Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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A 33. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Roeich. 
Die Einstellung der Rekruten des 
xurigen Jahrganges zum Dienste mit der Waffe 
jat bei sämmtlichen Truppentheilen nach naherer 
uinordnung der Generalkommandos in der Zeit 
zom 5, bis 10. November zu erfolgen; wir haben 
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sogenannte Rekruten⸗Vakanz. da der 1. Oktober 
der grundsäßliche Einstellungstag ist. — Bei der 
Wahi des Zeitpunktes der Uebungen des Beurlaub⸗ 
enstandes Der Reserve und Landwehr) sind die 
Interessen der hiebei am meisten betheiligten bürg⸗ 
rlichen Berufskreise zu berücksichtigen. 
Berlin, 14. Febr. (Reichstag.) Dritte 
Ftatlesung. In der Generaldiskussion kommt 
Richter (Fortschritt) auf seine und seiner Freunde 
Stellung gegenüber der Armee zurück; sie be— 
kämpften die Mehrforderungen nur aus sachlichen 
Gründen und liebten das Heer gleich den Konser⸗ 
hativen. Sie beklagten den Versuch der Konserva⸗ 
iiven, dus Heer vom Volk zu trennen. Kardorff 
neint, die Politik Richters beeinträchtige die Schlag⸗ 
fertigkeit der Armee, weil sich in Folge ungenügen- 
der Besoldung der Zudrang dazu verringere 
A 
zaß Richter seine Aeußerung wieder mit Verhand⸗ 
ungen mit Rom in Verbindung bringe, Richter 
ede Kompetenz zu solchen Reden, wie er sie hier 
Jalte. Richter kenne den Kanonendonner nur aus 
den Zeitungen, er sei nie dabei gewesen. Gott 
möge das Vaterland vor einer Armee und einem 
Offizierkorps im Sinne Richters bewahren. Min⸗ 
nigerode meint, Ersparnisse könnten sehr kostspielig 
wverden, wenn sie die Wehrhaftigkeit des Vater- 
andes gefährdeten. 
Berlin, 15. Febr. Beim Präsidenten des 
Reichstags sind bisher 680,000 Mark für die 
deberschwemmten eingegangen. Davon wurden 
307,000 Mk. vertheilt in die Ortschaften der Rhein⸗ 
und Maingegend und Württembergs, 835,000 Mti 
nach der Eifelgegend. Von den noch vorhandenen 
266,000 M. souen 175,000 M. vertheilt, 91,000 
M. in Reserve behaliten werden. Die erstere wird 
nach folgendem Modus vertheilt: Auf Württemberg 
kommen 294 pCt., Elsaß 2*2 pCt., Hessen 20 
pCt., die Pfalz 20 pCEt., Unterfranken 20 pCt. 
die Rheinprobinz 15 pCt., Baden 10 pCt. die 
Donauorte 5 pCt., der Regierungsbezirk Wies⸗ 
baden 5 pCt. Im Besitz des Reichskanzlers be⸗ 
finden sich noch 111,0000 Mark, über deren Ver⸗ 
theilung er sich Vorschläge von der Reichstagscom— 
mission erbeten hat. 
Dus neue Militär-Pensions-Gesetz, 
das in den letzten Tagen den Reichstag beschäf⸗ 
ligte, nimmt das allgemeine Interesse nicht nur in 
den betheiligten, sondern auch in den der Armee 
serner stehenden Kreisen so intensiv in Anspruch, 
daß immer mehr Material zusammengeführt wird, 
um die interessante und tief einschneidende Frage 
zu beleuchten. So bringt unter Anderem die Po— 
sener Zeitung“ über das Militär-Pensionswesen 
nachfolgende siatistische Mittheilungen: „Bürgerliche 
und adelige Pensionäre aller Grade zusammenge⸗ 
rechnet, ergiebt, daß die aktive Dienstzeit der Offi⸗ 
gziere durchschnittlich 221/3 Jahre, der Pensionsstand 
durschnittlich 1313 Jahre dauert. So ertlaäct e 
sich, daß wir ein pensionirtes Offizierkorps haben 
in Deutschland von 5337 Generalen, 659 Obersten, 
a59 Oberstlieutenants. 1622 Majors. 1779 Halipi 
Samstag, 17. Februar 1883. 18. Jahrg. 
leuten und Rittmeistern, 1949 Lieutenants. Dabei 
ist der nicht auf dem Invalidenfonds stehende baye⸗ 
eische Penfionsstand noch nicht mit eingerechnet. 
