Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 251. Domerstag, 21. Dezember 1882. 17. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 19. Dez. Der kgl. Gesandte am
„apstlichen Stuhle, Graf v. Paumgarten, ist,
einem Ansuchen entsprechend, aus Gesundheitsrüd—
ichten, unter allerhöchster Anerkennung seiner lang—
ährigen Dienste und unter Verleihung des Com⸗
hurkreuzes des Verdienstordens der bayerischen Krone.
n den Ruhestand versetzt worden. An dessen Stelle
vurde der bisherige Legationsrath bei der Gesandt⸗
chaft am päpftlichen Stuhle, Frhr. von Cetto,
unter Beförderung zum Geheimen Legationsrath 2.
Tlasse ernannt.
Zur Vorgeschichte des deutsch⸗oöstereichischen
Bündnisses weiß die Koln. Ztg. noch mitzu⸗
cheilen, der Bundesrath habe darüber niemals eine
Mittheilung erhalten, wohl aber einige Zeit nach
dem Abschluß der diplomatische Ausschuß, und zwar
auf Anregung Bayerns. Doch soll die Mittheil⸗
ung fich mehr auf den Zwedck des Bündnisses be—
zogen haben, während die bezüglichen Schriftstücke
dem Ausschuß nicht vorgelegt wurden. Dabei
wurde über die Mittheilung Schweigen zugesichert.
Neben dem vertragsmäßigen Document sollen ein
»der zwei Promemorias existiren, die, wie man
glaubt, zuweilen mit dem Vertrage verwechselt wur⸗
den, wodurch mancherlei Widersprüche in den Blät⸗
ern ihre Erklärung finden dürften.
Ausland.
Es bestätigt sich, daß der Rückzug der chine—
aichen Truppen aus Tonkin auf Befehl
»on Peking erfolgte. Die Beziehungen zwischen
Thina und Frankreich sind voffiziosen Versicherungen
ufolge ausgezeichnet, China wird eventuell gemein⸗
am mit Frankreich das Vorgehen der Viraten
mterdrücken.
-o
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Pirmasens, 19. Dez. In dem neuen
dampflesselhause des Gundelwein'schen Sägewe rkes
brach gestern Abend ein Brand aus, der das Ge⸗
däude vollständig zerstörte. (P. A.)
— Pirmasens, 20. Dez. Heute Vormit⸗
ag wurde der Kassierer des hiesigen Vorschuß
Vereins E. G., Bezirksamtsoberschreiber Enders
zjefänglich eingezogen, nachdem er sich der Bücher
fälschung und Unterschlagung in genanntem Vereine
chuldig gemacht hai. (P. Anz.)
— In der letzten Strafkammersitzung zu Lan-
dau wurde der früher in Hatzenbuͤhl siationirte
dendarm Wust wegen fahrlässiger Tödtung zu 1
Monat Gefangniß verurtheilt. Bei seiner Rück-
iunft von einem Patrouillengang dlieb bekanntlich
Büst mit seinem Gewehr am Stiegengeländer
jangen, wobei der Schuß losging und die un—
lücklicher Weise auf der Stiege stehende Köchin der
Hendarmerie-Mannschaft traf und dieselbe auch
ñdtete.
— Nicht nur zwischen Dürkheim und Ludwigs-
jafen, sondern auch zwischen Dürkheim und Kai—
erslautern soll Herr v. Féral eine Secundärbahn
zu erbauen beabsichtigen.
