Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Iugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ber St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöhentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich 14 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 15 75 H, einschließ“ 
(0 A Zustellungsgebüuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 5, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I5 H, bei Neclamen 30 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M IIS8. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 20. Juni. Die Provinzialcorrespon⸗ 
yenz bezeichnet die Streichung des Artikels 4 der 
sirchenvorlage als unerwünscht und von mehr 
zrincipieller als praktischer Bedeutung. — Dasselbe 
Blatt nimmt an, daß der Landtag am 30. Juni 
zeschlossen wird. 
Im preuß. Abgeordnetenhause wird 
ije Plenarberathung über die kirchenpolitische Vor—⸗ 
age am nächsten Sonntag beginnen. 
Ausland. 
Paris, 19. Juni. Nach Mittheilung der 
Agence Havas“ meldet ein Telegramm des Admi⸗ 
rals Pierre aus Tamatave auf Madagascar vom 
13. Juni: Das übergebene Ultimatum ist zurück⸗ 
jewiesen worden. Darauf wurde Tamatave und 
zessen Zollamt von uns eingenommen. Foule Poit, 
Nohambo, Fenerive sind zerstört worden. Unser⸗ 
jeits wurde Niemand verwundet, unsere Stellung 
dagegen gesichert. Die „Hovas“ sind geflüchtet und 
die Hauptunternehmung somit vollbracht. Wegen 
der gemischten Bevölkerung ist der Belagerungszu— 
tand verhängt worden. 
Paris, 19. Juni. Im „Journal des Debats“ 
vird energisch für eine Allianz zwischen Frankreich 
ind Portugal plaidirt und darauf hingewiesen, daß 
der Congo das beste Territorium für eine Versöh—⸗ 
nung sei, da dorten das große Werk, welches im 
Innern von Afrika begonnen wurde, gemeinsam 
veiter befördert werden könne. 
Schon wieder schwirren allerlei Allianz- 
rüchte zwischen Rußland und Frankreich 
n der Luft. Der russische Correspondent des hoch⸗ 
ffiziösen Pariser , Temps“ berichtet aus Moekau 
iber die Sympathien, welche die Franzosen allent⸗ 
jalben in Rußland finden. und sagt, Frankreich 
elte für russische Militärs als wünschenswerther 
llliirter. Die Regierung denke sicherlich nicht an 
ven Krieg. Die höheren Militär-Chefs, welche 
wissen, die Organisation sei noch nicht fertig, 
ürchten ihn, ebenso alle aufgeklärten Leute; allein 
unter den Offizieren beschäftige man sich mit der 
Ullianz als miteiner wahrschein— 
ichen Eventualität. Der Berliner Kongreß 
jabe die Schule des alten Racenhasses voll gemachi. 
die Russen, welche die Ebentualität eines Krieges 
ns Auge fassen, fuchen natürlich Einen, der sie in 
kuropa unterstützen würde, und richten ihren Blick 
wuf Frankreich. 
Petersburg, 20. Juni. General Gurko 
zum General⸗Gouverneur von Warschau und 
um Kommandirenden des Warschauer Militärbe⸗ 
irks ernannt worden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 21. Juni. Dem Ver-⸗ 
jehmen nach gingen vorgestern die schon mehrfach 
n diesem Blatte erwähnten Petitionen des Stadt— 
athes und der Bürgerschaft, von Seiten der lezteren 
nit zahlreichen uͤnterschriften derfehen, an die 
direltion der Pfälzischen Eisenbahnen ab. Hoffent⸗ 
id finden bei derselben die Interessen unserer 
Sadt die gewunschte Berüdsichtigung — Geftern 
nd im Beisein des Herrn igl. Bezecksamtmannes 
bhermals eine Sitzung des Stadtrathes in Betreff des 
ulhausbauplahes stan. 
Aus dem Dekanat Zweibrücken. 
Hustav⸗Adolf⸗Fest für den Zweigverein Zwei⸗ 
Donnerstag, 21. Juni 1883. 
—18. Jahrg. 
brücken findet heuer am 1. Juli in Contwig, des 
Nachmittags um 2 Uhr anfangend, statt. 
