Full text: St. Ingberter Anzeiger

für die Hauptversammlung ergab: J. Vorsißender 
Herr Dr. Knecht, II. Vorsitzender: Herr Levy⸗ 
Zlieskastel; Schriftführer: die Herrn Con⸗ 
rad und Fabricus. Als Revisoren zur 
Prüfung der Verbandsrechnung wurden gewählt die 
herren: Josehh Beer⸗St. Ingbert, Ett⸗ 
inge und Gebhard. Bei der Feststellung 
der definitiven Tagesordnung für die Hauptver⸗ 
sammlung wurde Punkt 5 — Referat über Genossen⸗ 
schaft und Alktiengesellschaft — vor Punkt 4 — Be— 
richt über den Stand der Revbisorenfrage gesetzt. 
Als Versammlungsort für den nächsten Verbandstag 
wurde Dürkheim, das sich hierzu gemeldet hatte, 
in Vorschlag gebracht, was jedenfalls auch von der 
heutigen Haupwersammlung acceptirt wird. Zum 
Schlüsse betonte der Herr Verbandsdirector, daß 
die größeren pfälzischen Genossenschaftsvereine zum 
allgemeinen Vereinstag in Halberstadt, auf dem bekannt⸗ 
lich die Wahl eines Nachfolgers in der Anwaltschaft 
für den verstorbenen Schulze-Delitzsch vorgenommen 
wird, bei der Wichtigkeit gerade dieses Punktes 
eigene Vertreter abordnen möchten. — Nach Schluß 
der Verhandlungen entwickelte sich im Garten ein 
reges Leben. In größern und kleinern Gruppen 
fand man sich an den einzelnen Tischen in lebhafter 
Unterhaltung zusammen. Der „Stoff“ war gut 
und auch die Musik verdiente den ihr wiederholt 
zezollten Beifall. Bunte Lampions erglänzlen zwischen 
den Bäumen und bengalisches Feuer beleuchtete von 
Zeit zu Zeit die Anhöhe im Hintergrunde. Dazu 
sam, daß auch das Wetter zum Aufenthalte im 
Freien nichts zu wünschen übrig ließ. Was Wunder, 
daß man da erst spät ans Nachhausegehen dachte, 
mm sich zur heutigen Hauptversammlung durch einige 
Stunden der Ruhe zu stärken. 
— Homburg, 30. Juni. Bei einem der 
heute Nachmittag über unsere Gegend wegziehenden 
Bewitter schlug der Blitz in dem Dorfe Mörs— 
bach in die Behausung des Ackerers Eichacker, 
der mit seiner Familie am Tische saß. Eichacker 
selbst sowie dessen Frau kamen mit dem Schrecken 
davon, während Sohn und Tochter stark betäubt 
vurden. Da die Leute hinsichtlich der in einem 
olchen Falle anzuwendenden Mittel völlig im Un—⸗ 
laren waren und die Betäubung des Sohnes nicht 
weichen wollte, mußte die Hilfe des kgl. Bezirks⸗ 
arztes von hier requirirt werden. (3w. Ztg.) 
— Kusel, 1. Juli. Heute Nachmittag zwischen 
1 und 2 Uhr entlud sich über unsere Stadt ein 
furchtbares Gewitter mit Hagel im Gefolge. Das⸗ 
selbe kam von Südosten und sollen namentlich auch 
die Orte Hüffler, Schellweiler, Blaubach und Denn⸗ 
veiler⸗Frohnbach mit gelitten haben. Hauptsächlich 
änd Kartoffeln und Gartengewächse sehr beschädigt. 
(Gais. Ztg.) 
— Kaiserslautern, 29. Juni. Unter 
den Milchbauern und Händlern unserer nächsten 
Amgebung droht ein Streik auszubrechen. Infolge 
der Veröffentlichung der Milchuntersuchungsresultate 
n den hiesigen Zeitungen durch die städtische Kom⸗ 
nission zur Untersuchung von Lebensmitteln ver⸗ 
iammelte sich eine Anzahl von Oekonomen und 
Milchlieferanten, welche Schritte gegen eine solche 
Veröffentlichung beriethen und zu dem Resultate 
kamen, daß es das beste sei, ihre Milch, pro Tag 
a. 6000 Schoppen, anderswo zu verwerthen und 
Kaiserslautern zu entwässern — wollte sagen zu 
entmilchen. Das ist nun leichter gesagt, wie ge⸗ 
han. Denn wohin mit den 6000 Schoppen? 
