Full text: St. Ingberter Anzeiger

Bewohner unserer Stadt den sehr zahlreich an⸗ 
gemeldeten Schützen die größte Sympathie entgegen 
bringen. Darum: Herbei, herbei, ihr Schützen! 
„Herbei im Festesschmuck zu den Jubeltagen und 
dem Freudenspiel!“ 
— Dem kgl. Musikdirektor Vierling (Franken⸗ 
thal), Mitglied der kgl. Akademie der Künste zu 
Beriin, wurde das Prädikat „Professor“ verliehen. 
— Der von Notar William Raich in Newyork 
herausgegebene „Rechts-Schutz“ enthält die Namen 
folgender in Amerika verstorbener Pfälzer: Mendel 
Amon, aus Ottersheim, 72 Jahre, gest. am 1. 
Mai 1883, New⸗Orleans, Louisiana; Striker, Joseph, 
aus Minfeld, 40 Jahre, gest. am 22. April 1883, 
Cincinnati, Ohio; Leiser, Ludwig, aus Tahn, 28 
Jahre, gest. am 8. Mai 1883, New⸗-Orleans, La; 
Kehrwald, Gebhard, aus Pirmasens, 80 Jahre, gest. 
am 14. Mai 1883, New⸗Orleans, La; Hock; 
Philippine aus Wernersberg, 58 Jahre, gest. am 
10. Mai 1883, Louisville, Ky. 
Vermischtes. 
(Vorhistorisches Bauwerk.) Aus 
Vic in Lothringen wird geschrieben: „Zwischen 
Vic und Marsal, im entlegensten Theile Lothringens, 
gibt es ein gewaltiges, wahrscheinlich vorhistorisches 
Zauwerk, welches in seiner Art wohl einzig dastehen 
dürfte: die sogenannte Briquetage. Dieselbe be— 
steht aus einem ein bis zwei Meter mächtigen und 
drei bis vier Meter hoch mit Alluvialboden bedeck⸗ 
ten Mauerwerk, das sich als eine gewaltige Decke 
über dem unergründlichen Sumpfboden des Seille⸗ 
thales ausbreitet. Ausgeführt ist der Bau aus 
kunstlos mit der Hand geformten kleinen Ziegel— 
steinen; die Ausdehnung des unterirdischen Baues 
beträgt, soweit bis jetzt festgestellt ist, mehrere Quadrat⸗ 
Kilometer. Die Zahl der Ziegelsteine berechnet man 
auf viele Millionen und stellt die Bauten in Bezug 
auf Mächtigkeit über die egyptischen Pyramiden. 
Nach Alter und Zweck scheinen sie den Pfahlbauten 
nahezustehen. Leider hat bis jetzt noch kein be— 
rufener Archäologe der Neuzeit die Briquetage zum 
Gegenstande wissenschaftlicher Forschungen gemacht, 
trohdem solche für die Geschichte Lothringens äußerft 
interessante Aufschlüsse erwarten lassen. In der 
deutschen Gelehrienwelt scheint die Sache überhaupt 
so gut wie unbekannt zu sein.“ 
F In Heidelberg sind in diesem Sommer 
1019 Studenten immatrikuliert worden. Man muß 
bis zum Winter 183182 zurückgehen, um eine 
Ziffer gleicher Höoͤhe (1018) zu finden. In dem 
setzten halben Jahrhundert ist das volle Tausend 
nie wieder erreicht gewesen. 
(GUnglückliche Lotteriegewinner.) 
Erst kürzlich ging einem Einwohner in Frankfurt, 
der in der sächsischen Lotterie einen Treffer von 
18,000 Mtk. gemacht, der Kollekteur, dem er das 
Los zum Inkasso eingesendet, mit dem erhobenen 
Gelde durch. Vor einigen Tagen haben sich Leidens- 
gefährten für den schier untröstlichen Mann gefun— 
den, denn drei Herren, die in der Hamburger Lot⸗ 
terie gewonnen und es gerade so gemacht wie er, 
jammern jetzt über den Verlust von 10,000 Mark, 
mit denen der Kollekteur durchging. Der Humor 
bei der Sache ist, daß die unglücklichen Gewinner 
den Vorfall nicht einmal bei der Bebörde melden 
dürfen, denn sie würden unter allen Umständen 
wegen Spielens in einer fremden Lotterie bestraft 
werden, während der Versuch, der Durchbrenner 
habhaft zu werden, ihnen wahrscheinlich nur Kosten, 
aber keinen Erfolg bringen dürfte. 
