Full text: St. Ingberter Anzeiger

Taglöhner und Arbeiter, die nur zeitweise Beschäf⸗ 
sigung haben, errichtet werden. In der Umgebung 
würden Distriktskassen an Stelle der Gemeindekassen 
treten, sowie Ortskrankenkassen für die Handwerks⸗ 
gesellen nahe gelegener Gemeinden. Redner glaubt. 
daß das Gesetz, das zwar kein Paradies für die 
Arbeiter schaffe, durch die Verbesserung seitens der 
Kommission geeignet geworden sei, die Zufrieden⸗ 
heit der Arbeiter mit ihrem Loose zu heben, da es 
gegen eine übersehbare Belastung den Arbeiter da⸗ 
gegen schütze, seinen Sparpfennig bei Erkrankungen 
ingreifen zu müssen. Deutschland sei allen anderen 
Staaten, Frankreich ausgenommen, mit dem Haft⸗ 
oflichtgesetz vorausgegangen, und mit dem Kranken⸗ 
dersicherungsgesetz habe es einen weiteren Schritt 
auf dem eingeschlagenen Wege gethan, der, wie es 
der Redner hoffi und wünscht, segensreiche Folgen 
haben werde. 
Kaiserslautern, 2. April. Am 
Zamstag Nachmittag ereignete sich hier nach der 
Kais. Ztg.“ ein bedauerlicher Unglücksfall, der den 
Tod zur Folge hatte. Die Frau eines Schuh⸗ 
machermeisters stieg am genannten Nachmittag mittelst 
inet Leiter auf den Speicher, fiel aber beim Herunter⸗ 
gehen derart auf den Kopf, daß sie sich eine schwere 
Verlezung zuzog, woran sie am Sonntaqg Morgen 
verschied. 
Wie uns aus Neustadt mitgetheilt wird, 
ist die Ernnennung des Senats-Präsidenten Herrn 
PZetersen in Colmar zum Rathe am Reichsge⸗ 
cichte in Leipzig definitiv ersolgt, und findet deß⸗ 
vegen für den Wahlbezirk Landau-Neustadt in nächster 
Zeit die Neuwahl eines Reichstags⸗Abgeordneten 
Statt. Darüber, ob Herr Petersen eine Wiederwahl 
annehmen wird, verlautet noch Nichts. 
Bei der am 29. März in Neustadt statt 
gehabten Sitzung des Ausschusses des pfälzischen 
Feuerwehrverdandes wurde für im Dienste verun— 
glückte Feuerwehrleute die Summe von 160 Mark 
bewilligt. Als Beitrag zur weiteren Ausrüstung 
bon Feuerwehren wurde der Betrag von 3580 M. 
genehmigt. 
— Der „Pf. K.“ schreibt: Es kommt heutzu— 
tage zwar nicht selten vor, daß ein Mann in der 
Zeitung alle Welt warnt, seiner Frau etwas zu 
borgen und dann von dieser ebenfalls öffentlich 
heimgeschickt wird. Allein die Erwiderung, welche 
cinem gewissen L. aus Kirrweiler auf eine 
solche Warnung in der „Gwt.“ von seiner Ehe⸗ 
hälfte geworden ist, möchten wir auch unseren Lesern 
im Auszug mittheilen: „Auf die Warnung meines 
Mannes erwidre ich, daß dieselbe wohl nur aus 
Aerger darüber erfolgte, daß er gestern eine Ziege 
todt gefahren was nur geschehen konnte, weil ich 
ihm nicht die Kuh am Horn führte. Ich bin nicht 
hon meinem Maumne fortgegangen, sondern er ist 
am Ostersamstag entlaufen; der Finder möge ihn 
aur behalten. K. H., leider Ehefrau von L.“ 
Bei diesem Ehepärchen scheint „die schöne Zeit der 
ungen Liebe“ auch nicht „ewig arün“ aeblieben zu 
sein. 
— Die Stelle eines k. Direktors der Kreis— 
Irren-Anstalt Klingenmünster mit einem 
dragcatischen Gehalte von 5000 Mk. jährlich, bei 
freier Wohnung, Heizung und Beleuchtung, ist 
wieder zu besezen. Bewerber um dieselbe wollen 
ihre Gesuche längstens bis zum 21. April nächst⸗ 
hin bei der k. Kreisregierung einreichen. 
— Aus Weisenheim a. S. wird der „Fr. 
