Full text: St. Ingberter Anzeiger

in dem Verkehr mit der bayerischen Notenbank diese 
diversen Noten ohne jeden Anstand placirt werden 
sonnten, daß aber jetzt, nachdem die Reichsbank den 
Jesammten Wechsel- und Cassa⸗Verkehr aus eigener 
Fuitiative, und zwar so gut wie zwangsweise bei 
aͤch vereinige, auch eine gewisse Verpflichtung be⸗ 
steht, dem Augsburger Handelsstand diesen Verkehr 
zu erleichtern und ihn nicht zu zwingen, die oft 
aicht unerheblichen Bestände an sächsischen und an— 
eren Roien mit Verlust nach auswärts zum Incasso 
zu senden. Es wurde ferner angeführt, daß die 
61,408 Einwohner zählende Stadt Augsburg zu— 
ammen mit den in engsten Verkehrsverhältnissen 
nit derselben stehenden Vororten die im Gesetz ver⸗ 
langte Ziffer von 80,000 Einwohnern um 3239 
Seclen uͤberschreite. Trotz alledem ist der Antrag 
der Kammer durch Schreiben vom 5. Juni 1883 
durch das Direktorium der Reichsbank abschlägig 
beschieden worden mit dem Beifügen, daß mit der 
herelts bestehenden Ermächtigung der dortigen Stelle 
zur Annahme der süddeutschen Privatbanknoten dem 
olugsburger Handelsstand ein hinlängliches Entgegen⸗ 
sommen dewiesen sei. Referent Schmid spricht sein 
lebhaftes Bedauern über diesen abschlägigen Bescheid 
aus. Es sei damit den bedeutenden Handelsinte⸗ 
ressen des Platzes, insbesondere dem Bankgeschäft, 
ine schwere Belästigung zugefügt worden. Zum 
Hlück werde die Calamuät dadurch paralysirt, daß 
die Bayerische Notenbank sich in entgegenkommen⸗ 
der Weise bereit erklärt habe, in dem von ihr neu 
errichteten Checkverkehr die fraglichen Noten wieder⸗ 
um anzunehmen. Der Handelsstand sei dafür der 
Leitung dieses Instituts zu vielem Dank verbunden, 
das huf diese Weise neuerdings bewiesen habe, 
velchen bedeuienden und wesentlichen Werth sein 
Bestehen für Augsbura und Bapvern überhaupt besitze 
Vermischtes. 
München, 4. Juli. Se. Maj. der König 
hat ein neues Stipendium mit einem Kapitale 
jon 10,000 fl. (Gulden? Red.) zur Förderung des 
Studiums der Geschichte gestiftet, welches Seinen 
Ramen trägt. Bewerben um dasselbe kann sich 
eder Studirende ohne Konfessionsunterschied der 
Beschichte der hiesigen Universität, welcher mindestens 
2 Semester an derselben immatrikulirt war; jedoch 
muß er das Studienjahr entweder an der hiesigen 
Unversität oder auf einer Reise zur wissenschaftlichen 
Fortbildung zubringen. Die an Se. Maj. ge⸗ 
ichteten Gesuche sind bis 80. Juli l. J. an die 
Iniversitätskanzlei einzureichen. 
Aus Bayern. Wie alljährlich, so ist 
auch in diesem Sommersemester die Frequenz unserer 
Zz Landesuniversitäten ziemlich erheblich größer als 
m Wintersemester. Die Zahl der Studierenden 
deträgt in diesem Semester 4020 gegen 8857 im 
Wintersemester. Diese Zunahme ist erfolgt, troßdem 
äch die Zahl der Studierenden Bayerns um 48 
bermindert hat, ein Beweis, daß der Sommer 
unseren Hochschulen eine erheblich größere Zahl von 
Norddeuischen zuführt als der Winter, was aller⸗ 
zings nicht schwer erklärlich ift. Von den 4020 
Jegenwärtig Studierenden sind 2167 Bayern und 
1853 Nichtbayern. 
4 Der Siadtrath von Karlsruhe hat beschlossen, 
rus Anlaß der vor 100 Jahren in Badeg durch 
Karl Friedrich dem Volke gewährten Aufhebung 
der Leibeigenschaft eine Feier vorzubereiten. Wie die 
„Badische Landeszeitung“ hinzufügt, soll aber die 
Feier, welche ohne Zweifel ein Landesfest werden 
wird, nicht am Tage der höchsten Entschließung, 
23. Juli, sondern zwei Monate später am 23. 
September begangen werden, schon mit Rücksicht 
auf die Ende Juli stattfindenden Erntearbeiten. Die 
Septemberfeier würde sich mehr an die vielbewun⸗ 
derie Antwort des Fürsten auf die an ihn er⸗ 
gangenen Dankesaußerungen (19. September) an⸗ 
ehnen. 
