Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M 36. Dienstag, 20. Februar 1883. 
—18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 18. Febr. In den höheren 
Offizierschargen der bayerischen Armee stehen aber⸗ 
nals mehrere Personaländerungen in naher Aus⸗ 
icht. Es haben nämlich der Inspecteur der Ar— 
illerie und des Trains, General der Infanterie 
zraf Bothmer, und der Gouverneur der Festung 
zugolstadt Generallieutenant Frhr. v. Müller, die 
veide schon ihre 50 Dienstjahre in der Armee zu⸗ 
ückgelegt haben, um Versetzung in den Ruhestand 
jebeten und steht die Genehmigung alsbald zu er⸗ 
varten, die Wiederbesetzung beider hohen Siellen 
vird mehrfache Beförderungen zur Folge haben. 
Als Nachfolger des Grafen v. Vothmer üenn man 
n Offizierskreisen den k. General⸗Adjutanten und 
Stadtcommandanten von München, Generalmajor 
„on Muck. An Stelle des letzieren dürfte einer 
er Brigade-Commandeure gelangen und dann der 
AIberst/ des Leibregiments, Prin; Arnulf — wie 
chon seit einiger Zeit erwartet wurde — zum 
heneralmajor und Commandeur einer Brigade be⸗ 
oͤrdert werden. 
Ari Freitag wurde der Reichstag bis zum 
. April vertagt. In der letzten Sitzung wurde 
ioch die Resolütion Buhl über die Ausfuhrvergü⸗ 
ung bei'm Tab ak angenommen, die Resolution 
kichter wegen Umarbeitung des Bauplanes für die 
Zaganer Kaserne, die Resolution Lingens wegen 
beschränkung des Postverkehrs an Sonntagen und 
die Resolution Baumbach wegen Spezialisirung 
der — der Postboten dagegen ab⸗ 
gelehnt. 
Mit den Ergebnissen der nun abgeschlossenen 
Budgetberathungen im Reichstage kann das Land 
anzen zufrieden sein. Nicht weniger wie '12 
Millionen Mark sind in dem Titel ver Ausgaben 
gestrichen worden und um diese Summe ermäßigen 
ich demgemäß die Matrikularbeiträge der Einzel⸗ 
taaten, was bei der Feststellung der Landesetats 
gehörig ins Gewicht fallen wird. 
Ausland. 
der französische Sena verwarf abermals 
»en von der Abgeordnetenkammer angenommenen 
braten denten· Gese zentwurf (Antrag Barbey) mit 
42 gegen 137 Stimmen, also mit 5 Slimmen 
Nehrheͤn. Die Abstimmung erregte großes Auf- 
chen. ( Der Konflitt zwischen beiden Kammern er⸗ 
cheint darnach unvermeidlich.) 
„Varis, 19. Febr. Einem Redakleur des 
Gaulois“ gegenüber sprach sich Leon Sah dahin 
uus, daß der Kriegsminister die Prinzen von Or—⸗ 
eans wahrscheinlich sofort aus der Armee entfernen 
zerde. Sollte das neue Cabineit die Prinzen durch 
dekrete —ADD—— 
est erheben. 
Paris, 109. Febr. Nach wiederholtem Confe⸗ 
iren wurde Ferry von Grevyh mit der Cabineta⸗ 
idung beauftragi. Wie heißt, werde Ferrh 
Auswärtige, Martin Feuillé das Innere, Wal⸗ 
—V die Justiz, Tirard die Jinanzen, Thi⸗ 
audin das Kriegsministerium, Raynal das Mini⸗ 
erium der öffentlichen Arbeiten und Cochery das 
er Posten übernehmen. 
rit Paris, 19. Febr. Jules Ferry, von Gréͤvy 
ut der Zabinetsbildung beauftragt, wird „Aus⸗ 
irtiges übernehmen. 
e Parißer Industriellen haben sich bei dem 
identen Grevy u. A. besonders über die Con— 
tenz Denischlands beklagtt De Frankfurter Ver⸗ 
trag setze sie fast außer Stande, gegen den wachsenden 
deutschen Import anzukämpfen, und auch der fran⸗ 
zösische Export gehe der deutschen Präponderanz 
auf dem Weltmarkt halber seinem Verfall entgegen. 
