Full text: St. Ingberter Anzeiger

on ver durch Se. Kgl. Hoheit Prinz 
Luitpold und Ihre Kgl. Hoheiten Prinz und Prin 
zessin Ludwig von Bayern für die durch Ueber— 
schwemmung Beschädigten dem kgl. Staatsmini— 
ster des Innern zur Verfügung gesiellten Summe 
von 2000 M. und bezw. 1000 Maork wurden 
nach Einsichtnahme der Verhältnisse an Ort und 
Stelle und der hierbeigemachten Wahrnehmungen im 
Benehmen mit dem kgl. Regierungspräfidenten der 
Pfalz folgende Beträge für Bewohner der nachbe— 
zeichneten schwer heimgesuchten Bezirke und Gemein— 
den bestimmt: Bezirt Frankenthal 250 M., Bezirk 
Germersheim 250 Mark, Bezirk Speyer 250 M., 
Bezirk Zweibrücken 250 M., Stadt Reustadt 300 
M., Gemeinde Winzingen 200 Mark. 
— Für Herstellung und Unterhaltung der 
Distriktsstraßen der Pfalz wurde im Jahre 1882 
die Gesammtsumme von 1,839,892 M. aufgewen⸗ 
det und hiezu ein Staatsbeitrag von 156,900 M. 
geleistet. 
— Der Privatverein zur Unterstützung der 
Wittwen und Waisen der Volksschullehrer 
der Pfalz. Nach einer Entscheidung des kgl. Ver— 
waltungsgerichtshofes vom 14. April 1882 isi 
eine Verpflichtung des Lehrerpersonals an den 
Volksschulen. einem Pensionsvereine für Lehrer⸗ 
Felikten beizuterten, durch die Statuten eines sol⸗ 
chen Vereins an und für sich nicht begründet; dabei 
wurde jedoch die Berechtigung der Regierung aner— 
kannt, das ihnen unterstellte Lehrerpersonal zum 
Eintritt in einen solchen Pensionsberein durch 
Dienstesvorschrift für verpflichtet zu erklären. Die 
k. Regierung der Pfalz hat nun mittels Entschlie— 
ßung vom 4. Dezember den Beitritt in obigen 
Privatverein für das männliche Lehrerpersonal als 
eine Vorbedingung der definitiven Anstellung und 
der Beförderung im Volksschuldienste des Regie— 
rungsbezirks — von schulaufsichtswegen zur Vor— 
schrift gemacht. 
Vermiĩichtes. 
.In Pfatter bei Regensburg brachen 
drei Kirder im Alter von 9—12 Jahren, welche 
sich auf dem Eise befanden, plötzlich durch und er— 
tranken; der Vater, welcher zur Rettung herbeige— 
eilt war, brach ebenfalls durch und konnte sich nur 
mit äußerster Anstrengung aus dem Eise heraus 
helfen. Der unglückliche Mann liegt lebensgefähr⸗ 
lich krank darnieder. 
F Saarbrücken, 9. Dez. Eine ganz neue 
Diebs-oder vielmehr Raub⸗Industrie scheint sich in 
unserer Saardoppelstadt herausbilden zu woilen. 
Gestern Abend 8 Uhr wurde in der Nähe des 
Hotel Guepratte in St. Johann einer unser Rechts— 
anwälte von einem Burschen heftig angerempelt, 
und ihm das goldene Pincenez abgerissen, mil 
welchem der freche Räuber, ehe sich der verblüffte 
Beraubte umsehen konnte, das Weite suchte. Der 
Bestohlene glaubt, daß ihm der Bursche durch die 
Bahnhofftraße gefolgt ist, und an einem der hellen 
Schaufenster bemerkt hat, daß er eine goldne Brille 
trage, in deren Besitz er dann gelangte. Es ist 
dies, der „Sbr. Ztg.“ zufolge, in kurzer Zeit der 
dritte an brillentragenden Personen verübte Raub 
und vermuthlich von einem und demselben Böse— 
wicht ausgeführt. 
