Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugberter Anzeiger 
ð8t. Jugherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
datt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt lostet vierteljahrlich 1M 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 , einschließlich 
d B Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseralen aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 , bei Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 62. 
Politische Uebersicht. ! 
Deutsches Reich. 
München, 29. März. Bei der Ergänzungs⸗ 
»uhl zur Oberbayerischen Handelskammer siegten 
freihändlerische Kandidaten des Handelsvereins 
nit durchschnittlich 597 Stimmen gegen 209 der 
ltramontanen und konservativen Kompromißkandi⸗ 
zaten. 
Frankfurt, 80. März. Die Pall Mall 
hazette veröffenlicht einen interessanten Brief über 
ie Germanisirung des Elsaße, der ihr von einem 
mscheinend wohlunterrichteten, durch viele Jahre in 
em neuen Reichslande ansässigen Engländer zugeht. 
zs heißt darin u. A.: „Ich stimme der allgemein 
emachten Behauptung bei, daß die Antipathie gegen 
ie deutsche Annexion quantitativ nicht abgenommen 
sabe; dagegen glaube ich, daß die Bitterkeit eine 
vesentliche Abschwächung erfahren hat. Es ist jetzt 
aehr eine Art chronischen Leidens, eine Angewohn⸗ 
eit, über die „Preußen“ zu klagen, wie wir Eng⸗ 
ander dies in Bezug auf das Wetter thun. 
Nie Ursache des anti⸗deutschen Gefühls ist jedoch bei 
en oberen Classen eine andere als bei den unteren. 
die Ersteren hassen die Verbindung mit Preußen, 
veil viele ihrer Angehörigen in der französischen 
Irmee und als Civilbeamte dienen. Gerade diese in 
zrrankreich lebenden Elsasser machen aber den meisten 
uaͤrm, und die Schmerzensrufe stammen aus Paris, 
vo die Elsasser den Druck der Lage mehr empfinden 
ls die Elsasser im Elsaß selbst. Unter der Mitielclasse 
ind den niederen Volksschichten ist jedoch ein Ge⸗ 
ühl des Hasses kaum zu finden, und was die Leute 
eranlaßt, über die Grenze zu blicken, ist die Re⸗ 
ublik in Frankreich. Der Elsässer ist nämlich ein 
ingefleischter Republikaner, und wenn heute in 
zrankreich die Monarchie an die Stelle der Republik 
räte, so würden die Klagen über die deutsche An⸗ 
exion ganz verstummen. Trotzdem glaube ich, 
as die Deutschen recht haben, wenn sie denken, 
zaß die nächste Generation sich wenig um Frank— 
eich bekummern wird, wenn man den Elsassern 
ine gewisse Autonomie gewährt. Die deutsche Ver⸗ 
altung behagt den Leuten; wenn sie auch strenger 
st. so ist sie dafür doch weit gerechter, und dies 
indet allgemeine Anerkennung.“ 
Ausland. 
Die in Frankreich gegenwärtig herrschende 
dustrielle Krisis hat die französische Regierung 
ereits zu ernsten Erwägungen über diesen Gegen⸗ 
and veranlaßt. Am Dienslag konferirte der Kon- 
ilpräsident Ferry mit den Vertretein der besonders 
edrängten Möbel⸗Industrie, um Abhilfe für den 
rschenden Nothstand zu schaffen. NAußerdem 
idet Paris jetzt an einer eigenthümlichen Wohnungs⸗ 
oth, da es an Wohnungen für die zahlreiche 
lasse der kleinen Mieiher fehn, während mieberun 
zele Häuser mit großen Wohnungen leer fiehen. 
die Minister des Innern und der Finanzen sind 
aher mit dem Credit foncier· in Verbindung ge 
teten, um denselben zur Darstreckung einer größeren 
umme zu bewegen, behufs Erbauung von Häusern 
ir kleine Miether. Inzwischen hat sich der ehe⸗ 
alige Finanzminister Leon Say auf einem Banket 
Lyon über die finanzielle Situation geäußert. 
vvr Say, welcher bekanntlich eine Autorität auf 
7 Gebiete der Vollsministerfchafi ist, äußerte in 
wr Rede u. A., daß eine Hauptfrage für Frank⸗ 
heute die der Absahwege sei. Die misuche 
9 der Industrie ruͤhre von dem eingeschränkten 
edarfe her, durch Unterdrüdung der Konturtem 
Sonntag, 1. April 1883. 
