St. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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AM 79.
Dienstag, 24. April 1883.
iti Bei der Berathung der Nothstandsvor—
Politische Ueberficht lage in der bayer. Reichsrathskammer
Deutsches Reich. amꝰ Samstag trat der Keichsrath Bischof Dre d. Ehr—
München, 22. April. Der sechste (besondere) her (Speyer) mit folgenden warmen Worten für die
dusschuß der Abgeordneten⸗Kammer hielt gestern Interessen der Ueberschwemmten, speziell der Pfalz
Ubend Berathung üder die Rückäußerung der Kam- ein: „Ich habe zuerst Bebenken getragen, heute
ner der Reichsräthe zum Entwurf eines Gesetzes uim Tage meiner Einführung in diese hohe Ver—
vetreffend die Gewährung einer staatlichen Beihilfe ammlung mir schon das Wort zu erbitten, allein
zur Beseitigung der durch die jüngsten Ueberschwemm- das Interesse für mein Bisthum, das Interesse für
ungen herbeigeführten Verheerungen und faßte mit die schwer geschädigte Pfalz, wo ich zu wirken be—
11 gegen 10 Stimmen folgende Beschlüsse: 1) Den rufen bin, hat mir das Reden geboten, und Ihre
MNodificationen der Kammer der Reichsräthe zu Art. Rachsicht wird mir sicher sein. Ich hätte aus dop⸗
Abs. 1,(3Ziff .J des Beschlusses der Kammer der deltem Grunde gewünscht, daß die Vorlage der kgl.
peichsräthe) serner zu Ärt. 1 Abs. 2 Nit b (Ziff. Staatsregierung von Seite beider Kammern voh
M dann zu Art. 8 Abs. 2 (Ziff. 6) sei die Zu⸗ und ungeschmälert wäre angenommen worden, ein⸗
zimmung zu versagen. (Hiernach wurde also die nal wegen des Nothstandes der überschwemmten
on den Reichsräthen beschlossene Erhöhung der für dandestheile. Diese Noth, hohe Herren, war eine
die einzelnen Beschädigten bewilligten Summe von ehr große und ist es noch theilweise und wird es
460, 000 M. auf 1,075,000 M., desgleichen der roch lange bleiben. Nur der, der sie aus eigener
zusatz, wonach Ersparungen in einem Regierungs- Unschauung kennt, wer die Schreckenstage und
ezirk für einen anderen verwendet werden können, Nächte mit durcherlebt, wer die Ängst und Sorgt
ibgelehnt.) 2) Den Modificationen der Kammer der der Bevölkerung geschaut und die Veriuste, nur der
heichsräthe zu Art. 1Abs. 3 (Ziff. 8), ferner zu dann fich eine annähernde Vorstellung von unserem
Art. 3 Ziff. 1(Ziff. 5) sei die Zustimmung zu er· Inglücke machen. Es mag sein, daß in manchen
heilen. Z, Den Modificationen der Kammer der Zeilungsberichten Unrichtiges mit unterlaufen, aber,
heichsräthe zu Art. 2 (Ziff. M, sowie zu Art. 5 neine hohe Herten, wenn ganze Ortschaften über—
Ubs. 2 und 3 (Ziff. 7) sei gleichfalls die Zusstiimm- chwemmt worden sind, wenn die Bewohner nach
ing zu ertheilen. 4) Den Modificationen der Tausenden gezwungen sind, zu flüchten, und bei
Rammer der Reichsräthe zu Art. 4 (Ziff. 8) sei hrer Rückkehr nichts mehr finden, als Trümmer
in Consequenz der vorausgegangenen Beschlüfse mit hrer Habe, dann kann von Uebertreibung der Noth
der Abänderung zuzustimmen, daß der Gesammtbe- nicht die Rede sein. Allerdings hat sich die Wohl⸗
darf auf 1,460,000 M. festgestelli werde. Die Be⸗ khätigkeit glänzend und in großartigem Maße be⸗
hlüsse unter 2, 3 und 4 wurden einstimmig gefaßt. wiesen, und wir wären ja in der ersten Noth un⸗
Ueber das Schicksal des Gesetzentwurfes herrscht erlegen, aber die Wohlthätigkeit ist nicht im siande
noch völlige Ungewißheit. Die Kammer der Abge- den demachten Schaden ganz zu heilen. Noch aus