Z3.“ berichtet, daß die Kälte des März an den Obst⸗ 
däumen großen Schaden angerichtet habe. Die 
Aussicht auf eine guie Kirschenernte sei fast voll⸗ 
tändig vernichtet; nach der vorjährigen Mißernte 
päre dies für jene Gegend ein schwerer Schlag. 
— Aus Burrweiler wird dem Land. Tgbl. 
geschrieben: Daß die letzte Kälte den Wingerten 
hedeutenden Schaden angethan, unterliegt keinem 
Zweifel mehr, denn in vielen Wingerten, besonders 
zei jolchen mit schwächlichem Holze, findet man 
biele dürre Reben und schwarze Augen; man merkt 
es auch schon in dem Weingeschäft, denn fast jeden 
Tag werden Einkäufe von 82er gemacht; es sind 
aber auch wahrhaft verlockende Preise für den Käufer, 
170 bis 200 Mk. per 1000 Lir. je nach Qualität. 
Wer sich noch mit 82 versehen will, der muß sich 
heeilen, denn da in den umliegenden Dörfern schon 
im Herbste Alles aufgekauft wurde, so wird auch 
hier bald kein 82er mehr zu finden sein. 
— Aus der Palz' wird dem „Pf. K.“ 
geschrieben: Sonntag den 8. April findet zu Dürk—⸗ 
Jeim ein pfälzischer Turntag statt. Da der 
Züund in beitäudigem Wachsen ist. so soll derselbe 
in füuf statt wie bisher in drei Bezirke getheilt 
verden. Statt der Bezirke Westrich, Nordpfalz und 
Südpfalz sollen die Bezirke 1) Zweibrücken, 2 
daiserslautern, 83) Kirchheimbolanden-Gründstadt. 
) Dürkheim⸗Frankenthal⸗Ludwigshafen, 5) Speyer⸗ 
Reustadt-Landau gebildet werden. Als Unterab— 
theilungen der Bezirke sollen die Gruppen entstehen, 
um einen recht regen Turnbetrieb zu erzielen und 
die Massen durchzubilden. Sodann soll eine Un⸗ 
allkasse in's Leben treten, in welche jeder Turner 
jährlich 50 Pfg. zahlt, aber bei Unfällen den vollen 
Curkostenbetrag und nach Umständen einen Theil 
des Arbeitsverdienstentganges erhält. Gewiß sehr 
oblich! Da kürzlich die Vereine Ilbesheim und 
Bobeuheim dem Bunde beitraten, so zählt dieser 
jetzt 38 Vereine mit über 3000 Mitgliedern. 
zZuiserslautern zählt über 200 Mitglieder; über 
'00 Mitglieder haben die Vereine: Edenkoben 
Frankenthal (T.-G.), Hemshof, Kirchheimbolanden, 
dudwigshafen, Neustadt, Pirmasens (oie beiden 
Zereine), Speyer und Zweibrücken; 17 Vereine 
jaben zwischen 50— 100 Mitglieder, 9 Vereine 
Jaben uͤnter 50 Mitgliedern, der schwächste zählt 
20 Mitglieder. Einige Vereine am Rhein haben 
iich dem badischen Rhein⸗Neckar-⸗Gau angeschlossen, 
iner weil ihm die Aufnahme versagt wurde, die 
ibrigen aber aus nicht triftigen Gründen. Ein 
Zusammengehen aller pfälzischen Vereine halten 
dir für nothwendig, wegen unbedeutender Vor— 
tommnisse soll man nicht ohne weiteres dem hei⸗ 
nischen Berbande den Rücken kehren. Hoffen wir 
ruf die Rückkehr der verlorenen Söhne! 
— — 
Vermischtes. 
München, 2. April. Der Direktor des 
Berwaltungs-Gerichtshof Dr. v. Huller, ein 
jochverdienter Staatsbeamter, ist heute Morgen zu 
Arco (Südtyrol) gestorben. 
ꝓDer bayer. Verwaltungsgerichtshof hat fol⸗ 
genden Endscheid publizirt: Die Abstimmungen bei 
hemeindewahlen dürfen nur durch Wahlzettel ge— 
schehen, welche vom Wahlkommissär selbst oder doch 
inter dessen Autorität an die Wähler vertheilt wurden 
Der Gebrauch anderer Wahlzettel ist als die Ver— 
letzung einer wesentlichen gesetzlichen Förmlichkeit 
im Sinne des Art. 196 Abs. 53 der diesrhein. Ge— 
neindeordnung zu erachten, welche die Ungiltigkeit 
der betr. Wahlstimmen zur Folge hat. 
