Budgetlandtages an den König die Bitte gerichtet,
„S. M. wolse anzuordnen geruhen, daß die Ab⸗
minderung der Zahl der Realgymnasien im Allge⸗
meinen und die Aufhebung jenes zu Speyer ins⸗
besondere in Erwägung gezogen werde“ und hatte
der Landtagsabschied vom 28. April v. Is. dieser
Bitte die Erwägung im Hinblick auf die Frequenz⸗
verhältnisse der Anstalt zugesagt. Dem Antrage
der Kammern wäre sonach, soweit derselbe sich auf
Speyer bezog, entsprochen. Viel stärker ist übrigens
auch das Realgymnasium zu Augsburg nicht besucht,
es zählte im letzten Schuljahre 56 Schüler, dagegen
zählen die andern Realgymnasien mehr und zwar
das zu Würzburg 74, das zu München 95 und
das zu Nürnberg 155 Schüler.
— Morgen Mimoch den 6. Juni, Morgens
10 Uhr, findet in Speyer die Feier des großen
pfälzischen Missionsfestes statt. Gegenwärtig liegt
die Rednerliste vor, nach welcher sprechen werden:
die Herren Hof⸗ und Domprediger Stöcker aus
Berlin, Missionär Thumm aus Indien, Pfarrer
Burkhardt aus Neudietendorf und Dekan
Krieger aus Kirchheimbolanden.
— Frankenthal, 4. Juni. Heute Nacht,
kurz nach 1 Uhr, brach in dem Magazin der
Heinrich Schuck'schen Seifenfabrik in der Wormser⸗
uͤraße dahier Feurr aus und äscherte binnen kurzer
Zeit das ganze Magazin ein. In demselben be—
fanden sich außer Seifenvorräthen noch eine größere
Parthie Fässer mit Oel, welch' letzteres dem Feuer
willkommenes Brennmaterial darbot und zur haus⸗
hohen Flamme emporloderte. Ueber die Entsteh⸗
ungsursache ist nicht das Geringste bekannt, das
Magazin war außerdem schon zwei Tage geschlossen
und“ von Niemand betreten worden. — Obwohl
Herr Schud versichert hat, so dürfte ihm durch den
Brand immerhin ein bedeutender Schaden erwachsen.
Nach der Lage des Magazins und der darin auf—-
gespeicherten kolossalen Mengen von derartigem
Brennmaterial, wie Oele, Fette ꝛc. ist es ein
wahres Wunder zu nennen, daß das Feuer auf
seinen Herd beschränkt werden konnte und nicht
auch die dicht daran gebauten Fabrik und Wohn⸗
gebäude den Flammen zum Opfer fielen. (Pf. K.)
— Aus der Pfalz. Nach einer, auf Grund
des im Monate April neu erschienenen Beamten⸗
verzeichnisses, angefertigten Zusammenstellung be—
fanden sich bei Beginn des Sommersemesters 1717
Volksschulen in der Pfalz. Nach der Konfession
vertheilien sich dieselben folgendetmaßen: 934 prote⸗
stantische, 741 katholische, 42 israelitische Stellen
und 1 Mennoniten⸗Lehrerstelle Davon sind 13 protest.
und 2 kath. Schulstellen unbesetzt gewesen; des⸗
gleichen die Mennoniten⸗Lehrerstelle (Friedelsheim).
Nicht ständig besetzt waren 80 protest., 1 israel.
und 71 kath. Schulen. An Mädchenklassen wirkten
49 weibliche Lehrkräfte und zwar 38 kath. Schul⸗
schwestern, 6 kath. und 5 protest. Lehrerinnen. —
Da bis August aus den beiden Lehrerbildungsan⸗
ttalten zu Kaiserslautern und Speyer nahezu 100
Kanditaten entlassen werden, so wird man mit An⸗
fang des Wintersemesters von einem Lehrermangel
in der Pfalz nicht mehr sprechen können. Ja, es
wird sogar möglich sein, an überfüllten Klassen,
deren es genug aibt, neu? Abtheilungen zu errichten.
Vermischtes.
