Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugbherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingabert. 
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samotag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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MA 136. 
kac 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Ein neues Tabaksteuergesetz soll, wie die „Fr. 
zig.“ aus Elsaß⸗Lothringen erfährt, dem 
rächsten Reichsstag im nächsten Winter vorgelegt 
verden. Die Reichsregierung sammelt zu diesem 
zweck Material. 
Ems, 185. Juli. Prinz Georg von 
Preußen ist gestern Abend zum Kurgebrauch 
nier eingetroffen. 
Berlin, 18. Juli. Der König genehmigte 
ind vollzog am 11. Juli die kirchenpoli— 
ische Novelle. 
Berlin, 14. Juli. Der Kaiser verschob 
die Abreise von Mainau um 24 Stunden, der⸗ 
elbe wird erst Montag Mittag Mainau verlassen. 
Ausland. 
Paris, 14. Juli. Unter Theilnahme des 
zräsidenten des Municipalraths, des Seinepräfecten, 
er Pariser Deputirten und einer großen Volksmenge 
and heute Vormittag die Enthüllung der Statue 
eer Republik auf der Place du Chateau d'oau 
tatt. Der Seinepräfect hob in seiner Rede hervor, 
ie Statue der jetzigen Republick trage einen Oliven⸗ 
weig, um anzuzeigen, daß die Zeit der Gewaltsam⸗ 
eiten vorüber sei; das allgemeine Stimmrecht sei 
m Stelle der revolutionären Action getreten. Die 
gige Republik müsse ihre Stärke aus dem Rechte 
höpfen. Die Republick, in diesem Sinne verstanden 
ind geleitet, werde friedlich die Geschicke verfolgen 
ind die ohnmächtigen Drohungen der Gegner mit 
derachtung zurückweisen. Die französische Nation 
volle ihren Willen nicht andern Völkern auferlegen, 
je verlange nur frei und geachtet für sich zu leben. 
dein Opfser werde ihr zu groß sein zur Aufrecht⸗ 
rhaltung der Unabhängigkeit. Rach der Rede des 
zräsidenten des Municipalraths, welcher die muni⸗ 
ipalen Freiheiten von Paris zurückforderte und auch 
nuf die Amnestie hindeutete, folgie die Enthüllung 
er Statue unter dem Rufe „Es lebt die Amnestiel“ 
die Stadt ist reich mit Flaggen geschmückt, in den 
Straßen und auf den Plätzen herrscht reges Leben. 
das Wetter ist zweifelhaft. 
Paris, 15. Juli. Gestern Abend veranlaßte 
mRoubaix eine Bande von 300 Anarchisien 
kuhestörungen und versuchte in das Rath— 
aus einzudringen. Ein Polizeikommissar wurde 
chwer verletzt, 6 Verhafiungen wurden vorge 
uommen. 
Die Nachrichten aus Irland klingen von Tag 
u Tag beruhigender: die Pächter zahlen regelmãßig 
hre Pochtzinse, und die argrarischen Verbtechen 
aben fasi ganz aufgehört. Lord Spencer sieht 
iesen Stand der Dinge vornehmlich als das Pro⸗ 
ult det Strenge an,welche in der letzien Zeit 
aitens der Regierung gegenüber den Führern des 
destandes gegen die englische Herrichaft entfaltet 
rde. 
Petersburg, 14. Juli. Wie verlautet, 
durde der Großfuͤrst Nikolaus Konstantinowitsch, 
velcher den Bau des Arhy⸗Canals in Turkestan 
eitete, wegen Einmischung in die Angelegenheiten 
vß Gouverneurs auf Befehl des Zaren verhaftei. 
Das große Ereigniß des Tages isi nun auf 
nmel wieder der „Zwischenfall in Mada⸗ 
ascar““. Die Tonkinfrage tritt zurück, die neueste 
dendung im deutschen Kirchenstreit wird bedeut⸗ 
— selbst die Cholera läßt man einen Augen⸗ 
aus dem Auge, um über die Frage nachzu— 
enfen. was für ünheil sich möglicherweise aus dem 
Montaa, 16. Juli 1883. 