In der Sitzung der Strafkammer des k. Land⸗ 
gerichss Saargemünd vom 16. ds. Mis. wurden 
Andreas Greiner, Müller zu Roppweiler, Peter 
Brauner Dienstknecht ous Pirmasens, Michael Mi— 
hel, Knecht zu Hilst, und Jakob Theysohn, Bren⸗ 
iereibesitzer zu Hilst, wegen Zolldefraudation ver— 
irtheilt. Die Verhandlung ergab, daß Greiner und 
Zraͤuner vier Fässer Branntwein über die Grenze 
chmugelten, während die beiden anderen den dienst⸗ 
huenden Steueraufseher in einem Wirthshause zu 
Schweirx bei einer Flasche Wein festhielten. Die 
Sache kam andern Tages zu Ohren des Steuerbe⸗ 
imten, welcher sofort Anzeige erstattete. Greiner 
ind Theysohn wurden zu je 402 Mark 40 Ppfg. 
Heldstrafe, event. 41 Tagen Gefängniß, Brauner 
Nichel zu der gleichen Geldstrafe und 1 Monat 
Befaängniß verurtheilt. 
p'In Güdingen erhielt am Donnerstag ein 
ortiger Ackerer einen anonymen Brief, durch wel⸗ 
hen er benachrichtigt wurde, daß er per Postan— 
veisung 29 M. erhalten werde, davon solle er 
inem Wirthe, dessen Namen genannt, 1,50 Mark 
ibergeben und den Rest für sich behalten; um diesen 
Betrag, so hieß es in dem Briefe, sei der Wirth 
hon dem anonymen Briefsteller betrogen und er, 
er Ackerer, seinerzeit bestohlen worden. Unterzeich— 
iet war der Brief: „Ich armer Sünder!“ Der 
AIckerer glaubte anfangs, ein Spaßvogel erlaube sich 
chlechten Scherz mit ihm; — anderen Tags aber 
am nach der „Sbr. Ztg.“ richtig der Postbate und 
jändigte ihm eine Anweisuug über den Betrag ein, 
nit welchem dann noötürlich nach Verlangen des 
reuigen Sünders“, dem man vollauf verziehen 
hatte, verfahren wurde. 
Goch ein sprechender Hund,) Das 
„Frankf. Journ.“ erhielt folgende Zuschrift: Ge— 
⸗ehrte Redaktion! In Ihrer Didaskalia Nr. 85, 
Rubrik Kleine Chronik bringen Sie einen Auszug 
aus dem Pariser „Rappel“ über sprechende Hunde. 
AInsere Vaterstadt Frankfurt hatte diese Spezialität 
chon in den 50er Jahren. Schuhmachermeister 
dinzer hier hatte einen Pudel, der ganz deutlich 
How do you do und very well sagen konnte 
venn es ihm sein Herr vorsprach. Ich stehe fü— 
die Wahrheit des Obengesagten ein. — Hochachtem 
Salomon Levy. 
Dortmund, 30. März. Durch ein Gruben— 
unglück auf Zeche „Tremonia“ kamen heute Mittac 
bot Ende der Mittagschicht 3. Bergleute zu Tode 
Durch eine Mauer drangen aus einem benachbarter 
Flöz dumpfe Wetter in den Schacht, und ehe di— 
mitlen in der Arbeit Beschäftigten den Ausgang 
rinden kounnten, ereilte sie der Erstickungstod. Bi⸗ 
Jegen Abend war erst einer der Erstickten über Tat 
zebracht; der Obersteiger, welcher die Rettungsar. 
Zeiten leiten wollte, wurde bewußtlos dus den 
Schacht gefahren. 