— Gemaß Bewilligung des Landrathes
»er Pfalz beträgt der aus Kreismitteln aufzu—
ingende Voranschlag für 1883 1,342,266
M. 10 Pf.; die Pfalz nimmt dabei gegenüber den
anderen Regierungskreisen den dritten Rang ein
Von dieser Summe werden für Erziehung und
Bildung 854,7855 M. 29 Pf. verwandt, und die
Pfalz steht auch hierbei in dritter Linie. In Betreff
der Verwendung für Industrie uud Kultur nimmi
jedoch die Pfalz mit 91,181 M. 50 Pfennig den
ersten Rang ein; ebenso bezüglich der Wohlthätig⸗
keitszwecke, für welche 269, 106 M. 50 Pf. aus⸗
jeworfen sind. Für gesundheitliche Zwecke sind 7548
M. ausgeworfen, wobei die Pfalz im fünften Gliede
teht. Für Straßen und Vrückenbauten ist die
Zumme von 97,000 Mark bestimmt; auch hier
kommt die Pfalz den anderen Kreisen gegenüber
in die fünfte Stelle. Die Kreisumlagen betragen
in der Pfalz 34,7 pCt., welche 929, 202 M“80
Pf. ertragen, wogegen Uuterfranken mit nur 21
pCt., Niederbahern und Schwaben mit 21,5 pCt.,
sowie Oberbahern mit 26,6 pCt. belastet sind
Vermislchtes.
München, 20. Dez. Der Wiener Schnell⸗
zug fuhr heute morgens in Station Haar auf den
einfahrenden Güterzug. Niemand wurde verletzt,
nehrere Güterzugwagen sind stark beschädigt. Die
Bahn ist für kurze Zeit unfahrbar.
FWürzburg, 18. Dez. Ein hübsches
Weihnachtsgeschenk erhielt der Schenker der
döhler'schen Bierbrauerei, indem ihm der erste Ge⸗
vinn der ungarischen 100 fl.-Prämienlotterie mit
20,000 österr. Gulden zufiel. Durch Vermittlung
ines hiesigen Rechtsanwalts verkaufte er an ein
Frankfurter Bankhaus seinen Gewinn um die
Summe von 180,000 Mt., welche dem glücklichen
Bewinner sofort ausbezahlt wurden.
F Nach Anordnung der ba herischen General⸗
Tommando's dürfen während der kommenden Weih
aachtsfeiertage Beurlaubungen von Mann—
chaften nach ihrer Heimath stattfinden und zwar
sollen per Compagnie, Batterie oder Escadron 30
— 40 Mann auf 6 bis 8 Tage beurlaubt werden.
F Neunkirchen, 19. Dez. Es sind hier
wieder einige neue Erkrankungen an den Pochen
dorgekommen. Zwei Geschäftshäuser sind für den
Berkehr verschlossen worden. 35 Fälle, von denen
—AVV
welche die aus der Pfalz hierher verzogene Frau
verursacht hat. Dem gegenüber kann man sich
nicht verhehlen, daß die jetzt noch in den verschie-
densten Straßen darniederliegenden 158 Personen
eine sehr ernste Gefahr für die ganze Bürgerschaf!
bilden. (Saar⸗ u. Blies⸗3.)
F Metz, 18. Dez. Ein heiteres Erlebniß
'o erzählt die Metzer Zeitung, hatte eine Jagdge—
ellschaft, darunter einige Metzer Herren, welche
zestern in der Gegend von Königsmachern dem
edlen Waidwerk oblag. Einer der Jäger hatte
einen Hasen angeschossen und ging ihm in den
Wald nach; da, als er eben eine Schneuse durch⸗
chritten hatte, tritt ihm ein Wild entgegen, wie
nan es sonst in den Wäldern Lothringens nicht
inzutreffen pflegt, ein leibhaftiger großer Bär
nämlich, der wie der Jager alsbald wahrnimmt,
war einen Maulkorb tragt, diesen jedoch nur noch
in Fetzen um das Maul herum hängen hat
Sinigermaßen erschrocken, legt der Jäger sein Ge⸗
wehr an; da erhebt sich der Bär auf seinen beiden
Hintertatzen und fängt zu — tanzen an; er mochte
vohl die Flinte für den Knittel seines Wärters ge
halten haben. Sowie der Jäger das Gewehr ab—
etzt, hört auch der Bär zu tanzen auf und setzt
ich in Bewegung; der Jager hält es nunmehr an
der Zeit sich rückwärts zu seinen Kameraden zu
verfügen. Als er später mit diesen wieder an Ort
und Stelle erscheint, ist Meister Petz verschwunden
und nicht mehr aufzufinden; seine Spur war je—
doch deutlich im weichen Fußboden zu erlennen. Daß
derselbe einem herumziehenden Bärenführer entlaufen
war, dürfte außer Frage sein. Gägerlatein ?)