rdneten hält morgen Vormittag 90 Uhr Plenar- inem anderen Grunde hätte ich gewünscht, daß die
hung, in welcher die vorgenannten Anträge zur Regierungsvorlage ganz und voll wäre angenommen
herathung gelangen. Man hofft bis Mitlag fer worden.Das ist der Muth und das Vertrauen
sig zu werden, weil der betreffende Ausschuß der der Bevölkerung, das hierdurch wäre gehoben und
keichsräthe auf 1 Uhr Mittags-Sitzung über die zestärkt worden; in einem großen Unglücke muß
beschlüsse der Kammer der Abgeordneten anberaumt der Vertrauenslosigkeit entgegengewirkt, der Hoff⸗
jat, welcher um 2 Uhr eine Plenarsitzung folgen nunngslosigkeit gesteuert, neue Zuversicht maß in die
oll, auf deren Tagesordnung Beschlußfafsung über Heczen eingesenkt und der Blick in eine bessere Zu⸗
die Rückaußerung der Kammer der Abgeordneten unit muß eroͤffnet werden; der vom großen Un⸗
8 „Es ist nicht ausgeschlossen, daß mit einer Jlück Betroffene muß dahin gebracht werden, daß
Abendsitzung der Kammer der Abgeordneten die er in den Trümmern seines Besitzstandes die Steine
bertagung bis zum Herbst eintreten kann, weil am uind Elemente zum neuen Baue sieht und daß er
VNendtag in Folge der kirchlichen Feierlichkeitenz um nit Muth und Vertrauen den neuen Bau beginnt.
beorgifest die Prinzen des kgl Hauses und außer- Diese moralische Kräftigung der Bevölkerung schätze
hem viele Reichsräthe in Anspruch genommen sind. ch hoch und vielleicht höher, als die materielie
Morgen vor Beginn der Plenarsitzung der Anterstützung, und auch deswegen hätte ich gewünscht,
dammer der Abgeordneten versammeln sich die sieiben daß die Voriage angenommen worden waͤre. Dies
Abtheilungen zur Wahl von je drei Mitgliedern in vollte ich meiner Adstimmung vorausschicken.“
den besonderen Ausschuß zur Berathung des An⸗ In der Ausschußsitzung der Kammer der bayer.
rages des Abgeordneten Keßler, betr. die Revission Reichs rathe, in welcher die Nothstandsvorlage
F Gesetze vom 16. April 1868 über Heimath, berathen wurde, ergriff u. A. Reichsrath Krämer
—— und Aufenthalt, und vom 29. April das Wort. Er hielt die Summen der Abgeordne⸗
de über öffentliche Armen · und Krankenpflege benkammer, namentlich bezüglich der Pfalz, für un⸗
er Ausschuß hat sich dann auch sofort zu konstituiren. genügend und erklärte sich jür die Vorschläge des
München, 23. April. Die Kammer der Referenten Grafen Lerchenfeld, hauptsächtich mit
—X nahm nach langer, erregter Debatte Rüchicht darauf, daß in denselben von der Refun⸗
dre 78 gegen 76 Stimmen den Beschluß der dirlichtkeit (Zurückzahlung) ganz abgesehen werde.
anmer der Reichsrathe, die Nothstandsvor⸗ Berlin, 21. April. Die heutige Abstimmung
— an Es sind somit 1,075,000 im Reichstag hat für die grundlegenden Bestim
* Einzelunterstütungen bewilligt. welche un- mungen des Krankenkassen-Gesetzes eine
9 irbar, also nicht zurückzubezahlen sind. Hievon sehr deträchtliche Mehrheit ergeben. Conseroalive,
* auf die Pfalz 240,500 Mi. Dagegen lehnte Centrum, Nationalliberale, ein Theil der liberalen
* ammer die Uebertragbarkeit der Ersparungen Vereinigung, ein Mitglied der Forischrittspartei und
einer Provinz auf die andere) ab und geneh⸗ die Volispartei haben diese Grundbestimmungen an⸗
—* schließlich das ganze Gesetz. Heute Nach jenommen. Es ist sonach Aussicht dorhanden, daß
d um 4 Uhr erfolgt die Vertagung. as Gesez auf Grund der Commissionsbeschlüss⸗
—18. Jahrg
zustande kommt; Schwierigkeiten könnte nur noch
die Frage der Versicherung der landwirthschaftlichen
Arbeiter machen.