Die Krupp'sche Fabrik in Essen 
beschäftigt gegenwärtig 19,605 Arbeiter. Einschließ— 
lich der Familien derselben umfaßt die Arbeiterzahl 
einen Personenstand von 65,381 Köpfen, worunter 
sich 13,086 schulpflichtige Kinder befinden. 
F Nidda, 25. Juni. Die Frkf. Z. bringt 
folgende Nachricht, welche wir als fette Zeitungs⸗ 
enie betrachten: Hier ist eine arme Frau mit fünf 
Kindern niedergekommen. Eines dabvon, ein Junge, 
wiegt 14 Pfund. (è Ein normales Kind wiegt nur 
etwaä die Häͤlfte! Red. d. Irkf. Z.) Die Kinder 
find sämmilich frisch und gesund. Eine wohlhabende 
Familie hat für die Fünflinge eine Wiege anfertigen 
lassen, groß genug, um alle zugleich zu bergen. 
Auch erhält die so „segensreich getroffene“ Familie 
sonstige Unterstützungen. 
p' Das Berliner Polizeipräsidium hat die 
Verfügung erlassen, daß fortan zum Entwickeln des 
Fleisches, Käses, der Butter und anderer halb feuch⸗ 
ser Eßwaaren bedrucktes Papier nicht mehr ver⸗ 
wendet werden darf. Die Schutzleute haben in 
diesen Tagen die betreffenden Händler hiervon in 
senntnis gesetzt. Eine solche Verordnung wäre auch 
anderwärts sehr am Platze, da es keinem Zweifel 
unterliegt, daß durch das vielerorten gebräuchlicher 
Einwickeln von Eßwaaren in bedrucktes Papier 
diesen Waaren Stoffe beigemengt werden, welche 
heim Genuß der Waare leicht gesundheitsgefährlich 
wirken können. 
F GDie Strafe des Propheten.) Die 
custige Person des Berliner Congresses — so er— 
zählt Louis v. Blowitz — war Mehemet Ali, 
welcher gern und viel trank, wobei er das Glas 
mit beiden Händen hielt und es immer auf einen 
Zug leerte, als wenn er als Türke sich schämte 
Wein zu trinken. Wenn von den Reformen in der 
Türkei die Rede war, lachte er laut auf. „Kannten 
Sie,“ so fragte er einmal in angeheitertem Zustande 
nach einem Diner in einer Botschaft Herrn v. Blo⸗ 
vitz, „Ali Pascha, welcher während des Kaiserreiches 
zerühmt war und den die Pforte als Botschafter 
nach Paris gesandt hatte gerade im kritischsten Augen⸗ 
licke ihrer Geschichte? Er war so sehr dem Trunke 
rgeben, daß ihm, wenn er beim Sultan dinirte 
iuf Befehl desselben nur Selterswasser gegeben wurde 
kines Tages machten wir uns das Vergnügen, die 
—„iphons mit Champagner zu füllen. Am Schlusse 
»es Diners war er so betrunken, daß er nicht stehen 
onnte. „Du siehst,“ sagte der Sultan, welcher 
laubte, er habe Selterswasser getrunken, „der Pro⸗ 
het straft Dich für deine Un näßigkeit, so daß Alles 
vas Du trinkest, Dich besoffen macht.“ Am nächsten 
Tage trank er wieder Selters, aber es bereitete 
hm nur einiges Unbehagen. „Wie schade,“ be— 
merkte der Sultan, daß die Strafe des Propheten 
aur für eine einzige Malzeit war.“ 
F(as Alter der Souveräne.) Der 
Alteste der Monarchen dieser Welt ist der deutsche 
daiser Wilhelm, welcher jetzt in seinem 86. Lebens⸗ 
ahre steht. Dann folgen die Souveräne: Der 
zönig von Holland 66 Jahre, der König von Däne— 
nark 65, die Königin Viktoria 64, der König von 
Württemberg 60, der Kaiser von Brasilien 57, der 
dönig von Sachsen 55, der König von Schweden 
und Norwegen 54, der Kaiser von Oesterreich 52, 
der König von Belgien 48, der König von Portu⸗ 
jal 44, der König von Rumänien 44, der Sultan 
10, der König von Italien 39, der Kaiser von 
Rußland 38, der König von Bayern 37, der König 
yon Griechenland 37, der König von Serbien 28. 
