Full text: St. Ingberter Anzeiger

8t. Indberter Amzeiger. 
⸗ß 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erjcheint wbchentlich fünfmal: Am outag, Dienstag, Donnerstag, amstag und Sonutag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungk⸗ 
tlan und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 3 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 , einschließlich 
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auf welche die Erpedition Aucskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
X 63. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Müuünchen, 31. März. Der König genehmigte 
ie vom Bischof Dinkel von Augsburg wegen 
— schwankender Gesundheit er⸗ 
hetene Enthebung von der Reichsrathswürde und 
rnannte den Bischof Ehrler von Speyer zum 
keichsrath. 
München, 31. März. Die Kaiserin von 
Desterreich hat ihre Reise nach Munchen und Baden⸗ 
tgaden, vie hierher gemeldet wurde, verschoben. 
— Der Landtag wird, wie schon mitgetheilt 
am 5. d. M. und zwar durch den Prinzen Luit⸗ 
vold in herkömmlicher feierlicher Weise eröffnet 
werden. Nach Verlesung der königlichen Vollmacht 
hiezu wird der Justizminister die Kammermitglieder 
vereidigen. 
Aus München wird berichtet: Es erhält sich 
n Kreisen, die hierüber unterichtet sein können, das 
herücht, daß der dem Kabinetssecretär Dr. von 
Ziegler ertheilte Erholungsurlaub nur der Vorläufer 
ines definitiven Rücktrittes sei. Darüber besteht 
jein Zweifel, daß Herr v. Ziegler des überaus an⸗ 
rengenden und aufreibenden Dienstes im Interesse 
einer Gesundheit je früher je lieber enthoben zu 
ein wünscht. Als eventueller Nachfolger nennt 
nan — früher war von einem Herrn Staatsan⸗ 
walt Thelemann die Rede — den im Ministerium 
des Inneren verwendete Bezirksamtsassessor gleichen 
Ramens. Herr Assessor Thelemann erfreut sich 
der besonderen Gunst des Herrn Ministers Freiherrn 
. Feilitzsch. 
Berlin, 1. April. Zur Feier von Bis— 
marcks Geburtstag fand eine Morgenmusik von 
den Musikkorps des zweiten Garderegiments und 
des Kaiser Alexanderregiments statt. Mittags fan⸗ 
den sich zahlreiche Gratulanten ein, darunter Prinz 
Wilhelm, zahlreiche hohe Offiziere, Hoschargen, Dip⸗ 
lomaten und viele Damen der Hofgesellschaft. Von 
Auswärts und von hier liefen sehr viele Telegramme 
und zahlreiche Blumenspenden ein. 
Die Kölnische Zeitung meldet aus Berlin, 
nan bestätige wiederholt, daß die Verhandlungen 
der deutschen Regierung mit Spanien fortgesetzt 
würden. Es sollen allerdings Schwierigkeiten be⸗ 
dehen, die aber nur noch wenige Punkte betreffen. 
bon der Abberufung der beiderseitigen Gesandten 
wäre in unterrichteten Kreisen nichts bekannt und 
nuch niemals die Rede davon gewesen. 
Der deutsche Reichskanzler vollendete 
jestern (Sonntag) sein 68. Lebensjahr. 
Ausland. 
Die berüchtigte Communardin Louise Michel 
vurde in Paris als sie die Wohnung eines 
Freundes verließ, verhaftet. Der Haftbefehl giebt 
us Grund der Verhaftung die Plunderung eines 
baderladens an der Spitze einer bewaffneten 
Schaar an. 
Bezüglich der Einführung von Repetir⸗Waffen 
n der franz ösischen Linien-Insanterie berichtet 
as Berl. Tgbl., daß der französische Kriegsminister 
Thibaudin eine Spezialkommission zur Prüfung 
dieser Frage eingesetzt habe. Diese Kommission sou 
zunmehr unter dem Vorsitz des Generals Dumont 
swgent haben, daß die Umwandlung des jetzigen 
gewehrs (es ist dies das nach seinem Konstrukteur 
Iberst Gras benannte Gras⸗Gewehr) in ein Repe⸗ 
eweh schlechterdings unmöglich ist. Die Kosten 
Veschaffung neucr Repetir⸗Gewehre für die ganz 
rmee sind auf 30 Millionen Fraucs beranschlagi 
Montag, 2. April 1883. 