— Kaiserslautern. Das für die Stifts- 
ktirche bestimmte Unions⸗Denkmal ist hier 
ingetroffen. 
— Von der Lauter, 30. Juni. Heute 
Nachmittag ertrank das 8 Jahr alte Söhnchen des 
Steinhauers Adam Reinheimer von Olsbrücken in 
der Lauter, es wollte das an die Lauter zum 
Bleichen aufgelegte Tuch gießen und nahm das 
Wasser mit einer Gießkanne aus der Lauter, bekam 
zei dieser Gelegenheit wahrscheinlich das Uebergewicht 
ind stürzte hinein, wo es dann als Leiche aufge— 
iunden wurde. (Kais. Zig.) 
— Dürkheim, 2. Juli. Der frühere Land⸗ 
rags⸗ und Reichstagsabgeordnete unseres Wahlkreises 
derr Gutsbesitzer Ludwig Andreas Jordan in 
Deidesheim ist gestern im 73. Lebensjahre plötzlich 
aus diesem Leben abberufen worden. Durch lange 
Jahre wirkte der leider zu früh Dahingeschiedene 
sowohl auf parlamentarischem als auch auf sonstigem 
Hebiete, als Verwaltungsrathsmitglied der Pfälzischen 
Bahnen ꝛc. ꝛc., in hingebendster, selbstlosester Weise. 
Lebhaft wurde es deshalb bedauert, als der Ver⸗ 
wigte zunehmenden Alters wegen mehr und mehr 
in seiner aufopfernden Thätigkett für das Gemein— 
wohl sich Beschränkungen aufzuerlegen gezwungen 
war. War er doch einer jener immer seltener 
verdenden geraden und biederen Charakter, der sich 
zicht scheute, die von ihm als nützlich und segens⸗ 
ceich für seine Mitbürger, für unsere Pfalz, Bayern 
und das Reich erkannten Wege zu gehen — nicht 
zach dem schwankenden Beifall der Menge trachtend. 
Bewiß Eigenschaften, die gerade in unserer Zeit 
nicht hoch genug anzuschlagen und ehrend anerkannt 
zu werden verdienen. Die liberale Partei verliert 
zurch sein Ableben mit einen ihrer treuesten und 
thätigsten Anhünger. D. A.).— 
— Edenkoben, 1. Juli. Die Eröffnung 
»es Verbandsschießens fand bei prachtvollem 
Wetter statt. Der Festzug war großurtig. Die 
Stadt ist reich und sinnig geschmückt. Das Banket 
iahm einen glänzenden Verlauf. Auf dem Fest⸗ 
latz herrscht ein sehr buntes und bewegtes Leben. 
Bei dem Konkurrenz⸗Schießen haben folgende 
Schützen die ersten Becher erschossen; 1. Auf 
Feldkehrscheibe (170 Punkte): Herr Knecht aus 
„t. Gallen in 26 Minuten, Herr Keßler aus 
Mannheim in 27 Min., Herr Carl Gräff aus 
Bingen in 33 Min., Herr Sellmann in Offenbach 
in 35 Min., Herr Bartels aus Wiesbaden in 358 
Min., Herr Frey aus Bruchsal in 38 Min. Herr 
BZest aus Frankfurt in 62 Min. 2. Auf Stand—⸗ 
ehrscheibe (160 Pankte): Herr Gebert aus 
München in 24 Min., Herr Fuhr aus Mainz in 
27 Min., Herr Köth aus Ludwigshafen in 29 
Nin., Herr Burkhardt aus Edenkoben in 39 Min., 
Zerr Heinrich Gräff aus Bingen in 44 Min., Herr 
Schmitt aus Frankfurt in 59 Min. 
-Aus der Vorderpfalz. Erfreulich 
st es, die Thätigkeit in unseren kirschenreichen Orten 
u beopachten. Voran steht Weisenheim a. S. 
nit seiner in diesem Jahre glücklicherweise reichen 
dirschenernte. Bei einem Preise von 10 bis 16 M. 
zro Centner rechnet man in dieser Campagne auf 
eine Einnahme für Kirschen von 130,000 bis 
150,000 M. An Ertrag von Kirschen am nächsten 
vird die an trefflichem Obst hervorragende große 
gemeinde Freinsheim stehen. In diesen Ge— 
narkungen wird der Morgen Kirschenland, durch⸗ 
chnittlich mit 30 ausgewachsen Bäumen berechnet, 
nit 4000 bis 5000 M. bezahlt. 
