Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Indberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ver „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 76 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 —A, bei Nerlamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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Sonntag, 1. Juli 1883. 
iti — Der diesjährige Bezirksfeuerwehr⸗ 
Politische uebersicht nag für die Feuerwehren des Verbands Zwei⸗ 
zrücken findet am 83. Sonntag im Juli, also am 
15. desselben Monats in Ommersheim Statt. 
— Die Gasgesellschaft Zweibrücken ver— 
heilt für das abgelaufene Jahr eine Dividende 
non 22 Mk. per Aktie. 
— Der in Kaiserslautern in Haft ge— 
iommene Agent P. Zimmermann (siehe vor. No.) 
vurde wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegenstand 
der Untersuchung soll Erpressungsversuch sein. 
— Im Wahlbezirke Landau⸗Neustadt 
vurde nach der amtlichen Feststellung der national⸗ 
iberale Kandidat Herr Anwalt Mahla mit 5 
Ztimmen über die absolute Majorität zum Reichs- 
ags· Abgeordneten gewählt. 
— Edenkoben. Als Wahl⸗Kuriosum theilen 
vir mit, daß in einem Nachbarorte eine unbezahlte 
dechnung über Kaffee u. s. w, im Werthe von 
6 M., von einem hiesigen Kaufmann ausgestellt, 
xrthümlich als Wahlzettel abgegeben wurde, was 
irst bei der Zähluna bemerkt wurde. 
Muüncheu, 28. Juni. Der Konig hat ge— 
ehmigt, daß zum Zwecke der theilweisen Be— 
chaffung der Mittel für Befriedigung der religiösen 
Jeduürfnisse der im Königreiche diesseits des Rheines 
n der Diaspora lebenden Protestanten in den 
Jahren 1888 und 1884 je eine Sammlung frei⸗ 
villigee Gaben in sämmtlichen protestantischen 
kirchen des Koönigreiches diesseits des Rheines vor⸗ 
jenommen und daß die Frist zur Vornahme dieser 
eiden Sammlungen auf je sechs Monate erstreckt 
oerde. 
— — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 30. Juni. Gestern Nach⸗ 
aittag gegen 4 Uhr wurden wir durch Feuer⸗ 
Llarm erschreckt. Es brannte in dem Hause der 
Bitiwe Johann Grell auf dem Hahnacker. Ob⸗ 
vohl die Feuerwehr alsbald zur Stelle war und 
nergisch mit den Löscharbeiten begann, wurde doch 
er Dachstuhl des Hauses vollständig vom Feuer 
erstoört. Leider hat Wittwe Grell nichts versichert 
ind ist darum der Schaden für sie doppelt empfind⸗ 
ich. Die Feuerwehr hielt auf der Vrandstätte 
uus, bis das Feuer vollständig gelöscht und jede 
hefahr für die Nachbarschaft beseitigt war. Lobend 
rwähnt sei, daß die Bierbrauerei Gebr. Becker, 
bdie schon in frühern Fällen, auch diesmal ein 
xoßes Faß mit Wasser zum Speisen der Spritzen 
ur Brandstelle abgeschickt hatte, wodurch die Lösch⸗ 
rbeit sehr gefoördert wurde. 
