Full text: St. Ingberter Anzeiger

rungen seines Vaters hinsichtlich der Freundschaft 
nit Deuischland hält. Auf seinen ausdrücklichen 
Befehl mußte der deutsche Militärbevollmächtigie, 
HZeneral v. Werder, ihn auf der Reise nach Mos⸗ 
sau begleiten, welche Auszeichnung man nur richtig 
würdigen kann, wenn man weiß, wie wenigen 
Personen sie zu theil wurde und wie hoch sie in 
Kußland aufgefaßt wird. Es wird allgemein 
baruͤber gesprachen. Ferner sptachen der Kaiser 
vie die Kaiserin dem deutschen Botschafter den un— 
mittelbaren Wunsch aus, während der Anwesenheit 
in Moskau einen Abend bei ihm zuzubringen. 
Heneral v. Schweinitz ist somit der einzige Bot⸗ 
schafter, welcher das Kaiserpaar mit all' den zahl⸗ 
reichen Fürstlichkeiten bei sich sehen wird und es 
verben die umfassendsten Vorbereitungen zu einem 
ziänzenden Balle getroffen. Die Wahl für die 
Antectunft der deuischen Botschaft in Moskau konnte 
nicht besser getroffen werden. Das dazu bestimmte 
balastähuliche, gartenumgebene Gebäude erhebt sich 
auf einem der höchsten Punkte Moskaus, somit 
auch lokal gewissermaßen alle anderen Bot⸗ 
schaften überragend, und weithin ist die riesige 
Flagge des Deutschen Reiches, die von dessen Dache 
—V Botschafter beeilten sich 
ihren Dohen zu begrüßen, desgleichen die höchstge⸗ 
fellten russischen Beamten und Generale, u. a. auch 
zer Commandant von Moskau. Unwillkürlich ge— 
Henkt man hierbei der vorigen Krönung, bei welcher 
der französische außerdentliche Botschafter Herzog von 
Morny die glänzendste, der preußische Gesandte 
ine ganz nebensächliche Rolle spielte. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 1. Juni. Von Herrn Karl 
Best wurde uns heute eine neue, in hiesigem 
Boden gezogene Rosenkartoffel übersandt, 
velche beinahe die Größe eines Gänseeies hat. In 
etziger Zeit bei uns gewiß eine Seltenheit. 
Vhim nächsten Sonntag, 3. ds. Mts., 
Nachmittags 4 Uhr findet in Landau die feier⸗ 
liche Eroffnumng des dortigen Fröbelhauses 
mit Kindergarten statt. Hieran schließt sich 
eine Versammlung der Fröbelfreunde und Kinder⸗ 
gärtnerinnen der Pfalz, um über Gründung eines 
pfälzischen Fröbelverbandes zu berathen 
und gleichzeitig gemeinschaftliche Spiele der Kinder⸗ 
gärtnerinnen zu arrangiren. Man sieht einem 
zahlreichen Besuche entgegen und ist darum bei der 
Direktion der Pfalzischen Bahnen für die Festtheil⸗ 
nehmer um Fahrpreisermäßigung nachges ucht. Hof⸗ 
entlich werden durch die projektirte Feier der so 
minent wichtigen Kindergartensache in den weitesten 
reisen neue Freunde gewonnen! 
é«Ensheim, 31. Mai. Viktualienmarkt: 
Kartoffeln 3,80 Mk. ver 50 Kilo, Butter 1,30 Mk. 
Her i Kilo, Eier 60 Pfg. per Dutzend. 
xx Ensheim 1. Juni. Der vor zwei Jahren 
aus Amerika hier eingetroffene 74jährige Bräuti⸗ 
gam, welcher nach kurzem Verweilen sein 72 Jahre 
ahlendes Bräutchen mit sich über den Ocean nahm, 
scheint unter den jungen Leuten hier die Auswan⸗ 
derungslust geweckt zu haben; denn es sind bis 
jetzt in ganz kurzer Zeii 11 Personen von hier 
nach dem fernen hoffnungsvollen Welttheil gereist, 
um dort ihr Glück zu suchen. 
