Full text: St. Ingberter Anzeiger

„alten Pfalz“ die vollständige Kapelle des 2. Fuß— 
Art.Reg. aus Germersheim unter Leitung ihres 
Dirigenten Hrn. Lemnitz, die zu den Festlichkeiten 
engagirt ist, zum Frühschoppen konzertiren. Mon— 
tags Nachmittags wird das Fest durch eine Reunior 
auf der Löwenburg geschlossen. 
— In Rechtenbach fiel dem Land. Tgbl 
zufolge vor einigen Tagen die Frau eines Land— 
wirths, die Stroh von einem in der Scheune be— 
findlichen Gerüste herabwerfen wollte, in Folge des 
Bruchs eines Brettes von demselben herunter in 
die Scheuertenne. Dabei schlug sie den Kopf auf 
die Leiter des in der Scheune befindlichen Wagens 
und liegt seit der Zeit besinnungslos darnieder. An 
ihrem Aufkommen wird gezweifelt. 
— Rohrbach bei Landau, 11. April. Heute 
Morgen ereignete sich dahier ein gräßlicher Un— 
glücksfall. Dem Ackerer J. G. Müller, der mit seinem 
Wagen vom Felde heimkehrte, begegnete auf der Stein⸗ 
weilerer Straße, unfern unseres Ortes, die Frau 
Mina Hammerschmitt mit ihrer Tochter und ihrem 
Sjährigen Söhnchen. Da Letzteres klagte, müd zu 
sein, so bat Frau Hammerschmitt den Fischer, den 
Kleinen auf das Pferd zu setzen. Kaum hatte 
Fischer, dieser Bitte willfahrend, den Knaben auf 
das Pferd gesetzt, als dieses scheute und, ihn um— 
reißend, in voller Karriere dem Dorf zurannte. 
Der Knabe fiel herunter, blieb aber mit Hosen 
und Stiefel an der Karrenlehne hängen und wurde 
den Kopf nach unten, ca. 80 Mtr weit mitgeschleift, 
bis der Stiefelschaft riß und er nun ganz auf die 
Erde fiel. Das Pferd wurde im Orte mit zer—⸗ 
brochener Lanne eingefaugen. An dem Aufkommen 
des Kindes wird gezweifelt, da es nach ärztlicher 
Aussage einen Schädelbruch erlitten. Auch Fischer 
trug bedeutende Verletzungen davon. (Land. Tgol.) 
— Zeiskam, 11. April. Sehr reges Leben 
herrscht seit einigen Tagen im Zwiebelgeschäft. Ein 
Händler aus Belgien hat in unserer Gegend und 
in der Nähe von Frankenthal bis jetzt 12 Eisen— 
bahnwaggons zum Preise von 70 Pfg. bis 1Mtk. 
30 Pfg., per CEtr. für England bestimmt, aufge— 
kauft und gehen jeden Tag 152 Waggons da—⸗ 
hin ab. (L. T.) 
Vermischtes. 
F Aus München wird geschrieben: In sicht— 
lichem Aufschwunge befindet sich der Biererport 
unseres Landes und speziell derjenige unserer Stadt. 
Im Jahre 1877 exportirte München nur 50,000 
Hektoliter Bier im Werthe von etwa 7 Villionen 
Mark, und alle Aussichten lassen erhoffen, daß die 
Münchener Bierexportindustrie erst am Anfange ihrer 
Entwickelung steht. Still und unbeachtet rollen die 
bayerischen Bierfüsser immer massenhafter nach der 
Schweiz und Frankreich, vor allem nach Norddeutsch— 
land, ja selbst nach dem Orient, nach Indien und 
neuerdings sogar nach Wien selbst, wo der Siß 
einer großen und renommirten Bierindustrie ist, deren 
Leistungsfähigkeit allerdings mehr und mehr hinter 
ihrem Rufe zurückgeblieben. Bei einem neulichen 
Besuche Wiens fand ich in mehreren und gerade 
sehr beliebten und besuchten Wirthschaften Ansbacher 
Bier, welches erft seit kurzem und allem Anschein 
nach mit gutem Erfolge verzapft wird und mich 
persönlich die ungemein verschlechterten Bierverhält— 
nisse der Residenzstadt an der Donau einigermaßen 
ertragen ließ. Auf der von bayerischen Brauern 
sehr zahlreich beschickten Colonialausstellung zu Am— 
sterdam dürfte das bayerische Exportbier große Tri⸗ 
umphe erzielen und insbesondere der englischen, den 
Weltmarkt beherrschenden Bierindustrie gegenüber 
seine Ebenbürtigkeit, wenn nicht Ueherlegenheit be— 
weisen. Inmitten der erfolgreichen deutschen Export⸗ 
bestrebungen steht die bayerische Bierindustrie mit 
ganz besonders günstigen Aussichten und es liegt 
aur an ihr selbst, dieselben zu verwirklichen. 
