Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der Prinz Ludwig Ferdinand von 
Bayern tommi mit seiner jungen Gemahlin heute 
Nachmittag 5 Uhr am Orleansbahnhof hier an und 
wirt von dden Gesandten Bayerns und Spaniens 
empfangen werden. Die Nenvermählten nehmen 
im Palais von Castilien, das in den Champs 
Elysées gelegen, Wohnung, speisen heute Abend bei 
Don Francçois d'ussisi und beehren Morgen Abend 
das Fest beim Herzog von Fernan⸗Nunez mit ihrer 
Gegenwart. Zu diesem Fest sind etwa 800 Ein— 
ladungen verschickt worden. 
Tondon, 9. April. Gestern früh wurde 
abermals ein Inviduum verhaftet, dessen Rame 
noch unbekannt; es ist ein junger Irländer, welcher 
aus Amerika angekommen war. 
London, d. April. Es sind gestern wiederum 
zwei verdächtige Personen verhaftet worden. Die 
bei dem verhafteten amerikanischen Arzt Gallagher 
vorgefuudenen Dokumente berechtigen die Ppolize 
zu der Ansicht, daß die Anzahl der Verschworenen 
ine sehr große sein müsse, und daß sie sich zur 
Ausfuͤhrung des teuflischen Planes, England durch 
Vernichttung öffentlicher Gebäude zu bekriegen, in 
die meisten britischen Großstädte verbreitet haben. 
In Birmingham, wo man wie gemeldet cin ganzes 
irländisches Laboratorium zu Explosionszwecken ent⸗ 
deckt undeden Inhaber Namens Whitehead verhaftet, 
herrschte während der Ausräumung der explodir— 
baren Körper aus dem Laboratorium große Auf—⸗ 
regung. Die Bewohner der benachbarten Straßen 
begaben sich auf die Flucht. 
Cork, 9. April. Die Polizei beschlagnahmte 
eine von Glasgow angekommene Partie Nitroglyce— 
rin; ferner fand sie eine in der Nähe der Stadt 
berpackte Quantität von Sprengstoffen. 
New-York, 8. April. Man hat hier eine 
irische Dynamitschule, in welcher eine Anzahl junger 
Leufe in der Fabricirung und Han dhabung des 
Dynamits und anderer Erplosionsstoffe ungenirt 
durch Professor Mezzcroff unterrichtet wurden, ge— 
schlossen. Mezzcroff hatt sich nach Frankreich einge— 
schifft, wo er im Laufe dieser Woche eintreffen wird, 
inm vermuthlich dort seinen Unterricht fortzusetzen. 
Hier empfehlen die Führer der Iren ganz'öffentlich 
den Dynamitkriea geaen Enaland 
Lokale und pfälzische Naschrichten. 
* St. Ingbert, 10. April. Gestern Nach⸗ 
mittag fiel das 2jährige Söhnchen des Schuhmacher⸗ 
meisters B. dahier in einem unbewachten Augenblicke 
rücklings in ein auf dem Boden stehendes Gefäß 
mit kochendem Wasser. Das arme Kind verletzte 
sich dabei so schwer, daß es heute Mittag seinen 
qualvollen Leiden erlag. 
* St. Ingbert, 10. April. Heute haben 
wir schon wieder von einem Waldbrande zu 
berichten. Derselbe entstand gestern in der Nähe 
don Neuweiler auf preußischem Gebiete. Da Hilfe 
bald zur Stelle war, so blieb das Feuer auf eine 
kleine Fläche beschränkt. Der Schaden ist unb⸗⸗ 
deutend. 
xSt. Ingbert, 10. April. Wie uns nach⸗ 
träglich mitgetheilt wird, war die am Sonntag 
Abend im Horst'schen Saale stattaehabte musikalische 
und theatralische Unterhaltung der „Gemüthlichkeit“ 
sehr zahlreich besucht. Der musikalische Theil war 
kurz, um die Tanzlustigen nicht zu lange hinzu— 
halten. Die vorgetragenen Gesangpieͤcen gaben 
Zeugniß von guter Schule und schlug besonders 
der von Herrn Schlaudecker compon. gemischte 
Chor „Maigesang“ sichtlich durch. Die beiden 
Lustspiele: „Der Bojar oder wie denken Sie über 
Rumänien und Englisch“ waren sehr gelungen und 
fanden allgemeinen Beifall. Auch dem Tanze wurde 
fleißig gehuldigt und herrschte bei allen Theilnehmern 
bis zum Schlusse eine recht annimirte Stimmung. 