DAus Blieskastel wird der „Zw. Zig.“ 
mitgetheilt: „Der hiesige Vorschußverein wurde über 
die Verlegung des diesjährigen Verbandstages der 
pfälzischen Kreditgenossenschaften noch nicht befragt 
ind wird darauf bestehen, daß derselbe dahier in 
Blieskastel abgehalten wird. Vorbereitungen zur 
fesilichen Abhaltung sind bereits eingeleitet.“ 
SKaiserslautern, 30. Mai. Die Er⸗ 
theilung der persönlichen Conzession zur Errichtung 
ner dierten Apotheke in Kaiserslautern erfolgte 
gestern; dieselbe erhielt Hr. Pfeifer in Lohnsfeld, 
srüher Apoteker in Hornbach. Die Beschwerden der 
durch einen Rechtsanwalt vertretenen hiesigen Apo⸗ 
theker gegen die Conzessionsertheilung wurden in 
gestern stattgehabter öffentlicher Sitzung von der k. 
Regierung in Speyer abgewiesen; dem Vernehmen 
nach wird dagegen Berufung eingelegt werden, und 
ist demnach diese Angelegenheit noch nicht als de— 
finitiv erledigt zu betrachten. — Die Nachricht von 
der in Ludwigshafen errichteten Pensionskasse 
ür die städtischen Beamten und Bediensteten dort⸗ 
elbst hat unter deren hiesigen Collegen freudigste 
Theilnahme und größtentheils auch den Wunsch 
rregt, es möge in Kaiserslantern recht bald ein 
leiches, segensreiches Institut in's Leben gerufen 
derden. Pf. K.) 
— Die Feuerwehr Kaiserslautern 
begeht am 17. Juni d. J. ihr 25j ähriges 
Stiftungsfest, wozu die Feuerwehren der 
pfalz Einladungen erhalten. Den Theilnehmern 
deht ein schöner Tag bevor, da, wie die Kaisersl. 
Ztg.“ hört, die Feler aufs Glänzendste begangen 
vberden soll. Fahrpreisermäßigung ist 
eitens der verehrl. Direction der pfälz. Bahnen 
dereits zugesagt. 
— Am Sonntag waren in Neustadt 21 
ofälzische Gemeindeschreibet versammelt, um die 
Bründung eines „Unterstützungsvereins der Stadt⸗ 
ind Gemeindeschreiber der pͤfalz und ihrer Wittwen 
ind Waisen“ zu vollziehen und eine Petition an 
den Landtag festzustellen, deren Gegenstand die 
Hleichstellung mit den Stadte und Marktschreibern 
m jenseitigen Bayern in Bezug auf feste Anstellung 
ildet. so daß die Dienstentlassung nicht mehr nach 
Villkür, sondern nur mehr im Disziplinarwege soll 
intreten können. Beide Gegenstände der Tages— 
xdnung wurden prompt erledigt. Der Eintritt in 
en Unierstützungsberein ist nach F 8 der Statuten 
edingt durch Zahlung einer Gebühr von 150 M. 
n 6 Jahresterminen; die rückständischen Termine 
ind mit 53 pCt. zu verzinsen; der Jahresbeitraag ist 
uuf 12 Mk. festgesetzt. 
— Im Waͤhlkreise Landau⸗Neustadt ist 
hne Zweifel seitens der nationalliberalen Partei 
ie Kandidatenfrage mit Rücdsicht auf die bevor— 
tehende Reichstags-Ersatzwahl in der glücklichsten 
Beise gelöst worden. In Rechtsanwalt und Guts- 
esizer Mahl a von Landau wurde ein Mann ge— 
unden, der nicht blos wegen seines ächten und 
echten Liberalismus und seines umfassenden Wissens. 
oudern auch bezüglich eingehendster Kenntnisse in 
er praktischen Landwirthschaft ec. als ein ganz ent⸗ 
chieden passender Kandidat erscheinen muß. Er ist 
vie der Siadt, so auch der ländlichen Bevölkerung, 
ür deren Interessen er als hervorragendes Mitglied 
zes landwirthschaftlichen Kreiskomites der Pfalz un⸗ 
blässig wirkt, eine nach allen Seiten hin höchst 
ympathische Persönlichkeit. 
— Ländau, 31. Mai. Wie uns von gut 
interrichteter Seite mitgetheilt wird, stellt die Volks- 
artei zur bevorstehenden Wahl in unserem Wahl⸗ 
reise keinen eigenen Canditaten auf, sondern wird 
leich im ersten Wahlgange für den Candidaten der 
vortschrittspartei eintreten. (Land. Tabl.) 
Vermischtes. 