'Gera, 31. März. Noch sind die im ver 
Josseaen Jahre von dem Kommis Gebhardt und 
dem Maurer Hanke verübten Schandthaten, welc 
ersterer seinen Prinzipal und letzterer seine Fru 
owie sein Kind ermordet hatten, in lebhafter Er— 
nnerung, so ist seit heute unsere Stadt durch de 
an einer 78 Jahre alten Frau Namens Himmerlich 
derübten Mord wiederum in leicht begreifliche Auf 
regung versetzt. Hausleute, welchen es auffiel, daj 
cje die alte Person seit circa acht Tagen nicht ge 
sehen hatten, machten Anzeige, worauf die Wolh— 
nung geöffnet wurde, und fand man die Frau in 
Bette liegend mit eingeschlagenem Hirnschädel. Au 
dem Tische lag ein kleines Beil, mit welchem di— 
That verübt worden ist. Von dem Thäter ha 
man zur Zeit noch keine Spur. Die Ermorder 
soll im Besitze eines Sparkassenbuches gewesen sein 
was wahrscheinlich Veranlassung zu der grausiger 
That gegeben hat. 
pGute Vorbereitung.) Zur Zeit de— 
Musikfestes in Hamburg wohnte ein fremder Künft 
ter bei Privatleuten, die einen guten Tisch führten 
Fines Mittags war gedeckt, und alle Hausgenosser 
Jatten sich bereiis versammelt; nur der Fremd⸗ 
jehlte. Das Dienstmädchen, welches ihn rufen 
sollte, fand ihn gerade, wie er Toilette machte un 
die Zahnbürste brauchte. „Nun, wird der Her— 
nicht bald zum Essen kommen?“ fragte die Fra— 
hom Hause das eben eintretende Dienstmädchen 
Ja, gleich,“ erwiderte die Gefragte, „er schäri 
schon die Zähne.“ 
Geichsgerichtsentscheidung.) Do 
Ztillschweigen einer Versicherungs-Gesellschaft ar 
die Offerte eines Versicherungs-Reflektanten, m 
ihm einen Versicherungsvertrag abzuschließen, kam 
nach einem Urtheil des Reichsgerichts II. Civilsenats 
hom 2. Februar 1883 unter Erwägung der nähere 
Umstände nach den allgemeinen Grundsätzen vor 
Treu und Glauben als eine Annahme der Ver 
sicherungsofferte aufgefaßt werden. In derselbe 
Sache hat das Reichsgericht auch ausgesprochen 
daß die in Feuerversicherungspolicen enthalten 
Klausel: „Bei einem Eigenthumswechsel witt mi 
Ausnahme der Erbschaftsfaͤlle der neue Eigenthüme 
nur mit Genehmigung der Gesellschaft in den b 
stehenden Versicherungsvertrag ein“ —, im G⸗ 
tungsbereich des preußischen Allgemeinen Landrecht 
der Regel nach nicht dahin aufzufassen sei, als soh 
mit dem Eigenthumswechsel die Versicherung e 
löschen und erst durch Vexeinbarung zwischen der 
neuen Eigenthümer und der Gesellschaft wiedt 
wirksam werden, sondern daß, wenn nicht sonsiio 
Umstände dagegen sprechen, die gedachte Klausel de 
hin zu verstehen sei, es solle zwar die Versicherun 
Zem neuen Eigenthümer gegenüber einstweilen fon 
hestehen, jedoch die Gesellschaft berechtigt sein, dur 
Bersagung der Genehmigung die Versicherung arn 
zuheben. Dieser interessanten Entscheidung lith 
jolgender Thatbestand zu Grunde: Der Schieferdech 
We versicherte sein Wohnhaus im Jahre 1874 
300 Thaler bei der Berlin-Koͤlnischen Feuer⸗Ve 
—X 1884. 
35 der Policebedingungen war bestimmt: 
inem Eigenthumswechsel tritt der neue Eigenthün 
nur mit Genehmigung der Gesellschaft in den J 
tehenden Versicherungsvertrag ein. W., der 
Versicherungsprämie bereits bis 18. Novhr. 1 
entrichtet hatte, verkaufte im April 1880 * 
Wohnhaus an jeinen Schwager P.' P. benachtn 
tigte sofort den Agenten der Versicherungsgesellschr 
Herrn Becker, von dem Eigenthumsübergange, unn 
soͤhrieb auch spater die von demselben vorgelean 
bezüglichen Formulare, und Becker erklärte, nachde 
Letzteres geschehen: „jetzt sei Alles in Ordnumn 
Mehrere Monate später, am 18. September * 
brach in der Nähe des Hauses Feuer aus, wele 
dasselbe ergriff und zerstoͤrte. P. beanspruchte 
der Gesellschaft Schadenersatz von 2400 9 
Delchen die Gesellschaft verweigerte, indem