Cettinje, 17. Febr. Freitag fruh fand vor 
Scutari ein dreistündiger blutiger Kampf zwischen 
500 Malisori und einem türkischen Nizam-Bataillon 
tatt. Eine Anzahl Nizams wurde getödtet und 
nehrere verwundet. Die Malisori hatten auch be⸗ 
eutende Verluste. Die Veranlassung zum Kampfe 
var Rache wegen der Verurtheilung von zwe 
Malisors zum Tode. 
Kairo, 18. Febr. Das Kriegsgericht zu 
Alexandrien verurtheilte von den wegen der Er⸗ 
nordung des Professors Palmer angeklagten 18 
Beduinen fünf zum Tode, einen zu 18jähriger, 
einen zu 10jähriger, vier zu Zjähriger und einen 
uu Zjähriger Freiheitsstrafe; der mitangeklagte Gou⸗ 
»erneur wurde seines Amtes entsetzt und zu einem 
zahre Gefängniß verurtheilt. Vier andere Beduinen 
»eren Theilnahme an der Ermordung Palmer's 
eststeht, werden noch verfolgt. 
Die deutsche Einwanderung in Nord— 
umerika war im letzten Jahre eine bedeutende 
ind hat so das Deutschthum gestärkt. Deutscher 
Beist griff mächtig um sich, wie die zahlreichen 
neuen Turn⸗ und Gesangvereine zeigen. Mehr 
Imerikaner denn früher lernen jetzt deutsch. Deutsche 
Sitte findet Nachahmung in amerikanischen Kreisen, 
vie das Interesse ber Amerikaner fur deutsche Feste 
eigt. Wein und Bier, diese zwei Mäßigkeitsge— 
ränke verdrängen immer mehr und mehr den ame— 
ikanisch· irischen Schnaps. Die lichte und heitere 
jermanische Weltanschauung greift mäͤchtig im Lande 
im sich. — Mehr Ameritaner und Deutsch⸗Ameri⸗ 
aner denn sonst haben ihre Kinder nach Deutsch⸗ 
and geschickt, damit diese dort ihre Ausbildung 
»ollenden. In den Congreß sind im letzten Nov. 
nehr Deutsche als je zuvor erwählt worden. Au— 
ehen und Einfluß der deutschen Presse haben be—⸗ 
»eutend zugenommen. So ist denn das Deutsch⸗ 
Amerikanerthum zu Beginn des neuen Jahres stärker 
enn je — zum Wohle dieser Republick, für deren 
Freiheit und Fortschriit es stets ehrlich und begeistert 
»kömpft hatf 
er reumüthig den Rest seines unterschlagenen Geldes 
mit 17,950 Mt. ausgeliefert, in das Amtsgerichts— 
gefängniß daselbst verbracht, von wo er am nächsten 
Morgen nach Zweibrücken transportirt wurde. 
— In der letzten Strafkammersitzung des kgl. 
dandgerichts Zweibrücken wurde die 16jährige 
Dienstmagd Elisabetha Lehmann von Hassel, welche 
zum Nachtheile ihrer Herrschaft, des Kaufmannes 
Besenbruch in Zweibruͤcken, eine Harmonika und 
eine Corsette und später aus einer verschlossenen 
Commode 12 M. 50 Pf. entwendet hatte, zu einer 
Gefängnißstrafe von 2 Monaten und 1 Tag ver— 
urtheilt. 
Kaiserslautern, 19. Febr. Unser Saat⸗ 
fruchtmarkt wurde heute eröffnet, und wir können 
mit dem Resultat (für den ersten Markt) sehr zu⸗ 
frieden sein. Es find im Ganzen 82 Proben aus— 
nestellt, die zusammen ein Quantum von 5000 
Zentner repräsentiren. Die Qualität der ausge⸗ 
tellten Waare muß als eine vorzügliche bezeichnet 
verden. Schönerer Sommerweizen ist uns noch 
nicht zu Gesicht gekommen, und die Sommergerste 
erfreut das Auge jedes Kenners. Sommerroggen 
st sehr schͤn und der Hafer — Früh⸗ wie Spaͤt— 
hafer — prima. Das angebotene Quantum Erb— 
en ist zwar klein, allein die Qualität mustergiltig 
Viktorigerbse) Odbgleich der übermäßig feuchte 
Sommer dem Gedeihen der Wicken nicht günstig 
var, finden wir hier preismürdige Waare. Klee— 
amen ist in reicher Auswahl vertreten und wird 
icher Käufer finden. Die Seradella, der sogenannte 
Bettelmannsklee, ist in prachtvollen Mustern ver⸗ 
treten. Von Kartoffeln sind zwar nur sechs Proben 
vorhanden, allein nur empfehlenswerthe Sorten. 
