Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Der pfälz. Kreislehrerverein wird 
dieses Jahr in Pirmasens tagen. Behufs Vor⸗ 
besprechung über Bildung der erforderlichen Aus— 
schüsse findet dort nächsten Sonntag eine Versamm⸗ 
iung von Bürgern Statt. 
Eigenthümliche Verhältnisse scheinen inner— 
halb der Feuerwehr von Kusel zu bestehen. Bei 
einem kürzlich dort ausgebrochenen Brande scheinen 
der Distrikts⸗ und Ortskommandant nur in sehr 
beschränktem Maße sich ihrer Aufgabe gewachsen 
gezeigt zu haben. Die Sache wurde in der Presse 
besprochen und die Folge davon war eine Bürger— 
versammlung, in welcher der Distrikiskommandant 
mit 82 gegen 3, der Ortskommdant mit 82 gegen 
8 Stimmen für unfähig zur Verwaltung ihrer 
Aemter erklärt wurden. 
— Kaiserslautern, 20. Juni. Nach 
ganz zuverlässiger Quelle können wir mittheilen 
daß Herr Dr. Reknagel, k. Professor und Rek— 
tor der Industrie-Schule dahier, für seine Betheilig⸗ 
ung an der Hygieine⸗Ausstellung in Berlin mit der 
goldnen Medaille ausgezeichnet worden ist. 
Frankenthal, 19. Juni. Johannes 
Kimmel, Uhrmacher von Dürkheim wurde heut 
wegen fahrlässiger Tödtung der Elisabetha Kröther 
von Freinsheim, verübt am 10. Mai l. J., zu 
1 Jahr Gefängniß verurtheilt. Bei einem Besuche 
bei der Familie Kröther hatte sich der Angeklagte 
wie s. Z. in diesem Blatte erwähnt, durch unvor⸗ 
sichtige Handhabung eines Revolvers, der sich in 
seiner Hand entlud und die Elisabetha Kröther 
sofort toͤdtete, dieses Vergehens schuldig gemacht. 
Die Gesammtsumme der in der ganzen 
Pfalz erhobenen Gemeindeumlagen beträgt 
12,037,635,10 M. und zwar 2,868,401 M. oder 
142 pCt. der Staatssteuern, 1879: 3,311, 431,46 
Mk. oder 157 pCt. d. St., 1880: 2,850,631 M. 
oder 103 pCt. d. St. 1881: 3,007,171 M. oder 
111 pCt. der Staatssteuern. 
Vermischtes. 
(Guter Appetit.) Bei der Eröffnung 
des Löwenbräukellers zu München am vergangenen 
Donnerstag wurden verzehrt: 12 ganze Kälber, 
80 Hühner, 22 Gänse, ca. 2 Zentner kalte Speisen 
und um 180 Mark Brod. Getrunken wurden 
13,000 Liter Bier. 
Metz, 19. Juni. Die großartigen, im letzten 
Jahrzehnt hier zur Ausführung gelangten mili— 
tärischen Bauten gehen ihrem Abschluße entgegen. 
Nachdem die Erweiterung der alten und der Bau 
der neuen Forts schon seit einiger Zeit vollendet 
sind, wird gegenwärtig nur noch an der Pionier⸗ 
caserne auf dem Platz neben der ehemaligen Tabaks— 
manufaktur gearbeitet. Ter stattliche Bau hat eine 
Länge von 132 mm und verspricht eine architek— 
tonische Zierde des ganzen Stadttheiles zu werden 
Die Gewölbe des Kellergeschosses sind bombensicher 
eingedeckt worden. 
Von der Strafkammer Straßburg wurde 
der Arbeiter K., der bereits sechs Mal längere 
Zuchthausstrafen verbüßt hat, wiederum zu zwei 
Fahren Zuchthaus wegen Diebstahls verurtheilt 
derselbe führte zu seiner Entschuldigung an, daf 
es ihm scheine, als ob er zum Stehlen ge— 
boren sei, weil er der Versuchung nach fremdem 
Eigenthum nicht wiederstehen koönne. 