Mainz, 3. Juni. Gestern Mittag 3ÿ5
Ahr brach in der Holzhofkaserne, in welcher die
27er Artillerie kasernirt ist, während der Inspektion
der Truppen Feuer aus und wurde ein ganzer
Flügel des Gebäudes in Asche gelegt; es sind sehr
viel Armaturstücke und Militärequisiten verbrannt
und dauerte das Feuer in Folge der großen Nah—
rung an Heu und Strohvorräthe trotz der rührigen
Thaͤtigkeit der Militär⸗ und Civilfeuerwehr bis gegen
7 Uhr.
FKoln, 4. Juni. Eine Feuersbrunst brach
in der Nacht von gestern auf heute in der Kölnischen
Maschinenfabrik zu Bayenthal aus. Der Herd des
Brandes ist die Eisendreherei der Fabrik. Das vom
Feuer erfaßte Gebäude war unmöglich zu retten.
Die daran anstoßende Abtheilung, das Modell-
Lager, wurde ebenfalls von der Gluth erfaßt; es
gelang jedoch den Anstrengungen der Feuerwehr,
hier dem Feuer Einhalt zu thun sowie überhaupt
weiteres Umsichgreifen desselben zu verhindern.
Hannover, 4. Juni. Im Hoftheater fand
gestern dei Aufführung von Gounord's, Margarethe“
im zweiten Akt in einem Beleuchtungs-Aparat eine
Knallgas-Explosion statt. Die Flammen wurden
durch die Hydranten bald gelöscht. Die Vorstellung
wurde ununterbrochen fortgesetzt. Das Publikum
bewahrte eine große Ruhe.
4 EGEin nettes Theaterstück) Die
deutsche Bühnenkunst entwickelt sich recht hübsch und die
jommerliche Theatermisere zeitigt recht nette Früchte
An den Anschlagsäulen der Reichshauptstadt Berlin
»rangt, zum Besuche des Alhambra⸗Theaters ein ad⸗
end, der folgende liebliche Theaterzettel: „Der
ayerische Hiesel, oder: Ja, ja, das Unglück reitet
chnell, — Und schrecklich sind der Menschen Thaten,
Besonders wenn sie schlecht gerathen! Großes
omantisches Wild⸗e und Gaudiebs⸗, Schauer⸗
Trauer⸗ und Musikdcama mit Todtschlag, Mord⸗
ind Geistertanz in zwei Pro⸗, einem Zwischen- und
inem Epi⸗Log, einem Nachspiel und einem Geister⸗
anz von Kuno Ritter von Cohnstein. Musik vom
rblichen Ritter Kurt von Trampedach. 1. Alkt:
die bleierne Locke oder der kalte Schwur. 2. Akt:
Die verbogene Thürkliake oder die Prinzessin Pum⸗
»hia. 3. Akt: Nachspiel: das schwarze Gericht
der die blutigen Gespenster um Mitternacht und
er Henker von Osterzell oder Puppe, Grok und
Spinnwebe.“ Es handelt sich hier offenbar um ein
Zeitenstück zu dem seinerzeit epidemisch gewordenen
Geschundenen Raubritter.“
CGus einer Berliner Gerichtsver—
handlung.) „Sie hätten aber doch,“ sagte der
stichter zu dem Schlossermeister, den er als Zeugt
erhörte, „Ihrem Gesellen abreden sollen, um einer
olchen Kleinigkeit willen zu prozessiren.“ „Dei
jab ick ja gedahn! Ick habe gesagt: Kinder! habe
ch gesagt, der Schreiber bein Rechtsanwalt zieht
rich den Rock aus und der Rechtsanwalt nimmt
et Hemde, un nu jar erst son Richter; der schind'
rich det Fell von Leibe! Sehen Sie, so verninftig
jabe ick mit die Leute jeredet, aber et half ja allens
nich.“
f(,Warnung!') Unter diesem Titel bringt
das Lokal⸗Wochenblatt einer Märkischen Provinzial⸗
jadt folgende curiose Anzeige: „Ich warne hiermit
Jedermann, meiner Frau, Maria Melches, die mich
im letzten Sonnabend, den 26. Mai, böswillig
erlassen, verschiedene Hausgeräthe, Möbel und Le—
ensmittel mitgenommen, auch mir gehörige Gelder
rhoben und eingesteckt hat, irgend etwas auf meinen