Erst gegen 4 Uhr des Morgens verhallten die letzten 
Töne der Musit. 
— In der Holzsägemühle zu Weidenthal 
wurde einem Albeiler durch eine Rundjäge eine 
Hand vollständig abgetrennt. 
— Zu dem am Sonntag in Dürkheim abge⸗ 
haltenen außerordentlichen Turntage des pfälzischen 
Turnerbundes hatten sich die Vertreter von 35 
Bundesvereinen eingefunden; nicht vertreten waren 
die Vereine Hornbach, St. Ingbert, Kusel und 
Waldmohr. Nach langen und mitunter sehr leb— 
haften Debatten wurde der Antrag auf Reorgani⸗ 
sation des Bundes abgelehnt, dagegen die Ein— 
theilung der Pfalz in 5 Bezirke und je nach Be—⸗ 
darf in eine Anzabl Gruppen als Unterabtheilungen 
Fieftr Bezirke beschlossen. Ehenso wurde die Grün— 
dung einer Unterstützungskafse im Prinzip ange⸗ 
ommen. Diese Kasse soll vorläufig auf ein Jahr 
ins Leben treten und der Beitrag für jedes Mit— 
glied der Bundesvereine für den Fall des Fort⸗ 
bestandes der Kasse soll dann für die Folge ein 
Beitrag von nur 5 Pfg. erhoben werden. Als 
Vorsitzender bezw. Schriftführer des Vorortes wurden 
die Herren Lang und Deutsch von Speyer gewählt. 
Ein Antrag des Vereines Rodalben auf Einführung 
ines allen Vereinen gemeinsamen Liederbuches 
wurde wegen vorgerückter Zeit auf den nächsten in 
virmasens abzuhaltenden Turntag verwiesen. Nach 
geendigung der Verhandlungen und nach einge⸗ 
sommenem Mittagsmahle fand ein Ausflug nach 
der Limburg statt. 
Edenkoben, 7. April. Eine angehende 
Riesendame“. In einer nahen Landgemeinde 
nußte dieser Tage ein 12jähriges Mädchen wegen 
orgeschrittener körperlicher En twickelung aus der 
Berkiagsschule entlassen werden; das Gewicht des Mäd— 
hens beträgt nämlich nicht weniger as 150 Pfund. 
— Weisenheim a. S., 7. April. Der 
ziesige Oekonom Heinrich Bibinger fand kürzlich 
in' Umroden seines Grundstückes eine wohlerhal— 
ene römische Munze in der Größe eines Dreimark— 
fückes aus der Regierungszeit des ausgezeichneten 
omischen Kaisers Hadrian (der von 117 bis 138 
iach Christo regierte). Diese Münze zeigt auf der 
inen Seite eine Friedensgöttin, den Palmzweig 
cragend, auf der andern das wohlerhaltene Bildniß 
des Kaisers Hadrianus. (Pf. J.) 
— Speyer, 8. April. Auf Rechnung des 
?andbauunterhaltungsetats erhielten pr Bei⸗ 
räge zu Cultusbauten 1) folgende ische 
Hemeinden und zwar zum Kirchenbau: Aluntingen, 
Nünschweiler, Olsbrücken und Ruppertsweiler je 
z00' Mk., sowie Homburg 150 Mt., dann zur 
dirchenreparalur: Seebach 260 Mk, zum Thurm— 
sau; Trippstadt 250 Mk. und zum Pfarrhausbau—: 
5rfenbach 150 Mk., und 2), folgende katholische 
Hemeinden und zwar zum Kirchenbau: Kusel, 
Nittelbexbach und Oberotterbach je 500 Mk., und 
zImsweiler 250 Mk., zur Kirchenrestauration: En⸗ 
enbach 500 Mk., zum Kirchen- und Pfarrhausbau: 
Fehrbach 250 Mk., zur Kirchenreparatur: Ober— 
nohr 150 M. und zum Pfarrhausbau: Horbach 
500 und Annweiler, Rechtenbach und Rödersheim 
e 250 Mk. 