Die Pensionen für die Offiziere betragen jährlich 
23 Millionen Mark. Das ist eine Summe, größer 
als diejenige, welche dier deutschen Einzelstaaten an 
Zuschuß für die Untehaltung der Volksschule und 
Volksschullehrer leisten.“ 
Die Krankenkassen⸗Commission des Reichs⸗ 
ags genehmigte die Vorlage nach den Beschlüssen 
»er zweiten Lesung mit 18 gegen 2 Stimmen. — 
Die Steuer⸗Commisson des preußischen Abgeord⸗ 
tetenhauses hat die Resolution betr. Vorlegung der 
Besetzentwwürfe über Reform der Einkommensteuer 
nit einer von 6000 Mark abfallenden Scala, so⸗ 
vie Einführung der Declarationspflicht bei beson⸗ 
)erer Besteuerung des Einkommens aus Cavital⸗ 
sente angenommen. 
Berlin, 14. Febr. Wegen der Brief 
narkenfrage treten die Ausschüsse des Bundes 
aths erst morgen zusammen. Die Minister von 
Frailsheim und Mittnacht conferirten mit maßge⸗ 
zenden Personen. Es wird keinerlei Druck hier 
nisgeübt, um Bayern und Württemberg zu Con—⸗ 
essionen zu veranlassen, obwohl man kein Hehl da⸗ 
aus macht, daß die Einführung einheitlicher Post⸗ 
verthzeichen gerne gesehen würde. 
Berlin, 14. Febr. Den Abendblättern zu⸗ 
olge hat der Kaiser an den Feldmarschall Grafen 
Moltke in Bezug auf dessen letzte Reichstagsrede 
ein anerkennendes Schreiben gerichtet. 
Berlin, 14. Febr. In dem Berichte der 
Unterrichts-Commission des Abgeordneten⸗ 
sauses über die Petitionen wegen Regelung des 
Zensionswesens der Volksschullehrer sind die Er— 
lärungen der Commissarien des Cultusministers 
iber die gesetzgeberischen Pläne der Staatsregierung 
auf dem Gebiete des Volksschulwesens ausführlich 
vieder gegeben. Dieselben bestätigen vollinhaltlich 
die seiner Zeit gebrachten Mittheilungen, Inhalts 
deren die Staatsregierung den Gedanken der Vor⸗ 
egung eines Lehrerpensionsgesetzes aufgegeben hat 
ind statt dessen vielmehr ein umfassendes Schul⸗ 
otationsgesetz vorbereitet. In jenen Erklärungen der 
segierungskommission wird zunächst auf den engen 
Zusammenhang der Frage der Alterszulagen mit 
der Lehrerdotation im Allgemeinen und dieser wie⸗ 
derum mit der gesammten Schuldotation hingewiesen 
ind daran die Bemerkung geknüpft, daß aus dem 
kahmen dieser Frage sich auch die Pensionsfrage 
uicht füglich loslösen und einseitig behandeln lasse, 
zevor nicht die Frage, wer an der Schullast mitzu⸗ 
ragen habe, principiell entschieden sei. Die Staats⸗ 
ꝛegierung neige sich daher der Regelung der ge— 
iammten Dotationsfrage zu. 
Ausland. 
