utzung für Erwachsene. Das für nur einen
Bezirk! Außerdem kommen noch alljährlich 36,000
Suppenbillets zur Vertheilung.
Heidelberg, 31. Dez. Heute früh stieß
der um' 4 Uhr 40 M. von Mannheim nach Heidel-
erg gehende Personenzug bei der Einfahrt in den
ziesigen Bahnhof auf eine Locomotive, welche eben
wasser gefaßt hatte und sich auf einem unrichtigen
geleise befand. Diese Locomotive, sowie die Loco⸗
motive mit Tender und mehrere Personenwagen
zes einfahrenden Zuges entgleisten und wurden be—
Feutend beschädigt. Von den Passagieren wurden
rünf erhebeblich verletzt und drei nach dem Spital
verbracht, nämlich Geörg Gaa, Arbeiter aus Plank⸗
fadt, Nicol. Heinrich, Eisenbahnarbeiter aus
Altneudorf und Nic. Schuhmacher, Taglöhner
jon Eppelheim. Ein Passagier, welcher leichter
vJerletzt ward, setzte seine Reise fort. Zugführer
Zdramenr erlitt unbedeutende Verwundungen am
Kopfe. Falsche Weichenstellung ist Ursache des Un—
falls und fällt dem Weichenstell Jungmann zur Last,
welcher sofort flüchtig geworden ist. Der Verkehr
wurde nicht dauernd gestört. Untersuchung ist durch
die Staatsanwaltschaft alsbald eingeleitet worden.
Wornms, 1. Januar, 1 Uhr 15 Minuten
Nachm. Auch der Rheindamm bei Mörsch ist ge—
hrochen. In Bobenheim und Roxheim sind 40
Häuser eingestürzt, veranlaßt durch den Brnuch des
ültrheindammes bei Bobenheim. In Wigheim sind
ast sämmtliche Häuser eingestürzt. Aus Oppau
wvird der Einsturz von circa 60 Häusern gemeldet.
Das Wasser in Bürstadt wächst zusehends. Ein
Haus nach dem andern verschwindet in der tosenden
Fluth. Eich und Hamm sind schwer bedroht. Auch
dort sind schon viele Häuser den schäumenden
Wogen zum Dpfer gefallen. Weitere 100 Soldaten
iind soeben nach Eich abgegangen. *
F Köln, 31. Dez. 8 Uhr 30 Min. (W.
T. B.) Pegelstand 8.95, Bingerbrück 5. 85, Cob⸗
lenz 8. 16, Trier 3.70, hier anhaltend starker Regen
und sehr schwüle Temperatur,
Eine Rabenmutter, welche ihr 34 jähriges
dind, weil dasselbe 70 Pf. verloren, zu Tode miß⸗
jandelt hatte, wurde in Ger a zu 8 Jahren Zucht⸗
Jaus vecurtheilt. — Ebendaselbst erhielt ein 70jähr⸗
iger Fabrikant eine Gefängisstrafe von 5 Jahren,
wveil er vor einigen Monaten einen jungen Men—
chen, der in seinem Gerten eine Birne gepflückt,
iotgeschossen hatte.
F Nach der letzten Volkszählung gestalten sich
die konfessionellen Verhältnisse in
Deutschland wie folgt:
Auf je 1000 Einwohner kommen
Evangelische Katholiken Juden.
195 777 25
278 709 10
347 532 17
347 337 13
391 299 7
379 288 90
772 220
952 34
963 33
362 30
55 20
967 57
325
3270
73
276
274
84
387
968
Länder
ẽlsuß⸗Lothringen
Bayern
Baden
ßreußen
Vürtte mberg
dessen
Oldenburg
hremen
Sachsen⸗Weimar
dippe⸗Detmold
Waldeck
braunschweig
hamburg
Zachsen
Anhalt
dübeck
cchaumburg⸗Lippe
Sachsen⸗Koburg⸗Gotha
keuß ä. L.
Sachsen⸗Meiningen
Schwarzburg⸗ Sonders⸗
hausen 92
Sachsen⸗Altenburg 394
Reuß j. L. 9393
Schwarzburq⸗ Rudolstadt 995 4 —
Mecklenburg⸗Schwerin 992 2 5
Mecklenburg⸗Strelitz 998 2 5
Ganzes Reich 625 360 124
Die Tabelle zeigt also im Ganzen von oben
nach unten eine verhältnißmäßige Zunahme der
vangelischen und eine Abnahme der katholischen
Bevölkerungen. — Die Bevölkerung der ganzen
Erde vertheilt sich nach den einzelnen Religionen
auf 433 Millionen Christen (181 ev., 210 kath.,
d2 grieh.⸗-kath.); 6*8 Millionen Inden, 196 Mill.
Nohamedaner, 687 Mill. Buddhisten ꝛc., 128 Mill.
Hdeiden (zusammen 1018 Mill. Nichtchristen).
3
Victor Hugo und Kaiser Franz Joseph.
Anter diesem Titel erzählt die republikanische Lega
»esla Demrcrazia, daß, als der Kaiser Max in
Mexiko zum Tode verurtheilt wurde, Napoleon III.
yon Juarez seine Begnadigung vergebens erbat.