Der König von Bayern hat das Auf— 
ührungsrecht für „Parsifal“ käuflich erworben. 
Das Bühnenweihfestspiel dürfte voraussichtlich noch 
im Dezember d. J. an der Münchener Hofbühne 
zur Aufführung gelangen. 
F Gie heil same Buße.) Aus Straubing 
wird der „Coxr. Hoffmann“ geschrieben: Vor einigen 
Tagen kam in eine hiesige Brauerei ein Bäuerlein 
aus der Passauer Gegend und fragte nach dem 
Besitzer. Als derselbe zur Stelle kam, sagte das 
Bäuerlein: „Hr. N. N., Sie haben mir vor drei 
Jahren 10 Doppeihektoliter Gerste abgekauft und 
mir hiehei zwei Fünfmarkscheine zu viel gegeben 
Hier ist das Geld nebst Zins. Der Hochw. Hr 
Pfarrer, dem ich heuer die Sache gebeichtet habe 
hat mir die Buse auferlegt, Ihnen das veruntreute 
Gut persönlich zurückzugeben.“ Einige gemein— 
schaftlich getrunkene Liter Bier bildeten den Schluf 
der Wiedererkennungsscene. 
F Bamberg. In Z. und L. führten zwei 
prozeßlustige Bauern wegen einer Bagatellsache 
schon mehrere Jahre Prozeß. Als nach Beendigung 
des Streites der Kläger F. zur Tragung aller 
Kosten verurtheilt wurde, alterirte sich dessen Frau 
so sehr, daß sie in einem Anfalle von Geistes 
törung den Tod suchte. 
Saarlouis, 10. April. Neuerdings hört 
die „Str. P.“ zu dem Falle des kürzlich verhafte— 
ten Oberstabsarztes Dr. Schmitten ziemlich glaub— 
haft oder vielmehr bestimmt erzählen, daß die Fäden 
der hier in Rede stehenden Militärbefreiungen denn 
doch bis zu den vielen anderen Betrügereien in 
Mühlhausen hinüberspielen sollen. Der Verdacht 
jegen Schmitten soll geweckt worden sein, durch 
Enthüllungen eines früher hier in Garnison ge— 
tandenen Bataillonsarztes Dr. Zeschke, dessen Namen 
n der neuen Rang- und Quartierliste nicht mehr 
geführt wird. Der Mann der einzigen Tochter 
Schmitten's, Premier-Leutnant N., der ebenfalls 
jier garnisonierte, ist sofort nach der Verhaftung 
eines Schwiegerbaters zu einem anderen Regimente 
yersetzt worden. 
F In Mannheim wurde nenlich nach Mit— 
ternacht ein Raubanfall auf einen jungen Mann 
zemacht. Derselbe erwehrte sich mit einem Stocke 
der beiden Strolche, die ihn angefallen, und rettete 
lich. nachdem der Stock zerbrochen war, durch die 
Flucht. — Ein zweiter Raubanfall wurde in der 
Nacht des 9. April ausgeführt. Ein Schiffer, der 
sich nach seinem Schiffe begeben wollte wurde jen— 
seits des Hafencanals von zwei Strolchen überfallen, 
mißhandelt und seiner Börse, welche etwa 9 Mark 
enthielt, beraubt. — In Pforzheim fand der 
2lIjährige Stud. med. Marquardt während eines 
in einer Badeanstalt genommenen Warmbades durch 
das Ausströmen von Kohlenoxydgas aus einem 
Heizungsrohr seinen Tod. 
fF Heidelberg, 10. April. Der des Mor—⸗ 
»es an Metzgermeister Heppel don Schwetzingen 
»erdächtige inhaftirte Barbier hat sich gestern im 
Schwetzinger Amtsgefängnisse erhängt. 