FGelocipedfahrt einer Dame.) Der 
Präsident des Frankfurter Bicycleclkub 
uinternahm Sonntag den 1. Juli mit seiner Frau 
ind einigen Clubmitgliedern, die Herren auf ihren 
Bichcles, die Dame auf ihrem eleganten Lady Chey⸗ 
esmore Trichcle, eine Tour, wie eine solche bis 
jetzt wohl kaum von einer Dame ausgeführt worden 
si. Um 5 Uhr 45 Min. Abfahrt nach Darmstadt, 
voselbst die Gesellschaft um 8 Uhr 20 Min. im 
Zaffee Stamm anlangte. Nach einem Aufenthalte 
„on 40 Minuten ging die Fahrt über Rothdorf, 
Dieburg, Babenhausen nach Aschaffenburg und endete 
im 1 ühr 10 Min. im Hotel zum Adler. Hier 
vurde das Mittagsmahl eingenommen und in Ge—⸗ 
ellschaft der Herren des dortigen Bicyhcleclubs bis 
uühr ausgeruht. Sodann begleiteten letztere unsere 
Reisenden bis in die Nähe von Hanau, wohin ver⸗ 
schiedene Mitglieder des Frankfurter Bicycleclubs 
hnen entgegengefahren waren. Darauf gemeinsame 
Fahrt nach Frankfurt, wo alle wohlbehalten ein⸗ 
tafen. Der gemachte Weg beträgt 120 Kilometer 
ind wurde in 9 Stunden 35 Minuten absoluter 
Fahrzeit bei großer Hitze zurückgelegt, für einen 
juten Bicyelisten keine nennenswerthe Leistung, für 
ine Dameé immerhin ein Beweis von nicht gewöhn⸗ 
licher Ausdauer. 
p Neuwied, 85. Juli. Während der gestrigen 
seise, welche die Königin von Rumänien, Prinz 
deinrich der Niederlande und der Fürst und die 
Fürstin von Wied nach Koblenz zum Besuche der 
daiserin machten, entlud sich ein schweres Gewitter. 
der Blitz schlug neben dem Wagen der Herrschaften 
n einen Baum. Die Lakaien wurden vom Wagen 
geschleudert, ohne indeß erhebliche Verletzungen zu 
rleiden. Die Herrschaften blieben unversehrt. 
Plauen, Woigtland), 4. Juli. Während 
eute Rachmittags 3 Uhr der König von Sachsen 
ie Wollkaͤmmerei von Georgi u. Co. in Mylau 
eesichtigte, bestieg derselbe mit dem Kreishauptmann 
Dr. Huͤbel, Geheimrath Bär, Oberstallmeister Ehr⸗ 
ensten, Flügel-Adjutant Malortie, Handeskammer⸗ 
ßraͤsident Georgi, Bürgermeister Jakob, Direktor 
Flad Amtshauptmann Welck den Fahrstuhl, um 
om ersten in den zweiten Stock zu fahren. Wider 
xẽrwarten bewegte sich aber der Fahrstuhl abwärts 
ind stieß mit mäßiger Gewalt auf den Fußboden. 
inmütelbar darauf erfolgte ein schwerer Schlag 
fin großes Gewicht hatte sich oben abgelöft und 
odteie Dr. Hübel, während Director Clad einen 
Armbruch erlitt. Alle Uebrigen, insbesondere auch 
er König, waren unversehrt. Der König tiefer⸗ 
chüttert, hat die Reise sofort abgebrochen und isi 
nach der Residenz zurückgekehrt. 
