am nämlichen Tage vergiftete ein stellenloser Kauf⸗
ann aus Nahrungsmangel sich, seine Frau und
aine zwölfjährige Tochter.
Ger deutsche Kaufmann im 16
Jahrhu ndert.) Schillers Wort, daß „der Kauf⸗
onn den Göttern gehoͤrt und an sein Schiff das
Hute sich knüpft“ fand bei dem deutschen Geschlechte
5 16. Jahrhunderts noch kein Verständniß. Die
Idee, alle ökonomische Thätigkeit durch die Hand
s Staates seiten zu müssen, um dem gemeinen
Nutzen den Sieg über den Eigennutz zu verschaffen,
Helcher Alles willkürlich vertheure, führte damals
um Aufgeben aller privatwirischaftlichen Thätig—
it und zu einer Verdammung des Handels zu
gunsten des Ackerbaues. Daher der Grimm gegen
ie Handelsleute, den selbst Hutten, der „in dieser
heziehung den Krautjunker erst spät abstreifte“,
heilte. Er reibt sich mit Vorliebe an den Fuggers
und hält es keineswegs für Sünde und Schande,
henn den durchziehenden Kaufleuten in mehr oder
neniger freundfchaftlicher Art ein unrechtmäßiger
Fribut abgezwackt wird. Der berühmte Tübinger
zrofessor Heinrich Bebel sagt in seinen berühmten
zacctien: die Räuber sind segensreich, denn die
zaufleute erwerben sich ihren Reichthum doch mehr
‚urch Wucher als durch ehrliche Verträge, so dqß
ije nicht leicht in den Himmel kämen, wenn jene
hnen ihre Schuld nicht einigermaßen erleichterten.
Selbst Luther meint, es seien die Plackereien denen
daufleuten gesund, sie leiden ja nur ihres Eigen—
autzes wegen. „Da die Fürsten sie nicht strafen,
d muß es Gott der Herr thun; also stäupet er
inen Buben mit dem andern.“ Der einzige Se—
zastian Frank erkannte schon damals mit richtigem
Blicke die große Culturkraft des Handels. In der
Borrede zum Chronicon Germaniae schreibt er:
„nachdem die Deutschen haben angefangen, Kauf—
eute zu werden und über ihre Schwelle in andere
Rationen zu reisen, ist kein Volk nit weiterkommen
»der mehr erfahren. Deutschland hat die weit
ceisendsten und erfahrensten Kaufleute, die ausge—
ildetsten Gewerbe, so künstliche Arbeit im Malen,
Zticken, Graben, Schnitzen, Bauen, Gießen, Schreiben
ind allerlei Kunst wie sonst nirgends.“
Die deutsche Reichsfechtschule,)
»eren Wirksamkeit durch das Motto: „Viele Wenig
nachen ein Viel — Vereinte Kräfte führen zum
Ziel“ treffend bezeichnet wird, hat bis jetzt an
ßfennigen und Nickeln binnen 2 Jahren die schöne
Zumme von weit über 100,000 Mark zusammen⸗
jebracht. Am 1. d. Mts. wurde vom Verwaltungs⸗
ath das Grundstück (Gut) Altvater bei Lahr für
ie deutsche Reichsfechtschule üUbernommen, so daß
voraussichtlich schon im Juli die ersten Kinder im
ersten deutschen Reichswaisenhause untergebracht
verden können.
4 Der Gerichtsvollzieher (oder Vollziehungsbe⸗
unte) hat nach einem Urtheil des Reichsgerichts
»om 2. Januar d. J. bei einer Zwangsvollstreckung,
'alls der Schuldner dagegen protestiert und die
nündliche Erklärung abgibt, die Zwangsvollstreckung
nicht dulden zu wollen, zwei großjährige Männer
»der einen Gemeinde- oder Polizeibeamten zuzu—
iiehen; versäumt der Gerichtsvollzieher diese Zu—
siehung und nimmt er die Zwangsvollstreckung allein
bor, so befindet er sich nicht in der rechtmäßigen
Ausübung seines Amtes, und der ihm hierbei ge—
eistete Widerstand ist deshalb straflos.
fGWo ist des Deutschen Vater—
iand?“) In einem deutsch-liberalen Blatte Wiens
finden wir eine Zuschrift eines Abonnenten an die
Redaktion, welche die Verhältnisse in Oesterreich in
sehr interessanter Weise beleuchtei und vollinhaltlich
wiedergegeben zu werden verdient. Die Zuschrift
autet wie folgt:
„Herr Redakteur!