stamen zu borgen oder ihr irgend welche Gelder
uuszuzahlen, welche man mir schuldet. Ich werde
eine von der Frau gemachten Schulden bezahlen
ind die an sie gemachten Zahlungen nicht aner⸗
ennen. Wo die Frau ist, weiß ich nicht; wer fie
jat, mag sie behalten. Denjenigen, welcher sie mir
viederbringen will. verklage ich um 5300 M. Schadeu⸗
rrsatz. Josef Melches, Böttchermeister.“
4 In der Hattstedter Marsch lebt ein Einsied⸗
er, der, wie aus Husum berichtet wird, das In⸗
eresse aller Vorbeipassirenden erweckt. Sein Wohn⸗
ing ist ein Häuschen im kleinsten Maßstabe. Da⸗
ieben befindet sich eine von ihm verfertigte Mühle,
uuf der er sein eigenes Brodkorn mahlen kann;
iuch sein Brod backt er sich selbst. Er ist sein
igener Herr und Knecht, sein eigener Schuster,
Schneider und Zimmermann. Viele Zeit bringt
r zu mit frommen Andachtsübungen. Er hat sich
selber eine kleine Orgel erbaut. Unlängst soll seine
Finsiedelei für eine Illustration in „Ueber Land
und Meer“ aufgenommen worden sein.
Wahrend die deutsche Reichspostverwaltung
verschriebene oder sonstwie unbrauchbar
zewordene Postkarten ꝛc. nicht umtauscht, werden
diese Materialien als das sind: Postkarten, Post-
mweisungen, Briefumschläge und Streifbänder von
der bayerischen Postverwaltung gegen Vergütung
der Herstellungskosten umgetauscht. Es scheint jedoch
diese in jeder Beziehung lobenswerthe Einrichtung
der bayerischen Postverwaltung noch viel zu wenig
im Publikum bekannt zu sein, da es noch sehr oft
»orkommt, daß zur Frankirung von Brief⸗ und
Beldsendungen auf Paper ausgeschnittene und auf⸗
geklebte Freimarken, sowie auch Markenstempel von
Zriefumschlägen, Postkarten und Postanweisungen
derwendet werden. Wir machen deshalb das Pub⸗
iikum, dessen Interesse in Bezug auf die Schadlos⸗
haltung für den Markenwerth solcher verdorbenen
Materialien vollständig gewahrt ist, wiederholt da⸗
cauf aufmerksam und bemerken hierzu, daß nicht
illein die Postämter und Verwaltungen, sondern
ämmtiliche bayerische Postanstalten zum Umtausch
derselben verpflichtet sind.
(Engländer auf Reisen.) Aus Wien
wird geschrieben: Am Mittwoch um die Mittags⸗
tunde kam ein Boot die Donau herab, das zwei
Insassen barg. Das Boot hielt an der Donau—
lände an, und demselben entstiegen die beiden Passa⸗
ziere, der Kapitan J. A. Donner und seine Frau
Ddie beiden Genannten durchschweifen seit vier
Jahren auf diesem Boote die Welt und benutzen
nur, wenn es nicht anders möglich ist, ein anderes
Verkehrsmittel. Kapitän Donner, ein geborener
Desterreicher, der jedoch seit vielen Jahren in Eng
and naturalisirt ist, und dessen Gattin Alice, die
Hefährtin auf seinen Reisen, eine Irländerin
machten folgende Mittheilungen über ihre Touren
Das Boot wurde auf der berühmten Werfte dez
Bootsbauers Graputto in San Pietro bei Venedig
gjebaut, die Rippen desselben sind aus Citronenholz
die Planken aus dem besten norwegischen Tannen.
holz. Das Boot, das den Namen „Praealtus“
ursprünglicher lateinischer Name des Kanal Graude
in Venedig führt, ist natürlich ein Segelboot, jedoch
auch zum Rudern eingerichtet. Es ist vollständig
eetüchtig ausgerüstet, bietet Raum für zwei Per—
'onen, hat auch seinen regelrechten Schiffspaß für
wei Personen und gehört zum Hafen von Triest.
