Full text: St. Ingberter Anzeiger

Freunden der Anstalt us Blieskastel und Um— 
zegend angeschlossen hatte, auf die Madenburg. 
Hecrlicher Liedersang und fröhlicher Becherklang 
vürzte den ungefaͤhr zweistündigen Aufenthalt. 
derr Praparandenlehrer Niedhammer gedachte in 
Iner warmempfundenrn Rede eines Mannes, dessen 
Wiege in der Nähe gestanden, der selbst Lehrer und 
Lehrerbildner gewesen und dessen Leben und Wirken 
Fen Angehenden ein Leitstern sein möge; er gedachte 
des seligen Seminarinspectors und nachmaligen 
Bischofes Reither. Das ergreifend vorgetragene 
died: „Im stillen Wiesengrunde“ gab diesem 
Memento einen würdigen Abschluß. Gegen 3 Uhr 
rst wurde das schon jJängst fertige Mittagessen bei 
derrn Schäffer in Ilbesheim eingenommen. Die 
Bewirthung hier war so vorzüglich, daß man sich 
erst nach 6 Uhr entschließen konnte, dem Schall⸗ 
schen Garten in Arzheim, wo schon eine größere 
Besellschaft die Ausflügler erwartete, einen Besuch 
abzustaiten. Unter schattigem Grün schwand die 
Zeit zu rasch und schon nach kurzem Aufenthalte 
entführte das Dampfroß die Lieben aus Blieskastel 
n ihre Heimath. 
Zom Rihein wird dem „L. Anz.“ ge⸗ 
chrieben: Am Sonntag feierte der Gesangverein von 
sR'heinzabern in Gemeinschaft mit jenem von 
hagenbach das übliche Waldfest im Walde nahe 
des Bahnhofs Rheinzabern. Das Fest war sehr 
zesucht und trugen die hübschen Gesangs-Vorträge, 
velche in den Zwischenpausen von zwei Musik⸗ 
apellen unterstützt wurden, sehr zur Erheiterung 
zer Festgäste bei. Leider verlief das Fest nicht 
ohne grelle Dissonanz. Einige Buben geriethen in 
Streit, wohl in Folge zu reichlicher Libationen, 
ind es stach ein zukünftiges Gefaͤngnißfrüchtchen 
;on 11 Jahren aus Hatzenbühl einen Buben von 
10 Jahren aus Rheinzabern in die Brust mit einem 
m Griffe feststehenden Messer. Ein zufällig an⸗ 
vesender Gendarm, gegen welchen sich das Thäter⸗ 
hen noch äußerst frech henahm, entfernte das 
Früchtchen von dem —EX Heldenthat. 
— Ludwigshafen, 13. Juni. Gelegent⸗ 
ich des nächsten Sonntag hier Stan findenden 
pfälz. Kirchengesangfestes hält Herr Dekan Sturtz 
us Zweibrücken die Festrede. Die Gesangsvorträge 
verden unter der bewährten Leitung des Herrn 
dützel aus Zweibrücken ausgeführt von den Ver— 
inen Dürkheim, Großkarlbach, Kaiserslautern, Kin⸗ 
denheim, Lachen, Landau, Luͤdwigshafen, Neustadt, 
Dbermoschel, Schwegenheim. Speher und Zwei⸗ 
zrücken; einige Orgelpiecen haben übernommen die 
dO: Musikdirektor Bielung aus Mannheim, Or⸗ 
Janist H. Hahn aus Kaiserslautern und Organist 
ðð. Bersche hier. 
Aus der Pfalz. Im Kreisamtsblatt“ 
str. 40 veröffentlicht der pfälzische Verein für sitt⸗ 
iche Besserung verwahrloster armer Kinder und 
enilassener jugendliche Sträflinge den Rechenschafts⸗ 
herichi für 1881 und 1882. Mit Bergnügen lesen 
wir, daß im Bezirk Z weibrücken die Mitglieder⸗ 
ahl 1882 von 157 auf 214 infolge erlassenen 
Aufrufes stieg, während in anderen Bezirken aber⸗ 
Hals ein keiner Rückganag sich bemerkbar machte. 
Vermischtes. 
4 Die Kapelle des Infanterieleibregiments zu 
München wird in der hygienischen Ausstellung 
zu Berlin konzertiren. Der alte Ruf der bayer. 