18. Jahrg. 
lebermuth des Admirals entwickeln könnte, der un⸗ 
en an der afrikanischen Küste unvorsichtig genug 
var, dem englischen Nationalstolz übel mitzuspielen. 
fFinigen Blättern scheint die Spannung zwischen 
rrankreich und England bereits einen genügend 
sohen Grad erreicht zu haben, um selbst die Mög—⸗ 
ichkeit eines Krieges bei diesem Anlaß in's Auge 
u fassen. Das ist aber doch wohl nur eine Ein⸗ 
jebung allzu hitziger Einbildung. Ohne Frage ist 
„ie Erbitterung zwischen den beiden Ländern, die 
noch vor kurzem zu Gambetta's Lebzeiten mit 
vahrer Sorgfalt die Empfindungen lieblicher Frennd⸗ 
chaft pflegten und sich dabei in dem gemeinsamen 
daß gegen Deutschland nach Möglichkeit stärkten, 
eit einiger Zeit sehr ausgeprägt geworden und eine 
zesserung dieses Mißverhältnisses ist kaum zu er⸗ 
darten, so lange Frankreich mit seinem heftigen 
Drang nach colonialen Bereicherungen den Neid 
eẽnglands wach erhält — aber zu einem Krieg ge— 
jört mehr und Frankreich wird schwerlich so thoͤricht 
ein, es dahin kommen zu lassen. 
Newyork, 15, Juli. Nach hier eingegange⸗ 
senen Nachrichten haben andauernde starke Re— 
jengüsse in mehreren Distrikten der westlichen 
lnionsstaaten großen Schaden gethan. Missouri 
vurde von heftigen Stürmen heimgesucht, welche 
roße Verheerungen anrichteten. 
der Direktion der Main⸗Neckarbahn eine Verlänger⸗ 
ing der für die Strecken der genannten Bahn ge— 
öͤsten Retourbillette vom 3. bis incl. 10. August. 
Von den kgl. preußischen und der Eisenbahn-Direk⸗ 
ion (linksrheinische) in Köln stehen bis heute feste 
hestimmungen noch aus, es sind jedoch ebenfalls 
Fahrpreisermäßigungen zugesichert. 
— Dürkheim. Der Winzer Georg Freuden⸗ 
nacher hat an seinem in der Schillerstraße gelegenen 
dause einen Weinstock, welcher mit 1350 Trauhen⸗ 
fötzen behangen ist, mit 270 mehr, als voriges 
zJahr; die köstliche Last läßt ein Gesammtgewicht 
»on ca. 5 Zentner erwarten. Dieser leistungsfähige 
Weinstock ist für den Eigenthümer jedenfalls Das, 
vas dessen Name besagt: ein Freudenmacher! 
— In Niederotterbach stürzte der ver— 
eirathete Ackerer Jaklob Renz beim Kirschenbrechen 
»om Baume und verletzte sich so fschwer, daß er 
urz darauf starb. 
— Der katholischensirche i Ludwigshafen 
iel dieser Tage infolge eines Vermächinisses ein 
jübsches Geschenk zu. Ein unlängst Verstorbener, 
herr Emmerling, der jabrelang als Schiffscapitän 
»en Rhein bis Rotterdam befuhr und sich ein an— 
ehnliches Vermögen erwarb, vermachte der katholi—⸗ 
chen Kirchencasse zu Ludwigshafen 7000 Mark zu 
zeliebiger Verwendung und 8000 Mark, deren 
ährliche Zinsen nach dem Willen des Stifters zur 
Bekleidung armer katholischer Erstcommunicanien 
zerwendet werden sollen. Außerdem hat der edle 
Beber 5000 Mark gestiftet, deren Zinsen bedürfti— 
Jjen Kindern kathol. und protestant. Confession als 
Unterstützung zugewiesen werden sollen. Der Ver—⸗ 
torbene hat sich durch diese seine testamentarische 
Bestimmungen ein bleibendes Denkmal gesetzt. 
— Aus der Pfalz. Die Generaldirektion 
der kgl. Verkehrsanstalten hat eine die Wortzählung 
ꝛesp. die Austaxirung der zur Aufgabe gelangenden 
LTelegramme betreffende Verordnung erlassen, wonach 
prachwidrige Wortzusammenziehungen und „Abkürz- 
ungen“, überhaupt willkürliche Veränderungen von 
Worten in Telegrammen fürder bei der AÄufgabe 
unbedingt zurückzuweisen sind. Zur Erläuterung 
ind dem bezüglichen Erlaß eine Anzahl Beispiele 
ingefügt, welche erkennen lassen, zu welichen Sprach⸗ 
ergewaltigungen dieses Taxersparungsbestreben schon 
zeführt hat. Wir wollen dem Leser etliche dieser 
prachlichen Undinge vorführen. Wir wählen aus 
)er langen Reihe folgende: „Bambergbezug, Baher⸗ 
veizwaggon, Drangdraht, Dreiuhrfünf, Drangdratet, 
Drahtgesagte, Drahtklagdrohung, Frankoretoursack, 
Maigotthardt, Nulleins, Prompthafer, Regensburg⸗ 
veiz, Roggenmuller, Sackohne, Weizeneinser. Zweuͤ⸗ 
iprilbrief.“ Man sieht, es ist hohe Zeit, daß dieser 
Sprachverwilderung Schranken gesetzt werden. 
