ðùt. Junherter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert—
* St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich funfmal: Am Montag, Dienstaz, Donunerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.4 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 4, einschließtih
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123.
Politische Uebersicht. J
Deutsches Reich.
München, 26. Juni. Die diesjährigen In⸗
pettionsreisen Sr. k. kgl. Hoh des deutschen
fronprinzen als Chef der IV. Armee⸗Inspek⸗
ijon werden sich in Bayern auf des J. Armeekorps
istrecken, während Se. kgl. Hoh. Prinz Luitpold,
jeneralinspekteur der bayerischen Armee, solche des
J. Armeekorps inspiziren wird.
Berlin, 26. Juni. In dem Befinden des
ceichskanzlers Für sten Bismarist seit Sonn⸗
g eine kleine aber stetig fortschreitende Besserung
u konstatiren gewesen. Der Fürst konnte für kurze
eit Spaziergäuge in seinem Garten unternehmen.
Berlin, 26. Juni. Der Reichsanzeiger ver⸗
sentlicht ein vom Bundesrath beschlossenes
eglement, betreffend die ärztliche Vorprüfung.
Berlin, 27. Juni. Die Provinzial⸗Corre⸗
pondenz bespricht die kirchenpolitische Vorlage und
agt, der katholischen Bevölkerung sei ein neuer Be⸗
zeis geliefert worden, daß die Regierung nicht nur
in Herz für die seelsorgerliche Noth, sondern zu⸗
leich auch volles Verständniß für die Auffafsung
er Katholiken bezüglich der kirchenpolitischen Be—
iehungen habe, mit praktischem Sinne sei man
inem praktischen Bedürfniß entgegengekommen, so⸗
veit es ohne Preisgebung der Staatsrechte möglich
var. Auf den Verlauf der Sache sei es nicht ohne
dinfluß gewesen, daß die Nationalliberalen und ein
cheil der Secessionisten den gesammten Gesetzentwurj
rincipiell bekämpften, wenn sie auch den Artikel 4
vieder herzustellen beabsichtigten. Darum wurde die
zetwägung maßgebend, daß es auf das Zustande⸗
iommen des Gesetzes überhaupt ankomme und die
Streichung einer nicht wesentlichen Bestimmung kein
yrund zur Gefährdung des Ganzen sein könne.
Das preußische Abgeordnetenhaus hat am
Nontag die kirchenpolitische Vorlage in dritier Les⸗
ing bei namentlicher Abstimmung mit 224 gegen
107 Stimmen angenommen.
X
die Deutschenhetze ist in Franukreich
weder einmal in vollem Gange und zeigt sich in
den verschiedensten Gestalten. Bald sind es alberne
Närchen aus dem letzten deutsch-französischen Kriege,
velche den gläubigen Lesern der Boulevardblätien
ufgebunden werden, bald muß ein bei uns bevor⸗
tehendes patriotisches Gedenkfest wie die Enthüllung
es Niederwalddenkmals durch unseren Kaiser dazu
erhalten, den Revanchegedanken zu nähren, weil
iese Feier am 27. September, dem Tage der Ueber⸗
gabe von Straßburg ftattfinden soll. Daneben setzt
xr „Dichter der Revanche“ Paul Deroulede mit
ainer Patriotenliga die Hetzereien fort und hat
uͤrzlich in Rouen eine Philippika gegen die deut—
hen Handlungsbeflissenen gehalten, welche nur des
ab nach Frankreich kämen um den Franzosen ihre
huster und Erfindungen abzugucken, und sie in
rer Heimath nachzumachen. Ein ernsteres Gesicht
uit ein Vorfall, welcher sich am letzten Sonntag
hormitiag in einer kleinen Bierwirihschaft am Moni
artre ( Paris) abspielte. Dort wurden 15 deutsche
häcergesellen blos deshalb, weil sie unter sich laut
uutsch sprachen, von den in der Wirihschaft an—
rrsenden Franzosen beschimpft und als sie diesen
r Antwort nicht schuldig beben, kam es zu einer
lägerei, bei dere blutig herging. Der Pariser
—RE warf alle Fenster der Wirthschaft ein
id die zu Huͤlfe gerufene Polizei ließ die Fran—
eu ungeschoren,sperrte dagegen sechs Deutsche
Donnerstag, 28. Juni 1883.