-Kirchheimbolanden, 29. Juni. Die 
eit anfang ds. Is. über mehreren Einwohnern 
siesiger Stadt wie/ ein Damoklesschwert schwebende 
Antersuchungssache (Sozialistensuche), welche mit 
haussuchungen und Briefsperre begann, hat nun 
hre endgiltige Erledigung gefunden, daß der Straf⸗ 
enat des kgl. Landgerichts Kaiserslautern aus den 
orliegenden Untersuchungsakten ein Vergehen der 
etreffenden Personen nicht erblicken konnte und die⸗ 
elben außer Verfolgung setzte. 
- In Frankenthal wurde am 29. Juni 
vas erste neue Korn eingefahren. 
Vermischtes. 
F München, 28. Juni. Eine Dame (Spa⸗ 
nierin) erregte heute früh wegen ihrer ganz kolossalen 
dörperstärke (sie wiegt 5 Zentner, auf dem hiesigen 
—XDV0 
m Stande, zu gehen oder zu stehen, und mußte 
eshalb auf einem Kofferträgerwagen gefahren werden. 
Sie hofft in den böhmischen Bädern (Karlsbad) ein 
zut Theil ihres Gewichtes zurücklassen zu können. 
F Am Samstag kamen in Bruchsal etwa 
2800 Mark an dortige Geschäftsleute zur Auszahl⸗ 
ing, welche die im Jahre 1868 mit Hinterlassung 
zieler Schulden nach Amerika geflüchteten Hopfen⸗ 
zändler Gebr. Seidenberger aus Schwetzingen an 
inen Mannheimer Advokaten gesandt hatten, um 
hre Verpflichtungen vom Jahre 1868 zu erfüllen. 
Bedeutendere weitere Summen an ihre Gläubiger 
ind schon in den letzten Wochen ausbezahlt und 
iunmehr sämmtliche anerkannte Forderungen aus⸗ 
jeglichen. Diese Schuldentilgung verdient um so 
nehr Anerkennung, als die Firma keineswegs über 
großen Reichthum verfügt. Einer der Handelsleute 
vird demnächst wieder seine Heimath besuchen. 
F (Eine Wette.) Es war im Hochsommer, 
‚jur Touristenzeit, als nach einem Städtchen am 
IOberrhein, das durch seine Zecher berühmt ist, zwei 
Engländer kamen, im Gasthofe zur „Sonne“ ab⸗ 
tiegen und alsbald den Besitzer rufen ließen. „Herr 
lirth“, redeten sie den sich ihnen mit tiefem Bück⸗ 
ing Nahenden an, „uir haben gehört, daß hier 
ein gute Trinker, und sein daher gekommen, zu 
nachen eine Uette, daß nir nehmen es auf mit 
Jedem von ihnen.“ — Der Hotelier betrachtete sic 
die hageren Fremden eine Weile und meinte dann. 
„Die Wette möchte ich schon eingehen und Ihnen 
einen Mann, einen schlichten Rheinarbeiter stellen 
der, so viel Sie auch leisten können, sicherlich miht 
von Ihnen besiegt werden wird.“ — „Moöoll 
neg tommen. Uas gilt die Uette ?“—, Bestimmen 
Ssie selbst gefälligst. — „Dreihundert Mark? 
— Acceptirt. — Man holte darauf den Jusep 
Joseph) von der Arbeit und machte ihn mit dem 
Anliegen der Fremden bekannt, worauf der Biedere 
chmunzelnd und sich den Schweiß von dem dicken 
cothen Gesichte wischend erklärte, gerade jetzt einen 
prächtigen Durst zu haben und daher so vorbereitet 
vie nur möglich zu dem Verlangten zu sein. Da 
auch die Fremden weiter nichts gegen sein Werk. 
agshabit einzuwenden hatten,. so setzte man fich als— 
zald zusammen und ließ das Turnier mit zwei 
Flaschen Rüdesheimer beginnen. Dieselben waren 
aatürlich schon nach kurzer Zeit geleert. Herr Uirth 
noch zwei Flaschen Rüdesheimer“, hieß es auf' 
ieue, und so widerholte sich von zehn zu zehn Mi— 
uuten die Bestellung: „Herr Uirth, noch zwei 
Flaschen Rüdesheimer!“ Die Söhne Albions saßen 
noch immer aufrecht da, Jusep aber nicht minder. 