Militärkapellen wird durch diese Kunstreise, wie wir 
nicht zweifeln, auf's Neue gekräftigt werden. 
Würzburg, 12. Juni. Eine seltene Feier 
zeging gestern unsere Stadt, die Koönigin der 
fraͤnkischen Städte. Unter großem Pomp fand 
nämlich die Grundsteinlegung zu unserem neuen 
Domportal statt, nachdem das alte, an welchem 
der Zahn der Zeit nur zu deutlich seine Spuren 
zinterlassen hatle, infolge der vorgenommenen Re⸗ 
jaurirung hatte entfernt werden müssen. Unter 
)en in den Grundstein eingelassenen Gegenständen 
zefinden fich u. A.: Eine Chronik der Stadt Würz⸗ 
zurg, herausgegeben von L. Fries; dann eine Ge⸗ 
schichte der Würzburger Bischöfe und fränkischen 
derzöge; der Personalstand unserer Universität im 
Sommersemester; die Festschriften und ⸗Zeitungen 
aebst anderen auf die drei Säcularfeiern der Alma 
Julia Bezug habenden Altenstücke; der Schematis⸗ 
mus der Würzburger Diözese; das Adreßbuch der 
— —— 
eine spezielle Fesichronik der dritten Jubelfeier der 
Universisat; ein Führer durch die Stadt nebst An⸗ 
ichten derselben; dann je ein Exenplar der hier 
ischeinenden Zeitungen und Kalender nebst Auf⸗ 
eichnung über das Resultat der Nachforschungen 
»ezuͤglich der Ruhestätte des Minnesängers Walther 
»on der Vogelweide. Den Schluß bildet die Ein⸗ 
egung einer Urkunde des Domkapitels, in welcher 
asselbe der Nachwelt mittheilt, wie und wodurch 
»er Bau zu stande kam. 
F In Regensburg wurde durch Urteil der 
5trafkammer des Landgerichts Graf Wieser und 
dechtspraktikant Reserveleutnant Petzold wegen 
zweikampfs je zu 3-Monaten Festungshaft 
perurteilt. 
F Nach officieller Zusammenstellung sind heuer 
zis Ende Aprik aus Bayern über deutsche Häfen 
ind Antwerpen 4857 Personen ausgewandert 
4109 aus dem rechtsrheinischen Bahern und 748 
uus der Rheinpfalz). 
4 Im lothringischen Kreis Saarburg richtete 
am 9. d. ein Hagelschlag große Verheerungen an; 
die Fruchternte soll stellenweise auf die Hälfte redu— 
irt und auch die Wingerte sollen stark mitgenom⸗ 
nen sein. Nach drei Stunden lag der Hagel da 
ind dort noch fußhoch. 
4 Ein schweres Un glück betraf nach der „Tr. 
Zztg.“ eine arme Familie aus Malberg. Der Mann 
rbeitete im Walde und hielt sein Mittagsschläfchen. 
Als er erwachte, fühlte er einen kleinen Schmerz 
mm Halse, den er jedoch nicht weiter beachtete; der⸗ 
elbe rührte von einem Fliegenstiche her. Bald aber 
chwollen ihm Hals und Brust so sehr an, daß der 
Arzt gerufen werden mußte. Dieser konstatirte eine 
zdutvergiftung. Der arme Mann mußte 
rotz aller angewandten Hülfe sterben. 
4 In Achen hat die Polizei vorige Woche 8 
Nitglieder der Hochstaplergesellschaft, welche ein 
Zariser Bankhaus um die Summe von 675,000 
rrancs bewrogen hatte, verhaftet. 
Goth'a, 9. Juni. (Miftel gegen Vaga— 
onden) Obschon aus allen Provinzen Klagen 
iber die immer mehr und mehr zunehmende Baga— 
ondage einlaufen, so scheint doch die Provinz 
Sachsen und vor allem Thüringen ganz besonders 
arunter zu leiden. Um sich der großen Zahl der 
ogenannten „armen Reisenden“ zu erwehren, hat 
msere Stadt ein ebenso originelles wie wirksames 
Minel angewandt: Es wurde den Durchreisenden 
ufgegeben, zwei Stunden Holz zu hacken, und 
hnen dafür eine Malzeit und freies Nachtquartier 
ugefichert. Nur wenige sind darauf eingegangen 
ind unsere Stadt wird seitdem von Vagabonden 
ast ganz gemieden. Aehnlich war es, wie wir ver⸗ 
jehmen, in Benneckenstein am Harz. Dort belief 
ich die Zahl der Durchreisenden im Monat öfter 
iuf 300. Seitdem dieselhen jedoch im Auftrage 
»er Stadt gegen Vergütung zur Wegebesserung 
nufgefordert wurden, wozu sich nur Wenige haben 
zereit finden lassen, hat die Vagabondage auch dort 
ast ganz aufgehört. 