Das Boot ist 420 Meter lang, L!/ꝛ Meter hreit
und 62 Centimeter tief, es segelt ausgezeichnet, und
der Kapitän macht mit demselben gewöhnlich bei
zutem Winde zehn Kilometer pro Stunde. Das
Boot führt zwei Paar Sculls, und die Frau dez
Zapitäns, welche vorzüglich zu segeln und zu rudern
dersteht, besonders gut auch das Steuer handhaht
gdilft demselben bei seinen nautischen Arbeiten. Der
rapitän bereist, wie schon erwähnt, mit seinem
Boote die Welt zum Vergnügen und hat schon ein
zutes Stück derselben mit diesem Vihikel durch—
messen. Die Probefahrt machte er mit demselben
don Genua aus; von dort segelte er nach Savona,
von Savona nach Final-Marina und von dort
wieder nach Savona zurück. Seitdem hat der
Qapitän das ganze Mittelmeer befahren und be—
ucht nun, nachdem er den Rhein befsichtigt, die
Donau. Das Boot hat sich auf allen Reisen be—⸗
vährt und der Kapitän hatte in demselben auch
nehrere Male Stürme überstanden. Bei einem
Ausfluge, den er von Venedig aus gemacht, wurde
er von einem heftigen Sturme erfaßt; er wurde
in die Nähe von Chioggia verschlagen, von wo aus
die Chioggioten ihm der hohen See wegen keine
dülfe zu leisten wagten. Mit der Hilfe seiner Frau
»ekam er jedoch das Boot wieder in seine Macht
und fuhr glücklich in Venedig wieder ein. Der
Kapitän, der von Regensburg hieher gekommen,
vird von hier aus nach kurzem Aufenthalte in
Wien die ungarische Donau bereisen und den
ibrigen Theil des Sommers am Plattensee zu—
hringen. Ueber seine Reise beabsichtigt er gemein⸗
chaftlich mit seiner Frau ein größeres Werk heraus
zugeben.
F Triest, 2. Juni. Die Sängerin Hedwig
Keicher⸗Kindermann ist heute früh 8 Uhr im hie—
igen „Hotel de Ville“ nach unsäglichen Leiden ge⸗
torben.
F ODer italienische Hans Sadchs.
Vergangene Woche starb in dem italienischen Städt—
hen Tocco Casaurio in den Abruzzen der Schuh⸗
licker Domenico Stromei im Alter von 78 Jahren
ind wurde mit fast fürstlichen Ehren zur Ruhe be⸗
tattet. Stromei war naämlich auch als Dichter
jerühuit und mehrere seiner poetischen Arbeiten sind
m Dructe erschienen. Der jetzt in Mailand lebende
Jefeierte Dichter und Literat Professor Stoppam
ergleicht in einer seiner Poesien Stromei mit einer
inter Gebüschen und Dornhecken verpflanzten Zeder
reider war der Verstorbene weder mit der Feder
ioch mit der Ahle besonders glücklich und lebte und
tarb in großer Armuth. Große Plakate verkündeter
»en Bewohnern Casaurios den Heimgang ihres ge
eierten Mitbürgers und jedes Haus daseloͤst schmüche
ich mit einer Trauerfahne. Die Leiche wurde vor
donoratioren des Städtchens zu Grabe getragen
ind auf demselben thürmte sich dann eine klein⸗
Pyramide von Kränzen auf.
GOer zweite Suez-Kanal.) Zwischen
desseps und den Engländern soll wegen des Suep
anals nun eine Einigung stattgefunden haben. Di
Engländer verzichten auf den Bau eines eigenen
Zanals. Lesseps und die jetzige Sueze Geselhschaft
zerpflichten sich dagegen einen zweiten Kanal anzu⸗
iegen. Und zwar soͤ dies wahrscheinlich folgender⸗
naßen vor sich gehen: Der jetzige an manchen
Slellen nur 60 WMeiler breite Kanal soll verbreitert
verden und zwar so, daß er selbst an den schmalsen
Slellen lünfug 80 Meter hreit ist. Auf der Wasser
berfläche würde dann durch verankerte Buhnen *
Zanul der Lange nach in wwei Hälflen getheilt. J