Beim Hühneraugenschneiden verletzte sich in 
Frankfurt a. M. vor einigen Tagen ein Herr 
mit dem Messer. Man schritt zur Abnahme der 
kleinen Zehe, trotzdem ist der Bedauernswerthe am 
Dienstag an Blutvergiftung gestorben. Wiederum 
eine Mahnung zur höchsten Vorsicht. Bei derartigen 
Manipulationen sollte man sich doch lieber einem 
Hühneraugen⸗Operateur anvertrauen. 
Die Zahl der in der Krupp'schen 
Fabrik in Essen beschäftigten Arbeiter beträgt 
Jegenwärtig 19605. Einschließlich der Familien 
derselben umfaßt diese Arbeiterzahl einen Personen⸗ 
stand von 65881 Köpfen, unter welchen sich 18086 
schulpflichtige Kinder befinden. 
'Einewahrhaftsensationelle Mit— 
theilung wurde am 13. ds. Mts. in der Sitz⸗ 
ung des Vereins für Erdkunde zu Halle a. S. ge⸗ 
macht. Professor Welcker sucht in einem dem Ver— 
ein zugesandien Werke den Nachweis zu führen, 
daß in der Furstengruft zu Weimar nicht die echten 
Gebeine Schiller's beigesetzt sind. Eine Vergleichung 
der unzweifelhaft echten Totenmaske mit dem Schiller⸗ 
schädel der Fürstengruft habe dies ergeben. Von 
der Ueberführung, der jetzt als Gebeine Schiller's 
geltenden Ueberreste nach der Fürstengruft aus dem 
Gewölbe, wo Schiller ursprünglich begraben war, 
seien die Gebeine aus zahlreichen andern dort vor— 
handenen nach ungefährer Aehnlichkeit zusammenge— 
sucht worden. (27) Der Verfasser des Buches will 
nun den Großherzog bitten, neue Nachgrabungen 
(nach 78 Jahren) vornehmen zu dürfen, um wo— 
möglich den echten Schiller doch noch zu finden. 
In Sachsenhausen wurde dieser Tage 
eine neue Art von Velozipedes bemerkt, auf welchem 
2 Personen Platz hatten, nämlich ein Herr und 
ꝛine Dame, von welchen beiden ersterer das Fahr—⸗ 
zeug in Bewegung setzte. 
Die am Sonniag in Berlin versammelte 
Kommission des engeren Ausschusses der deutschen 
Benossenschaften hat beschlossen, als Nachfolger 
Schulze⸗Delitzschs in der Anwaltschaft des deutschen 
Benossenschaftsverbandes den Rechtsanwalt Schenl 
in Wiesbaden dem engeren Ausschusse in Vorschlag 
zu bringen und gleichzeitig zu beantragen, daß die 
Stellung des bisherigen ersten Sekretärs der An⸗ 
waltschaft, Dr. Schneider, in der Weise geändert 
wird, daß derselbe nicht mehr als spezieller Beamter 
des deutschen Genossenschaftsverbandes von diesem 
zewählt und mit Dienstvertrag angestellt, also seiner 
hisherigen Wirksamkeit erhlten bleibt. 
*Aus der Hygiene-Ausftellung 
Unübertrefflich ist der brauneTrank der Levante, den 
Herr Bauer seinen Gästen vorsetzt. Wie wir ver— 
nehmen, ist die ausschließliche Lieferung des Kaffees 
für die ganze Dauer der Ausstellung der altrenom 
mirten Firma A. Zuntz sel. Wwe., Dampf⸗Kaffee— 
brennerei, überiragen worden. Diese Firma, welche 
bereits seit ca. 530 Jahren in Bonn am Rhein die 
Kaffeerösterei in großartigem Maßstabe betreibt und 
seit dem Jahre 1879 auch in Berlin ein Etablisse⸗ 
ment errichtet hat, versteht es, durch eine von ihr 
erfundene höchst appetitliche Brennmethode, sowie 
durch ganz besondere Mischungen, dem Kaffee ein 
Aroma zu geben und dasselbe derart zu binden, 
daß ihr unter dem Namen Ja. gebt. Java⸗-Kaffee 
bekanntes Fabrikat unübertroffen dasteht. 
F (Alte Liebe rostet nicht.) In Wilmers 
dorf bei Berlin feierte dieser Tage der 64 Jahre 
alte Büdner W. Gerisch mit seiner 54 Sommer 
zählenden Braut, nach einem 22 Jahre währenden 
Brautstande, nach Hinwegräumung verschiedenen 
Thehindernisse die Hochzeit. Etwa 150 Personen 
betheiligten sich bei der Hochzeitsfeier. 