F Freiburg i. Br. 11 April. Oberinspek⸗ 
or Ambros von hier, angeklagt der fahrlässigen 
Tödtung und der Körperverltzung, wurde mangels 
hinreichender Begründung der Anklage außer Ver⸗ 
'olgung gesetzt. 
F Freiburg, i. Br. 11 April. Soeben 
»ezeugten zwei Zimm ermeister, daß manche Schwel—⸗ 
sen bei Hugstetten so verfault waren, daß man mit 
den Fingern Nägel herausziehen und das Holz mit 
der Hand zerdrücken konnte Das Schwellenmaterial 
jestehe aus Tannenholz. 
(Verhaftung) Stuttgart, 1I1. April. 
Der von den schweizerischen Behörden wegen Unter— 
ichlagung und Betrugs im Betrag von 200,000 
Fr. steckbrieflich verfolgte 47jährige Bezirksschreiber 
darl Benzinger von Oberegg (Canton St. Gallen) 
wurde gestern hier verhaftet, als er sich eben bei 
inem Auswanderungs-Agenten die Ueberfahrt nach 
Amerika sichern wollte. An baarem Gelde wurden 
iur ca. 6300 Fr. bei ihm vorgefunden. 
FHagen i. W., 11. April. Heute in aller 
Frühe wehte von der höchsten Spitze des Gold—⸗ 
zerges eine rothe Fahne, auf welcher in großen 
Buchstaben F. L. eingenäht war. Die Fahne 
vurde schleunigst entfernt, ohne daß es bis jetzt 
elang, die Urheber der Demonstration zu entdecken 
Der 11. April ist der Geburtstag Ferdinand Lassalle's 
(Sonderbare Ergänzung einer Fa— 
nilienanzeige.) Die „Post aus dem Riesen—⸗ 
gebirge“ brachte kürzlich folgende Insertion: 
„Verspätet. Die Nr. 68 dieses Blattes ent⸗ 
hält nachstehende, mir heute erst zu Gesicht kom— 
mende Anzeige: 
„Die Verlobung meiner ältesten Tochter Wanda 
mit Herrn Hugo Hart mann erlaube mir statt 
jeder besonderen Meldung hierdurch ergebenst anzu⸗ 
zeigen. von Psannenberg, 
Warmbrunn. Oberstlieutenant a. D. 
„Ich sehe mich hieraus veranlaßt, zu erklären, 
daß ich Herrn Hugo Hartmann — wenn mir auch 
Nichts bekannt, was seine Ehrenhaftigkeit in Zweifel 
ziehen könnte — niemals als Familienmitglied an⸗ 
erkennen kann und werde, da er Schaufpieler 
sst, und somit nicht in eine Offizierfamilie gehört. 
Saarburg in Lothringen, den 53. April 1883. v 
Bfannenberg, Rittmeister und Eskadron⸗Che 
im Rheinischen Ulanen-RMegiment Nr. 7* 
FHamburg, 11. April. Der Reichstaq— 
abgeordnete für Hamburg, Julius Sandinn 
wurde heute früh ertrunken im Billefluß gefunde 
Es wird ein Selbstmord wegen finanzieller Zerrü 
tung angenommen. Der Vorstorbene betriebe 
zroßes Tabak-Importgeschäft, in welchem er Ve 
uste erlitt. Sandtmann war Führer des hiesige 
Fortschritts und persönlich sehr beliebt. Der du 
erregt allgemeine Bestürzung und Theilnahme. 
In neuester Zeit werden auf einer der west 
ichen Eisenbahnen Versuche über die Verwendba 
keit von Papiermasse gefertigten Eisenbahnschienen 
gemacht. Diese Versuche wurden durch den Erfol 
der bereits bei vielen Eisenbahnen — * 
Waggonräder veranlaßt und rühmt man den neu— 
artigen Schienen besondere Festigkeit und groß⸗ 
Wiederstandsfähigkeit gegen die Einflüsse der Wi— 
jerung nach. Die Stahlfabrikanten sehen mit ge— 
rechtfertigtem Interesse dem Erfolge dieser Probe 
entgegen. 
