etwa 40 gestiegen. 
— In den letzten Tagen gingen größere 
Transport-Züge mit Rekruten durch die Pfalz, 
velche theils aus Altdeutschland nach den Garni— 
onen in den Reichslanden, theils aus Elsaß⸗ 
dothringen nach verschiedenen altdeutschen Garnisonen 
dirigirt wurden. 
— Der Berwaltungsgerichtshof hat 
'olgende Entscheidungen publizirt: Das Schnee 
räumen auf den Distriktsstraßen bildet einen Ber 
tandtheil der den Districtsgemeinden obliegenden 
ZStraßenunterhaltung und zählt nicht zu den allge 
nemen Staatslasten der Sicherheitspolizei. Nach 
dem Distriktsrathsgesetze vom 29. Mai 1852 bil⸗ 
det das Herkommen keinen Rechtstitel für die Pflichten 
der einzelnen Gemeinden des Districtes gegenüber 
der Distriktsgemeinde. 
— Von einem Schöffengericht der Pfalz 
wurde jüngst eine Marktfrau wegen ruhestörenden 
Lärmens und Schimpfens gegen Polizeibdiener zu 
6 Mark verurtheilt. Im Hinausgehen brummte 
fie: „So, jetzt hab' ich mei Fett, awer Grumbien 
kann ich ke mit schmelze.“ 
Vermischtes. 
München, 7. Nov. Heute Nachmittag 
lI Uhr ereignete sich in der Wöstermayher'sche 
Billa in Sendling ein schweres Unglück. Bei dem 
Tieferlegen des Kellers stürzte nämlich eine Maue 
ein und verschüttete drei Arbeiter und eine Mörtel. 
rägerin. Zwei Maurer blieben alsbald todt, wãh⸗ 
nend der Mortelträgerin ein Arm und die beiden 
Beine abgeschlagen wurden und ein Maurer minder 
exhebliche Verletzungen davontrug. 
F München, 8. Nov. Der aus dem König—- 
reiche Sachsen bereits ausgewiesene Schneidergeseue 
Hubel wurde wegen sozialdemokratisch- agitato— 
rischer Thätigkeit durch Erlaß des Ministeriums 
des Innern auch aus dem Königreich Bayern aus 
gewiesen. 
fTrier, 8. Nov. Gestern Abend ließ sich 
der aus Baden stammende Sergeant Resch von 
der dritten Compagnie des 130. Infanterie-Regi— 
ments in der Nähe der Haltestelle Löwenbrücken bei 
Trier von dem von Saarbrücken kommenden Per— 
onenzug überfahren. Dem Unglücklichen wurde 
»er Kopf radikal vom Rumpfe abgeschnitten, der 
dopf lag auf der einen, der Körper auf der an— 
deren Seite des Geleises. Von seinem Hauptmann 
var dem schon bald zehn Jahre dienenden Unter—⸗ 
ffizier die Kammer entzogen worden. Damit im 
zusammenhange gingen Gerüchte, Resch habe nicht 
Alles in Ordnung gehalten. Dies mag den Mann 
u der unglückseligen That getrieben haben. In 
Wirklichkeit aber wurde in der Kammer Alles 
cichtig befunden. 
F Obernkirchen, 6. Nov. Vorgestern 
Abend benachrichtigten, wie das M. T. miitheilt, 
wei Eilboten das hiesige Bergamt von einem 
urchtbaren Grubenunglück, das sich bei Stadthagen 
ꝛreignet hat. Durch schlagende Weiter ist die gänz⸗ 
liche Verschüttung eines Schachtes, der noch ausge⸗ 
zaut werden sollte, in dem aber trotzdem gearbeitet 
werden konnte, herbeigeführt worden. Bis jetzt ist 
hier bekannt, daß 7 Bergleute todt und einige 
arg verbrannt sind. Wie viel verschüttet sind, ist 
noh nicht festgestellt. Die sofort eingeleiteten 
Recherchen werden wohl die Ursachen des Unalüds 
lar legen. 
f.Aus Ars wird der Metzer Zeitung ge— 
chrieben: Selten ist wohl einem Familienvater das 
Blück beschieden worden, vier Sprossen seines 
Stammes mit einem Male dem Pfarrer zur Taufe 
»ringen zu können, wie es am letzten Sonntag 
dier in Ars vorgekommen ist. Dem glüdlichen 
Familienvater, in Gravbelotte wohnhaft, strahlte das 
Besicht vor Freude und auch der ehrwürdige Herr 
Pfarrer konnte, als er den vier Kleinen mit dem 
Namen zugleich den Segen ertheilte, ein verstohle— 
nes Lächeln nicht unterdrücken, da ihm ein gleicher 
Fall in seiner Amtspraxis wobl noch nicht vorge⸗ 
ommen sein mag. J 
F Bei der Fütterung der Pferde mit diesjahr· 
gem Hafer erscheint große Vorsicht geboten. Einem 
Bauer im Badischen krepirten binnen zwei 
Tage zwei Pferde im Werthe von 1000- 1100 
M. und zwar, wie der herbeigerufene Thierarzt 
aussagt, in Folge mangelhaft abgetrockneten Hafers, 
den sie als Futter erhalten hatten. Feuchtes Kör— 
nerfuttter soll leicht eine Blutvergiftung veranlassen. 
F Vor der Mainzer Strafklammer wird in 
wenigen Tagen der Prozeß des Wucherers Löb 
»on Worms zur Verhandlung gelangen. Von 
Seiten der Staatsanwaltschaft sind 85 Zeugen ge 
aden worden. Der Prozeß wird mehrere Tage 
in Auspruch nehmen. 
Köln, 7. Nov. Ein in der Nähe unserer 
Stadt wohnendes Ebepaar ging dieser Tage aus.