Paris, 14. Febr. Der Präsident der Repu⸗ 
olick empfing heute Morgen 11 Delegirte der fran⸗ 
zösischen Kaufleute und Fabrikanten, welche ihm 
eine Adresse überreichten, die im wesentlichen lau— 
let: „Wir lenken Ihre Aufmerksamkeit auf die 
Periode der Krisen und ministeriellen Ueberständig— 
eit und auf deren Gegenstoß auf die volkswirth— 
chaftliche Lage des Landes. Nach außen nehmen 
uinsere Ausfuhren ab, unsere Thätigkeit im Aus— 
ande und in den Colonieen läßt nach, und das 
Ausland, das die steigenden Ansprüche des Arbei— 
terstandes und unsere Zwietracht benutzt, reißt nach 
und nach die Industrie an sich, die unsere Erbschaft 
ind Ehre ist. Im Inlande werden die Geschäfte 
heschränkter und das Vertrauen schwindet. Als der 
Republick von Grund ergeben, wissen wir, daß ihre 
Dauer mit dem Wohlergehen von Handel, Industrie, 
Ackerbau und Geldgeschäft verbunden ist. Aber die⸗ 
es Wohlergehen wuͤrde gefährdet werden, wenn die 
Zrisis sich verewigt, wenn das Parlament fortführt, 
vegen der unfruchtbaren Streitigleiten die politi— 
chen Verbesserungen zu vertagen. Der Augenblick 
ur die offentlichen Gewalten ist gekommen, sich zu 
verständigen und ein dauerhaftes Ministerium zu 
zilden, das entschlossen ist, gegen Gewaltthätigkeiten 
inen Schutz zu bieten. An dem Tage, wo die 
Vertreter des Landes Ihnen das höchste Amt über⸗ 
rugen, rief das arbeitsame und republikanische 
Frankreich Ihrer Wahl als einer Bürgschaft der 
frdnung und der Stetigkeit und des Fortschrittes 
Beifall zu. Mehr als jemals zählt es auf Ihr 
jestes Hellsehen, Ihren Patriotismus, die Krisis zu 
beschleunigen, die nicht ohne unersetzlichen Schaden 
für die wichtigsten Lebensfragen Zrankreichs und 
seines Glanzes in der Welt verlängert werden 
zürfte.“ Präfident Grͤpy nahm die Delegirten 
nit fichtbarem Wohlwollen auf, erklärte, er sei mehr 
ils jemand von der schwierigen Lage der Geschafte 
herührt und werde durch alle ihm zu Gebote steh⸗ 
nden Mittel und nach dem Maße der Machtvoll⸗ 
kommenheiten zur Hebung und zum Auffchwunge 
von Handel und Industrie behilflich sein. Die 
Bariser Geschäftsleute, welche die Adresse unterzeich⸗ 
net haben machen, für mehr als 200 Mill. Frcs. 
Beschäfte. Auch in Lyon und in anderen Städ⸗ 
jen der Provinz sind Adressen in Umlauf. 
Paris, 14. Febr. Die Kommission der De⸗ 
zutirtenkammer verwarf einstimmig und debattenlos 
den vom Senate adoptirten Waddington'schen Prin⸗ 
en⸗Gesetzentwurf, lehnte mit 6 gegen 5 Stimmen 
»en Antrag Barbey ab und nahm mit 5 gegen 5 
Stimmen (ein Mitglied enthielt sich der Abstimmung) 
den ersten Antrag Floquets (Ausweisung der Mit⸗ 
zlieder von Herrscherfamilien) an. Zum Berichter⸗ 
tater wurde Marcou ernannt. 
Marseille, 16 Febr. Dem Vernehmen nach 
lief in Toulon der ministerielle Befehl zur soforti⸗ 
jen Ausrüstung der „Dordogne“ ein, zum Trans⸗ 
vort von Trunnen und Matderial nach Tonkin. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Der Verwaltungsgerichishof hat 
folgenden Entscheid publicirt: Nach den in der Pfalz 
yjor dem Inslebentreten des Gesetzes vom 19. April 
1868 über Heimath, Verehelich mg und Aufenthalt 
in Geltung gewesenen heimathrechilichen Vorschriften 
var der Erwerb der Heimath nicht an den Erwerb 
iiegenden Eigenthums geknüpft; indessen kann ein 
jolcher Erwerb als Beweismittel für die Absicht der 
die Heimath begründenden Niederlassung namentlich 
dann in Betracht kommen, wenn letztere nicht direct 
iachgewiesen ist, sondern aus den begleitenden Um⸗ 
tänden geschlossen werden muß. 
— Nachdem die Kommission für die Schadens⸗ 
erhebungen an Gebäulichkeiten in den von der 
Ueberschwemmung heimgesuchten Gemeinden des 
dantons Frankenthal ihre schwierigen und an— 
trengenden Arbeiten nunmehr zum Abschlusse gebracht 
jaben, sind wir in der Lage, die Resultate dieser 
Erhebungen, in abgerundeten Ziffern unseren Lesern 
mittheilen zu könn: Oppau 233,200 M., Roxheim 
165,700 M., Edigheim 151,400 M., Bobenheim 
1. Rh. 145,000 M., Mörsch 77,900 M., Stu⸗ 
dernheim 17,400, M. und Frankenthal 14,200 M. 
Hesammischaden an Gebäulichteiten in den Gemeinden 
des Kantons Frankenthal 804800 M. Rhire