F Würzburg, 380. Mai. Ueber die kürzlich 
eschlossene Immartrikulation an unserer Hochschule 
ann ich Ihnen nun nähere Mittheilung machen. 
5s sind insgesammt 1066 Studierende eingezeichnet, 
velche sich auf die einzelnen Sparten, wie folgt 
ertheilen; Medicin hören 583 (darunter blos 97 
gayern), Theologie 158, Jurisprudenz 185, Phi⸗ 
osophie 43, Chemie 38, Philologie 830, Natur⸗ 
vissenschaften 29, Pharmacie 26, Methematik 23. 
Die Frequenz hat sich gegen das Sommersemester 
»ꝛes Vorjahres nicht verändert. Was speziell das 
ztudium der Medicin anlangt, so dürfte unsere 
UIma Julia wahrscheinlich den ersten Rang unter 
den deutschen Schwester⸗Universitäten einnehmen. 
Nach der Hauptrechnung der bayerischen 
Bebäude⸗- und Brandversicherungsan— 
talt für das am 30. September v. J. abgelaufene 
geschäftsjahr 1881 82 ist die Versicherungssumme 
m letzten Jahre von 2970 auf 3035, sohin um 
35 Mill. Mark gestiegen. Die Brandentschädigung 
nit 2,982,739 Mark gegenüber dem Vorjahre um 
,094,707 Mark gefallen. Die Zahl der Brand⸗ 
aͤlle (1174) hat um 144, die der Beschädigten 
2055) um 450 abgenommen. Von dem Activ⸗ 
estand zu 5,948,655 Mark kommen in Abzug die 
tückstände an zur Zahlung noch nicht bereiften 
Zrandentschädigungen mit 1,573,686 Mark, so daß 
in reiner Actibbestand von 4,372,969 Mark be— 
teht. Wenn im Laufe der nächsten Monate nicht 
anz außerordentliche Brandschäden anfallen, wird 
im L1. October d. J. nur ein halber Jahresbetrag 
rhoben, die andere Hälfte mit beiläufig 2,9 Mill. 
Rark aber den Versicherten erlassen, wodurch sich 
er Ueberschuß auf 1,472,969 Mark mindert. Seit 
kinführung der fixen Beiträge vom 1. Oct. 1875 
ourde den Versicherten ein halber Jahresbeitrag 
rlassen: 187677 mit 2,473,379 M., 1880 81 
nit 2,744,005 M.; dazu 1883 84 mit 2,900,000 
Nark. — 8,117,384 Mark. Der Reservefonds 
zat sich seit 1875 76 von 3,4 auf 3.5, sohin um 2,1 
Nillionen Mark (von 14 auf 18 Pfg. pro 100 
Mark der Versicherungssumme) erhöht. 
(Ueber das Füllmaterial der Zwr 
schendecken in Wohnhäusern.) Auf Grund 
einer Reihe von Untersuchungen des Füllmaterials 
verschiedener Wohnhäuser in Leipzig kommt R 
Fmmmerich zu dem Resultate, daß kein Boden so 
ttark mit stickstoffhaltigen organischen Stoffen und 
deren Zersetzungsprodukten verunreinigt sei, wie 
das Füllmaterial unter dem Fußboden der mensch. 