Wo ist „des Deutschen Vaterland'? — Ich
jabe dieses frische Liedchen heute gesucht und an
ewohnter Stelle nicht mehr gefunden. In Mairs
desebuch für Volks- und Bürgerschulen Oesterreichs,
achte Schulklasse, Ausgabe für Knaben, war es
isher euthalten und steht auch richtig noch im
Inhaltsverzeichniß angeführt, Seite 2859 — dort
st es aber nicht mehr anzutreffen. Unglaublich,
aber wahr; es ist plötlich verschwunden! Man hat
s aus der fertigen Auflage herausgenommen und
zwei andere Blätter dafür hineingeklebt, die fich
recht unschuldig, aber doch so ausnehmen, daß man
ie auf den ersten Blick als erst Eingewanderte
erkennt.
Durch einen kleinen „Schnitzer“, der bei großen
cFbaten sich häufig einstellt, wurde auf das Inhalss—
oerzeichniß vergessen, darum ist dort „Des Deutschen
Valerland“ noch vorzufinden. „Welch' glücklicher
Zufall! Ich sende Ihnen das gemaßregelte Buch
As Corpus delicti zur gefälligen Ansicht mit; es
gzibt Dinge, die man selbst sehen muß, um daran
zJlauben zu können.
Wenn Sie mir sagen könnten, warum denn
„Des Deutschen Vaterland“ aus diesem Lesebuch
'o plözlich ausgewiesen wurde, wäre ich Ihnen
sehr verbunden.
In der That wäre es interessant, eine Auskunft
arüber zu erhalten. Ist der Kampf gegen das
Deutschthum in Oesterreich schon so weit gediehen,
»aß er sich auf alte deutsche Lieder erstreckt, und
vird dieser Kampf selbst von offizieller Seite in so
leinlicher Weise geführt? Bisher glaubten wir,
ergleichen komme nur bei Franzosen und allenfalls
hei den extremen Czechen vor. ...
Paris, 4. März. Unter den deutschen
Möbel-Arbeitern des Faubourg Saint-Antoine
zerrscht seit einigen Wochen eine Auswanderungs
Zewegung. Der Polizeikommissar des Viertels
chätzt die Zahl der im Februar von Paris ver—
ogenen deutschen Arbeiter auf dreitausend.
F(Gas arme Deutschland!) Im Lyoner
„Repuhlicain“ ist folgende Depesche aus Frankfurt
2. März, zu lesen: „Ganz Deutschland wird von
Bettlern durchzogen. An einzelnen Orten mußten
Truppen aufgeboten werden, um sie zu zerstreuen.
das Elend ist so groß, daß für viele dieser Un—
zlücklichen das Gefängniß ein beneidenswerther Zu—
fuchtsort bildet. In Baden und Würtrtemberg, die
rüher so blühend waren, sind die Bettler so droh—
end geworden, daß die friedlichen Bürger sich ge—
wungen sehen, Feuerwaffen zu tragen, um ihre
Hdäuser zu schützen.“ Diese Phantasie hat offenbar
nur in einer Lyoner Redaktionsstube wachsen können.
P Ein eigenthümliches Streiflicht auf den Stand
der Volksbildung in Frankreich wirft das am
18. Jan. d. J. veröffentlichte Gesetz, wonach die
Anforderung an die Freiwilligen, beim Eingeher
—V0 können
erst vom I. Jan. 1886 ab in Kraft tritt.
(Im Joeurnal amusanth) lesen wir
Aus einem amtlichen Schriftstück ist ersichtlich, daß
man in Frankreich nur 19,000 Kretins zählt.