—18. Jahrg.
auf 24 Stunden ins Loch. Der an sich gewiß
unbedeutende Vorfall erinnert an die Feindseligkeiten
der Patriotenliga gegen den deutschen Turnverein
in Paris und gibt im Zusammenhang mit den oben
angeführten Thatsachen immerhin zu denken.
Newyort, 25. Juni. Die Einwanderungs⸗
Commission beschäftigte sich heute mit der Frage
der Einwanderung armer und erwerbsunfähiger
Leute und beschloß, dieselbe zu untersagen. Es
vurde versichert, daß die Dampfer ‚Spain“, „Fur⸗
nesfia“ und „Anchovia“ viele Personen gelandei
jaben, welche in Irland in den Armenhäusern
unterhalten werden mußten, und für welche die
eberfahrt aus öffentlichen Mitteln bezahlt wurde
Die Commissäre beschlossen weiter, die Verwaltungs
Secretäre anzuweisen, alle Personen anzuhalten, die
auf Kosten Großbritaniens nach Amerika gesandt
vurden, und es soll in dieser Angelegenheit den
J)afeninspektoren eine besondere Weisung zugehen
Den Zwischendeckpassagieren der, Anchovia“ soll die
dandung so lange verboten werden, bis die näheren
Umstände ihrer Auswanderung untersucht worden
ind. Der Hafeninspektor versprach der Commissior
dafür Sorge zu tragen, daß alle mittellosen und
arbeitsunfähigen Leute zurückgeschickt werden.
Newyork, 26. Juni. Die Commission für
das Auswanderungswesen hatten mehrere Beschlüsse
gefaßt, dahingehend, die Landung armer irischer
Auswanderer in Amerika zu verhindern. Die Com⸗
mission schlägt vor, diejenigen Auswanderer, für
welche die englische Regierung die Reisekosten be⸗
ablt, wieder zurückzuschicken
Karlsruhe, Kaiserslautern, Landau, Mainz, Mann⸗
heim, Neustadt a. H., Offenbach a. M., Pforzheim,
Ravensburg, Schweinfurt. Speyer, Stuttgart, Trier,
Ulm, Würzburg, Zweibrücken.
— Pfälzisches Schwurgericht.) Nach—
dem am Montag Vormittag der 32 J. a. Tüncher
Johann Ganther von Schöneberg, angeklagt
des Meineids, freigesprochen war, wurde am Nach—
mittag desselben Tages der 37jährige Fabrikarbeiter
Jakob Schön von Altenglan, welcher am Morgen
des 21. Januar ds. Is. seine Frau in den Glan
stieß, um sie darin zu ertränken, wegen Mord⸗
dersuchs zu 10 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren
Ehrverlust verurtheilt.
— Ein Kaiserslauterer Gastwirth ließ,
wie die „Pfälz. Volksztg.“ mittheilt, am Montag
Morgen einen Extrazug nach Zweibrücken auf seine
sKosten abgehen, um einen Geschworenen dorthin zu
hringen, der bei ihm übernachtete und den der Haus—
knecht troz der Bestellung zu wecken vergaß. Der
Zug kostete die hübsche Summe von 188 Mark.
— Nach dem „Pf. K.“ ist das Ergebniß der
am Montag im Wahlkreise Landau-Neu⸗—
stadit statigehabten Ersatzwahl zum Reichstage fol⸗
zendes: Anwalt Mahla (nat.libr.) 9293 St,
Butsbesitzer Sartorius (ortschrtil) 9209 St.,
Dreesbach (Sozialdemokr.) 66 St., zzersplittert 4
Stimmen. Die absolute Majorität betrug also
9287 St. und hätte der Kandidat der National⸗
liberalen, Herr Anwalt Mahla, gesiegt. Da jedoch
das Stimmenergebniß in den verschiedenen Blattern
verschieden angegeben wird, so dürfte sich vorstehen⸗
des Resultat durch die amtliche Feststellung, welche
am Freitag erfolgen wird, noch ändern.
