Full text: St. Ingberter Anzeiger

den bisherigen Modus, die Wohnungsentschädigung 
in 5 zweijaͤhrigen Raten à 50 Mk. zu gewähren, 
dahin änderie, daß dieselbe in 3 einjährigen Raten 
100 Mk. gegeben wird, so daß der Lehrer mit 
Beginn seines 3. Dienstjahres hier den vollen Be— 
lrag von 800 Mk. für Wohnung bezieht, was bis⸗ 
her erst nach zurückgelegtem 10. Dienstjahr der 
Fall war. — Die Umlagen wurden von 85 auf 
50 0) herabgesetzt. 
Landrathsabschied der Pfalz. 
Das „Geseh und Verordnungsblatt der Pfalz“ 
Nr. 10 veröffentlicht den Abschied für den Land⸗ 
rath der Pfalz, welchem wir folgendes entnehmen: 
Die Steuerprincipalsumme des Regierungsbe⸗ 
bezirks der Pfalz beträgt für das Jahr 1888 
5677,816 Mark, wovon ein Steuerprozent auf 
26.,778 M. sich berechnet. Dem von dem Land⸗ 
rathe geprüften Voranschlage der Kreisausgaben 
ind Kreiseinnahmen für 1883 wird die Geneh⸗ 
migung ertheilt. 
Auf die bei Prüfung des Voranschlages gesondert 
gefolglen Anträge und Beschlüsse des Landraths, 
derden nachstehende Entschließungen ertheilt. 
Folgende Beschlüsse des Landraths erhalten die 
Genehmigung: 
1) der Beschluß, wonach der zu Cap. 3 der 
Kreisausgaben angesammelte Fonds die Bezeichnung 
„Fonds für Verbesserung der Lage der Taub— 
stummenund Idioten in Frankenthal“ 
führen soll. 
2) Der Beschluß, zur Vertheilung von Stipendien 
an Schüler der kgl. Industrieschule in Kai— 
serslautern den Betrag von 300 Mark für 
das Jahr 1883 zu bewilligen. 
3) Die Beschlüsse des Landraths, wonach der 
Unterftützungsbetrag für die Landwirthschaftliche 
Winterschnule in Waldfischbach auf 800 
Mark erhöht und für eine in Zweibrücken zu er—⸗ 
richtende Landwirthschaftlich Fortbildung s⸗ 
schule ein Zuschuß von 400 Mark bewilligt wird. 
4) Der Beschluß des Landraths, betr. die An⸗ 
nahmeerklärung der von dem Rentner H. Hilgard 
miti einem Kapital von eiwa 52,000 M. für Stu⸗ 
dirende aus dem Kegierungsbezirk der Pfalz be⸗ 
gründeten Stipendienstiftung. 
5) Der Beschluß des Landraths, bezüglich der 
Einleiiungen zur Reorganisation der pfälz. Brand⸗ 
bersicherungsanstalt— 
6.) Der Beschluß des Landraths, die Renten 
des Maximilian⸗Getreide⸗Fonds für das Jahr 1888 
zu gunsten der vom Wetter beschädigten 
Landestheile zu verwenden. 
7) Der Beschluß des Landraths, eine Pensions⸗ 
kasse für pfälzische Kre isbedienstete und deren 
Felicten als Kreisanstalt zu errichten, sowie die be⸗ 
züglichen, den gedruckten Landrathsverhandlungen 
beigefügten Statuten, und wird das Staatsmini⸗ 
sterium des Inneren beauftragt, alsbald die nöthigen 
weileren Einleitungen zu treffen. Ferner wird ge⸗ 
nehmigt, daß zu dieser Pensionskasse behufs all⸗ 
mählicher Ansammlung eines zinstragenden Kapital⸗ 
stochs derselben 36 Jahre lang aus Kreismitteln 
ein Zuschuß von je 3000 M. geleistet werde, und 
wird gleichzeitig die Erwartung ausgesprochen, daß, 
wenn in der Folge wider Vermuthen der Fall der 
Unzulänglichkeit der ordentlichen Einnahmen der 
Pensionskasse zur vollständigen Bestreitung der Pen⸗ 
sionen und Alimeutationen eintreten sollte, der Land⸗ 
rath, statt die Pensions⸗ und Alimentationssätze 
reduciren zu lassen, den fehlenden Betrag aus Kreis⸗ 
mitteln zuschießen werde. 