— Zweibrücken, 19. Juni. Bei der Ver—⸗ 
steigerung des Gasthauses „Zum Deutschen Kaiser“ 
in der Fruchtmarktstraße, Herrn M. Flatter gehörig, 
ist dasselbe in das Eigenthum von Herrn Rentner 
Jakob Bender, Controleur des Vorschußvereins, um 
32,000 Mark übergegangen. 
— (Pfälzisches Schwurgericht.) In 
der Sitzung vom Montag wurde der Tagner 
Michael Groh von Ebertsheim wegen Raubmord⸗ 
Zersuches, unter Annahme mildernder Umstände, zu 
Z Jahren Gefängniß und Aberkennung der bürger⸗ 
lichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren 
verurtheilt. — Am Dienstag Vormittag wurde 
zegen Joseph Clausing, früher Redakteur des 
„Pfälzer Journal“, wegen Beleidigung durch die 
Presse verhandelt. Die kgl. Regierung erblickte in 
einem Artikel des genannten Blattes vom 19. Nov 
1882 eine Herabwürdigung des Forstpersonals 
und stellte Strafantrag. Der Angeklagte erhielt 
eine sechswöchentliche Gefängnißstrafe. 
— Nachtfröste im Juni! Wie die „Pf. V.“ 
nittheilt, haben in den Nächten zum Sonntag und 
Montag Nachtfröste in der Umgebung von Kaisers⸗ 
autern nicht unbedeutenden Schaden an Kar—⸗ 
toffeln und sonstigen Feldfrüchten angerichtet. 
— Aus Neustadt wird dem Land. Tgabl. 
aus guter Quelle mitgetheilt, daß das Centrum zu der 
am 25. d. Mts. im Wahlkreis Neustadt-Landau 
stattfindenden Ersatzwahl zum Reichstag in der 
Person des Herrn Dr. Siben aus Deidesheim 
einen eigenen Kandidaten aufstellen wird. 
— Schmied Kuhn in Seebach soll sein 
12jähriges Mädchen, welches während des Spielens 
mit anderen Kindern eine Fensterscheibe zerbrochen 
hat, aus Zorn todtgeschlagen haben. 
— Einen Beweis üppiger Fruchtbarkeit meldet 
das „Annw. W.“ von der Ruderbach: Dort 
steht auf einem Kornacker ein Halm der nicht weniger 
als 50 Aehren! Der Pächter des Hofes, Herr Hoff⸗ 
mann, gedenkt denselben nach seiner Reife in einer 
landwirihschaftlichen Ausstellung auszustellen. Als 
eine zweite solche Seltenheit von dort sollen auf 
einem Nußbaum an einem kleinen Aestichen 12 aus⸗ 
gebildete Nüsse hängen. 
P.OC. Edenkoben, 20. Juni. Die Zeit des 
Schützenfestes rückt bereits nahe heran, und 
obwohl seit 3 Monaten ununterbrochen von allen 
somités gearbeitet wurde, so drängen sich nun 
zegen Ende hin alle Geschäfte. Auf dem Festplatz⸗ 
sind 20 neue Arbeiter eingestellt worden, um über 
jaupt fertig zu werden. Die Kapelle des 17. 
hayerischen Infanterie-Regiments hat sich bereits mit 
yielem Beifalle dahier produzirt. An Ehrengaben 
ind gegen 100 eingegangen und anderen sieht man 
noch mit Sicherheit entgegen; auch der Pokal, den 
die Stadt Edenkoben zum Feste gibt, ist dieser Tage 
eingetroffen, das auf 320 Mk. zu stehen kommt 
Während des Festes soll auf dem Markiplatze ein 
Springbrunnen sein Wasser 50 Fuß hoch werfen. 