Das ist wenig. Wenn man sieht, wie die Dinge
politisch, finanziell, literarisch und künstlerisch ver—
saufen, hätte man mindestens auf die zehnfache
Zahl eingehen können. Wie soll man sich sonst
Jewisse Neigungen, Vorurtheile und Albernheiten
erklären? Woher nimmt denn der Herr Abgeordnete
⁊* ... seine Wähler? Der naturalistische Roman—
schreibet P. .. seine Bewunderer? Der Herr
Bankier J... seine Aktionäre? Nur 19,000
sretins! Unmöglich. Man hat sich verrechnet.
4 Die Anekdote vom zerstreuten Professor Zo⸗
belmeier ist bekannt. Derselbe schickte sich zu seinem
Beburtstage, weil er ihn in seinem Kalender be—
merkt hatie, selbst eine Karte zu, und als dieselbe
bei ihm ankommt, freute er sich darüber und sagte:
„Sieh, sieh, der alte Zobelmeier lebt noch; es ist
doch hübsch, daß er mich nicht vergessen hat!“ Das
ist der Gipfel der Zerstreutheit. Allein nicht viel
gibt ihm der Professor Doppelmeier, ein gelehrter
Pariser Arzt, nach. Derselbe hatte jüngst einen
heftigen Fieberanfall, befühlte seinen Puls und
jagte schließlich kopfschüttelnd: „Ja, hier hat man
mich zu spät gerufen! Der wird wohl daran
glauben müssen. Indeß, wir wollen sehen, was
sich machen läßt u. s. w.“ Und dann kurirte er
sich in der Zerstreutheit selber, bis die Krankheit
gehoben war. — So wenigstens haben wir's ge—
druckt im Französischen gelesen.
f (An einer merkwürdigen Krank—
heii) starben in Bern binnen wenigen Tagen ver⸗
schiedene Mitglieder der Familie Funter: Frau,
Mann und dessen Vater. Hoffnungslos darnieder
liegen Dr. Funter, zwei Krankenwärterinnen und
ein Magd. Man vermuthet, daß Papageien, mit
welchen die erste in Balsthal erkrankte Person in
Berührung kam, die Träger des Ansteckungsstoffes
zewesen sind. Man erinnert sich dabei, daß vor
Fahren in Uster (Zürich) durch fremdländische Vögel
eine Typhusseuche eingeschleppt wurde.
Werthvolle Manufkripte.) In
Spanien werden in Kurzem die ungewöhnlich reichen
Sammlungen des im vorigem Jahre verstorbenen
herzogs von Ossuna zum Verkauf gelangen. Der
Temps“ theilt hierüͤber noch Folgendes mit
Unter den Manujskripten befindet sich eine Ab⸗
hHrift des von Ehristoph Columbus geführten Tage
buchs von Las Casas; der authentische Text des
„Roman de la Roseé“ (aus dem 13. Jahrhundert),
für welchen die deutsche Regierung 100,000 Franks
bietet; Manuskripte zahlreicher Stücke von Lopez
de Vega und Calderon; ein Dante und ein Pe—
trarca, mit prächtigen Miniaturbildern geschmückt;
eine ganze Reihe von Reproduktionen der haupt—
sächlichsten literarischen Erscheinungen Spaniens und
Italiens aus dem 15. und. 16. Jahrhundert ꝛc.
Der Werth der Sammlungen wird auf 5 Milionen
Franks geschätzt.“
F (Was AÄlles in Italien los ist. Ein Rei—
sender kam aus Italien und wurde gefragt:
„Welches wird wohl das Loos dieses herrlichen
Landes sein?“ „Da ist sehr Vieles los“, gab der
erstere zur Antwort: „Schulden zahllos, Steuern
endlos, Volk geldlos, Verwirrung heillos, Lage
trostlos, Theater schamlos, Sitten zügellos, Auf—
klärung hirnlos, Schwindelei maßlos, Geschäfte
kreditlos, Literatur glaubenslos, Pöbel gewissenlos
und obendrein der Teufel los.“
Ein Waldmensch wird gegenwärtig im Mu—
seum Lent zu Petersburg gezeigt, der im
ganzen Gesichte bärenartig behaart ist. Es ist ein
Knabe van 14 Jahren ‚-etwa 4 Fuß hoch, aber
geistig rege, für ein Kind des Volkes sogar in—
telligent. Sein Vater Peter wurde als fast ver—
wildert in den korowinischen Feldern gefunden,
war ebenso im ganzen Gesichte behaart wie sein
Sohn. Die Behaarung seines Gesichtes ist eine
durchaus vollkommene und besteht aus seidenweichen,
fast aschblonden Haaren bis zu 1, ja 123 Wer—
schok — 1323 — 7 Centimeter Länge. Diese Haare
befinden sich auch auf den Armen in A Zoll, aus
dem Mittelrücken bis auf das Kreuz in ca. 8—-4
Zoll Länge.