Jahre. Der Jüngste ist König Alfons von Spanien 
mit 25 Jahren. 
Wien, 25. Juni. In Szegedin bestieg ein 
tobsüchtiges Individuum das Gerüst des Rathhaus— 
thurmes, schoß mit einem Revolver auf die Arbeiter 
und verwundete zwei tödtlich. Da Niemand sich zu 
nähern wagte, wurde der Tobsüchtige von Polizisten 
mit Schüssen an den Füßen verwundet. Er feuerte 
darauf selbst vier Schüsse auf sich ab und stürzte 
todt zusammen. 
fF Ein neues Conservirungsmittel.) 
Fin neues Consernirungsmittel hat nach dem 
„Oesterr. landw. Wochenblatt“ Profesior W. Barff 
nn dem „Boroglyhcerid“ entdeckt, welches den Vor⸗ 
heil bietet, daß dasselbe sich nicht im geringsten 
zurch den Geschmack verräth und nach vielen an— 
gestellten Versuchen keinen gesundheitsschädlichen 
Einfluß ausübt. Das Präparat wird auf folgende 
Weise hergestellt: Glycerin wird stark erhitzt und 
zann so viel Borsäure hineingeschüttet, als sich 
zarin zu lösen vermag; bei Barff's Versuchen war 
zas Verhältniß zuletzt 92 Theile Glycerin und 62 
Theile Borsäure. Das so gewonnene Boroglycerid 
zleicht bei gewöhnlicher Temperatur Gefrorenem, 
ann mit dem Hammer in Stücke geschlagen werden, 
st in höherer Temperatur zähflüssig und in heißem 
Wasser löslich. Der Verfasser hat Versuche mit 
iner Lösung von Boroglycerid in 20 —30 Theilen 
Wasser angestellt. Es eignet sich zur Conservirung 
»on Milch, Fleich, Austern ꝛc.; Milch, mit einem 
Zusatz von Boroglycerid versehen, wurde nach 
Famaica und Zanzibar geschickt und kam dasebst 
vohlbehalten und wohlschmeckend an. Bei einem 
Bortrage, welchen der Verfasser über den Gegen⸗ 
tand in einer Sitzung der Society of Arts and 
zeiences in London hielt, zeigte derselbe Trauben, 
Früchte aus Westindien, Sardinen aus Spanien, 
zummer, Häringe Austern, eine Rindszunge, 
Ochsen- und Hammelfleisch ꝛc. vor, die Monate 
ang durch Boroglycerid vor Fäulniß bewahrt wurden. 
F Nach der „Ausstellungs⸗-Zeituag“ zählt die 
—„chweiz 960 Gasthöfe und Fremdenpensionen 
nit mehr als 55,000 Beiten, einem Anlagekapital 
von 300 Millionen Francs (darunter 50 Millionen 
ür Möbel), einem jährlichen Umsatz von 50 6 
30 Millionen und einem Personal (unmittelbar und 
nittelbar) von 25.000 bis 85,000 Köopfen; au 
dem Ausland beziehen sie Lebensmittel für weit 
mehr als 10 Millionen. Die erwähnte Zeitu 
hehauptet, daß die schweizerischen Gasthöfe dun 
chnittlich im Tage die geringste Summe von 
Reisenden einehmen, daß somit die Schweiz don 
allen Ländern für den Fremden das billigste sei 
FParis, 27. Juni. Einer Meldung der 
„Agence Havas“ aus Port-Said (Aegypten) zufolge 
ind daselbst zwei Cholerafälle vorgekomma 
pou denen der eine töoͤdtlich verlief. 
F Ein bizarrer neuer Modeartikel wird unz 
aus Pars fignalisirt. Seit wenigen Tagen 
)rangen im Schaufenster eines der glänzendsien 
Magazine der Avenue de l'Opéra höchst —XR 
Damenschirme, deren Stock — einen veritablen 
Degen enthält. Ob die holden Trägerinnen solcher 
Schirme wohl Gelegenheit erhalten werden. von 
Leder — oder vielmehr vom Holz zu ziehen?! 