F Breslhau, 21. Juni. Der südliche Theil 
der Stadt Reichenbach, sowie die Dörfer Erns 
dorf, Neudorf und Faulbrück stehen unter Wasser 
Im Dorfe Bromberg sind zwei Personen ertrunken 
der Verkehr auf der Schmiedeberger Zweigbahn 
ist unterbrochen. 
Fæ Neisse, 21. Juni. Seit 24 Stunden is 
urchtbares Hochwasser eingetreten; der höchste Wasser⸗ 
tand seit 1829. Die evangelische Schule und 
dirche, die Kasernen Nr. 2 und 4, sowie viele 
dellerwohnungen stehen unter Wasser. Das Postamt 
steht zum Theil, die Mühlen ganz im Wasser. 
F Hirschberg Echlesien), 20. Juni. Ein 
Wolkenbruch in der Nähe der Schneegruben richtete 
sjier und in der Umgebung große Verwüstungen 
in. Der Bober ist ausgetreten und überschwemmte 
einen großen Theil der Stadt. Nachts wurde die 
Feuerwehr und das Militär alarmirt, welche aus 
einer isolirt am Bober gelegenen Schaubude acht 
Menschen aus der Lebensgefahr erretteten. In 
unersdorf, Hermsdorf, Giersdorf, Agnetendorf sind 
die Stege meistentheils weggerissen und einige 
Häuser eingestürzt. In Hermsdorf ist ein Mann 
ertrunken. Die Bahnverbindungen Hirschberg⸗Breslar 
sind unterbrochen. Der Verkehr stockt gänzlich 
Die heutige Schwurgerichtsverhandlung wurde wegen 
Ausbleibens der Zeugen vertagt. 
F(Wasserschuhe.) Zwei Breslauer, mit 
NRamen Bögel und Huhndorf, haben sog. Wasser⸗ 
chuhe erfunden, kleine Fahrzeuge in Fischform mit 
jermetisch geschlossenen Lufträumen, die eine Trag⸗ 
ähigkeit von 175 Pfd. besitzen und mit denen ein 
Mensch sonach über die Oberfläche des Wassers 
hinschreiten kann, wobei der Betreffende allerdings 
nicht wie beim Gehen auf festem Lande Schritt 
vor Schritt aufzutreten, sondern vielmehr die Be— 
vegungen der Schlittschuhläufer anzuwenden hat. 
Durch einen außen am Apparat angebrochten 
Motor soll dieses Wasserlaufen sehr erleichtert und 
jefördert werden. Die Erfinder haben sich auf 
hre Wasserschuhe ein Patent ertheilen lassen und 
tehen mit einem Unternehmer in London in Unter 
jandlung, der diese neueste Art des Wassersport— 
in England einzuführen gedenkt 
fStudentische Nensuren, theilweis— 
mit recht unglücklichen Ausgängen, haben in letztere 
Zeit derart überhand genommen, daß die Undersi. 
ätsbehörde in Berlin sich zu energischem Einschreiten 
veranlaßt gesehen hat. Schon vor einiger Zeit sim 
drei Verbindungen, die ihre Mensuren gewöhnliq 
in einem Lokal der Schwedterstraße resp. am Gör. 
litzer Bahnhof ausfochten, vollständig suspendier 
worden, während in neuerer Zeit mehrere Studie. 
rende relegiert werden mußten. 
F Dreimal an einem Tage gestorben 
ist die in den fünfziger Jahren stehende Kossäthen. 
frau S. in Pohlo bei Guben. Am 31. Mai starb 
sie und lag 3 Stunden lang anscheinend todt 
wurde jedoch, als man die „Leiche“ abwaschen 
wollte, wieder wach. Sie fragte, was man von 
ihr wolle, trank Kaffe, aß Semmel und blieb einige 
Zeit anscheinend wohl. Doch bald „starb“ die 
Frau wieder und galt 6 Stunden lang als todt 
nach welcher Zeit sie wiederum beim Waschen zu 
sich kam. Sie erhob sich von dem Krankenlager 
und ging in der Stube auf und ab. Plötzüͤch 
stürzte sie hin und schien abermals eine Leiche 
Nunmehr erst wurde ein Arzt herbeigerufen, welcher 
durch Oeffnen der Adern ꝛtc. den wirklich eingetretenen 
Tod feststellte. 