.*St. Ingbert. (nlieb verspätet.) Am 
rerflossenen Sonntag Nachmittag fand in Sulz⸗ 
ach die Fahnenweihe des Gesangvereins 
Fintracht“ statt. An derselben nahm auch der 
zangerchor des Vereins „Gemüthlichkeit“ von 
nier Theil. Der Weiheakt wurde vor dem Ver—⸗ 
inslokale der „Eintracht“ vollzogen. Alsdann ord⸗ 
rete sich der Festzug, der aus 18 Gesangvbereinen 
ut drei Musikkapellen bestand. Derselbe bewegte 
ich durch das festlich beflaggte Sulzbach nach dem 
n der Nähe im kühlen Waldesschatten gelegenen 
jestplatze. Hier begann nun ein wahrer Wettgesang 
er einzelnen Vereine. Durchschnitlich wurde recht 
ut gesungen. Die Palme des Tages jedoch errangen 
ch im Wettkampfe nach dem einstimmigen Urtheile 
iller anwesenden Dirigenten unsere hiesigen „Ge— 
nüthlichen.“ Hatte schon deren erstes Lied „Fröh— 
iche Fahrt“ von Attenhofer einen durchschlagenden 
krfolg erzielt, so war dieses in noch erhoͤhtem Maße 
ei dem zweitem Chore „Dem Herrn sei Lob' und 
ihr“ von Lützel der Fall. Bei den durchweg sehr 
uten Stimmmitteln trat im Vortrage die äußerste 
räzision zu Tage, und sowohl Sänger wie Diri⸗ 
ent (Herr Lehrer Schlaudecket) dürfen mit 
vollster Befriedigung auf den errungenen Erfolg 
wrüchblicken. Sehr gut sang auch der „Männer— 
For von Schnappbach. Dessen „Männer-⸗Trink⸗ 
vesang“ von Schwager hätte aber sicherlich noch mehr 
ingesprochen, wenn der Verein in seinem Basse über 
in gleich gutes Stimmmaterial verfügte, wie in 
einem Tenor. — Der festgebende Verein „Ein⸗ 
tacht“ that in hoͤchst dankenswerther Weise Alles, 
das in seinen Kräften stand, um seinen Gästen den 
lufenthalt so angenehm als möͤglich zu machen, 
ind mit Vergnügen werden wir uns noch lange 
in froher Gesellschaft verlebten Stunden er⸗ 
r 
VBVermise. 
Militärisches. (HI. bayerisches Armee— 
Forps.) Regimentsübungen haben stattzufinden: 
zom 22. mit 27. Auqust vom 17. und 18. Inf. 
deg. bei Sugenheim. Brigadeübungen: vom 18. 
lugust mit 1. September von der 8. Infanfanterie⸗ 
rigade bei Sugenheim. — Die Detachements⸗ 
bungen sämmtlicher Brigaden werden in der Zeit 
om 3. mit 8. September vorgenommen und zwar 
jon der 8. Infanterie-Brigade zwischen Ullstadt 
ind Erlbach. Auf die Dauer dieser Uebungen 
berden zugetheilt: der 5. Inf.Brig. die 1. und 8. 
Somp. des 2. Pion.⸗Bataill.; der 7. Inf.⸗Brigade 
zie 2. Comp. des 2. Pion.⸗Bataill.; der 8. Inf.⸗ 
Zrig. die 4. Comp. des 2. Pion.Bataill. — Die 
.. und 3. Comp. des 2. Pion.Bataill. halten eine 
dontonierübung an der Regnitz ab. — Das 4 
ind 8. Inf.Reg. Gesatzungsbrigade in Metz) 
zaben ihre Regimentsübungen vom 20. mit 25 
ug., ihre Brigadelbungen vom 26. mit 31. Aug. 
ꝛei Metz und ihre Detachementsübungen vom 5. mit 
O. September bei Chateau⸗Salins; für die Divi⸗ 
jonsübungen werden dieselben der 30. preußischen 
division beigegeben, welche zwischen den Eisenbahnen 
Jemilly⸗Bensdorf, Bensdorf⸗Chateau⸗Salins und 
S„alins und Metz übt. Die 2. Escadron des 5. 
5chev.⸗Reg. wird für die Detachements⸗ und Divi⸗ 
ionsübungen der prenßischen 62. Inf.Briq. bezw. 
der 31. Division zugetheilt. 
F Die Erdstöße in Darmstadt haben 
ich wiederholt. Am 27. machte sich um 11 Uhr 
18 Min. Vormittags noch ein weiterer Stoß be⸗ 
nerkbar; in der Nacht vom 27. anf 28. wurden 
zrei schwache Stöße beobachtet und in der Nacht 
»om 28. zum 29. um 11 Uhr 38 Min. wurden 
Viele wieder durch ein starkes 2 Secunden an⸗ 
jaltendes Schütteln aus dem Schlafe geweckt. 
FUeber einen bedauerlichen Un— 
zlücksfall wird aus Wesel, 26. Juni be⸗ 
ichtet: Bei dem Schießen einem combinirten 
Batterie des 1. Westphälischen Feldartillerieregiments 
str. 7 krepirte eine Granate — auf bisher un⸗ 
rklärte Weise — in dem Moment, als sie in das 
tohr eingesetzt wurde. Die Verwüstung war eine 
zräßliche. Ein Mann lag sofort todt; ihm war 
er Boden der Granate mitten durch die Brust ge⸗ 
chlagen. Vier Mann sind nach D. T. schwer ver⸗ 
zundet, von denen eiuer durch die im Kartusch— 
18. Jahrg. 
asten mitexplodirenden Kartuschen schwere Brand⸗ 
vunden erlitt, während einem anderen bald nach 
der Katastrophe der rechte Arm amputirt werden 
mußte. 
fF Hamburg, 29. Juni. Baron Johann 
hdeinrich von Schroeder, Chef der welt⸗ 
jekannten Firma J. H. Schroeder u. Comp., ist 
jestern Abend um 8 Uhr im 99. Lebensjahre ge⸗ 
torben. 