18. Jahrg. 
würden die Löhne nicht steigen. Schließlich er⸗ 
mahnte Say, eine derartige Politik zu unterstützen, 
ie darauf gerichtet sei, die großen Absatzwege nach 
dem Auslande aufrecht zu erhalten. 
Wohnzimmer und fiel dem ꝛ⁊c. K. unter Weinen 
und Schreien in die Arme. Der schleunigst herbei⸗ 
zeholte Arzt erklärte die Kugel nicht entfernen zu 
sönnen um so weniger, da dieselbe sich schon ge⸗ 
enkt hat. Dem weiteren Verlauf der Sache ist mit 
Spannung entgegenzusehen. (Land. Tgbl.) 
— Speher, 28. März. Nach 8 138 des 
Ortspolizeibeschlusses darf die Zugabe zum Fleische 
nur s betragen, was verschiedenen unserer Meß⸗ 
jer nicht recht zu passen schien; denn in den letzten 
Tagen hat die Polizei mehrere Male Anlaß gehabt, 
jegen einige derselben wegen Nichtbeachtung dieser 
Borschrift protokollirend vorzugehen. Die Folge 
hiervon war, daß die saͤmmtlichen hiesigen Metz ger 
nittelft einer öffentlichen Bekanntmachung dem 
onsumirenden Publikum anzeigten, daß sie von 
jeute an dieser Vorschrift nachkommen würden, 
afür aber der Preis des Ochsenfleisches — Lenden, 
dintertheil ꝛc. — mit 90 Pffg. per Pfund, die 
Mleiche Qualität Rind-, Kuh⸗ und Stierfleisch mit 
30 Pfg. per Pfund berechnet werde; Vordertheil, 
dals ꝛc. werde dagegen zu dem alten Preise ver⸗ 
auft werden. Dieses Vorgehen veranlaßie nun 
„Einen für Viele“ auf heute Abend zu einer Ver⸗ 
ammlung im Café Nast einzuladen, um Mittel 
und Wege zu besprechen, auf welche Weise hier⸗ 
gegen Abwehr geschaffen werden könne. Ein aus 
sechs Anwesenden gewählter Ausschuß, der über 
76 Unterschriften verfügt, wird nun in den nächsten 
Tagen über das „Was und Wie“ berathen, um 
einer demnächst zu berufenden Generalversammlung 
Vorschläge machen zu köͤnnen. 
— Ludwigshafen, 30. März. Auf der 
hiesigen Post wurden heute Morgen mehrere hun⸗ 
dert Exemplare eines sozialdemokratischen Fiug⸗ 
hlattes aufgegeben, welche in imitirten Geschäfts- 
couverts mit der gedructen Firma der Badischen 
Anilinfabrik Ludwigshafen an hiesige und aus⸗ 
wärtige Firmen gelangen sollten. Die Polizei con⸗ 
iscirte dieselben. Auch von Mannheim her wurden 
ver Post in Couverts, welche die Bezeichnung: 
Verein für Verbesserung des Dienstbotenwesenz 
Mannheim)“ trugen, Exemplare des Flugblattes 
»ersandt, dessen Verbreitung gestern beim Mann⸗ 
Jeimer Schwurgerichte gegen zwei Arbeiter als An⸗ 
ilagepunkt aufgestellt war. (Pf. J.) 
— Grünstadt, 29. März. Ein Beweis, 
daß es auch noch ehrliche Leute gibt, zeigt folgender 
Fall: Ein Mann von Karlsberg, der heuie Abend 
hier 207 Mk. eingenommen hatte, verlor solche. 
Derselbe ließ seinen Verlust durch die Schelle be⸗ 
'annt machen, worauf denn auch sofort 2 Knaben 
don Wattenheim sich als die Finder des Geldes 
meldeten. Als Belohnung erhielten sie zusammen 
9 Mk. (Frith. Tgbl) 
— In Lambrecht ist eine Gesellschaft unter 
der Firma Marx. Hofmann & Cie. behufs Gründ⸗ 
ung einer Wollfil zfabrik zusammengetreten. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 31. März. Gestern Nach— 
nittag wurde auf der Kaiserstraße gegenüber dem 
Balzwerke der alten Schmelz ein gjaͤhriger Knabe 
on Rentrisch, der sich mit einem Handwägelchen 
n unvorsichtiger Weise an ein beladenes Pferde⸗ 
uhrwerk angehängt haite, von diesem überfahren. 