— Se. Maj. der König haben der von dem 
Bräsidenten der Nothern⸗Pacifichahn, Henry Hil⸗ 
zard. genannt Villard in NeweYork, mit 
einem Kapital von 29,750 M. begründeten Kreis⸗ 
stipendienstiftung für die Pfalz zur 
Anterstützung von Jünglingen, die sich den bilden⸗ 
den Künsten oder dem Kunstgewerbe widmen, die 
andesherrliche Bestätigung ertheilt uud gestattet, 
daß dieselbe unter dem Ausdruck allerhöchsier An— 
erkennung des von dem Stifter wiederholt be— 
hätigten regen Wohlthätigkeits- und Gemeinsinnes 
zffentlich bekannt gegeben werde. 
—* Wie man uns aus sicherer Quelle mittheilt, 
ührt die Bayerische Notenbank den Giro 
LhecheVerkehr nunmehr auch bei ihren Agenturen 
iin. so daß sich deren Check Verkehr⸗Verband dann 
Lokele und vfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 16. Juli. Trotz der wenig 
inladenden Witterung hielt gestern Nachmittag der 
Lerein „Du kommst ja nicht' die angekündigte 
Baldparthie in der Kohldelle ab. Dieselbe 
var, wie wir vernehmen, sehr stark besucht und 
nahm einen allseitig befriedigenden Verlauf. Als 
Häste wohnten derselben, außer verschiedenen Nicht⸗ 
mitgliedern von hier, auch die Mitglieder des „Jüng⸗ 
lin gsvereins“ von Hassel an. 
o Ensheim, 12. Juli 1883. Viktualienmarkt. 
dartoffeln, neue per 50 Kilo 5 M., Butter per ⸗ 
dilo 1,10 - 1,20 M., Eier per Dutzend 70 Pfg., 
Beißkraut per Kopf 10 - 15 Pfg. 
K.T.-F. Neustadt, 14. Juli. In entgegen⸗ 
ommender Weise wurden zum I. oberrheinischen 
dreis turnfeste in Neustadt a. H. den durch Fest⸗ 
arte sich ausweißenden Turnern bis jetzt folgende 
herkehrserleichterungen gewährt: 1) von der Direk⸗ 
ion der Pfälzer Bahnen und der hessischen Lud⸗ 
vigsbahn freie Rückfahrt bis zum 9. August, inclh. 
jegen einfache, mit dem Stationsstempel der Ab⸗ 
jangsstation auf der Rückseite versehene Fahrbillete 
iller Zugsgattungen und Wagenklassen, welche am 
b., 5. und 6. August gelöst werden. 2) Von der 
ais. Generaldirektion in Straßburg eine Fahrpreis⸗ 
rmäßigung in der Art und Weise, daß bei einer 
gesellschaft von 830 Turnern auf der Hin⸗ und 
stückseite je 3 Personen auf 2 direkte Retourbillette 
zach Neustadt befördert werden, wobei die vom 4. 
— 6. August gelösten Retourbillette eine verlängerte 
Hiltigkeit bis 8. August incl. erhalten, während 
»en einzeln reisenden Turnern nur Retourbillette 
zis zu den Grenzstationen Weißeuburg und Lauter⸗ 
zurg abgegeben werden, von wo die von den pfälz. 
Bahnen gewährten Vergünstigungen eintreten, jedoch 
nit einer Giltigkeitsdauer vom 4.--9. August incl. 
3) Von der Generaldirektion der großherz. bad. 
Zahnen gleiche Begünstigung, jedoch für Gesellschaf⸗ 
en von mehr als 30 Turnern, sowohl, als für 
inzeln reisende nur Billete bis zu den pfälz Ueber⸗ 
angsstationen und für beide Fälle mit einer Ver— 
ängerung vom 4. — 9. Aug. einschließlich. 4) Von