—18. Jahrg. 
In den östlichen Departements von Frank⸗ 
reich werden in diesem Jahre große Cavallerie⸗ 
Manover stattfinden. Die gesammte Oberleitung 
st dem General Marquis Galliffet, als „Groß⸗ 
meister der Cavallerie“ übertragen worden. Auf 
diese Nachricht hin erheben nun die radicalen Blät⸗ 
er ein gewaltiges Geschrei und selbst die militäri⸗ 
chen Fachorgane, wie Le Progres militaire, schließen 
ich demselben an, indem sie behaupten, daß hiermit 
dem General Galliffet eine übertriebene und selbst 
ür die Republik gefährliche Situation geschaffen 
verde. Eine ähnliche Stellung sei in Frankreich 
ohne Beispiel und auch im Auslande habe man 
»inem General keine gleiche eingeraäumt. Die radi—⸗ 
alen Blätter, hiervon ausgehend, kommen dann 
natürlich sofort zu dem Schluß, daß man in den 
Büreaus des Kriegsministeriums gegen die Repu⸗ 
lik conspirire, indem in die Hände des General 
Halliffet, dieses Mannes der Aktion, den Gesammt⸗ 
efehl über dasjenige lege, was es an am wenig⸗ 
ten Republikanischem in der Armee gebe und somit 
zen vereinigten Feinden der Republik eine Art von 
Beneral Pavia darbiete, gleichsam offiziell durch 
den Kriegsminister selbst designirt. 
London, 31. März. Das Amisgebäude des 
Beneral⸗Postmeisters und die Hauptpost selbst erhiel⸗ 
ien eine ausgedehnte Polizei-Bewachung. Die 
Furcht vor weiteren Explosionen ist, nach der Ent⸗ 
deckung der Höllenmaschine in Lioerpool stark im 
Wachsen. Der Bestimmungsort der Maschine war 
Manchester, wo man weiteren Explosionsvorberei⸗ 
sungen auf die Spur gekommen ist. — Daila 
News erhält aus Trapezunt einen Brief, welcher 
don größeren Vorbereitungen Rußlands zur Oc— 
rupation Armeniens berichtet. In einem Leitartikel 
ljommt die Daily News darauf zu sprechen und 
meint, die Einmischung anderer Mächte in die 
leinasiatischen Wirren wäre gegebenenfalls wohl 
nicht zu besorgen. Denn auch England habe keine 
Ursache, den Todesprozeß der rasch hiusiechenden 
Türkei aufzuhalten. 
* Der „fenische Schrecken“ hält die englischen 
Behörden in veständiger Aufregung. Der unheim⸗ 
iche Fund, den man in voriger Woche in Liverpool 
nachte, indem man an Bord eines von Cork ge⸗ 
ommenen Dampfers eine Kiste mit Höllenmaschine 
entdeckte, welche von der Polizei natürlich sofort 
jeschlagnahmt wurde, veranlaßt die Londoner Polizei⸗ 
ehörde zu der Annahme, daß die Kiste zur Aus— 
ührung eines neuen umfangreichen Attentates be⸗ 
timmt war Weiter scheint es, als ob das Central⸗ 
»ureau für Post und Telegraphie in der City zum 
Objekt dieses Anschlages ausersehen worden war, 
denn dem Chef der hauptstädtischen Polizei ist ein 
Schreiben einer fenischen Gesellschaft zugegangen, 
in welchem die Freilassung der wegen der Mord⸗ 
thaten im Dubliner Phönixparke Angeklagten ver— 
langt wird, widrigenfalls das genannte Bureau in 
diesen Tagen in die Luft gesprengt werden solle. 
Daß die Fenier vor der Ausführung dieses ver— 
zrecherischen Planes nicht zurückschrecken würden, 
'ann als sicher angenommen werden und die eng⸗ 
üischen Behörden haben daher alle Ursache, gegenüber, 
den fenischen Anschlägen fortwährend auf dem 
Posten zu sein. 