F In Stuttg art macht die wegen Mißhand⸗
lung von Untergebenen erfolgte Suspendirung des
Rittmeisters Duttenhofer von dem dort in Gar—
nison liegenden Uhlanen-Regiment „König Karl“
großes Aufsehen. Man glaubt, die im Gange be⸗
findliche Untersuchung werde die Dienstentlassung
dieses Offiziers zur Folge haben.
Muß der Apotheker Nachts jede
Waare verabreichen oder muß er nur Arznei an⸗
fertigen und abgeben? In Neustadt b. E. kam's
zur Wette darüber. Die Einen klopften den Apo⸗
theker Mitternachts heraus und verlangten für 20
Pf. Pfeffermünzplätzchen. Der Apotheker leuchtete
hnen gründlich heim und verklagte sie wegen Miß⸗
brauchs seiner Berufspflicht. Der Strafrichter ver⸗
urtheilte sie in eine Geldstrafe und in die Kosten.
T. Folgende Duellgeschichte, velche
ich kürzlich in einem westpreußischen Städtchen
ereignete, theilt die D. Ztg. mit: Ein als schlag⸗
jertig bekannter Beamter sah sich genöthigt, einem
nit mehr Larm als Erfolg auch auf politischem
Bebiet aufgetretenen jungen Lieutenant a. D. eine
gebüͤhrende Abfertigung zu Theil werden zu lassen,
worauf dieser erwiderte: „Mit der Feder find Sie
mir zwar überlegen, aber ich habe zu Hause ver—
hiedene Säbel, mit denen ich besser zu schreiben
ꝛerstehe!“ Der Beamte sagte: „Solch gefaͤhrliches
Spielzeug sollte man vor Kindern doch sorgfältig
herschließen, daß dieselben damit kein ünglüd an—
richten konnten.“ Der erboste Gegner forderte nun
den Beamten auf Pistolen. Ruhig sagte dieser:
„Ich nehme die Forderung an, jedoch stelle ich eine
Bedingung. Sie wissen, ich habe Frau und Kin—
der, für welche ich sorgen muß. Mein jährliches
Einkommen beträgt 4800 Mark. Deponiren Sie
daher ein Capital, dessen Zinsen meinem Einkommen
entsprechen, und welches, sollte ich im Duell fallen,
meiner Familie ausgezahlt wird. Es wären also
30,000 M. erforderlich“ „Dazu bin ich außer
Stande.“ sagte kleinlaut der Duellsüchtige, denn
ich besitze kein Vermögen.“ „Ja,“ autwortete der
Beforderte, dann kann aus dem Duell leider nichts
werden! Wer nichts zu verlieren hat, der kann doch
mnmoöglich verlangen, daß ich mich von ihm soll
niederschießen lassen.“ Sprach's und wandte dem
Duellanten den Rücken.
F. Woran Fürst Bismarck schuld sein soll!
Zwei Pariser Bürger, schreibt das Evénement, sehen
ꝛiner vorüberfahrenden Dampftramway nach. „Auch
darin“, sagt der Eine, „sieht man die Hand Bis⸗
marcks!“ — „Sie glauben?“ — „Natürlich!
Diese kleinen Lokomotiven werden in kurzer Zeit
allen Fuhrwerken angepaßt werden. Was haben
wir aber während der Belagerung gegessen? Pferde.
Wenn nun die Preußen wiederkommen — und dies
ist doch augenscheinlich ihre Absicht — so können
wir uns dann keine zwei Monate halten — —
— außer wir nähren uns von Lokomotiven!“
F Gersicherungswesen.) Nach dem
neuesten statistischen Jahresbericht ͤber den Ge—
schäfts und Vermögensstand der 88 Lebensver⸗
sicherungs-Gesellschaften des Deutschen Reiches stieg
in den letzten 10 Jahren 1872 bis 1881 die Ge
ammt⸗Versicherungssumme dieser Gesellschaften bon