ꝓAdorf G. Vogtl), 4. Juli. Heute Morgen 
zrei Uhr ist im Gasthof Engel Feuer ausge⸗ 
zrochen. Es verbrannten 36 Häuser und zwols 
-Zcheunen. 
p Gelegentlich eines sogenannten Familienfestes 
des Berliner christlich-socialen Vereins kam Herr 
Hofprediger Stöcker bei Erzählung seiner letzten 
Keiseerlebnisse auch auf die Pfalz zu sprechen 
und äußerie unter Anderem Folgendes: „Am 
z. Juni sprach ich in Speyer, der Haupistadt der 
Kheinpfalz. Die Pfalz ist ein kleines Land, auf⸗ 
zeklärt und selbstbewußt, und ihr Berliner könnt 
inem echten Pfälzer nur wenig erzählen, was der— 
elbe nicht schon längst viel besser gewußt hat. 
Allein ich habe in der Pfalz doch vieles Schoͤne 
lebt, was zu hören Euch gewiß auch interessiren 
vird. Zunäachst will ich Euch da sagen. daß sich 
in dem genannten Speyer eine gegen 5000 Koͤpfe 
hlende Menge zur Feier eines Missionsfestes ver⸗ 
rammelt hatte und, was ich bis jetzt noch nicht er⸗ 
ebte, 4 Stunden lang mit der größten Aufmerk⸗ 
amkeit und Ruhe die Vorträge der einzelnen Fest⸗ 
redner anhörte. Soweit sind wir in Berlin noch 
nicht gekommen. Euch wäre gewiß die Geduld 
zusgegangen. Dabei könnt Ihr zugleich erkennen, 
daß man auch in der Pfalz nach Kräften für die 
Jule Sache wirkt, und Dies mit Erfolg. Auch die 
falz hat Männer, die opferfreudig und muthig 
ür unsere Sache einstehen.“ Nachdem er alsdann 
herschiedenes über die Stadt Speyer selbst erzählt 
satte, unter Anderem auch, daß die Gasse bei der 
S„ynagoge Stöockergasse heiße, kam er auf Herrn 
Zilgard zu sprechen, dessen Verdienste um die 
Zfalz er in wohlverdienter Weise würdigte und 
hu allen begüterten Berlinern als Vorbild hinstellte 
derrn Stöcker scheint es demnach in der „auf—⸗ 
jeklarten und selbstbewußten“ Pfalz recht gut ge—⸗ 
'allen zu haben. (Sp. Ztg.) 
Der Garnisonstand der deutschen Armee. 
außer den beiden baierischen Armee⸗-⸗Korps, erstreckt 
ich auf 304 Garnisonen. 39 dieser Garnisonen 
tellen sich über einen Bestand von 2000 Mann. 
Nur zwei jedoch ragen über den Mannschaftsstand 
‚on 10,000 Mann hinaus. Es sind dies Berlin 
ind Metz, wovon die erstere Stadt 17,818, die 
etztere 14,441 Mann Garnison besitzt. Seit 
1879 hat für Metz, da es damals nur 10,793 
Mann Besatzung enthielt, eine Verstärkung um 
3640 Mann fiattgefunden. Straßburg hat im 
Begensatz hierzu seit 1880 eine kleine Verringerung 
der Garnison von 9048 auf 8968 Mann erfahren. 
Mainz besitzt 7712, Köln 7656, Koblenz 6353 
donigsberg 6383, Magdeburg 6061 Mann Gar— 
nison. Mit den Garnisonen von Potsdam (6580 
Mann) und Spandau (4389 Mann) können in 
Berlin unmittelbar 28,782 Mann konzentriert werden 
F Geue Fünfmarkscheine.), Soctben 
gelangen die ersten neuen Fünfmarkscheine in den 
Verkehr. Die Scheine machen in ihrer künstler⸗ 
ischen Ausstattung einen recht guten Eindruck. Dir 
dinterseite entspricht derjenigen der Fünfzigmarkscheine 
nit dem einzigen Unterschiede (abgesehen von der 
Angabe des Werthes), daß der Grund bei den 
Fünfzigmarkscheinen theils braun, theils blau, bei 
den neuen Fünfmarkscheinen ganz blau ist. Die 
Vorderseite tragt in matter blauer Umrandung die⸗ 
jenigen Worte, welche die alten Scheine getragen 
haben. Die breite Arabeske ist sehr schön ge— 
jeichnet; in der rechten Ecke des Scheines steht ein 
Zandsknecht, der ein mächtiges Schwert über der 
rechten Schulter trägt und mit der linken Hand 
das Wappenschild des Deutschen Reiches hält. 