Die Vollendung des Baues vom zweiten 
Geleise auf der ganzen Länge der Rhein— 
Nahe⸗Bahn sieht nun bald bebor. Die Strecke 
wischen Sobernheim und Monzingen ist dieser 
Tage fertig gestellt worden und gleiches ist auf der 
Strecke Kreuznach-Münster a. St. der Fall, auf 
welcher, nachdem bereits die Prüfung der beiden 
eisernen Brücken vor kurzem stattgefunden, schon in 
den nächsten Tagen das zweite Geleise regelmäßig 
befahren werden wird. Es sind nur noch einige 
Strecken an der mittleren Nahe herzustellen, was 
bis Neujahr auch geschehen sein dürfie. 
F In Zelli. W. Gaden) hat ein Bürger 
Namens Peter Montfort seinen Mitbürgern 20,000 
M. als Baukosten für ein neues Schulhaus als 
Geschenk versprochen, wenn dieselben bei der Bür— 
germeisterwahl, die am 6. d. M. stattfand, dem 
liberalen Candidaten ihre Stimme gäben. Das 
Versprechen scheint aber nicht gezogen zu haben, da 
eine endgiltige Wahl unter den verschiedenen Can— 
didaten nicht zu Stande gekommen ist. 
F Hattingen a. d. R. 5. Dez. In Be— 
zug auf den in Coblenz inhaftirten Mörder Joseph 
Müllker ist, wie der „Barm. Ztg.“ geschtieben 
wird, die Vermuthung, als ob Müller auch die 
unweit Bochum begangenen Morde verübt häbe, zu 
unterstützen. Vor etwa zwei Jahren fuhr ein junges 
Mädchen (das jetzt verheirathet ist) von Köln nach 
Hattingen, und zwar allein in einem Coupè. Auf 
der Fahrt näherte sich ihr ein Schaffner (oder Brem⸗ 
ser?), der sich Joseph Müller naunte und sich in 
Liebenswürdigkeiten überbot; zugleich forschte er 
dringend nach dem Ziele der Reise des Mädchen? 
und seinem Wohnort. Den letzteren gab das Mäd⸗ 
hen wohl an, nicht aber seinen Namen, und er— 
fuhr der zudringliche Schaffner nur, daß der Vor⸗ 
name „Sophie“ lautete, nachdem er denselben aus 
einem mit S gezeichneten Taschentuche bereils er— 
rathen hatte. Er gab an, in Witten zu wohnen 
und sich bald wieder verheirathen zu wollen; letztere 
Angabe machte er mit Rücksicht auf den an seiner 
Zand befindlichen Ring. Wenige Tage nachher 
am an das Mädchen ein Brief: an Fräulein 
Sophie auf Haus Weile bei Hattingen, der von 
hr angenommen wurde, da es nur ein junges 
Mädchen dieses Namens auf Haus Weile (ein Gut 
bei Hattingen) gab. In dem Briefe bestellle der 
Joseph Muller das Mädchen zu einer Zusammen⸗ 
kunft zwischen Linden und Weitmar; er würde 
das Signal zum Treffen schon geben. Der in dem 
Briefe bezeichnete Ort ist genau jener, wo die grö— 
zere Zahl der Mädchenmorde begangen worden 
und zeichnet sich durch seine Einsamkeit und nun— 
mehrige Verrufenheit aus. Das Mädchen hat s. 
Z. der Aufforderung keine Folge geleistet. 
* Düsseldorf. Auf Aufforderung des 
Regierungspräsidenten ist demselben seitens des hie— 
igen Oberbürgermeisteramts foigende, auf die Ueber— 
schwemmung Düsseldorfs bezügliche Aufstellung ge⸗ 
macht worden: Es wurden überschwemmt930 
häuser, 15,000 Einwohner waren in Wassernoth 
Iind 1635 Hektaren Land unter Wasser; direci 
ilfsbedürftig waren 2500 Personen. Der Scha⸗ 
den an Häusern beträgt 18,500 M., derjenige an 
Mauern 1800 an Fabriken 3000 M. derjenige 
an Mobiliar, Vorräthen und Geschäftsverlusten läßt 
sich noch nicht übersehen — und an Ländereieh 
103,500 M. 
x Berlin, 8. Dez. Fürst Bismarck ist zum 
drittenmale Großvater geworden. Seine Tochter, 
die Gemahlin des Geheimen Legationsrates Grafen 
Rantzau, ist gestern in der siebenten Abendstunde 
don einem Knaben glücklich entbunden worden. 
