St. Jugberter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 20.
Sonntag, 11. Februar 1883. 18. Jahrg.
schwemmung und die faulen Zeitverhältnisse ge⸗
Politische Uebersicht. — chaffenen Rothlage zu vertagen.
— Ein stark begehrtes Papier sind die Alktien
der Badischen Auilin- und Sodafabrik in Lud⸗
wigshafen und wird die vermehrte Frage nach
denselben zurückgeführt auf Angaben, nach denen
das Erträgniß für 1882 den Betrag von zehn
Nillionen Mark übersteigen soll und die Dividende
nuf 25—30 pCt. zu erwarten sei.
— Einer, der gern ohne Hunde reist, wendet
ich in der „Pf. Post“ gegen die neueste Verfügung
der Pfäl zischen Eisenbahndirektion, wonach Jagd⸗
junde in's Konpee mitgenommen werden durfen,
venn keiner der Mitreisenden Einspruch erhebt.
Warum nur Jagdhunde, fragt derselbe, und nicht
auch — von den Schooßhunden zu schweigen —
die Metzgerhunde, die ihrem Herrn mindestens eben⸗
o nothwendig sind, wie die Jagdhunde den ihren?
Thut der Biß eines Jagdhundes weniger weh, als
der eines andern Gliedes der Familie canis famili-
aris ? Oder genirt der Jagdhund weniger, wenn er
sich im Koupee dorthin legt, wo der Platz ist für
die Füße der Reisenden? Ferner: wie denkt man
sich das in der Praxis „wenn Niemand von den
Reisenden Einsprache erhebt“? Ist es doch an sich
schon mißlich in der Pfalz, wo die Verhältnisse so
klein und die Gesichter so bald bekannt find, gegen
einen Nimrod „Einfprache“ zu erheben. Wenn's
aber doch geschieht, wohin thun die Herren in der
etzten Minute — denn es wird ja nur 5 Min
vor Abgang des Zuges eingestiegen — ihren Hund,
oͤnnen sie ihn noch anders wohin bringen oder
jersuchen sie ihr Glück in einem Konpee? Und
venns nicht geschieht und es kommen nur zwei
Fagdhunde ohne „Einsprache“ herein, wie reist
ich's da für die andern Leute? Und endlich: was
oll damit geholfen sein, daß es heißt: „wenn die
Jagdhunde von den Herren an der Leine geführt
verden?“ Soll die Leine verhüten, daß der Hund
veniger knurrt oder weniger riecht oder mir weni⸗
jer braunes Volk aufhängt? Einsender hofft, daß
das „bis auf Weiteres“ sehr eng ausfallen und
der Jagdhund wieder dorthin kommen wird, wohin
er gehört, nämlich in das Hundekoupee!“
Vor dem Grbaude der Stadtdireltion (früher Stadt⸗
zericht) hatte sich deßhalb eine große Menschen⸗
nenge angesammelt. Die Verhaflete sah, in der
dleidung sehr herabgekommen, auch korperlich ver⸗
ümmert und bleich aus und trug ein Bündelchen
uuf dem Arm; ein kleines —**— folgte ihr.
FGoölner Narrenstück) Koln, 5. Febr.
Was der Kunst nicht leicht möglich geworden wäre.
dem Standbilde Bismarch's am Kasinoplaß den
veißen Bart anzusetzen, wie ihn der Furst in
üngster Zeit sich hat wachsen lassen, das hat die
darrheit in vergangener Nacht zuwege gebracht.
deute Früh sah man den ehernen Fursien mit
inem prächtigen weißen Bart ausgestatiei. Bald
ogen die Neugierigen in gauzen Schaaxen nach
ꝛem Platze hin, um den bebarteten Reichskanzler
yon Angesicht zu Angesicht zu schauen. Die Polizei
laubte jedoch der Fürsten wieder rafiren lassen
u müssen.
Gas elektrische Licht und die
Bienenzucht) Der belkannte Bienenpächter
Zravenhorst in Braunschweig, welchem die Imkerei
qhon manche werthvolle Enideckung verdaalt, hat
rürzlich Versuche angestellt, welche allgemeines In⸗
eresse beanspruchen dürften. Das Braunschw.