Berlin, 28. April. Der Kronprinz und die
Frau Kronprinzessin sind heute Nachmittag um halb
3 Uhr über Leipzig und München nach Venedig
abgereist.
Ausland.
Paris, 23. April. Der französisch- öster⸗
reichische Handelsvertrag, der mit dem 15. nächsten
Monats abläuft, ist für die Dauer eines Jahres
»erlängert worden.
Toulon, 28. April. Es befinden sich zwei
Schiffe in der Ausrüstung, welche 2000 Mann
nach Tonkin bringen sollen.
Eine besondere Polizeiwache wird organisirt,
um der Moskanmer Polizei anläßlich der Krönungs-
feier auszuhelfen. Dieselbe wird aus 190 erfahrenen
Polizeioffizieren, 60 Distrikts-Oberaufsehern und
200 Gensdarmen bestehen und von dem Chef⸗Super⸗
intendenten Oberst Antonoff befehligt werden.
Der Nihilisten⸗ Prozeß in Odessa hat überraschende
Thatsachen zu Tage gefördert. Demnach besteht
eine Centraldirektion des Nihilistenbundes, welche
die Action der Localvereine leitet und in allen
Theilen Europa's Vertretungen besitzt. Der Leiter
dieser Organisation ist, wie die irische „Nr. 1“,
eine mysteriöse Persönlichkeit, deren Namen selbsf
den die höchsten Stellen im Bunde bekleidenden
Mitaliedern unbekannt ist.
—
Eokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 24. April. Mit Rükjicht
auf seine Thätigkeit im Reichsrathe sah sich der
hochw. Herr Bischof von Speyer veranlaßt über
die Vornahme der Firmung im Dekanat Zwei—
brücken neuerdings folgende Bestimmung zu treffen:
am 29. April Firmung in Zweibrücken, am 30.
in Medelsheim, am 1. Mai in Rubenheim, am
2. in Bebelsheim, am 3. in Ensheim, am 4. in
Sit. Ingbert, am 5. in Laußkirchen.
C0. Edenkoben, 21. April. 7. Verbands⸗
chießen. An Ehrengaben wurden bis jetzt ange⸗
neldet: von der Schützengesellschaft Mannhbeim eine
Babe im Werthe von 300 Mk.; vom Gewerbe—
Verein Edenkoden eine solche von 100 Mk.; vom
Verein Frohsinn hier Werth 100 M.; Turnverein
hier Werth 50 M.; Volksbank e. G. hier Werth
200 M.; von Herrn Augnst Kuby hier drei Ga—
den: 1 Oelbitd, Landschaft, 1 do. Landschaft und
eine Collektion Dessertweine; von Herrn Adrian
dan Mil hier Werth 50 M.; vom Ardeiterbildungs-
Verein hier Werth 40 M.; von Herrn Norbert
Lochbaum, Berlin, ein Pracht⸗Photographie⸗Album
Werth 100 M.); Mitwoch⸗Kegelklub bei Schlei⸗
ver hier Werth 20 Mark; Casinogesellschaft hier
10 Doppelkronen in Etui — 200 M.; vom
Schütz nverein Fraukfart a. M. 4 Gaben im Ge⸗
jammiwerthe von 200 M.; Uröchützengesellschaft
daselbst Werth 60 M.; und Schützengesellschaft
.Tell“ daselbst auch Werth 60 M.; vdom Turn⸗
verein Edenkoben a. VWerio 50 M; von fünj
Bäckermeinern. Mitalieder der Schützengesellschafi
hier, “ Dtzo. sirberne Löffel (Werth 50 M.);
Schatze ugej. lich iit Fea kent,al auf Scheibe „Pfaiz'
baur 150 M
— Wacheubenm, 20. April. Die „Perle
der Pfalz“ (1874er Forster Kranich und Kirchen⸗
stück Ausbruch), aunf welche bei der gestrigen Wem⸗
oersteigerung d's Herrn Dr. Büsklin 9520 Marl
geboten wurden, wurde nach der Versteigerung von