F Eine schreckliche Theater-Panique gab es am
25. v. M. im Stadttheater zu Nischni j⸗No w—
gorod in Rußland. Es wurde die Schaller'sche
Tragödie „Kabale und Liebe“ aufgeführt, als plötz⸗
sich im letzten Akte von der letzten Galerie die
chrecklichen Rufe: „Poschar! Gorim! Spassajtesj!“
(„Feuer! Wir brennen! Rettet Euch!“) ertönten.
aum waren jene drei Worte gehört, als das'ganze
Publikum einen ohrenbetäubenden Jammerlärm er—⸗
sjob und sich zu den Ausgängen stürzte. Es ent⸗
stand nun ein fürchterliches Gedränge, in welchem
biele Damen besinnungslos wurden. Ein Mädchen
wurde sogar vor Schrecken auf der Stelle wahnsin⸗
nig! ... Vielen Frauen und Kindern wurden
die Rippen gebrochen; in den Corridoren fielen
einige Personen, denen der Brustkorb eingedrückt
war, leblos zusammen. ... Das Unglück wäre
noch weit ärger geworden, wenn die Schauspieler
nicht auf die Bühne getreten wären und das hin—
ausströmende Publikum beruhigt hätten, daß die
Feuerrufe falsch gewesen und im Theater gar kein
Feuer ausgebrochen sei. Während aber die Schau—
pieler das Publikum zu beruhigen suchten, ertönte
3 von der obersten Galerie neuerdings: „Poschar!
Ipassajtesj!“ Da half keine Beruhigung mehr.
Zum Unglücke ergriff während dieses allgemeinen
Wirrwars ein Feuerwehrmann die auf der Bühne
aufgestellte Spritze und begann mit derselben auf
das Publikum im Parterre und in den Logen zu
pritzen. Diese Procedur erhöhte nur noch mehr
die Panique, denn Jedermann glaubte, daß bereits
das Innere des Theatersaales brenne und keine
Rettung mehr möglich sei. ... Erst als das Un—
glück geschehen war, klärte sich die Situation auf:
im Theater hat es gar kein Feuer gegeben und die
Rufe wurden nur von einigen Taschendieben er—
hoben, um im Gedränge stehlen zu können.
Endische Aphorismen.) Aus dem ersten
Jahrhundert nach Christus stammt ein kleines indi—
sches Büchlein, das sich „der Juwelenkranz“ nennt
und viele bedeutsame Sprüche enthält. Wir theilen
einige zur Probe mit: Wer ist ein Freund? Der
vom Bösen abhält. — Was ist unstet wie der
Wassertropfen auf dem Lotosblatt? Die Jugend,
der Reichthum, das Leben. — Was ist der Schmuck
der Reden? Die Wahrheit. — Was trägt Unheil
als Frucht? Ein ungebändigtes Herz. — Wer ist
stumm? Der nicht zur rechten Zeit liebe Worte zu
reden weiß. — Waos ist die Schmarotzerpflanze der
Existenz? Die Begier. — Was ist zu erstreben?
Das Wohl aller Wesen. — Wen soll man sich
zur Liebsten nehmen? Das Mitleid, die Freundlich—
keit, die Güte. — Was ist so schwer zu, erlangen,
wie der Stein der Weisen ? Freigebigkeit von freund—⸗
licher Rede begleitet, und Wissen ohne Stolz. — Wer
ersieat die West? Der Wohrhaftige und Geduldiade