.(Alles schon dagewesen!) Mit Bezug 
auf die aus England importirte Notiz über den 
Knoblauch als angeblich unfehlbares Mittel gegen 
die Hundswuth ist zu bemerken: Alljährlich tauchen 
neue Mittel gegen die Hundswuth auf. Oft handelt 
es sich nur um „alte Geschichten“. Ja dem 
Kräuterbuche des Matthiolus (1563) sind nicht 
weniger als 32 Mittel verzeichnet, 9 „In Leib“ 
und 23 „aussen“ zu gebrauchen. Beim Knoblauch 
heißt es: „Knoblauch wirt gessen nicht allein wie 
ein Speiss, sondern auch wie ein Artzney, er er⸗ 
wärmet wud trucknet, hilfft wider die Biss der 
Schlangen wnd tobenden Hunde, gegessen wud 
zuten Wum darauff getruncken, auch eusserlich auff 
zelegt, denn die Nattern wud andere Thiere, 
Gifft bey sich tragen, fliehen den Knoblauch.“ 
F Einen Bienenkorb als Mittel zu ge— 
hrauchen, um sich an den Gerichtsvollstreckern zu 
rächen, ist eine Erfindung von Mr. Samuel Gunn 
Der Genannte, ein Hausbesitzer in Norwich, solltt 
wegen der Nichtzahlung einer eingeklagten Schuld 
gepfändet werden. Die Gerichtsvollstrecker kamen 
zu ihm, wiesen ihm den Executionsbefehl vor und 
wurden v. Mr. Gunn in ein Zimmer geführt, wo 
er sie in der freundlichsten Weise einen Augenblid 
zu warten bat. Er ging hinaus und kam gleich 
darauf mit einem Bienenkorb zurück. Denselben in 
das Zimmer zu schleudern und die Thüre zuzu— 
schließen, war das Werk eines Augenblicks. Die 
Bienen fielen wüthend über die Gerichtsvollstrecker 
her und wer weiß, wie schlimm es ihnen ergangen 
wäre, wenn einer von Ihnen nicht die Geistesgegen⸗ 
wart gehabt hätte, das Fenster zu öffnen und den 
Bienenkorb in den Garten zu werfen. Trotzdem 
waren die Beamten jämmerlich zerstochen und Mr. 
Gunn hat jetzt das, was er einen „kleinen Scherz 
bezeichnete, mit 28tägiger Haft nebst Zwangsarbeil 
abzubüßen. 
F Die Preisvertheilung an der medicinischen 
Schule in London hat Gelegenheit geboten, die 
neue Institution der weiblichen Aerzte interessant 
zu beleuchten. Vor einigen Jahren hatte eine kleine 
Anzahl Damen die Erlaubniß nachgesucht, einen 
medicinischen Cursus in den Spitälern hören zu 
dürfen, und man hatte damals dieses Verlanger 
mit nicht allzu freundlichen Glossen begleitet. Heutt 
zibt es an der Londoner medicinischen Schule 40 
Zörerinnen der Medicin, deren Erhaltung und 
Studium ungefähr 3000 Pfd. St. jährlich kostet, 
welches Geld durch Subscriptionen und Schenkungen 
aufgebracht worden ist. Die Erfahrungen der letzten 
Jahre haben bewiesen, daß Frauen sich vollkommen 
zur Ausübung des ärztlichen Berufes eignen und 
daß man sie mit Vorliebe zur Behandlung don 
Kindern und Personen ihres Geschlechtes ruft 
Namentlich in Indien sind die weiblichen Aerzte 
sehr gesucht, und in Bomday wurden kürzlich 40,000 
Rupien botirt zur Deckung der ersten Kosten eines 
Ftablissements für Damen, die mit einem ärztlichen 
Diplome versehen sind. 
Gas Mittelmeer.) Man schreibt dem 
„Hamb. Korr.“ aus Rom: Das Mitieimeer tritt 
mmer mehr zurück, das ist die unangenehme That⸗ 
jache, welche in der cisalpanischen Presse ein lautes 
Echo findet. Bekanntlich ist Venedig in Gefahr