Dem Antrage des Landraths, daß die Kreis⸗ 
baugewerkschule in Kaiserslautern einer regelmäßigen 
fachtechnischen Revision unterstellt werde, soll die 
entsprechende Bedachtnahme zugewendet werden. 
Der Landrath hat wiederholt die Erhöhung des 
Staatszuschusses zum pfälzischen Landgestüt auf 
10,000 Mark beantragt. Bezüglich dieses Antrages 
wird auf Ziff. 4 Nr. 8 des Landraths⸗Abschiedes 
em 18. MRal vor. Is. verwiesen, wonach das 
Staatsministerium des Innern beauftragt wurde, 
bei Aufstellung des Budgets für die XVII. Finanz⸗ 
periode auf die vom Landrathe gestellte Bitie thun⸗ 
ichst Rückficht zu nehmen. 
Die k. b. Staatsregierung hat zu der neuerlich 
von Elsaß⸗Lothringen lebhafter betriebenen Her⸗ 
stellung eines für die Zwede der großen Schiffahrt 
bestimmten Canalverbindung von Ludwigshafen durch 
die bayerische Pfalz und das Unterelsaß nach Straß⸗ 
burg, bezüglich welcher ihr ein ausgearbeitetes Project 
digher nicht in Vorlage gekommen ist, noch in keiner 
Weise Stellung genommen. Für den Fall der Er— 
auung dieses Kanals wird die Führung desselben 
iuf dem linken Rheinufer im Interesse der bayer⸗ 
schen Pfalz die entsprechende Vertretung und dahei 
nuch die von dem Bezirksgremium für Handel, In⸗ 
zusirie und Gewerbe zu Landau angeregte Frage der 
Tanalisirung der Queich vom Hauptbahnhof bis zur 
Finmündung in den Canal nähere Prüfung finden. Der 
Abschied schließt mit folgenden Worten: „Indem Wir 
dem Landrath gegenwärtigen Abschied ertheilen, eröffnen 
Wir ihm neuerdings Unsere wohlgefällige Auerken⸗ 
nung jeiner eifrigen Förderung der Kreisinteressen 
ind ertheilen ihm die wiederholte Versicherung 
Unserer besonderen königlichen Huld und Gnade.“ 
Vermischtes. 
München, 18. Febr. Als ein neuer Bei⸗ 
rag zur Frage der Entschädigung unschuldig Ver⸗ 
zafleter und Verurtheilter und als Zeichen dafür— 
Fie lückenhaft die derzeitige Gesetzgebung ist, dürfte 
der nachstehende Fall gelten: Einer hiesigen reichen 
Brivatiersfrau fehlt eines Tages ein werthvoller 
Zrillantring. Ohne sich zu besinnen, wo solcher 
ein kann, wird Diebstahl vermuthet, eine im Hause 
Us Putzerin beschäftigte arme Arbeitersfrau wird 
inter dem Verdachte des Diebstahls sofort verhaftet 
und erst nach sechs Tagen wieder entlassen, nach⸗ 
dem die Eigenihümerin des Ringes diesen in ihrer 
Behausung. woselbst sie ihn verlegt, wieder gefun⸗ 
Jen hatte. Als Statisfaktion für die unschuldig 
littene Untersuchungshaft erhielt die Arbeiterfrau 
bon dem ersten Staatsanwalt am kgl. Landgerichte 
München J. folgende Zuschrift: „Ich gebe Ihnen 
Jiemit bekannt, daß ich das Verfahren gegen Sie 
wegen Entwendung des Ringes zum Nachtheile der 
R.N. (folgt Name) wegen ungenügenden () Ver— 
zachtes eingestellt habe und theile Ihnen auch mit, 
daß sich der fragliche Ring wieder vorgefunden 
Jat.“ Also sechs Tage unschuldig erlittene Unter⸗ 
uchungshaft und dann diese Bescheinigung! 
München, 20. Febr. Bei ausverkauften 
dause und von einem distinguirten Publikum fand 
seute Abend im Hoftheater für Wagner eine Ge— 
achtnißfeier stalt. Viele Prinzen und Prinzessinnen 
varen anwesend; alle Damen waren in Trauer. 