— Der Speyerer Gendarmerie und Polizei ist 
s gelungen, in der Person des Martin Cornitzi us 
on dort denjenigen zu ermitteln, welchepedcnion. 
lossenen Freitag zwischen Otterstadt Und die F 
die frühere Lehrerin Ackermann überfalle 
29 M. abgenommen hat. Cornitzius iß. 4. 5. 
„Sp. Ztg.“ mittheilt, ein Gewohnhein gassor— 
erst jungst wieder von dem Landgericht Frankenthal 
vegen Betrugs zu einem Jahr Zuchthaus verur— 
heilt wurde. Von dem geraubten Geld wurden 
dei dem der That Geständigen noch 23 Mark qe— 
unden. 
— Aus der Pfalz wird der „Pf. Pr.“ 
geschrieben: In Lehrerkreisen wird gegenwärtig kaum 
iber etwas anderes gesprochen, als über die neue 
dehrordnung, der man, wenn auch nicht gerade mit 
Freuden, so doch mit größter Spannung um so 
nehr entgegensieht, als bisher die strengste Dis— 
retion von allen Seiten über den Inhalt der neuen 
zehrordnung beobachtet wurde. Sicherem Ver— 
iehmen nach, hat dieselbe die höhere ministerielle 
henehmigung erhalten und befindet sich gegenwärtig 
m Drucke, währen d die Lehrer selbst sich unter dem 
dochdrucke der neuen Lehrordnung befinden. Diese 
oll sehr umfangreich sein und keineswegs die von 
den Lehrern gewünschte Reduktion, jedoch eine zweck⸗ 
mäßigere Vertheilung des Lehrstoffes bringen. 
Mit dem 1. Mai l. Is. werden die bis— 
herigen Annahmebücher für Postanweisungen, so wie 
die bisherigen Formulore und Aufgabscheine zu dem 
Postanweisungen außer Verwendung gesetzt und 
afür neue Formulare zu den Annahmebüchern mit 
deinedruckten Aufgabscheinen abgegeben. 
Vermischtes. 
4 (Attentat.) Am Sonntag wurden in 
München nächst der Freibank an der Schrannen— 
halle von dem Korbmacher Erdm. Sydow auf den 
sechtsanwalt A. Ofner, wie schon gestern gemeldet, 
wei Revolverschüsse abgefeuert, ohne denselben zu 
Herletzen. Der genannte Anwalt hatte als Verthei⸗ 
ziger der Frau des Sydow außer ihrem Eheschei— 
»ungsprozesse noch zwei gegen sie von ihrem Che— 
nann ang⸗strenate Gipilprozesse gJewonnen. Das 
Attentat stellt sich sonach als Racheakt dar. Der 
Berbrecher wurde von Dienstinännern ergriffen und 
Asbald der Gendarmerie übepmittelt. Bei der Po— 
izeidirektion gestand Sydow zu, daß er den Ofner 
sowie seine eigene Frau habe erschießen wollen. 
Das Schwurgericht für Oberbayern hat 
gegen den 28 Jahre alten Schneidergesellen Joseph 
Zuͤchhofer aus Augsburg die Todesstrafe ausge— 
prochen. Buchhofer hatte am 27. Januar d. J. 
in Zuchthaus in der Au (Munchen) dem Mitge—- 
angenen Lorenz Wimmer aus Knöfelhofen, alz 
Rieser aus der Einzelhaftzelle des Buchhofer die 
Wasserpütsche abholte, dem sich ahnungslos Bücken— 
Zen einen Stich in die Rückseite des Halses versetzt, 
velcher Stich am 81. Januar den Tod des Wim— 
ner durch Rückmärklähmung herbeiführte. Acht 
Tage lang hatte sich der Wildling zu der meuchle— 
ischen That vorbereitet und ein Stück des eisernen 
Fensterbeschläges durch Schaben und Wetzen zu einer 
Art Messer hergerichtet. Welch' gefährlicher Mensch 
)er Buchhofer ist, ergibt fich aus dem curriculum 
„itas desselben; Schon mit 15 Jahren wurde Buch— 
sofer in eine Besserungsanstalt verbracht, deren 
gorstandtschaft ihm das schöne und hoffnungsvolle 
Zeugniß gab, daß er zu Mord, Brandstiftung und 
kaub alle Anlagen besitze und das Zeug habe, 
in höchst gefährlicher Verbrecher zu werden. Im 
März 1870 machte er einen Versuch, die Anstalt 
inzuzünden. Als er wegen allerlei Gaunereien in 
die Anstalt Rebdorf kam, machte er im Jahre 1873 
den ersten Mordversuch an dem Mitgefangenen 
döppel, dem er einen Stich in den Hals versetzte. 