f Maikäfer⸗-⸗Noth. Ein Herr Lüdemann 
n Holstein macht im Landwirthschaftlichen Wochen⸗ 
zlatt bekannt, daß er auf seinem Hofe in letzter 
Zeit 11,350 Pfund Maikäfer in Accord habe sam⸗ 
neln lassen. 
(GDurst der alten Sachfsen.) Den 
stuhm der Bayern als der ausgezeichnetsten Bier⸗ 
ertilger unter den deutschen Stämmen in jetziger 
Jeit, beanspruchten früher die Sachsen für sich. 
die „großen Trinklande“ benamste man im An— 
ange des 16. Jahrhunderts Sachsen, die Mark, 
zommern, Mecklenburg und andere niederdeutsche 
gegenden. In welcher Weise daselbst das Bier— 
rinken betrieben wurde, geht aus einer 1536 in 
deyden erschienenen Schrift des Johann Böhme 
ervor, der Folgendes darüber schreibt: Zum Ge— 
ränk brauchen die Sachsen Bier, welches sie so 
ierig und unmäßig einschlucken, daß man bei 
hren Gastungen und Trinkgelagen, wenn die 
crinkgesellen aus Gläsern und Kannen nimmer 
enug eingießen können, einen vollen Kübel aufstellt, 
ine Schaale hineinlegt und dann anmahnt, nach 
zelieben zu trinken. Es ist ganz unglaublich zu 
agen, wie viel von diesem Getränke sie saufen 
vie sie einander dazu ermuntern und zwingen. 
gis zur Trunkenheit und zum Erbrechen getrunken 
u haben, ist nicht genug; sondern wieder bis zur 
üchternheit, indem sie Tag und Nacht fortmachen. 
Ber Alle übersäuft, trägt nicht nur Lob und 
duhm davon, sondern auch einen Kranz aus wohl⸗ 
iechenden Blumen und Rosen oder sonst einen 
HZreis, um den sie gestritten. Von ihnen schleicht 
un diese verderbliche Sitte in ganz Deutschland, 
o daß man die stärksten Weine zu unaussprech— 
ichem Schaden trinkt. Kommt ein Gast oder eine 
andere Person an einen Ort, wo getrunken wird 
so stehen alle Trinkgenossen auf und bitten ih 
nach dargereichtem Becher dienstwillig zum n 
trinken. Schlägt er es ohne vorgebrachte —* 
tliche mal aus, so wird er für einen Feind 
halten und diese Beschimpfung kann häufig * 
nichts Anderes als Wunden oder Mord gehtilo 
werden.“ gehse 
4 Es „läppert“ sich zusammen! Beredte Zahlen 
Der Geh. Postrat Schiffmann in Berlin mah 
'olgendes bekannt: „Die Abfälle von Papier, Bim 
uden und Siegellac, welche bei den hiesigen pos— 
ind Telegraphenanstalten vorkommen und monatlich 
ingefähr 4000 Kilogramm betragen, sollen im Wegt 
der jchriftlichen Anbietung vertragsmäßig zum Ver— 
auf gestellt werden.“ 80 Zentner Siegellack-Bind. 
'aden⸗ und Papierabfälle in einem Monat! 
GMüssen Stammseidel geaicht werden ) Dies⸗ 
vohlaufzuwerfende, für zahlreiche Biertrinker inte 
ressante Frage ist von dem Regierungspräsidenten 
». Zedliß in Oppeln auf die Anfrage der Neu— 
tädler Polizeiverwaltung dahin beantwortet, da 
— 
enannte Stammgläser), das Gesetz vom 20. Jub 
1881 Anwendung findet, wenn in ihnen das Ge— 
ränk dem Gast unmittelbar verabreicht wird: wäh 
end, wenn der Gast bei Verabfalgung einn 
ʒlüssigkeitsmenge in Flaschen, Krügen, neben diesen 
esondere Trinkgefäße zum allmähligen Abfüllen de 
hetränkes erhält, diese Gefäße dem Aichungszwand 
aicht unterliegen. 