Die Feier begann mit dem Trauermarsch aus der 
Hhötterdämmerung, wobei sich der Vorhang langsam 
rThob. Zwischen den brennenden, mit Flor be⸗ 
jangenen Kandelahern und prachtvollen Palmen 
fand die mit Lorbeer bekränzte Büste Wagner's, 
u Füßen des gleichfalls mit Flor behangenen Piede⸗ 
lals lagen zahlreiche Lorbeer“? und goldene Kränze. 
hei den letzien Takten des Marsches senkte sich der 
Vorhang wieder, und nun folgte die Oper Tristan 
ind Isolde“, worin das Ehepaar Vogel und Kin⸗ 
dermann excellirten. Der ernsten Feier angemessen 
derharrte das Publikum von Anfang bis zu Ende 
I1 Uhr Nachts) in ernster, —— ———— 
Würzburg, 22. Febr. Geh. Hofrath 
stinecker ist hrute morgen im Alter von 81 Jahren 
zestorben. Derselbe war Decan der medicinischen 
Facultät Würzburg und ist als Psychiatriker eine 
veltbekannte Größe gewesen. 
pCGEinbewegtes Leben), In Straß⸗ 
zurg im Elsaß starb vor kurzem ein armes hun⸗ 
dertjähriges Männchen Max Elianer. Das Leben 
zieses Mannchens, schreibt die „Union“, war ein 
sehr sonderbares. Geboren in Straßburg am J. 
stoveinber 1782, wurde er 1808, obwohl er nur 
ein Maß von 423 Fuß hatte, als Trompeter in 
das erste Husarenregiment eingereiht und machte 
den Feldzug in Spanien mit. 1809, 1810 und 
1811 war er bei der Rheinarmee in Mainz, Leip⸗ 
ig und Dresden, unter dem Oberbefehl des Ge⸗ 
crals Rapp. 1812 war er unter den Kämpfern 
zei der Erstürmung von Warschau, unter dem 
Oberbefehl des Prinzen Poniatowski, machte hierauf 
zen Feldzug in Rußland mit und überschritt mit Na⸗ 
‚oleon die Beresina. Nach dem Rückzuge des fran⸗ 
ͤsischen Heeres wurde er in der Schlacht bei Leip⸗ 
ig verwundet und als Kriegsgefangener von den 
Kussen nach Sebastapol gebracht. Er entwich nach 
16 Monaten mit einigen anderen Kriegsgefangenen 
n einem kleinen Kahn aus der Festung, wurde 
iber bei offenem Meere von einem englischen 
Kriegsschiff gekapert und nach England transpor— 
tiert. Erst nach der Schlacht von Waterloo wurde 
er wieder nach Frankreich gebracht, 1816 wurde er 
in Belfort in das erste Marine-Bataillan gereiht, 
am spater nach Gibraltar und auf die Insel 
Huadeloupe. 1830 machte er den Sturm und die 
xinnahme von Algier mit und erhielt dann den 
Abschied, worauf er sich nach Bordeaux begab. 
Zierauf ging er nach Amerika, trieb dort Uhren— 
jandel und verheirathete sich in Philadelphia mit 
iner Deutschen namens Julchen Loew aus Hunden⸗ 
jeim bei Coblenz. Dreizehn Jahre später kam er 
zach Lüneville in Frankreich. Seine zwei, den 
Verwandten anvertrauten Söhne fielen 1848, Seine 
Frau starb in Lünebille. 1849 verheirathete er 
ich mit Babetie Maaß aus Ottenheim bei Darm—⸗ 
tadt; diese seine zweite Frau ist jetzt; 69 Jahre alt und 
jast erblindet. In den letzten Jahren seines Le— 
»ens wohnte er in Straßburg und hausierte mit 
Zeife, um seine und der Frau Nahrung zu ver— 
dienen. Er ist arm gestorben; der alte Krieger, 
velchen die Kugel von Warschau und die Bajonette 
»on Algier verschonten, hatte nicht einen Heller 
Pension. 