Welchen Schaden der Knabe genommen hat, konnten 
vir nicht erfahren. Seine Verletzungen, ein Hinter⸗ 
ad des Wagens war ihm über die Beine ge— 
sangen, waren jedoch derart, daß er vom Platze 
jetragen werden mußte. 
*St. Ingbert, 31. März. Ueber unserm 
ieuen Schulhause schwebt, noch ehe der Bau des⸗ 
elben in Angriff genommen ist, ein eigenthümliches 
Nißgeschick. Plane und Bauprogramme sind feriig 
Beld ist auch vorhanden, aber nun macht der Bau— 
»latz wieder Sorgen, da es mit dem zuletzt vorge⸗ 
chlagenen nichts ist. In seiner nächsten Sitzung 
wvird sich nun der Stadtrath zum so und so vielsten 
Male wieder mit der Bauplatzfrage zu beschäftigen 
jaben. Hoffentlich gelingt es ihm, dieselbe damit 
)efinitiv zu erledigen. 
*Si. Ingbert. Wie aus Ommersheim 
berichtet wird, wurden am 28. März bei einer 
Treibjagd, welche die Herren Gebr. Kramer von 
sier in den Revieren Ommersheimer Allmend und 
OIrmesheimer Bettel veranstaltet hatten, 7 Schnepfen 
erlegt. 
— Am Montag findet in Ludwigshafen 
ine ordentliche Generalversammlung der Altionäre 
er drei vereinigten pfälzischen Eisenbahnen statt. 
In derselben soll der Antrag der Verwaltung auf 
Zeschaffung einer Summe von 2,300,000 Mart 
ur Ergänzung der Fahrapparate im Wege eines 
Zrioritätsanlehens zur Berathung kommen. — Das 
—chöffengericht Lauterecken hat dem Färber 
ind Jäger H. B. in W. einen Hasenbraten 
itter versalzen, indem es den genannten Nimrod 
vegen Unterschlagung von Wildpret zum Nachtheile 
er Jagdgesellschaft Wolfstein zu einer Gefängniß⸗ 
trafe von 1J Monat und zur Tragung der nicht 
inbedeutenden Kosten verurtheilte. — In Diedei⸗ 
kopfebei Kusel wurde der Konskribirte Jakoby 
»on Kusel gelegentlich einer Zechpartie mit andern 
Konstribirten von dem Tagelöhner Neu, einem 
lüderlichen Subjekte, ohne weitere Veranlassung in 
den Leib gestochen und dadurch lebensgefährlich 
verletzt. — In Minfeld erhängte sich der 28jäh⸗ 
rige Ackerer Joh. Schönlaub neben seiner Bettlade, 
vie man annimmt aus Gram über den kurz vor— 
jer erfolgten Tod seines Vaters. 
— Vom Haimbach, 29. Maärz. Gestern 
Abend ereignete sich in Weingarten ein sehr trau⸗ 
iger Unglücksfall, veranlaßt durch grenzenlosen 
Leichtsinn und Frechheit eines Lehrjungen. In der 
Werkstatt des Schreiners K. befand sich in einer 
erschlossenen Schublade nebst einigem Werkzeuge 
nuch ein geladener Revolver. Der Geselle des 
Schreinermeisters benöthigte ein Stück Werkzeug, 
ahm ein solches, stellte die Schublade auf die 
Jobelbank und ehe er sich umsah, hatte der Lehr⸗ 
ube den Revolver und schoß der zufällig in der 
Werkstatt anwesenden Magd eine Kugel in die 
echte Brusiseite. Mit dem Ausrufe: „Ach Gott, 
ch bin geschossen!“ eilte das Mädchen in das 
bhg 
Vermischtes. 
F Die Resultate der diesjährigen Prüfungen 
in Bayern fur den Einjahrig⸗Freiwilligendienst 
ind nicht glänzend ausgefallen und lassen dieselben 
chon seit einigen Jahren sehr viel zu wünschen 
ibrig. Es haben nämlich von 80 Prüflingen nur 
31 — 39 Prozent den Berechtigungsschein erhalten. 
NRach dem Prozentsatz der Bestandenen zusammen⸗ 
jestellt, erhalten wir nachstehende Reihe der Prüf⸗ 
ingsorte, nämlich: Speyer mit 8 Bestandenen von 
14 Prüflingen S 57 Prozent, Würzburg mit 8 
on 17 — 47 Prozent, München mit 9 von 21