der Sängerbund im Kanton Edenkoben wird auch 
an einem Tage seine beliebten Weisen vernehmen 
lassen. Damit die auswärtigen Schützen hier die 
Zeitungen ihrer Heimath lesen können, soll ein Er⸗ 
suchen an die verschiedenen Redaktionen gestellt 
werden, für die 8 Tage des Festes Freiexemplare 
für das einzurichtende Lesezimmer überlassen zu 
wollen. 5 Bahnen haben bereits Fahrtaxermäßig⸗ 
ingen eintreten lassen, die pfälzischen gewähren 306 
/benso die linksrheinische Bahn zu Köln, andere 
haben die Retourbillete verlängert. Von hohem 
Interesse wird auch die Beleuchtung des Haardt— 
gebirges werden, wie sie seil dem Jahre 1870471 
nicht wieder gesehen wurde. Der „Führer“, welcher 
jedem Schützen zu seiner Festkarte gratis verabreicht 
wird, ist schon erschienen; er enthält eine kurze Ge⸗ 
schichte von Edenkoben und aller Burgen, Schlösser 
und Dörfer der Umgegend; die Schilderung der 
Landschaft ist sehr anziehend; beigegeben ist eine 
Karte der ganzen Gegend und wird das Büchlein, 
obwohl nur zunächst für das Fest bearbeitet, doch 
don dauerndem Werthe sein; im Buchhandel kostet 
s 80 Pf., Subskribenten erhalten es für 60 Pf.. 
Beim Festzuge werden 3 Musikkorps spielen. Das 
Brogramm für das Interessanteste der ganzen Fest⸗ 
zeit, den Winzerzug, ist gleichfalls schon bis in's 
kFinzelne festgestellt. Eines aber brauchen wir 
aoch, ohne welches kein Fest recht gelingen kann, 
gutes Weiter. 
— Forst, 20. Juni. Einen Begriff von dem 
Werthe hiesige Wingerte kann man sich machen, 
daß für 131,10 Dezimalen Kirchenstück seitens der 
Herren Schellhorn-Wallbillich nicht weniger als 
6950 Mk. gezahlt wurden. Darnach würde sich 
der Preis des ganzen Morgens auf ca. 88,000 
Mark stellen. (D. A.) 
— Die pfälzischen Bahnen haben von 
Januar bis einschließlich Mai 1888 um 330,598 
Mk. 59 Pfg. mehr eigenommen, als im nämlichen 
Zeitraum des Vorjahrs. 
— Die „schlechten Zeiten“ haben kürzlich eine 
treffende Illustration dadurch erhalten, daß für den 
letzten Sonntag von nicht weniger als 17 pfalzischen 
Fest⸗ resp. Versammlungsorten bei der Direction 
der pfälzischen Bahnen um Gewährung von Fahr— 
taxermätzigung nachgesucht worden war. 
— Laut Jahresbericht des k. Fabriken⸗Inspek— 
tors für die Pfal z, Hrn. Heuser, pro 1882 
hat es sich als ein Mißstand herausgestellt, daß Ge⸗ 
treide- und andere Mühlen, Holzsägereien, Schlosse— 
reien, Schreinereien, sowie andere Werkstätten, welche 
sich nicht der Dampfkraft, wohl aber einer andern 
elementaren Kraft (Wasser⸗, Gaskraft 2c) bedienen, 
nicht als Fabriken betrachtet werden können und 
deßhalb bisher der Aufsicht des k. Fabriken⸗Inspek- 
tors nicht unterstellt waren. Da nun nicht zu ver⸗ 
kennen ist, daß auch bei solchen Anlagen die Be⸗ 
aufsichtigung der gefährlichen Betriebs-Einrichtungen 
durch ein sachkundiges, technisches Organ im In⸗ 
teresse der Arbeitgeber nicht minder wie in dem der 
Arbeiter gelegen ist, hat das k. Staatsministerium 
derfügt, daß der k. Fabriken⸗Inspeltor für die Pfalz 
nuch die obengenannten gewerblichen Anlagen in 
Bezug auf die Ausführung des 8 120, Abs. 3 der 
Bewerbeordnung, unbeschadet der konkurrirenden 
Aufsicht der ordentlichen Polizeibehörden. zu über— 
wachen habe. 
— 
Vermischtes. 
f Traunstein, 19. Juni. Der Forstgehilfe 
Schwab von St. Bartlmä bei Berchtesgaden soll 
an der Unterstandshütte auf dem Fundtensee⸗Tauern 
von einem Wilderer am Donnerstag erschossen 
worden sein. 
F (Altbayerische Auskunft.) Bekannt⸗ 
lich ist der Eintritt in die vom König von Bayern 
bewohnten Schlösser sehr erschwert, wenn nicht ganz 
unmöglich. Ein Engländer hatte sich in den Kopf 
zesetzt, durchaus den „Linderhof“ zu sehen. Er 
uhr also direkt hin und fragte stracks den dortigen 
Schloßverwalter, ob er ihm nicht sagen könne, wie