Full text: St. Ingberter Anzeiger

dandau wohnhaft, diente im 7. Inf.«Reg. bei der 
d. Komp., woselbst er sich eine Strafe zuzog, die 
ihm bei seiner Entlassung in sein Führungsattest 
eingetragen wurde. Da ihn Dies jedoch genirte, 
wandte er sich an den jetzt außer Dienst befindlichen 
Hauptmann Fehrn. v. Scherer, welcher einige Zeit 
ein Kompagniechef war, mit der Bitte um ein 
anderes Führungsattest; dieser verwies ihn jedoch 
an seine Kompagnie. Daraufhin schrieb er an den 
Feldwebel Strobel, angebend, er befolge den Rath 
des Herrn v. Scherer er habe sein Fuͤhrungsattest 
berloten, Strobel möge ihm ein anderes aussftellen, 
jedoch seine Strafe nicht eintragen, mit dem aus— 
drücklichen Bemerken, er bekomme alsdann ein 
Fäßchen neuen Wein (Kastanienbuscher) von ihm 
Jeschick. — Das Gericht erblickte hierin eine Be—⸗ 
lechung sowie eine Beleidigung des Herrn von 
Scherer und verurtheilte Wuͤst zu einer Gefängniß 
trafe von 8 Tagen und zu den Kosten. (C. A.) 
— Wachenheim, a. H., 6. März. Die 
hiesige Ortpolizeibehörde ließ heute durch die Schelle 
ven Bürgern kund und zu wissen thun, daß von 
nun an das Nachahmen von Thierstimmen um die 
nitternächtliche Stunde als Ruhestörung strengstens 
bestraft wird. So geschehen zu Wachenheim a. H. 
am 4. Lenzmonat im Jahre des Heiles 1888. 
(Pf. Journ.) 
— Trippstadt. Bei der letzten Prüfung 
der hiesigen (konfessionell gemischten) Fortbildungs⸗ 
chule ereignete sich der Fall, daß sechs Eramina— 
oren (Z distrikts⸗, 2 Lokalschulinspektoren und 2 
Lehrer) zwei Fortbildungsschüler zu prüfen hatten. 
— Wie das „Rh. V.“ erfahren haben will, 
ist die Revolverkugel, welche dieser Tage bei 
Haß hoch von einem Passagier auf den Lokomotiv⸗ 
Ahrer eines entgegenkommenden Güterzuges abge— 
euert worden sein sollte, thatsächlich zu einem 
Klicker zusammengeschrumpft. den ein mitfahrender 
dateinschüler unbedachterweise entgegengeworfen. 
— In einer in Ludwigshasfen stattge— 
habten Versammlung der dortigen Lehrer nnd städ— 
lischen Beamten wurde die Errichtung einer städti⸗ 
schen Penstonss und Wittwenkasse beschlossen. Der 
Stadtrath hatte seine Sympathie für ein derartiges 
Unternehinen bereits früher zu erkennen gegeben. 
— Wie der „Pf. K.“ vernimmt, hat Herr 
Buchdruckereibesitzer Waldkirch in Ludwigsha— 
fen gegen das Erkenntniß des Schöffengerichts in 
dem bekannten Prozesse des „Pfälzer Journals“ 
Berufung eingeleat. 
Vermischtes. 
München. Prinz Alphons wird sich, um 
in den Hochzeitsfeierlichkeiten seines Bruders, des 
Prinzen Ludwig Ferdinand mit der Peinzessin 
Haria de la Paz theilzunehmen, am 19. ds. Mts. 
in Begleitung seines Adjutanten, Baron, v. Wal—⸗ 
ther, nach Madrid begeben. Am 12. April erfolgt 
die Rückkunft des Prinzen Alphons, und die An⸗ 
kunft des neuvermählten hohen Paares hierselbst, 
welches im Palais zu Nymphenburg Wohnung 
nehmen wird. Auf 14. April ist die Hochzeit des 
Herzogs von Genua mit der Prinzessin Isabella 
nunmehr definitiv festgesetzt. 