Tgebl. bringt darüber nahere Mittheilungen, denen
vir Folgendes entnehmen: Jeder Bienenvaier weiß,
daß es unter den obwaltenden Verhälinissen gerade-
zu unmöglich ist, eine Reinzucht zu erzielen, daß
eine solche jedoch von einer großen Bedeutung sein
nüßte. Man hat nun schon früher den Verjuch
zemacht. Bienenkoniginnen und Drohneun in großen
zeschlossenen Räumen mit Glasdächern und Fenstern
zu halten, um eine Mischzucht durch fremde Droh⸗
nen unmöglich zu machen. Dies Experiment aber
mißlang, weil die Bienen, obwohl es ihnen an
Blumen und Gesträuchen nicht fehlte, bei Sonnen⸗
chein das Bestreben zeigten, aus den Fenstern etcî,
zinaus ins Freie zu kommen. Sie flogen mit
zroßer Kraft gegen die Scheiben und gingen zu
Hrunde. Dies hat nun Herrn G. auf die Idee
zebracht, unter Anwendung des elektrischen Lichtes
tadellose Reinzucht zu erzielen. Versuche. die in
dieser Beziehung angestellt find, haben ergeben,
zaß das gestedte Ziel erxeichbar ist. Man hat kleine
Zuchtstöcke in einen weiten, genügend erwärmten
Zaum gebracht und diesen zur Vachtzeit von einem
Punkte aus elektrisch erleuchtet.“ Nun kummelten
ich die Bienen, in denen offenbar die Illusion ge⸗
veckt war, fie stäͤnden unter dem Einflusse des
Sonnenlichtes, zwanglos umher; sie flogen auch
nicht gegen die Wände und die Bedachung an, weil
ein Licht von Außen eindrang, das in ihnen den
krieb erwedt hätte, in die Ferne zu schweifen.
Die Reinzucht gelang, wenn auch in kleinem« Maß⸗
tabe, vollkommen.
f Folgende humoristische Jagdgeschichte, welche
nach dem „Holst. Kurier“ auf Wahrheit heruht, hat
ich unlängst auf dem Groß Kummerfelder Jagdge⸗
ziet zugetragen. Dort fand nämlich eine Treidjagd
tatt, und es wurde bestimmt, daß jeder Jäger.
velcher einen Hasen fehlschießt, 20 Pf. Strafgeld
zu erlegen habe. Bei Beendigung der Jagd siell⸗
len sich die eingegangen Strafgelder auf 460 M.
Die gesamte Beute des ganzen Tages bestand aus
- einem Hasen.
F Als Seitenstück zu dem „Verein der Kahl⸗
öpfigen“ soll in Berlin ein, Verein der Schwer⸗
äuchigen“ in der Bildung begriffen sen. Vor der
Ballotage muß sich jeder Vereincandidat der Mess⸗
ing unterwerfen, und er kann nur dann auf Auf—
Berlin, 8. Febr. Die sehr zahlreich besuchte
nerzehnte Haupiversammlung des Congresses deutscher
Landwirthe ist heuie Vormittag im Norddeutschen
hofe durch den Oekonomierath Schütz eroffnei
vorden. Seitens der Regierung waren der Wirkl.
heh. Rath von Schumann, der Geh. O.-Justizrath
Zertz, der Wirkl. Geh. Kriegsrath Bödiker, der
Finanzrath von Bonin und der Geh. Reg.⸗Rath
Ritter erschienen. Nach der Wiederwahl des bis—
herigen Vorstandes berieth die Versammlung die
Vagabondenfrage und die Mittel zu deren Abhilfe
uind nahm sodann eine Resolution an, worin aus⸗
jeführt wird, daß das wirksamste Mittel gegen die
dagabondage die Beschaffung von Arbeitsgelegen⸗
heit sei. Hierzu sei die Bildung ländlicher Arbeiter⸗
colonien fuͤr großere Districte nothwendig, ferner
müßten Herbergen „zur Heimath“ unter geeigneter
deitung sowie einheitliche Naturalverpflegungssta⸗
ionen durch die Organe der Selbstverwaltung ein⸗
gerichtet werden.