FGEinesseltsame Familie.) In Mühl— 
sjeim an der Ruhr wurden einem Ehepaare 15 
dinder geboren, von denen das 1. 83., 7., 9., II. 
ind 18. stockblind auf die Welt kamen. Diese 
lindgeborenen Sprößlinge zeigten von frühester 
dindheit an eine ganz ungewöhnliche musikalische 
Begabung, und der Musikunterricht, den sie auf 
zer Blindenschule in Düren genossen, förderte diese 
Unlage so bedeutend, daß die blinden Künstler in 
iesem Herbste eine Rundreise durch die größeren 
Städte zunächst ihrer Provinz unternehmen. 
fEGriaz Leopold als Schlosserlehr⸗ 
ing.) Altem Hohenzollernbrauch gemäß, erlerm 
etzt Prinz Leopold, der einzige Schn des Prinzen 
xriedrich Karl, das Schlosserhandwerk. Die Werk 
latt des jetzt 17jährigen Prinzen befindet sich im 
öniglichen Schlosse in Berlin, dieselbe ist von 
inem dortigen Schlossermeister in einem Diener— 
immer etablirt und mit Werktisch, Drehbank, 
—„chmiedeesse und sämmtlichem Werkzeug im Ge⸗ 
ammtwerthe von über 500 Mark ausgerüstet. Ein des 
Schlosserhandwerls kundiger Diener des Prinzen 
Friedrich Karl ertheilt dem Prinzen Leopold Unter⸗ 
icht. In einem Arbeitsanzug mit blauer Blouse 
gekleidet, arbeitet der fürstliche Lehrling täglich ein 
zis zwei Stunden in seiner Werkstatt. Sehr häufig 
Hesucht ihn hier seine Mutter, die Prinzessin Friedrich 
darl, schaut lächelnd den Arbeiten ihres Sohnes 
u und ergeht sich in humoristischen Anspielungen 
iuf die zukünftigen Leistungen des Schlossermeisters 
m spe. Mit welcher Lust Prinz Leopold daß 
cchlosserhandwerk erlernt, geht daraus hervor, daß 
eine Dienerschafl ihn oft noch nm 10 Uhr Abende 
in der Drehbank thätig findet. Die Lehrlingszeit 
des Prinzen wird bis zum 1. Oktober ds. Jt 
zauern, und die Schlosserwerkstätte auch nach 
glienicke, dem Sommeraufenthalt des Vrinzen, ver⸗ 
egt werden. 
— Ueber die Schlaflosigkeit, jenes Uebel, welchen 
iamentlich so viele „Kopfarbeiter“ verfallen, sprach 
d)r. Herm. Canitz am Montag Abend im Berliner 
Zerein für volksverstündliche Gesundheitspflege. In 
ebhaften Farben schilderte er zunächst die Wohl— 
hai des Schlafes, dieser Lebensbedingung alleror⸗ 
janischen Wesen, er sei eine nothwendige Funktion 
zicht nur zur Ruhe der ermatteten Glieder, sondern 
zur Ergänzung der verbrauchten Kraft. Der ge— 
unde Schlaf dokumentiert sich dadurch, daß der 
Mensch, wenn er sich zur Ruhe begibt, urplötzlich 
on demselben befangen wird, die Lunge atme 
leichmäßig, das Erwachen erfolgt bei Tagesanbruqh 
benfo plöhlich, und wie neugeboren erhebt det 
Mensch sich vom Lager. Die Dauer des Schlafe 
dariert zwischen 5 und 8 Stunden, je uach de 
xFntwickelungsperiode und Kraftäußernng des Kör— 
ders. Kleine Kinder, Jünglinge und Jungfrauen 
zedürfen einer längeren Schlafzeit als der thätig 
Mann, dessen Körper sich zur vollen Kraft enl⸗ 
vickelt hat, Greise bedürfen weniger. Uebergehend 
u dem' Uebel der Schlaflosigkeit und ihren Un— 
achen, so sei unter letzteren zuerst die Sorge aus 
ufuhren, welche die akute Schlaflosigkeit erzeug 
Am häufigsten aber erzeugen chronisch-kalte Fühßt 
dieses Uebel, denn die Schlaflosigkeit resultiert nun 
nus ungleichmäßiger Blutvertheilung. Das sel 
ein der Füße bedingt aber eine größere Zufuhr de 
Blutes nach der Zentralleitung, dem Herzen und 
Magen. Ferner Obstruktion und —XX 
harier oder schwerer Stuhl), bei welchem eine Ein⸗ 
hükung des Varmes auf das Pfortaderleben stat 
indet, wodurch Herzklopfen, Anhäufung des Blulteñ 
n den Lungen uͤnd Beforderung größerer Mengu 
hlutes nach“ dem Gehirn bedingt wird. Viel 
ind Spales Essen und Trinken, wozu auch du 
u häufige Stillen der Kinder zur Nachtzeit*