Full text: St. Ingberter Anzeiger

8t. Inoherter Atzeit 
Indherter Autzeiger. 
Amtliches Orqan des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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66. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 3. April. Die „Allg. Ztig.“ 
hreibt: Wir werden vom kgl. Kriegsministerium 
csucht, der nachfolgenden Erklärung in der „Alla. 
zig.“ Raum zu geben: 
„Im „Berliner Tageblatt“ werden die, Denk⸗ 
chriften des Geheimen Regierungsrathes Dr. 
Stieber“ aus seinen hinterlassenen Papieren „be⸗ 
rbeitet“ und wird in der vor wenigen Tagen 
ms zu Gesicht gekommenen Nr. 112 dieses Jahres 
gelegentlich der Beschreibung des Vormarsches 
jer deutschen Armee gegen Seden am 29. und 
30. August 1870 unter anderem vorgebracht, 
»aß die Proviantcolonnen den Truppen nicht 
nehr zu folgen vermochten, und die Armee sich 
lso in Feindesland selbst ernähren mußte. „Ich 
ann das Eigenthum der Leute nicht mehr schützen, 
vir müssen selbst mit Gewalt uns ernähren; 
adurch entstehen gräuliche Zustände ꝛc.“ So 
agt ꝛc. Stieber wörtlich in einem Briefe an seine 
Frau vom 1. September 1870 aus Vendresse. 
Den preußischen Soldaten bleibt der Briefschrei⸗ 
jer gerecht, „sie nehmen nur, was dringend nö⸗— 
hig ist, um nicht zu verkommen, aber die Bayern 
ind ihre Marketender“ — schreibt er — „sind 
vahre Räuberbanden, welche mit der Pistole auf 
der Brust den französischen Einwohnern alles 
bpressen, was transportabel ist und alles muth⸗ 
villig zerstören; der Ausdruck Strafbayern ist 
vahrhaft richtig.“ Für diese den Stempel der 
mgenscheinlichsten Entstellung tragende Anschul⸗ 
iigung wird die einzig und allein greifbare Be⸗ 
sauptung gebracht, daß Buzanch kurz vor dem 
kintreffen des Hauptquartiers am 30. August 
zurch die Bayern geplündert worden sei. Ge⸗ 
jenüber der Behauptung ergibt die Prüfung der 
rorliegenden Alten und insonderheit der Dis— 
ocationslisten, daß weder am 29. noch am 30. 
lugust bayerische Truppentheile in oder bei Bu⸗ 
anch gelegen waren, und daß auch der Marsch 
er Bayern durch letzteren Ort am 30. August 
n Ordnung und mit Rücksicht auf das zu er— 
vartende und gegen Viittag auch eingetretene 
Hefecht bei Beaumont ohne Aufenthalt und mit 
er thunlich größten Beschleunigung erfolgt ist. 
Im Abend des genannten Tages bivouakirien die 
neiden bayerischen Armeecorps bei Rancourt und 
Sommauthe, nachdem sie unter erschwerenden 
derhältnissen theilweise einen Marsch von mehr 
ils 30 Kilometer zurückgelegt und mehrere Stun⸗ 
en im Gefecht gestanden hatten. Hienach richtet 
ich die erwähnte Behauptung über die Aus— 
lünderung Buzancy's am 830. August wohlvon selbst. 
—Der ,, Beard iter der Denkschriften“ findet es denn 
nuch für gerathen, in einer Anmerkung zu er— 
lären: „Hier thut der Specialpatriotismus des 
Ixn. Feldpolizeidirektors wohl des Guten etwas 
u viel. In der Noth, in welcher sich damals 
le Welt befand, wurde ohne Unterschied der 
iniform — ob hell⸗ oder dunkelblau — alles 
equiritt, d. h. genommen, was gerade gebraucht 
ourde. Das ist eben der Krieg uud sein Elend.“ 
So bleibt für die den Bayern angethanue 
heschimpfung vorerst kein anderer Verantwort⸗ 
icher, als der nicht llagbare todte Briefsteller, 
belcher haltbare Belege hiefür, die der gewissen 
afte Bearbeiter sicher gebracht hätte, nicht hinter⸗ 
assen zu haben scheint wie deun der angebliche 
sorgang üb. rhaupt erst das Tageslicht erbligt 
Samstag, 7. April 1883. 
durch die Veroͤffentlichung des erwähnten Briefes 
„des Felddpolizeidirektors vom Kriegsschauplatze 
zus an seine Frau“, während von einer Anzeige 
desselben an die bayerischen Truppenführer zur 
ritischen Zeit nichts bekaunt ist.“ 
München, 4. April. Unter dem BVorsitze 
des Prinzen Luitpold hat heute Vormittag 11 Uhr 
ine Sitzung des Staatsrathes stattgefunden, in 
pelcher der dem Landtag vorzulegende Gesetzentwurf 
czüglich der staatlichen Unterstützung der durch das 
dochwasser Beschädigten seine Erledigung fand. 