F. Elbing Gez. Danzig), 11. Dez. Am 
Bahnhof Schlobitten fuhr gestern Abend der Ku— 
rierzug in einen Güterzug. Locomotivführer und 
Heizer sind getödtet, der Packmeister schwer, achl 
Passagiere leicht verwundet. 
FeRosenberg (Westpr.). Als ein Zeichen 
der Zeit berichtet die „Elb. Ztg.“ von zwei netten 
Pflanzchen. In der Ortschaft Nothwasser hat sich 
ein 15jähriges Mädchen aus Wuth über eine leichte 
Züchtigung, welche dasselbe von seiner Mutter r 
halten, in den Brunnen gestürzt und ist erkrunken. 
In derselben Ortschaft erhing sich im Frühling 
dieses Jahres ein 14jähriger Bursche aus Kummen 
darüber, daß der Vaier ihm keine Stiefeln kaufen 
wolslte; er wollte das seinem Vater anstreichen, wi⸗ 
er geäußert hatte. 
F Gür die Ueberschwemmmten.) Es 
wird vorgeschlagen, für die Nothleidenden am Rhein 
alle aus Vergnügungsspielen, wie Scat, Wöist 
L'hombre, Pfuff, Schach, Kegel ꝛc. am Sonnabend 
den 16. d. M., im gesammten deutschen Reich er 
pielten Gewinne zu opfern. An Sammelstellen, 
denen die Gewinne zugeführt werden können, fehlt 
es nirgends mehr, event. werden alle Zeitungen 
zern bereit sein, Beiträge entgegenzunehmen. Weiter 
hat es auf Anregung des Gartenbauvereins für Neu— 
»orpommern und Rügen der Verein zur Beförder⸗ 
ung des Gartenbaues übernommen, als RMittel⸗ 
dunkt zu dienen für Sammlungen, die zur Unter— 
tützung der durch die Ueberschwemmungen im 
Rheingebiet betroffenen Handelsgärtner bestimmt 
sind. Alle Gärtner und Gartenfreunde werden ge 
beten, Beiträge an den Schatzmeister des Vereins 
Rentier W. Sonntag, Berlin 8., Alexandrinen⸗ 
traße 51, einsenden zu wollen. 
f Paris, 11. Dez. Die Seine ist heute 
Nacht derart gefallen, daß eine weitere Gefahr aus 
geschlossen ist. 
F (Stimmen über Gambetta's Ver— 
vundung.) Wie freue ich mich, daß die Be— 
zauptung, Gambetta sei meine rechte Hand, nur 
eeres Gerede ist. Groͤvy. 
Wäre die Kugel wirklich weiblichen Geschlechtes 
ätte sie den Weg zu seinem Herzen gefunden. 
Mme. Adam. 
Nun begreife ich es erst, warum just ein frot 
Mönch das Pulver erfunden hat. ie 
Graf Moy, Legitimiß 
Daß er irgend wohin zielt, ahnte ich; daß 
jedoch den ersten Klapps kriegt, wenn's lor 
konnte ich nicht vermuthen. Bismata 
* (Das Tanzen in der frei, 
Schweiz.) Der Große Rat ron Freiburg 
ein „Tanzgesetz“ angenommen, in welchem 
Nichttanzen entschieden bevorzugt wird. Sog 
ine geschlossene ¶ Veselschaft wesche bis u 
nachts tanzen will, muß 25 Fr. zahlen; soll aber do 
Vergnügen noch länger dauern, so kostet es 35 F 
Pan sieht, die Behörde macht es unsern junga 
Leuten nicht gerade leicht, „ihr Tanzbein 
chwingen“. 
F GRebhühner-Exrport nach Eng 
land.) Am Samstag kam eine Sendung von etw 
500 lebenden Rebhühnern durch Passau, welch 
aus der Umgegend von Wien stammend, zur Va 
mehrung dieser Wildart in England für einen 
hochgestellten Jagdliebhaber nach Loudon bestimm 
sind. 