lichen Wohnungen. Die Gesamtmenge des im 
Inneren der Wohnhäuser fäulnisfähigen Materials 
ist so groß, daß unter Umständen durch die Fäul⸗ 
nis⸗ und Zersetzungsgase allein schon das Befinden 
der Bewohner bedroht werden kann. Die Ver— 
unreinigung des Füllmaterials ist nicht nur re— 
lativ, sondern auch absolut größer im Erdgeschosse 
und dem 3. bezieh. 4. Obergeschosse im Vergleiche 
zu derjenigen des 1. und 2. Obergeschofses. Man 
findet auf der Oberfläche der Zwischendecken-⸗Füllungen 
in allen während längerer Zeit bewohnten Häusern 
eine 2 bis 5 mm hohe Schicht, welche sich durch 
ihre grauschwarze Farbe deutlich von dem eigent 
lichen Füllmateriale unterscheidet und welche aus 
Zimmer⸗ und Straßenstaub besteht. Diese letzeren 
zringen in die mit Schmutz gefüllien Fugen der 
Zimmerdielen dann ein, wenn der durch das Auf⸗ 
vaschen stark durchnäßte, einer filzigen Masse gleichende 
Schmutz nach dem Trockenwerden sich zusammen 
zezogen und enge Spalten in den Dielenfugen ge— 
hildet hat. Mit freiem Auge bez. unter dem Mi— 
rroskope erkennt man in dieser Schicht ein buntes 
Bemisch unorganischer, organischer und organisierter 
Ztoffe, wie Nahnadeln, Münzen, Haare, Zeugfasern, 
xPpidermisschuppen, Epithel, von vertrocknetem Spu⸗ 
um herrührend, u. dgl. m. Die Temperatur in 
dieser Füllmasse steigert sich bei einer Zimmertem⸗ 
deratur von 160 infolge rasch verlaufender Zer⸗ 
etzungsprozesse selbst bis zu 320. Die Füllungen 
m den Zimmerdecken können so zu Herden schlimmer 
Infektionskrankheit werden. Nan soll daher nicht 
iur von organischen Stoffen möglichst freies Füll— 
naterial anwenden, sondern auch durch luft⸗ und 
vasserdichten Abschluß der Zwischendecken gegen die 
Wohnräume diese Stoffe gegen Verunreinigungen 
schützen. Es erscheinen dem entsprechend die in 
Asphalt gelegten Stabfußböden besonders empfehlens⸗ 
verth. Ändere Fußböden sollen fugenfrei hergestellt, 
»ann mit heißem Oel, Firnis u. dgl., getränkt werden. 
(Dingl. P. J.) 
F Der deutsche Gastwirthstag in Ber⸗ 
in wird der größte aller bisherigen Tage sein. Bis 
etzt sind schon über 700 Delegirte angemeldet. Zur 
gerprobe am 7. Juni in der Berliner Flora haben 
24 bayerische und 20 Weißbierbrauereien Bier am⸗ 
jemeldet. Der deutsche Gastwirthverband zählt jehz 
z5 Vereine mit 8000 Mitgliedern. Obenan steht 
ZJerlin mit 2 Vereinen je 1000 Mitglieder, eb 
olgt Hamburg mit 900, München mit 450, Al—⸗ 
ona mit 250, Dresden mit 240, Breslau mit 280 *. 
Vom 1. Ju i ab wird das Postauftrags⸗ 
erfahren auch im Verkehre zwischen Deutschland 
ind Oesterreich⸗ Ungarn eingeführt, wobei nachstehende 
gestimmungen zu beachten find: Für Postaufträge 
um Einziehen von Geldern in Oesterreich⸗ Ungatn 
st der Hoͤchstbetrag auf 200 Gulden österr. Währung 
ind für Postaufträge zum Einziehen in Deutsch 
und auf 400 Mi. festgesetzt. Postauftrage mit 
dem Vermerk „zum Protest“, sowie Postaufmäge 
ur Einholung don Wechselaccepien und zu Bücher 
ostsendungen? sind dorerst nicht zulässig. — De 
Nusfüllung des Formulars seitens der Absender 
at bei Postaufträgen nach Ungarn mit besonderer 
Zeuilichkeit zu geschehen und müssen die Namen 
mut lateinischen Vuchstaben geschrieben sein. —, Den 
Bostauftrage können mehrere Quittungen, Wedhfel 
ec. zu gleichzeitiger Einziehung von demselben Zehr 
ungspflichtigen beigefügt werden; es darf — 
ie Gesammtsumme der dafür einzuziehenden Bettoge 
den Höchstbetrag von 400 Mark bezw. 200 s 
zsterr. Währung nicht übersteigen. Die Vereinigun⸗ 
nehrerer Postaufträge an verschiedene Zahlung⸗ 
Fflichtige unter einem Umschlage ist nicht statthaft 
die Postauftragsbriefe können nur frankirt abge 
nder werden.“ Die Gebuͤhr beträgt für Briefe bi 
dem Gewichte von 15 Gr. einschließlich: in Denlsch⸗ 
nd 30 pig. in Defierreich Üngarn 15 Kreuzu 
sür Briefe von mehr als 15 Gr.: in Deutsch·and 
10 Pfg. in Oesterreich. Ungarn 20 Kreuzer. 
PCEine Mör derin.) Vor dem Schwu 
zerichte der Charente-Jnferieure Fronlreit 
jand in den letzten zwei Tagen eine Bãuerin 
Frau Pineau, unier der Anklage, ihren Anecht 
nordet und seine Leiche verbrannt zu haben. *