München, 4. April. Der neue General⸗ 
tabschef, Graf Verri de la Bosia, ist von Würz— 
zurg bereits abgereist, um die Leitung der Geschäfte 
zier zu übernehmen. 
München, 5. April. Der bayerische Land⸗ 
ag wurde heute durch den Prinzen Luitpold 
m Auftrag Sr. Maj. des Königs feierlich eröffnet 
Anwesend waren nahezu 140 Abgeordnete. 
Berlin, 4. April. (Reichsstag.) Die Holz⸗ 
oll⸗Vorlage wird in namentlicher Abstimmung mit 
36 gegen 135 St. einer einundzwanziggliederigen 
Zommission überwiesen. — Auf der Tagesordnung 
)er morgigen Sitzung stehen die Zuckersteuer und 
hdie Gewerbenovelle. 
Berlin, 5. April. Unter Vorsitz des Reichs⸗ 
lagspräsidenten v. Levezow hielten die Abgeordneten 
aus den überschwemmten Landestheilen eine Kon⸗ 
ferenz ab, welche Beschlüsse über die Vertheilung 
der noch disponiblen Gelder traf. Es sind noch 
vorhanden 459,000 Mk. zu erwarten noch 20,000 
Mark, rund also 480,000 Mk. Im Ganzen sind 
ingegangen 1,500,000 Mk. Von den vorhandenen 
Nitteln erhalten u. A. das Eifelgebiet, und zwar 
Trier 25,000 Mk. Nach Aachen gehen 40,000 
Nark. Zur jetzigen Vertheilung gelangen im 
hanzen 350,000 Mk. In Reserve werden 50,000 
Nark gestellt. Es bekommen: das Donaugebieit 
.0O pCt., Elsaß 29 pCt., Hessen 20 pCt., Unter⸗ 
ranken 10 pCt. (Baden und Wiesbaden verzichtete), 
stheinprovinz 15 pCt., Pfalz 15 pCt., Wurttem⸗ 
erg 722 pCt. Außerdem erhalten Donaumors 
5000, die preußische Rhön 1000 Mark. Bisher 
rhielten: das Donaugebiet 48,000, Elsaß 41,000, 
dessen 226,700, Unterfranken 151,000, Baden 
97.,000, Wiesbaden 46,000, Rheinprovinz 150, 000, 
Ifalz 196,000, Württemberg 29,000, die Eifel 
35,000 Mk. Die Verdächtigung des Sozialisten 
3. Vollmar gegen das hessische Lanneskomité ist 
'omit gründlich widerlegt. Das ausdrückliche Vor⸗ 
zehen dieses Komité's wurde für durchaue korrekt 
hefunden. Der Abgeordnete v. Vollmar war in 
der Sitzung der Kommission nicht erschienen. 
Berlin, 5. April. Es ist nunmehr definitiv 
»estimmt, daß Prinz Albrecht mit militärischem 
Befolge zur Kroönung nach Moskau geht. 
Ausland. 
Paris, 5. April. Dem Journal Paris zu⸗ 
olge wurde gestern zwischen Ferry und Thibaudin 
zeschlossen, die großen Cavallerie -Manoͤver an der 
Hrenze wegen budgetmäßiger Bedenken zu unter⸗ 
iassen. Gallifet bleibt mit der Abhaltung von Ca⸗ 
zalleriemanöpern im nächsten Herbst beauftragt. 
Madrid, 2. April. Die Vermählung der 
Infantin Maria della Paz mit dem Prinzen Louis 
Ferdinand von Bayern wurde heute in der Capelle 
»es königlichen Schlosses unter Aufwendung des 
jerkömmlichen Gepränges vollzogen. Der König 
ind die Königin von Spanien dienten als Braut⸗ 
ührer; die heilige Handlung vollzog der Patriarch 
von Indien. 