F Paris, 4. Juli. Es ist jetzt sicher, daß 
ein Cholerafall mit tödtlichem Ausgange in Lille 
vorgekommen ist. Es soll indeß nicht die asiatische 
Tholera sein, fondern ein Fall von Cholera nostras 
leinheimische Cholera oder Brechruhr), wie solche 
eden Sommer vorkommt. Ich kann übrigens er⸗ 
härten, daß die Cholera in Alexandrien ausgebrochen 
ist. Das Paquetboot „Peluse“, von Alexandrien 
mit 150 Tonnen Waaren und 88 Passagieren nach 
Friaul ist bei Marseille auf neun Tage in Quaran— 
aine gesendet. Die Cholera richtet in Damiette 
und Mansurah ebenso große Verwüstungen an wi 
im Jahre 1865. 
FWie in Paris das Geschäft blühn 
kennzeichnet ,Figaro“ durch folgenden bittern Scherz 
Fin Kaufmann begegnet einem jungen Mann, der 
früher bei ihm als Kommis thätig war und klag 
über den schlechten Geschäftsgang. „Erlauben Sie, 
ruft der junge Mann, „bei uns blüht das Geschäf 
derart, daß wir Erweiterungsbauten vornehmen 
müssen.“ — „In welcher Branche arbeiten Sie? 
— „Leihhaus.“ 
Calorische Maschinen.) Flamarion 
cheili in der letzten Nummer seiner Revue d'Astro 
nomie populaire mit, daß es gegenwärtig in Paris 
Maschinen giebt, die einzig und allein durch An 
vendung der Sonnenwärme arbeiten. Auf den 
Observalorium kocht man bereits mittels Sonnen 
trahlen, Suppe, Braten, Kaffee werden mit Hilf 
hesonders zu diesem Zwecke construirter Apparat: 
bereitet. 
Gie Wagen des Pharao.) Als Pro⸗ 
zukt der Sauregurkenzeit macht sich die folgende 
Notiz nicht übei: „In Frankreich hat sich eine Ge— 
jellschaft unter Leitung des Abbé Monigno gebildet. 
um die Wagen des Pharao, welche im Rothen 
Meere versuiken sind, wieder ans Tageslicht zu 
bringen. Nach des gelehrten Abbs Ansicht sind dit 
Wagen und Reiter und all die Macht des Pharao 
welche das Meer verschlungen, von einem Salzlager 
bededt und es wird sich nur um die Kleinigkei 
handeln, die richtige Stelle zu finden, wo das liegt 
was er sucht. Vielleicht reichen dazu die 750,000 
Franks nicht aus, welche zusammengebracht find 
für die Zwecke der Expedition. Diese wird sit 
nächstens in Marseille einschiffen.“ Hoffenllid 
führt das unerschütterliche Vertrauen auf die Bibe 
Hen Abbé noch weiter, und er bildet eine Gesellschaf 
zur Aufsuchung der Arche Noah. 
London, 4. Juli. Die Zahl der Per 
sonen, welche bei dem Stapellauf des Dampfer⸗ 
Daphne· umgekommen, wird auf 150 geschätt 
durch Taucher wurde festgestellt, daß der Maschinen⸗ 
raum mit Leichen angefüllt ist. 
p Ein furchtbares Unglück, über dat 
wir bereits berichteten, ereignete sich am Diensta 
in Glasgow bei dem Stapellaufe eines neut 
dampfers, welcher auf der Werfte der Herren 
Slephen u. Sons gebaut worden war. Da da— 
Schiff — ein kleiner Personen. Dampfer von — 
Tonnen Gehalt — so rasch als möglich fertig ge 
tellt werden sollte, so blieben die Arbeiter au 
gord, als dasselbe von Stapel gelassen wurde 
Fętwa 100 Arbeiter waren im Innern des Schiffe! 
Feschaftigt und über 60 befanden sich auf dem Ded 
Schon als das Schiff die Holzbahn herabrutschte 
laubte man zu bemerken, daß es etwas uberta 
sci. hegte jedoch keine Befürchtungen; als es jedo 
in den Fluß kam, der von der Fluth hoch 
schwollen war, fing es zu schwanken an, nen 
eiezur Seite und dersant im, näcte 
Auͤgenblicke vor den Augen der entsetzten Zuschau 
putlos unter dem Wasser. Zwei in der Nahe n