* Petroleum⸗Ueberschwemmung, 
Aus Saratow, Rußland, berichtet man, daß d 
neulich das Naphtha in einer ungeheuer großen Meng 
uus der Erde hervorbrach und sich in so großer 
Strömen in die Wolga ergoß, daß das Wasse 
derselben mehrere Meilen weit von —X 
deckt war. Die Einwohner von Saratew und 
den anderen Uferfstädten, welche das Trinkwase 
aus der Wolga beziehen, blieben mehren 
Tage lang ohne Trinkwasser und mußten selbst di 
Maschinen der Wasserleitung in Unthätigkeit bleiben 
weil sie nicht im Stande vVaren, das Wasser pon 
dem Naphtha zu filtriren. 
F(Goldhunger.) In Pittsburg lebt ein 
seltsamer Mensch, welcher sechsmal Gluͤck hatte und 
fünfmal sich durch Spekulationen arm sah. Al 
die Petroleumquellen entdeckt wurden, vereinigte sich 
unser Held, der damals nur einfach Kommis mi 
3200 Dollars jährlich war, mit einem glücklichen 
Spekulanten. Nach einigen Wochen gewann er? 
Millionen, kurze Zeit darauf hatte ihm Forlium 
weitere 53 in den Schooß geworfen; er war je— 
doch nicht zufrieden; nach kaum einem Jahre blieben 
ihm nur einige — tausend Dollars, mit denen 
er einen kleinen Laden einrichtete. Der Spekulations 
durst trieb ihn wieder zu seinem Petroleum, in 
einigen Monaten befand er sich im Besitze von fün' 
Millionen; er wollte zehn. Das Glück derließ ihn, 
er verlor alles und mußte im tiefsten Elend als 
Tagelöhner sein Brot verdienen. Das Glück laächelte 
ihm wieder, um ihn bald darauf zu verlassen. Er 
ging nun nach Kalifornien; das Petroleum übt⸗ 
jedoch seine Macht aus und zog ihn auf das su 
oft versuchte Gebiet zurück. Et gewann wieder 
verlor aber seinen Erwerb. Beim sechstenmal if 
er reich geworden, er besitzt acht Millionen, wir 
er zu spekulieren aufhören? Sehr unwahrscheinlich, 
da er sich in den Kopf setzte, seine 10 Millionen 
voll zu machen. Unser Goldmensch ist 50 Jahr 
alt, und wird er wohl nicht anstehen, das oft ver 
fuchte Glück zum siebentenmal zu berfuchen. 
Die Zeit der Versendung von Weihnacht? 
geschenken an auswärtige Verwandte und Freund 
rückt allmälig heran. Erfahrungsgemäß übersteig 
in den letzten Tagen vor Weihnachten der Postver 
kehr den gewöhnlichen um das drei⸗ und Vierfacht 
weßhalb es sich empfiehlt, bei Absendung von Ge 
schenken nicht auf den Tag auszurechnen, bis zu 
welchem eine Postsendung noch eintreffen kann, sonderr 
dien Absendung möglichst bald erfolgen zu lassen 
Ferner empfiehlt sich eine solide Verpackung, da be 
der Masse der Packete besonders beim Ein⸗ und 
Ausladen auf den Bahnhöfen an die Emballagen 
häufig starke Anforderungen gestellt werden. Den 
hesten Maßstab, ob ein Packet fest genug verpach 
ist, erhält man nach dem Rezepte eines gewiegten 
Postmannes, wenn man dasselbe etwa eine Treppe 
von einiger Höhe herunterwirft; übersteht die Ver⸗ 
packung diese Prozedur, dann wird sie auch die 
Strapazen der Postbeförderung aushalten. Be— 
sondere Beachtung ist nach einer genauen und deut— 
lichen Adresse, bei Sendungen nach größeren Städten 
mit Angabe der Straße und Hausnummer, zr 
vidmen. Hat man alle diese Kleinigkeiten woh 
beachtet, so darf man mit Sicherheit auf richtige 
Ablieferung durch die Post rechnen und erspart sich 
und dem Adressaten manchen Aerger. 
F Am 6. d. M. ging bekanntlich die Venu“ 
vor der Sonneuscheibe vorüber. Diese Erscheinun