Fin enormes Quantum wurde auf diese Weise ver— 
iilgt, bis endlich bei einem neuen Auftrage der eine 
ßrite nach einem vergeblichen Versuche, sein Glaß 
zu heben und zu leeren, mit einem lauten Fluche 
dom Stuhle und unter den Tisch purzelte. Der 
indere lachte mit stierem Blick und hielt noch kurze 
Zeit Siand, mußte aber dann auch unter den Tisch 
olgen, so daß der siegreiche Jusep den Rest der 
jerade gebrochen Flasche allein auszutrinken genöthigt 
var. Als er damit fertig war, setzte er sich äußerst 
hehaglich zurecht und meinte freundlich: „Hert 
Wirth, noch zwei Flasche Rüdesheemer un zwe⸗ 
rische Engeländer.“ 
(Der Chef als Heirathsvermit 
er.) Ein in einem Frankfurter Geschäfte ange— 
lellter junger Mann unterhielt mit einem Mädchen, 
zas in einer benachbarten Fabrikstadt wohnte, ein 
Lerhältniß unter dem Namen seines — Prinzipals, 
»as er eines schönen Tags aufzulösen für gut be— 
and. Damit war die Verlassene aber gar nicht 
inverstanden. Sie reiste nach Frankfurt, um dem 
Treulosen einen Besuch abzustatten, erstaunte aber 
nicht wenig, als ihr in der vermeintlichen Wohnung 
des Geliebten ein wildfremder Herr gegenüberirat, 
der bedeutend älter war als jener. Das Mädchen 
vußte sich nun nicht anders zu helfen, als daß es 
hm die Geschichte erzählte und dem erstaunt auf⸗ 
jorchenden Herrn den jungen Mann beschrieb. Der 
derr rief einen Namen in ein Nebenzimmer und 
ugenblicklich erschien ein junger Mann auf der 
Schwelle, der sehr erschrocken war, als er des Be⸗ 
uches ansichtig wurde. Sein Chef, denn dieser 
var der ältere Herr, hielt ihm eine kurze Moral⸗ 
zredigt über den Mißbrauch seines Namens und er⸗ 
lärte ihm dann, daß er Leute von solcher Ge⸗ 
innung nicht im Geschäfte haben wolle. Nur wenn 
er mit dem Mädchen die demselben versprochene 
Ehe eingehen wolle, könne er und zwar mit auf⸗ 
gebessertem Gehalt auf dem Posten ver— 
leiben. Das Ende spielte vor einigen Tagen auf 
dem Standesamt. 
F Vom Hunsrücken. Eine wunderbare. 
aber wahre Begebenheit wird aus Ohlweiler, im 
Zreise Simmern, gemeldet. Ein mit seinem Knaben 
zuf dem Felde beschäftigter Bauer wurde plößlich 
zurch einen, wie er glaubte, in seiner Nähe niedet⸗ 
gefahrenen Blitzstrahl zur Erde geschleudert und 
olieb besinnungsios liegen. Nach einiger Zeit er 
holte er sich und begab sich mit heftigen Kopfschmerzen 
ach Hause, wo der Knabe den Vorfall erzählte 
und meinte, der Kopf des Vaters habe gebraunt. 
Ralütlich war das Siaunen groß, daß der Stroh⸗ 
hzut des Bauern von der Spitze bis zur Krempe 
sersengt war und auf derselben ein scharfgebranntes 
rundes Loch zeigte. Der Bauer hatte den vielge— 
ruhmten harten Hunsrücker Schädei, so daß Ohren⸗ 
ausen und Kopfschmerzen die einzigen Folgen. eines 
olchen Blitzstrahles waren. 
Die uͤbůche Gewohnheit, sich als Zahnstochn 
eines Zündhölzchens zu bedienen, hat dem Nageb⸗ 
schmiedimeister K. in Vustist ä dit (Thüringen) bei 
nahe das Leben gekostet. Dem Manne, der hierhe 
vissentlich gar keinen Phosphor an die Zähne ge 
racht haben will, mußte bei der Operation die ver 
giftete Partie der Kinalade herausgesägt werden 
a ihm andernfalls durch die weitergreifende Ge 
chwulst der Hungertod bevorstand.