—18. Jahrg. 
1 
Kopenhagen, 4. April. An dem hier ab⸗ 
gehaltenen Congresse der deutschen Sozialdemokraten 
nahmen die Reichstags-Abgeordneten Blos, Lieb⸗ 
necht, Hasenclever, v. Vollmar, Kräcker, Kayser, 
Beyser, Grillenberger, Frohme, Dietz und Stolle, 
s'owie ferner Auer, Bebel und Viereck Theil. Die 
VBerhandlungen betrafen dem Vernehmen nach die 
Stesllung der Partei zu den Reichstaqswahlen 
in 1884. 
Die Unruhen an der albanesisch⸗ monte⸗ 
negrinischen Grenze nehmen immer größere 
Proportionen an. Eine blutige That folgt der 
andern und jetzt ist es schon so weit gekommen, 
daß Türken und Montenegriner sich vereinigt haben, 
um gegen die Albanesen vom Stamme der Kastrati 
gemeinsame Sache zu machen. Es find dies lauter 
okale Affairen. die bei dem Temperamente und 
den wilden Bräuchen jener Stämme nicht einmal 
twas Außergewöhnliches an sich haben; aber die 
zroßen Bewegungen auf der Balkan-Halbinsel haben 
mmer aus kleinen lokalen Affairen ihren Ursprung 
genommen. Was die gegenwärtigen Conflikte be— 
onders bedrohlich erscheinen läßt, das ist die That⸗ 
sache, daß Ober⸗Albanien sich jetzt schon in einem 
Zustande völliger Anarchie befindet. Nirgends ifl 
eine Autorität, eine Behörde zu entdecken, welche 
die Bevölkerung zu dirigiren vermöchte, nirgends 
das Walten einer Justiz, welche Frevelthaten zu 
sühnen die Kraft und Eignung oder auch nur den 
Willen hätte. In letzter Stunde hat sich die Pforte 
nufgerafft, indem sie Mustafa Assim Pascha, den 
Bouverneur von Janina nach Scutari beordert hat; 
nuch von der Entsendung Derwisch Pascha's nach 
Albanien ist wieder einmal die Rede: aber ob diese 
heiden Männer die vorhandenen Uebel zu beseitigen 
ind die gestörte Ordnung wieder herzustellen im 
Stande sein werden, das vermag Niemand zu ver⸗ 
»ürgen. Mit neuen Männern ist es übrigens nicht 
gethan; es bedarf auch neuer Maßregeln, und in 
diesem Punkte ist die Pforte bissher so ziemlich 
Alles schuldig geblieben, was sie vor Jahren den 
Mächten und den Albanesen selbst an Reformen 
versprochen hat. 
New-York, 4. April. Die Frühjahrswahlen 
assen in allen groͤßeren Städten den Sieg der 
Demokraten als wahrscheinlich voraussehen. — Eu⸗ 
ropa wird iu Laufe dieser Saison sehr stark von 
Amerikanern besucht werden. Man darf drüben 
130,000 Personen erwarten. Im verflossenen Jahre 
reisten 100,000 Personen nach Europa. 
New⸗-York, 4. April. Eine Compagnie 
Freiwilliger, welche sich zur Verfolgung der maro⸗ 
zirenden Apache-Indianer in Neu⸗Mexiko aufge⸗ 
nacht hatten, sollen in einen Hinterhalt gefallen 
ind die ganze Mannschaft niedergemetzelt worden sein. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Nachdem in der Gemeinde Irheim die 
Blattern ausgebrochen sind, dürfen laut Bekannt⸗ 
machung des k. Landwehr-Bezirks-Kommandos Zwei— 
brücken die Kontrollpflichtigen dieses Ortes nicht bei 
der diesjährigen Frühiahrskontrollversammlung er— 
scheinen. 
Pirmasens, 4. April. In der Nacht 
don Sonntag auf Montag wurden dahier zwei 
Finbruchsdiebstähle verübt; in der Schuhfabrik der 
derren Gebr. Diehl, wo aus einem aufgebrochenen 
Schreibtische etwas über 100 Mk. eniwendet wurden, 
und in der Wohnung des Wirthes F. Ehwald, 
vo der Dieb eine Kommode erbrach und daraus 
ich einen Betrag von über 400 Mark aneignete