F(EGundertmarkscheine als Kinder 
spielzeug.) Passanten des Augartens in Wier 
fahen am Montag früh, wie einige Kinder in de 
Allee in der Nähe des Thores gegenüder dem Nord 
westbahnhof mit Hundertmarkscheinen in Händen 
umherliefen. Auf die Frage, woher sie das Geh— 
hätten, versetzten die Kleinen, daß sie die „schöner 
Bilder“ eben jetzt in dieser Allee gefunden haben 
und daß sie nun damit spielen. Die Kinder wolb— 
en wieder davon eilen, als ein Herr in einen 
Reisepelz athemlos die Allee herabgelaufen kam, der 
sobald er das Geld in den Händen der Kinder er 
blickte, ihnen die Hunderte mit der Erklärung ent— 
riß, daß das sein Geld sei, was er übrigens denn 
nuch bewies. Von'den vierzehn Stück Hundertmack— 
cheinen, die dieser Herr, ein eben aus Berlin zu— 
zereister Kaufmann beim Durchgehen durch den Au— 
zarten verloren, erhielt er nur noch zwölf Stüd 
vieder. Wohin die fehlenden zwei Hundertmark 
cheine gekommen, konnte keines der Kinder angeben 
Gleichwohl war der Fremde sehr glücklich, wenig⸗ 
stens so viel wieder erlangt zu haben, und beschenhit 
die sechs Kinder, die seine Hunderter als Spietzeue 
in den Händen trugen, mit einigen Goldstücken 
worauf die Kleinen jubelnd zu ihren Eltern heim— 
iiefen. 
Ger Reisealtar des Kaisers von 
Desterreich.) Auf allen größeren Reisen des 
Kaisers von Oesterreich, bei welchen ein Hofburg— 
kaplan sich befindet, wird anch der Reisealtar des 
Kaisers mitgenommen. Der Altar hat seine Ge— 
schichte. Er stammt, wie das „Fremdenblatt“ be— 
richtet, aus den Zeiten Kaiser Rudolfs U. An 
demselben betete Ferdinand II.; er begleitete in den 
Tuͤrkenkriegen Kaiser Josef II. und in neuerer Zeit 
den Bruder des Kaisers von Oesterreich, Ferdinand 
Max, auf seiner Reise nach Mexiko. Der Altat 
hesteht aus einer mit Eisen stark beschlagenen läng⸗ 
lichen Holzkiste, deren Deckel im aufgeschlagenen 
Zustand ein älteres Gemälde, das Abendmahl 
Thristi vorstellend, darbietet. Die beiden Seitentheile 
werden, um dem Altar die nöthige Länge zu geben, 
aufgeschlagen und vier in den Boden der Kiste ein⸗ 
gesenkte Füße herabgelassen; der konsekrirte Altar⸗ 
tein wird sodann in die Mitte der Mensa gestellt, 
ie vorgeschriebenen drei Tücher darauf gelegt und 
Zreuz und Kerzen angebracht. Dieser Reisealtat 
vurde von Kaiser Franz Josef auch auf seinet 
Reise nach dem heiligen Lande 1869 und zur 
Zuezkanaleröffnung mitgenommen. Der Reisekaplan 
ind Historiograph Dr. Beda Dudik las an diesen 
Altare auf offener See die heilige Messe. 
Paris, 12. April. Ein deutscher Sozicb 
demokrat, Namens Blume, wurde aus Paris aus⸗ 
gewiesen. 
F Der glückliche Sterbliche, welchem das großt 
Loos der in Paris veranstalteten Tombola von 
Donnerstag Abend (Theaterfest zu Gunsten der 
berschwemmten Elsaß⸗Lothringer)zufiel, hat sih 
noch immer nicht gemeldei. Vielleicht verbirgtee 
sich absichtlich uͤm die ihm beschiedene Gabe nicht 
in Empfang nehmen zu müssen. Dieselbe befeeht 
nämlich in einem Zebra aus dem Jardin des Plantes, 
wie die Gewinnliste sagt, in Wahrheit aber aus 
»einem jungen Esel, der von dem Veiorationsmalet 
Robecchi gestreift angestrichen wurde, um das elo— 
tische Thier darzustellen, welches ächt zu viel ge 
kostet hätte und darum noch am letzten Tage durh 
einen anderen Bewohner des Jardin der Plantes 
ersetzt wurde. 
F GEinkecker Gaunerftreich.) In Pari— 
trat kürzlich in eine Damenkleiderhandlung ein Heu