Nach Eingang der abschlägigen Antwort habe Na—
voleon dieselbe telegraphisch dem Kaiser von Oester⸗
eich mitgetheilt und hinzugefügt: Nur ein einziger
Mann vermag Maximilian zu retten, wenden sich
ẽ5w. Majestät an Victor Hugo, „den Dichter“.
In Folge dessen soll sich der Kaiser wirklich an
Bictor Hugo gewandt, und dieser auch sofort an
zugarez telegraphirt haben. Leider traf, angeblich
ie Depesche erst ein, als der Kaiser schon eine
eiche war. In einem Briefe an Viktor Hugo,
o erzählt die Lega, drückt Juarez sein Bedauern
nit folgenden Worten aus: „Ich habe die Be—
madigung allen Mächtigen Europas abgeschlagen;
FIhnen allein würde ich sie nicht verweigert haben,
venn Ihre Depesche zur rechten Zeit eingetroffen
väre.“ Von diesem Brief erhielt Kaiser Franz
Joseph später Kenntniß.
„Heute“, so schließt die Lega, „hat der Kaiser
hictor Hugo seine humane Vermittelung von da—
nals vergolten.“ (Hinweisung auf die Hinrichtung
Iberdanks.)
Die Lega della Democrazia giebt übrigens die
Zuelle, aus welcher sie diese Anekdote schöpft, nicht
in, und ist die Richtigkeit derselben bis auf Wei⸗
eres also wohl in Zweifel zu ziehen.
4 Von einem tragischen Geschicke wurde der
sterreichische Linienschiffs-Fähnrich Andreas Edler
on Hofer, ein Sohn des Direktors des Rei hs⸗
Finanzarchivs Karl Edler v. Hofer und Urenkel des
„andwirthes Andreas Hofer, ereilt. Derselbe wohnte
n Tola auf dem dortigen Schießstande einem Ver⸗
uchsschießen bei. Plötzlich entlud sich durch Zufall
»as Gewehr eines Einjahrig-Freiwilligen, die Kugel
rang dem Fähnrich in den Unterleib, wodurch
essen Tod herbeigeführt wurde.
Paris, 1. Januar. Gambetta isi
um Mitternacht gestorben.
Leon Gambetta ist geboren am 20. April 1838
n Cahors, wurde 1859 Advokat in Paris und
eichneie sich bei den republikanischen Wahlagitatiz
»nen und als Vertheidiger in politischen Processen
uurch scharfe Angriffe auf das Kaiserreich aus. 1869
vurde er in Marseille in den gesetzgebenden Körper
ewählt, gesellte sich hier der Partei der Uuver—
ohnlich n zu, wurde am 4. September 1870 bei
zer Abjetzung des Kaisers und der Proclamamirung
zer Republick mit thätig, wurde bei der proviso—
ischen Regierung Minister des Inneren, verließ am
z. October Paris im Luftballon, übernahm im
Tours auch die Ministerien des Krieges und der
Finanzen, organifirte die Massenerhebung zum
holkskrieg, schaltete als Dictator und leitete die
driegsoperationen. Seit 1876 ist er Mitglied der
Depuͤtirtenkammer. Seine neueste Thätigkeit ist
noch in Aller Erinnerung.
Der ehemaliche Leibarzt von
NRapoleon III., der in der Gefangenschaft auf
Wilhelmshöhe und später in der Verbannung bis
ains Ende bei ihm ausharrte, Baron Lucien Cor—⸗
visart, wurde Mittwoch zu Grabe getragen. Er
war der Großneffe des Arztes gleichen Ramens, zu
dem Napoleon J. ein unbeschränktes Vertrauen hatte.
Viele bonaparstische Notabilitäten wohnten dem
Trauergottesdienst bei, der in der Kirche— Saint-
Bierre in der Vorstadt Chaillot gefeiert wurde.
Man zeigte sich da einen ungeheuren Veilchenkranz
iber dem Sarge, den die Kaiserin Eugenie geschickt
hyatte. Wie verlautet, wird die Wittwe Napoleons
II. die Tochter des Verstorbenen als Gesellschaf⸗
zerin an Stelle des Fräulein Breton, die sich nach
anger Trauer um ihren im letzten Kriege gefalle⸗
jen Bräutigam, den oft genannten Maler Henri
staͤgnault, kürzlich doch noch vermählt hat, zu sich
ehmen.
(Eine seltene Gage.) Der Bariton der
hariser großen Oper, Lasalle, nimmt für nächstes
Fahr seine Entlassung und geht zunächst nach Ruß—
and, wo ihm für eine Saison 500.000 Francs
gesichert werden.
FEin allerliebstes Weihnachts—
närch en erzählt Iwan Turgeniew in der“ Revue
olitique et litéͤraires: „Zwei oder der drei Tage
»or Weihnachten gab der liebe Gott ein Fest in
einem Azurpalast. Sämmtliche Tugenden waren
zazu eingeladen, aber nur die weiblichen Tugenden.
keine Herren, lauter Damen. Da sah wan denn
ruch viele Tugenden bei einander, große und kleine.