Dafür erhielt Buchhofer 6 Jahre 1 Monat Ge— 
ängniß, welche Strafe er in Amberg verbüßen 
ollte; dort machte er am 13. Okt. 1877 an dem 
Aufseher Kolb einen Mordversuch, indem er wiedet 
inen Stich führte, der offenbar auf den Hals 
Jezielt war. Für dieses Verbrechen bekam Buch⸗ 
jofer vom Schwurgericht Oberpfalz und Regens⸗ 
burg 10 Jahre Zuchthaus und kam am 27. Jan. 
in die Anstalt in der Au, woselbst er das Ver⸗ 
brechen verübte, wegen dessen er nun zum Tode 
verurtheilt wurde. 
Mannheim- 7. April. Gestern Nach⸗ 
mitiag gegen 4 Uhr stürzte der Lieutenant des 
hiesigen Dragoner-Regiments, Gelpcke, ein Sohn 
des Theilhabers der Firma Breest und Gelpcke in 
Berlin, an der Zufahrtsstraße zum Bahnhof mit 
dem Pferd und wurde mit dem Kopf gegen einen 
Trottoirstein geschleudert. Der Orfiri⸗re-rlittiner 
A IOII 
welche Französisch Englät- 
— i. vιcht. 6Pf. J.) 
7 Das Karlsruher Gymnasium ist gegen— 
wärtig so überfüllt, daß bis Herbst sämmtliche 
Klassen parallelisiert werden müssen, so daß ein 
zörmliches Doppelgymnasium entsteht. 
— Durch Rothschild wurden gestern den Erbbe⸗ 
cechtigten i Wittinghausen (Baden) 3,200,000 
M aus der Ottschen Millionenerbschaft ausbezahlt. 
Berlin, 9. April. Der wegen Ermordung 
einer Frau und seiner Kinder zum Tod verurtheilie 
Zonrad wurde heute früh halb 7 Uhr hingerichtet 
p Um sich einen Begriff von der Bedeutung 
der Einwohnerzabl Berlins zu machen, welche 
nach dem neuesten statistischen Jahrbuche für das 
Deitsche Reich 1 122 330 veträgt, addiere man 
die Einwohnetzahlen der auf Berlin folgenden vier 
zrötzten Städte Deutschlands, nämlich Hambury 
389 859, Breslau 272 912, München 230 028. 
Dresden 220 818, so habeu diese zusammen Ein— 
vohner: 1013 612 und es fehlen, um Berlin zu 
rreichen, noch 108 718. Man muß also zu jeren 
ier Städten noch etwa Danzig mit 108 5651 Ein⸗ 
vohnern hinzufügen. wenn man sich Berlin wr 
tellen will. 
Recht lehrreiche Aufschlüsse bezüglich der Ven 
theilung der dem österreichischen Kaiser 
Faate angehörigen Nationalitäten über die einzelnen 
Zronländer gibt der soeben erschienene erste Band 
deroͤsterreichischen Statistik“. Ramentlich das 
hiel umstrilttene Kapitel der Umgangssprache erhan 
zurch die in übersichtlicher Weise zufammengestellten 
Ziffern einen beredten Zuwachs. In den wt 
Reichsrath vertretenen Ländern haben sich don 
21.794,231 Einwohnern 8,008.864 als —R 
een3 26834 als Pe 
2,792,667 als Ruthenen, 1,140,304 als Slovenen⸗ 
b8 o1 als Serbo Croaten, 668,658 als Italin— 
3079 i Rumanen und 9887 als Magran 
deklärirt. Nicht weniger als neun Rartionalitar