— Klingen, 24. Juni. Ein höchst merk⸗
würdiges Zeugniß der Französischen Revolution
wurde dieser Tagen, von unserem Kirchthurme be—⸗
Jeitigt, nämlich die Jacobinermütze. Dieser Zeuge
der Schreckenszeit, hat schon manchen Durchreisen⸗
den zum Stehen gebracht und staunende Aeußer⸗
ungen wurden laut, daß sich hier eine Jacobiner⸗
mütze auf dem Kirchthurme befindet.
(Land. Tgbl.)
— Einer nach Speyer gelangten Meldung
aus Straßburg zufolge wurde dort am Abend
des 25. Juni der Dieb verhaftet, welcher auf dem
Speyerer Bahnhof aus dem Schranke des Portiers
eine beträchtliche Summe Geld gestohlen hat. Der⸗
selbe soll nur noch im Besitze von circa 500 M.
gewesen sein.
Lol. le und ..ische Nachrichten.
— In den Waldungen des kgl. Forstreviers
Reuhäusel weilt seit Frühjahr eine größere An—
zahl von Wildschweinen. Im Ganzen wurden
his jeßt 12 Stück, meistens Frischlinge, erlegt;
immerhin sollen aber noch 25 bis 30 Stück vor—
handen sein.
— Auf der Tagesordnung für den 17. Ver—
vandstag der pfälzischen KRreditgenossenschaf—
ten, der am 3. Juli in Blieskastel abgehalter
vird, steht, wie die „N. Z.“ meldet, außer den ge—
woöhnlichen Berathungsgegenständen auch ein Berich
iber den Stand der Revisorenfrage, erstattet von
herrn Dr. Knecht, und ein Referat über Genossen⸗
chaft und Aktiengesellschaft durch Herrn Assessor
Conrad in Kaiserslautern.
— Geschäftsbe richt des Vereins Credit—
reform Zweibrücken.) Zahl der Mitglieder
i01 am 21. Juni e Mit diesem Tage sind an⸗
gefordert
720 Posten mit M. 16,154.41]
Hiervon ab die⸗
enigen Posten, deren
Mahnfrist noch nicht,
abgelaufen 13288, „M. 2,829.41
verhleiben 568 F „M. 13,325. 10
Hiervon sind er⸗
ledigt durch Zahlung,
Befristung, Rück⸗
nahme ꝛc... .266, „M. 6,974.85
»der 47090 der Posten — 520 der Beträge, ent⸗
pricht einer Besserung gegenüber der letzten Liste
von 9580 der Beträge. Seit Erscheinen der letzten
Liste sind neu begründet die Vereine Creditform
Freiburg i. B., Heidelberg, Pforzheim. — Dem
Verband gehören gehören jetzt folgende 24 Vereine
in: Aschaffenburg, Bingen, Coblenz, Darmstadt
Freiburg i. B., Hanau, Heilbronn, Heidelberg
—
—A
Vermischtes.
F München, 26. Juni. Gegenwärtig harren
nicht weniger als sieben vom Schwurgerichte beim
Landgerichte München J zum Tode verurtheilte Ber⸗
drecher der Entscheidung über ihr Leben. Da ist
zunächst Erdmann, der seinen Schwager, den Schuh⸗
macher Hermann in Giesing meuchlings im Bette
erstach; derselbe steht noch immer unter ärztlicher
Beobachtung bezüglich seines geistigen Zustandes;
Wintersperger wegen eines auf offener Landsttaße
verübten Raubmordes zum Tode verurtheilt, strebt
die Wiederaufnahme des Verfahrens an. Der Zucht⸗
zäusler Buchhofer, dem wegen eines an einem Mit⸗
zefangenen begangenen heimtückischen Mordes das
Leben abgesprochen wurde, wartet im Zuchthause in
der Au auf die von ihm erbetene Hinrichtung und
Aagt nicht mehr über schlechte Behandlung, da Alles
bermieden wird, was ihn in Aufregung versetzen
könnte. Endlich sind noch aus der jüungsten Schwur⸗
gerichtssession vier zum Tode verurtheilte da, näam—