FSaarbrücken, 7. März. Der früher hier 
zraküizierende Arzt Herr Dr. Zwice jun. weilt 
gegenwärtig in Jerusalem, wo er zu bleiben ge⸗ 
denkt. Wie der „Anz.“ vernimmt, hatte er auf 
dem Mittelländischen Meere eine sehr stürmische 
und unbehagliche Fahrt; fünf Tage lang dauerte 
die Seereise. In Jaffa besuchte Herr Dr. Zwicke 
den ihm befreundeten russischen Konsul und schnell 
war in der Stadt, in welcher wie in der ganzen 
Gegend infolge des Klimas ꝛc. viele Augenkranke 
sind, die Rachricht von der Ankunft eines Augen⸗ 
arztes verbreitet. Schon morgens früh standen 
immer 40 bis 50 dieser Kranken auf dem Korridor, 
welche die Hülfe des fremden Arztes nachsuchten. 
Herr Dr. Zwicke erbarmte sich der Geplagten und 
half nach seiner ganzen Kraft; der Ruf seiner 
zroßen Kunst verbreitete sich wie ein Schnellfeuer; 
don allen Seiten strömten die Augenkranken herbei. 
Nachdem unser ehemaliger Mitbürger sehr vielen 
geholfen, trat er die Weiterreise nach Jerusalem an. 
FMannuheim, 6. März. Wir berichteten 
vor kurzem, daß ein Jünger Merkurs mit einer 
ansehnlichen Summe durchbrannte, in Ludwigshafen 
iich ein Billet nach Paris löste, aber schon in 
Homburg abgefaßt wurde. Der junge Mann hat 
Jeute von der Strafkammer des hiesigen Landge— 
cichtes sein Urtheil empfangen. Der „M. A.“ he⸗ 
ichtet · Angeklaat ist August Wollenschläger. 15 
Jahre alt, Kaufmannslehrling von Frankfurt a. 
M., wegen Unterschlagung. Am 18. Februar er— 
hielt der Angeklagte von seinem Lehrherrn und 
Onkel, Fabrikant Adolph Wingenroth hier, 17,950 
M., von denen er 17,800 M. an das Bankhaus 
öster und 150 M. an einen hiesigen Handwer— 
ker verbringen sollte. Statt diese Aufträge auszu— 
ühren, ging Angeklagter nach Ludwigshafen und 
machte sich auf den Weg nach Paris, wurde aber 
in Homburg angehalten. Mit geringem Manco 
vurde der ganze Betrag noch bei dem Angeklagten 
porgefunden. Der Gerichtshof verurtheilte den An⸗ 
zeklagten, der unter dem Strafmilderungsgrund 
der Jugend steht, in eine Gefängnißstrafe von 1 
Jahr 3 Monaten und in die Kosten. 
4 Bei der in Rüppur bei Karlsruhe vorge— 
nommenen Bürgermeisterwahl hat sich in der Wahl— 
urne folgender Wahlzettel vorgefunden: 
Wer nunmehr Bürgermeister sei, 
Ist mir ziemlich einerlei; 
Nur soll er im Gewissen rein, * 
Vernünftig, treu und ehrlich sein; 
Soll redlich denken, menschlich fühlen, 
GBeg'n Bürger nicht den Großhans spielen; 
Soll Ordnung lieben, Tugend pflegen, 
Nicht Feindschaft führen, Lumpen hegen, 
Soll sorgen, sparen insgemein, 
Und Jedem Freund und Vater sein; 
Verträglich, freundlich, gutgesinnt, 
Wie wackere Bürgermeister sind. 
Wenn so er ist, wie ich benennt, 
Ob er lutherisch sich bekennt, 
Ob altkatholisch oder neu, 
Ist mir egal, 
Ich bleib ihm treu.“ 
(in Brief vom Schinderhannes. 