Die kleinen waren gefälliger und hübscher als die
großen, aber alle schienen mit einander wohl be—
kannt und befreundet zu sein. Plötzlich aber sah
der liebe Gott zwei schöne Damen, die einander
dem Anscheine nach gar nicht kannten. Der Haus⸗
her nahm nun die Eine derselben bei der Hand,
um sie der Andern vorzustellen. Die „Wohl⸗
thätigkeit“, sagte er mit einem Blicke auf die Erstere.
— Die „Dankbarkeit“, fügte er hinzu, indem er
auf die andere zeigte. Die beiden Tugenden waren
höchst erstaunt. Seit Erschaffung der Welt begeg—
neten sie sich hier zum ersten Male.
F Ein Musterstaat der Nüchtern-—
heit ist das kleine St. Jves in Cornwall in Eng⸗
and. Der Mayor, die Hälfte der Friedensrichter
ind die Mehrzahl der Stadträthe sind Temperenzler.
Das Parlamentsmitglied ist durch ein Gelübde ver—⸗
oflichtet, im Unterhaus eine Bill des Sir Wilrried
Lawson zu unterstützen, welche den Steuerzahlern
in den Städten die Macht geben würde, Wirth—
chaftspatente zu gewähren oder zu verweigern. Die
Stadt hat eine Bevölkerung von 7000 Seelen, zu
)rren Ueberwachung ein Polizeisoldat genügt, und
vährend des letzten Jahres fanden nur zwei Ver—⸗
artheilungen wegen Trunkenheit statt.
Zur Förderung der Einwanderung aus
Deutschland nach Canada ist, wie aus Ottowa,
Ontario, gemeldet wird, von einer kanadischen
dompagnie, unter den Auspizien des deutschen
donsuls in Mont⸗real, die Gründung einer direkten
Dampferlinie zwischen Deutschland ünd Canada in
Aussicht genommen worden. Wie es heißt, hat
die canadische Regierung versprochen, das Unter⸗
rehmen unterstützen zu wollen. Die Dampfer sollen
im Sommer in Quebec und Montreal und im
Winter in Halifax landen.
F (Tintenpflanze.) Man ist drauf und
dran, in Europa eine Pflanze aus Neu-Granada,
zie berufen ist, unseren Tintenfabrikanten ernstliche
Loncurrenz zu machen, zu akklimatsiren; dieselbe
wird .Coriaria thimifolia“s oder auch Tintenpflanze
jenannt. Der Saft, der von der „Cariaria durch
Pressen gewonnen wird, heißt Chami und ist an—⸗
tänglich roth, verwandelt sich jedoch in einigen
Stunden in ein intensives Schwarz. Der Chami
zreift metallische Federn weniger an als gewöhn⸗
liche Tinte, widersteht besser der Zeit und bedarf
keiner Bereitung, so daß derselbe sofort gebraucht
verden kann. Man glaubt, daß zur Zeit der
panischen Herrschaft alle veröffentlichten Documente
mit solcher Tinte geschrieben seien; das Meerwasser
jat dieselben nicht affizirt, wie es bei Tinte anderer
Natur geschehen wäre.
(Gehirnarbeiten.) Die Behauptung, daß
diejenigen, die nur mit dem Gehirn arbeiten, weni⸗
zer Nahrung bedürfen, als die Arbeiter mit der
dand, ist eine irrige, da geistige Thätigkeit eine
größere Erschöpfung der Gewebe bewirkt, als Mus⸗
telarbeit. Nach einer sorgfältigen Berechnung grei—
fen drei Stunden schweren Studirens den Körper
mehr an, als eine physische Anstrengung, die einen
zJanzen Tag währt. „Ohne Phosphor kein Ge—
danke“, sagt Moleschot, und der Verbrauch dieses
inentbehrlichen Bestandtheils des Gehirns nimmt
'm Verhältniß der Arbeit, die dieses Organ zu
»ollbringen hat, zu. Die Wichtigkeit des Gehirns
ils Arbeitsorgan wird schon durch die Menge des
Blutes, die es erhält, dargethan. Sie ist nämlich
oerhältnißmäßig größer als die eines anderen Theiles
des Körpers. Ein Fünftel des Blutes geht zu dem
Behirn, obschon das durchschnittliche Gewicht der
Blutmasse nur 1140 des Körpergewichts beträgt.
Diese Thatsache allein liefert schon einen Beweis,
daß Gehirnarbeiter mehr und bessere Nahrung be—
dürfen, als Handwerker und landwirthschaftliche
Arheiter
Sterbefãlle.
Gestorben: in Mittelbexbach Julius Ruffing,
20 112 J. a., Sohn des Lehrers Ruffing; in
Alsenz Abraham Gotscho, 57 J. a.
Dienstes⸗Nachrichten.
Die Lehrstelle fiür neuere Sprachen an der
—VV
suchen dem Reallehrer Lebert verliehen. Die
katholische Pfarrei Annweiler wurde dem Pfar—
rer Büngeler in Ommersheim verliehen.
Für die Nedaktion verantwortlich F. X. Demes.