Paris, 8. Febr. Grevyh hält persönlich die
Lage für sehr ernst. Brisson und Leon Say wur⸗
den zu einer außerordentlichen Conferenz in das
klysoe geladen.
Paris, 9. Febr. Prinz Napoleon ist heute
Mittag in Freiheit gesetzt worden.
Lokale vnd pfälzische Nachrichten.
— In Blieskastel wurden an Fastnacht
og. „gelbe Zettel“ verkauft, auf welchen die ge⸗
meinsten Schmähungen gegen angesehene Familien
der Stadt gedruckt wurden. Tas Schlimmste an
der Sache ist, daß diese Zettel von kleinen Kindern
herumgetragen und natürlich auch gelesen wurden.
lebrigens soll Untersuchung eingeleitet sein und
wird in der Anlgelegenheit wahrscheinlich vor dem
Strafrichter das letzte Wort gesprochen werden.
Kröppen, 7. Februar. (Guter Durst.)
Helegentlich einer am letzten Montag hier abge⸗
haltenen Holzversteigerung entwickelte ein Besucher
derselben, angeregt und freigehalten durch andere
Baste in der Wagner'schen Wirihschaft einen so
räftigen Durst, daß er innerhalb dreier Stunden
gegen 30 Liter Bier vertilgte. (P. A.)
— Die Direkton der Pfälzischen Eisenbahnen
macht bekannt, daß vom 15. 1. Mis. ab der Per—⸗
sonenzug Nr. 181 von Kusel schon um 5 Uhr 18
Minuten Morgens zum Anschluß in Landstuhl
uin Personenzug Nr. 9, Ahgang 6 Uhr 50 Min.,
ibqelassen wird.
Am vergangenen 1. Febr. trafen sich zu—
rällig in der Weinwirthschaft des Herrn Betsch zu
Landau, einer Mittheilung des L. Anz.“ zu—
jolge, drei Maänner aus der Umgegend, die zusam⸗
men das respektable Alter von 251 Jahren hatten.
Es waren dieses: Minges von Klingenmünster 90,
Pfirrmann von Dammheim 84 und Stübinger von
deinsweiler 77 Jahre alt. Sämmtliche find zu
Fuß nach Landau gekommen und haben auch ihren
Heimweg zu Fuß zurückgelegt.
— An den Vorort Hanau des mitielrheinischen
—AR Schützen⸗
vereins der Antrag gestellt worden, das diesjährige
Schützenfest, welches in Edemkoben (Pfalz) ab⸗
gjehalten werden sollte, infolge der durch die üeber⸗
Vermischtes.
F Ein zu Gunsten der Ueberschwemmten der
Pfalz und Unterfrankens in Würzburg abge—
yaltener närrische Jahrmarkt hat ca. 7000 Mark
»rxiragen.
fIn Mannheim feriigte infolge einer Wette
der dortige Schuhmacher Fillian in der Wirthschaft
zum goldenen Falken vor vielen Zuschauern ein
Paar Schuhe (für ein Mädchen von 12214 Jahren
Zdassend) in dem Zeitraume von 39 Minuten an.
Wäre dem flinken Meister nicht von einem neidigen
conkurrenten ein Schabernack gespielt worden, so
hätten die Schuhe, welche durchaus solid und tüchtig
zearbeitet sind, um mehrere Minuten früher fertig
jein können.
F In Heidelberg ist ein einer reichen
cheinhessischen Familie angehöriger Student am 8.
d. wegen Verdachts betrügerischer Befreiung vom
Militärdienst im Kolleg verhaftet worden. Er bot
100,000 M. Kaution für seine Freilassung, aber
zergeblich.
FStuttgart, 8. Febr. Adele Spizeder
vurde gestern Nachmittag vom Untersuchungsge⸗
ängniß nach der Bahn transportirt, um dem re⸗
zuirirenden Gericht in Karlsruhe übergeben zu werden.