4 Eine große geheime Sparsamkeit hat ein 
herichts⸗Sekretär in Königsberg entfaltet. Der 
elbe verbrauchte täglich nur 1 Mark und war in 
et 12. Steuerstufe veranlagt. Nach seinem kürzlie 
rfolgten Tode fand das Gericht bei der Nachlaß 
ufnahme an baarem Gelde und Werthbapieren 
richt weniger als 161,000 M. und außerdem ein— 
Menge Gold⸗ und Silbersachen vor. 
FCGin Reiseabenteuer.) Folgende Ge— 
chichte wurde unter dem Siegel der Verschwiegen⸗ 
zeit erzählt und wir wollen auch nichts gesagt haben. 
Fin kranker Herr und dessen Gattin hatten ein Ven 
n einem Schiafwagen der N. W. Bahn inne; gegen 
Nitternacht erwachte der Kranke unter hefligen 
zchmerzen im Rücken und bittet seine Frau, ihn 
chnell ein Senfpflaster aufzulegen. Das gute Weib— 
hen macht schnell das Pflaster zurecht und laͤuf 
unn zum andern Ende des Wagens, um du 
gflaster dort am Lampenlicht zu wärmen, damits 
cht zieht. Auf dem Rückweg zum kranken Gatten 
dumt die kleine Frau jedoch unglücklicher Weir 
in das unrechte Bett, in welchem ein dicker Wein 
reisender schläft. Schnell den Vorhang zurüch d 
Beltdeden in die Höhe und flatsch! sitzt das Pflafit 
n Ruden des schlafenden Reisenden. In diesen 
Momenie rief der kranke Gatte aus seiner Kojt 
Aber Mary, wo bleibst Du denn? Jetzt erst merh 
die arme Frau den vou ihr gemachten entsetzliche 
Irrthum. Mit drei Sätzen ist sie bei ihrem Gatten 
zem sie das Geschehene im Flüstertone mittheil 
krotz seiner Schmerzen muß der Arme lachen un 
acht, bis ihm seine Schmerzen vergehen. Dan 
st'alles ein Weilchen still, bis plötzlich aus den 
Hette des Weinreisenden Schmerzensrufe und Flüch 
m bunten Gemisch dringen: Herrgottsmillionen 
onnerwettter! Was sitzt mir da im Kreuz? Himmen 
»omben⸗granaten⸗ elements⸗donner⸗ und Hagelwettt 
Zu, wie das hrennt! Wasser! Feuer! Au! ohl 
Zein Rücken! Das Bett breunt! Donner und Domn 
Wasser! Mein Rücken! u. s. w. Mit dem Schliin 
rer hristlichen Nächstenliebe wollen wir den Ven 
auf der Geschichte verhüllen, denn die Att un⸗ 
Geise, wie der Weinhändler aus der Noth“ lan 
st nicht für zarte Seelen geeignet. 
Eine Wahnsinnethat, wie sie gräßlicher de 
zrregteste Phantasie nicht ausdenken kann, hat j 
dem „Wiener Extrabl.“ zufolge in Zugget 
einem kleinen Dorf bei Gemünd in —X 
ugetragen. Daselbst hat ein junger Mann. Eohn 
ermoͤgender Eltern, in der Hochzeitsnacht sein zur 
ich geliebtes Weib in einem Wahnsinnsanfalle m 
en Zahnen zerrissen, so zwar daß man, als r 
im Morgen das Zimmer berrat, die einzeinen ahg 
issenen Körpertheile zerstreut herumliegend fand 
Der ungluͤcuche, ein hertulischer Mensch, wurde 
alle Verjnche, sich seiner zu bemachngen fehlgeschlige 
durcheinen wohlgezielten Schuß getödtet. 
FWie bekannt, ist die von Poschinger gesun 
nelte diplomatische Korrespondenzdes Reite 
anzl'ers jüngst in einer französischen ueben 
ung zu Paris erschienen. Der Herausgeber Fl