* Die ungeheuern Vergeudungen und Unter⸗ 
schlagungen, welche im rufsischen Kriegs⸗ und 
m Marineministerium bislang sozusagen an der 
Tagesordnung waren, haben den Kaiser Alexander 
u einer außerordentlichen Maßregel veranlaßt. Auf 
einen speziellen Befehl sind beide Ressorts der all⸗ 
gemeinen Reichskontrole unterstellt worden und hofft 
man, daß hierdurch den großartigen Unterschleifen 
m diesen Ministerien ein Riegel vorgeschoben 
worden ist. 
Der Koͤnig von Spanien hat dem Könige 
zon Bayern und dem Kronprinzen des deutschen 
Reiches den Orden des Goldenen Vließes verliehen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. April. Nach einer sehr 
zründlichen Berathung und genauen Orisbesichtigung 
zeschloß der Stadtrath das neu zu errichtende 
Schulgebäude auf dem der Stadt gehörenden 
Platz hinter dem Gefängnisse zu erbauen. Bei 
»er Abstimmung waren 12 Stimmen dafür, 11 
dagegen. 
*St. Ingbert, 2. April. Gestern Abend 
'and zur Feier der vor 40 Jahren erfolgten Stif⸗ 
ung des Musik⸗Vereins ein solenner Festball statt. 
Derselbe war sehr zahlreich besucht und verlief, wie 
uns versichert wird, in der angenehmsten Weise. 
pa Schnappbach, 1. April. Wie in einer 
rüheren Nummer ds. Bl. mitgetheilt; ging dor 
turzem von der hiesigen Bürgerschaft eine Petition 
um Errichtung einer Posterpedition dahier an das 
gl. Oberpostamt. In Folge dieses Gesuches weilte 
jor einigen Tagen ein höherer Beamte des kgl. 
Oberpostamtes hier, um die betreffende Angelegen⸗ 
heit an Ort und Stelle kennen zu lernen. Das 
Resultat seiner eingehenden Erkundigung läßt uns 
hoffen, daß in Zukunft in unseren postalischen Ver⸗ 
hältnissen eine Wendung zum Besseren eintreten 
wird. 
— Nach einer neuern Bestimmung des hoch— 
würdigsten Herrn Bischofs von Speyer hat der⸗ 
selbe seine Firmungsreise im Dekanat Zweibrücken 
in folgender Weise abgeändert: am 26. in St. 
Ingbert; am 27. in Ensheim; am 28. in 
Bebelsheim; am 29. in Gersheim; am 30. 
in Medelsheim; am 1. Mai in Lautzkirchen; 
am 2. in Maßweiler und am 3. in Zwei— 
brücken. 
— In Bechhofen wartete am Donnerstag 
die Ehefrau des Ackerers Jakob Marx im Stalle 
hrem etwas erkrankten Füllen ab; plötzlich wurde 
ie von dem Thiere derart auf den Unterleib ge⸗ 
troffen, daß sie nach wenigen Stunden eine Leiche 
war. Die Unglückliche ist Mutter von fünf Kin— 
dern. 
— Der „Kaisersl. Ztg.“ wird geschrieben: 
„Dem Verdienste die Anerkennung! Die Nachricht, 
daß Dr. R. Löch ner, der Direktor der Kreisirrenan⸗ 
talt Käängenmünster, Inhaber des Verd.-Kreuzes 
1870,71, wegen nachgewiesener Krankheit und hie— 
zurch bewirkter Dienstesunfähigkeit unter wohlge— 
älliger Anerkennung seiner vieljährigen mit Eifer 
ind Treue geleisteten erspießlicher Dienste in den 
dauernden Ruhestand versetzt ist, hat nicht wenige 
Familien der Pfalz schmerzlich berührt, welchen er 
us praktischer Arzt und später als Direktor der 
creisirrenanstalt als ein aufrichtiger, theilnehmender 
Berather und Troöster zut Seite stand. Seine Be—⸗ 
handlungsweise der Kranken war eine äußerst hu— 
mane und so forgfältige, daß Niemand seiner Thüre 
den Rücken kehrte, ohne seine bekümmerte Seele er⸗ 
leichtert, sen Herz mit neuen Hoffnung gestärkt zu 
finden. Die dauernde Pensionirung beweist leider, 
daß der hochgeachtete und allgemein beliebte Vor⸗ 
tand der Kreisirrenanstalt sich nun selbst in einem 
Zustande befindet, in welchem eine Besserung nicht 
nehr zu erwarten steht. Wie bekannt. ist derselbe