Hanf⸗ und Flachssamen sind glänzend und rein 
und verdienen unsere größte Aufmerksamkeit. Wir 
iind der festen Ueberzeugung, daß auf unserm 
Saatgutmarkt jeder Landwirth seine erforderliche 
Saatfrucht zur größten Zufriedenheit kaufen kann. 
— In der Stadt Pirmasens ist durch 
Majoritätsbeschluß des dortigen Stadtrathes für 
die Folge das Austreiben der Schweine berboten. 
„Damit ist, schreibt der, Pirm. Anz.“, einem viel 
seitig und seit lange gehegten Wunsche entsprochen, 
denn das Sammeln und Austreiben dieser — rein— 
lichen Borstenthiere hatte in den Straßen unserer 
Stadt gar mannichfaltige Störungen zur Folge, 
und ihre Begegnung auf den Trottoirs, die sie in 
der Regel für sich in Anspruch nahmen und mit 
ihren Spuren zierten, hatie gewiß auch für den 
eifrigsten Verehrer der culinarischen Gaben, die uns 
der sonst geschmähte Vierfüßler dietet, nichts Ange⸗ 
nehmes. Andrerseits werden sich die Schweinehal⸗ 
er gewiß recht leicht in die neu geschaffene Lage 
finden und ihre Schweine mit gleichem Vortheile 
zu Hause züchter und mästen, wie dies bei andern 
Viehgattungen auch der Fall ist. Wie glauben also, 
der Majorität des Stadirathes für diesen Beschluß 
den Dank der überwiegenden Mehrheit der hiesigen 
Bevölkerung votiren zu dürfen.“ 
— Aus Dürkheim wird dem „Pf. K.“ 
geschrieben: Auch unser stilles Städichen bekommt 
seinen Erfinder, dessen Patent am Ende den Lärm 
der Welt vermehren wird. Der Münchener Pa⸗ 
tentanwalt hat eine Erfindung angemeldet von Dr. 
Bischoff, Apotheker zu Dürkheim, und Major z. D. 
Mieg in Landau, mit Bezug auf Herstellung von 
Wolfram-Geschossen. Ebenso meldeten die Beiden 
in Patent für eine Maschine zum Pressen obiger 
heschosse an. Beide Herren sind als tüchtige Fach— 
nänner bekannt. ersterer als Chemiker. lbsere die⸗ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Homburg, 18. Febr. Heute Morgen 
vurde in der Wohnung der ledigen Margarelha 
Binter von hier ein neugeborenes Kind in einem 
Vassereimer liegend todt aufgefunden. Gegen die 
Mutter des Kindes ist diesbezüglich bereils Unter— 
uchung wegen Kindsmords eingeleitet, und soll 
ieselbe ergeben haben, daß das Kind zur Zeit 
einer Geburt gelebt hat. (3w. 3.) 
— Am Samstag Abend wurde auf dem Bahn⸗ 
jofe Homburg ein junger Mann Namens Woll- 
schläger, gebürtig aus Frankfurt und in Kondition 
n einem größeren Kaufmannsgeschäfte in Mann— 
jeim. verhaftet. Derselbe ist dringend verdächtig, 
um Nachtheile seines Prinzipals eine Unterschla⸗ 
jung von 18,000 Mk. verübt zu haben. Letzterer 
satte ihn beauftragt, fragliches Geld in ein Bank— 
aus zu tragen. Statt dessen ging jedoch der 
unge Mann, der bei seinem Prinzipal alles Ver⸗ 
rauen genoß, auf den Bahnhof in Ludwigshafen, 
woselbst er ein Billet II. Kl. nach Paris löste 
Unwillkürlich mußte er aber seine Reiseroute unter⸗ 
rechen; er wurde auf telegraphische Benachrichtigung 
von der Gendarmerie in Hombutg auf dem Bahm 
ofe auf's freundlichste empfangen und nachden