F Bremerhafen. Ein grauenhafter Vor⸗ 
all, der wohl das Seeamt beschäftigen dürfte, er⸗ 
ignete sich an Bord des Dampfers „Straßburg“ 
zuf dessen letzter Reise von hier nach Baltimore am 
33. Mai. Es war Nachmittags gegen halb 2 Uhr, 
ils bei stürmischem Südwind und hoher See der 
Schickel der Vorstupsegelschote brach und dem Sohn 
ines Passagiers an Bord, einem Yährigen Knaben, 
»en Schädel einschlug, so daß das Kind auf der 
Stelle todt war. Außer diesem Knaben wurde ein 
Bassagier, Namens M. F. W. Schmidt aus Wel⸗ 
ow bei Angermünde, durch die Schoote so schwer 
am Kopf verwundet, daß er am Nachmittag um 
jalb 6 Uhr trotz sorgfältiger ärztlicher Behandlung 
den Geist aufgab. Aber noch nicht genug der 
IOpfer; ein 15jähriger Knabe war von der Schoote 
iber Bord geschsleudert und ertrank trotz aller 
Rettungsversuche. 
Aschersleben, 28. Juni. Der Kom— 
nandeur des hiesigen Husaren⸗-Regiments, Freiherr 
o. Troschke, wurde heute auf dem Bahnhof 
non einer Rangirmaschine erfaßt und geiödtet. 
F Ein gräßliches Unglück hat eine 
Zürgersfamilie in Bern in tiefe Trauer versetzt. 
der Sohn des Bürgers Kuhn, Eduard mit Namen, 
var nämlich nach Paris zut um eine Stelle 
ils Barbier, die ihm sein dortiger Bruder verschafft 
zatte, anzutreten. Unterwegs lehnte sich der junge 
Maun während der Eisenbahnfahrt aus dem Wagen⸗ 
enster heraus, um die Gegend zu betrachten. Er 
nuß sich dabei wohl sehr weit vorgebeugt haben, 
enn ein mit rasender Eile vorbeifahrender Schnell⸗ 
ug riß ihm den Kopf wie abgeschnitten vom 
stumpfe weg. Erst in der nächsten Station be⸗ 
nerkte man den blutüberlaufenen Rumpf und 
chaffte ihn aus dem Zuge. 
Marseille, 28. Juni. Der Gesundheits⸗ 
cath hat beschlossen, daß angesichts des Mangels 
der eigentlich von Seiten Englands zu treffenden 
LTholeravorsichtsmaßregeln von heute an 
für alle Provenienzen aus Aegypten, Cypern und 
Malta eine Quarantaine von 5, 7 oder 10 Tagen, 
e nach der Länge des Weges statthaben soll; so 
war, daß sich 18 Beobachtungstage vom Tage der 
Abreise an ergeben. Der größte Theil der Ladung 
oll an Bord bleiben. Wean sich jedoch ein Krank⸗ 
seitsfall ergiebt, soll die ganze Ladung in die 
Auarantaine geschafft werden. 
* GDer Anfang eines Romans.) Der 
doch der Marquise de Tanassier ging am 11. d. 
M. im Boulogner Gehölz spazieren, als er plötzlich 
dindergeschrei vernahm. Dem Tone nachgehend, 
'and er zu seinem Erstaunen ein hübsches kleines 
Mädchen, drei oder vier Tage alt, in einer reich 
nit Spitzen besetzten Wiege; daneben lag folgender 
Brief: „Der Sie dieses Kind finden werden, 
nehmen Sie es an. Seien Sie freundlich zu ihm, 
rziehen Sie es zum Guten. Außer der Belohnung, 
velche eine gute Handlung immer nach sich zieht, 
erspreche ich Ihnen noch eine andere. Ich werde 
iher Sie wachen, wie Sie über das Mädchen