der Frkth. Ztg. wird aus Weidenthal geschrieben: 
„Im hiesigen Gemeinde-Archiv wurde ein höchsi 
nteressantes Aktenstück aufgefunden, das berdient 
der Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Es isit 
dies ein Brandschatzungsschreiben des renommirten 
Räuberhauptmannes Schinderhannes oder Johann 
hurch den Wald, wie er sich selbst nannte. Eigent— 
lich aber hieß er Johann Bückler, war geboren in 
Nastädten im Nassanischen und wurde am 21. Nov 
1803 zu Mainz enthauptet, weunn ich nicht irre, 
m Alter von 23 Jahren. Dieses jugendliche Raub— 
genie trieb auch in unserer Gegend sein Unwesen, 
wie u. A. das erwähnte Schreiben bezeugt, das 
mir in einem Viertelbogen festen Handpapiers vor— 
liegt, das die Zeit nicht vergilbt hat, wie das heu— 
rige Holzpapier. Daß es just kein Muster der 
Ortho- und Kalligraphie ist, werden die Leser, auch 
ohne die Handschrift zu sehen, glauben. Es kostete 
deßhalb einige Mühe, Folgendes zu entziffern. „Die 
Würd zu greven Hausen Lüfferen Mür sogleich 200 
Carilün in golt und zwey goldene Uhren bey Ihrer 
Wohnung ver Lust (d. h. wohl: er würde sie sonst 
niederbrennen) ihr Lüffers grate am schvahnen Würd 
sein Hauß den Berg Hinauf liegt desgleichen da 
werd ich dem Ueberbrünger Ein klöchlichen beweiß 
mit geben damit ihr daß feier könnt Fünden und 
Wegen Eier und der Eierer mer sicher Heit. Der 
Ueberbrünger bekleidet süch mit Einem Lücht und 
zehet grate den Fußweg Hinauf. Wenn ihr Es 
nicht glauben wolli, daß es Würklich Zum brande 
gerigt ist so gehek nur in des Hüßbürd (2) Stien— 
lich ) nur in seinem Garten am untersten Eck 
da die bank ist steigt auf den Baum da befindet 
sich ein Hügel aufgedeckt Da sieht ihr die brobe 
ein. Warrne ich Eich nücht brauche Zur geschwün— 
zigkeit zu gebühten weider sage ich eich nüchts als 
hünten den Heuser bün ich Keinem guth vor daß Leben 
ich halte baroll. Johannes durch den Wald.“ 
(Ein erwischter Don Juan) Dieser 
Tage spielte sich am Main⸗Neckar-Bahnhof in Franuk— 
furt a. M. eine drollige Scene ab. Eine Frau 
dersuchte unter Beihilfe ihrer Mutter ihren sich 
träubenden Gemahl, den sie soeben per Bahn nach 
Frankfurt gebracht hatte, gewaltsam in eine Droschke 
su zwängen. Ueber die Ursache dieses höchst son— 
erbaren Benehmens erfahren wir: Der saubere 
Bemahl hatte sich in letzter Zeit häufig nach Darm— 
stadt begeben, um, wie er sagte, Geschäfte dort zu 
erledigen. Kürzlich sagte er zu Hause, er müsse 
wieder nach Darmstadt. Die Gattin verabredete 
mit ihrer Mutter, demselben einmal zu folgen und 
zwar unter allen Umständen bis Darmstadt. Wie 
erstaunte die Frau, als sie ihren Gemahl, mit einem 
riesigen Blumenstrauß belastet, in's Coupee einsteigen 
ah. In Darmstadt angekommen, verfolgte man 
hn his in die L.⸗Straße. wo er in der Thür eines 
Hauses verschwand. Beide Frauen traten in doe 
Zaus, und da ihnen gerade ein Dienstmädchen em 
gegenkam, so frugen sie, in welche Wohnung d 
derr mit dem Strauß gegangen sei. Das Mid 
hen erzählte, daß der Herr der Bräutigam ihr 
Zerrin, einer jungen, kinderlosen Wittwe sei in 
daß heute der Geburistag derselben sei. Er woh 
jedenfalls seine Gratulation abstatten. Die Dam 
hat das Mädchen, voranzugehen und sie bei ihre 
derein zu melden, was das Mädchen auch geth 
hat. Man folgte dem Mädchen bis zur Zimme 
hür, hinter welcher sich der ungetrene Gemahl be 
inden mußte. Der Herr (eben der ungetreue G. 
nahl) rief laut: „Bitte, treten Sie nur näher! 
Die Damen traten rasch ein. Das Entsetzen di 
auf dem Sopha Sitzenden war groß. Er konnh 
nur die Worte: „Meine Frau!“ hervorstoßen. Mo 
setzte nun der Wittwe den ganzen Sachverhalt au— 
»einander, den Strauß ließ man auf dem Tisch z 
rück, die Brillantringe aber, welche ebenfalls oo 
dem Treulosen herrührten, wanderten in die Tast 
der wahren Gattin. Man brachte dann den G 
sunkenen zur Bahn und nach Frankfurt. 