F (GEin küäühnes Unternehmen.) dDie 
nuthigen Luftschiffer Lhoste und Floy gedenken sich 
ein viertes Mal daran zu wagen, die Ueberfahn 
yon Frankreich nach England per Ballon zu dver— 
uchen. Die France du Nord zält fämmtliche Vor— 
ichtsmaßregeln auf, welche dieselben für den Fab 
iines abermaligen Mißerfolges zu ihrer Sicherhett 
ergriffen. Die Hülle des 2300 kmeumfassenden 
Ballons ist aus wasserdichtem Leinen gefer— 
igt. Der Gondel soll durch mit Luft gefüllte 
dautschukchlinder vor dem Untergehen gewahrt wer— 
den, und die Kautschukcylinder werden gleichzeitig 
die Wasserlinie bilden. Die obere Partie der Gon. 
del wird mit einer Lehne versehen, wo ebenfalle 
ine luftgefüllte Röhre durchläuft, die mit dem 
Inneren der Gondel in Verbindung steht. Jede 
Ecke dieses neuartigen Fahrzeuges wird mit einer 
Rettungskoje garnirt sein und endlich werden di⸗ 
Reisenden mit dem Schwimmapparat Boyton ver⸗ 
iehen sein. Wie man sieht, sind alle Vorsichtsmaß⸗ 
zegeln getroffen, um jeder Katastrophe während 
diesetr 300 kmelangen Reise entgegenarbeiten zu 
lönnen. 
F (Gie Sünden eines Menschen, 
Fin orthodoxer Prediger in Friesland (Holland) 
prach auf der Kanzel über die Sünden der Men— 
cchen und äußerte sich dabei folgendermaßen: Wenn 
illes Wasser im Meere Tinte, alle Blätter der 
Bäume Papier, jeder Grashalm eine Feder wäre 
ind alle Menschen würden so alt wie Methusalem 
und könnten während ihres Lebens Tag und Nacht 
chreiben, so würden sie die Sünden eines Menschen 
nicht beschreiben können! 
FGOas Unglückvon Sunderland, 
Von den geretteten Kindern ist am Sonntag nodh 
ein kleines Mädchen den erhaltenen Verletzungen 
m Hospital erlegen. Die Gesammtzahl der Opfer 
teigt damit auf 183. Ein anderes kleines Mäd⸗ 
hen, Namens Mary Fox und ihr Bruder konnten 
iunmehr der häuslichen Pflege überlassen werden, 
wei andere Geschwister der armen Kleinen sind in⸗ 
wischen begraben worden. Ein junges Mädchen 
von 14 Jahren, das schwere Verletzungen davon 
xrug und deren Schwester in der Katastrophe ihr 
deben verlor, hat sich nunmehr so weit erholt, daß 
s im Stande war, den Hergang zu erzählen. Sie 
agte: „Als von der Bühne aus verkündet wurde, 
daß die Preisvertheilung stattfinden werde, begannen 
die Kinder auf der Galerie der Treppe zuzuströmen. 
Als sie zu dem letzten Treppenabsatz kamen, wo 
ich die verhängnißvolle Thüre befand, stand ein 
Mann bei derfselben und itheilte Spielsachen aus 
Bald konnte sich auf der Treppe Niemand bewegen 
Ich hielt den Arm um meine Schwester geschlungen. 
im sie aufrecht zu erhalten, allein sie wurde wen 
gedrängt und neben mir an dem Eisengeländer er 
‚rückt. Ich rief dem Mann an der Thüre zu— 
das Fenster zu offnen, da wir Alle erstickten; 
hoͤrte mich aͤber nicht. Als ich meine Schwehti 
zerben sah, riß ich einem Knaben die Mütze von 
dopfe und warf sie nach dem Manne. Ein Nnab 
der unter mir lag, biß inich inzwischen in das Bein 
ich sah ihn gleichsalls sterben und wurde ohnmächtiß 
Was weiter geschah, weiß ich nicht.“ 
p Ueber den Brand in Derdio, einem eiwe 
1000 Einwohner zählenden Dorf am Comete 
vird gemeldet, daß zu dem in der —J 
tattfindenden Puppenspiel sich 100 Dorfbewohu 
ingefunden hatten. Durch ein bei der Aufführun 
verhendetes bengalisches Licht geriethen die Zweit