4. GEine seltene Erbschaft) hat— 
Düsseldorfer Wittwer von seinem Freunde erhalte 
Letzterer hatte dem Wittwer seine Frau als Erbthe 
bersprochen, und da der Freund jetzt gestorben 
so macht der Wittwer Ansprüche an sein Erbth— 
ind wird's auch erhalten. Die Heirath zwisch 
Beiden, dem Wittwer und der Wittwe ist gesiche 
(Als Kuriosum) theilt das „Echod 
Begenwart“ aus Krefeld mit, daß daselbst « 
Barbier existiert, bei welchem man rasiert win 
nußerdem ein Stück gekochter Leber und eine 
Schnaps erhält — alles für 10 Pfg. 
Bochum, 3. März. Heute Nachmito 
durchlief, der „W. Z.“ zufolge, die Kunde vo 
zwei schaudererregenden Blutthaten unsere Stod 
Fin auf dem Bochumer Verein angestellter Wächt 
steumann, hat kurz nach 1 Uhr Mittags in seint 
Wohnung seiner Frau den Hals durchschnitten, 
dann zur Portierbude der nahen Kanonenwerkste 
begeben und dem dort anwesenden Wächter Stac 
roih mit einem Messer unversehens und ohne) 
lichen Anlaß nicht weniger als 11 Messerstiche, do 
denen einzelne bis tief in die Lunge reichen, an 
unbedingt tödtlich sein müssen, beigebracht. Hi 
auf hat er sich selbst anf dem Polizeicommissan 
gestellt. 
f Aus Bernau wird unterm 6. März 
schrieben: Gestern starb hier ein ehemaliger fre 
williger Lützower Kavallerist, der frühere Web— 
vagen⸗Werkmeister Johann Hartbauer. Derse⸗ 
wurde am 31. August 1792 in Münchberg beih 
in Bayern geboren, trat im Frühjahr 1818 in? 
Lützower Freicorps und wurde bei Kitzing von 
Fraͤnzosen gefangen genommen; nach dem Frie 
nahm er seinen Wohnsitz in Berlin und sied⸗ 
später nach Bernau über, wo er auch seine aolde⸗ 
Hochzeit feierte. 
4 Kameele als Transportmittel im deutse 
Heere dürften eine Neuerung sein, welche einen 
waigen Krieg Deutschlands mit Bornu oder D 
fur, oder ein Eingreifen des Fürsten Bismatd 
die abesinischen Wirren befürchten lassen dün 
Es wurde aber in der That ein derariiger Vers 
bergangene Woche im Hagenbecd'schen Tierparh 
Hamburg angestellt, und zwar zu Militär-S 
itätszwecken. Diese Uebungen fanden in Gegr 
wart mehrerer höheren Offiziere und Stabsen 
flall. Man hatte zu diesem Zwecke eine Tragbe 
aus Holzstangen mit Sackleinen angefertigt, wer 
durch eine Gurtvorrichtung sowohl uͤber einhöcer 
Zameele als auch zweihödterige Dromedare geh 
werden kann, um den Transport von zwei und 
Rothfall von dier Soldaten zu bewerkstelligen.“ 
Mangel an Holz und Leinen vorhanden, wird n 
solche Tragbahre fur die . Wüstenschiffe“ aus 
wehren mit über denselben ausgebreiteten Milin⸗ 
mantein hergeftellt. Die Proben, die unter“ 
stenz von Lazaretgehilfen stattfanden, fielen“ 
günstig aus, ebenso eine andere Art solchen Tron 
ports, wo eine Tragbahre, wie sie vorstehend 
schrieben, zwischen zwei Kameelen angebracht 
Zu diesen Experimenten hatte Herr Hagenbet 
Zameele zur Verfüung gestellt. 
Aus Berlin werden wieder zwei Tr 
dien aus dem modernen Leben gemeldet. Ar 
ds. schoß ein Mann auf seine von ihm getrn 
lebende Gattin und dann auf sich selbst; er 
sofort todt. die Frau wird wahrscheinlich der“