— Der Koͤnig hat genehmigt, daß den barm—
herzigen Schwestern, den Diakonissen, sowie welt⸗
uͤchen Krankenpflegern und Krankenpflegerinen, welche
von einem Frauen⸗- oder Hilfsverein entsendet
werden, gegen Beibringung eines Zeugnisses einer
Behörde, einer Ordens-Oberin, der Vorsteherin der
Diakonifsenanstalt oder eines Frauen- oder Hilfs⸗
vereins darüber, daß die Reise behufs Uebung der
Krankenpflege unternommen wird, auf den koͤnigl
Staatseisendahnen die Beförderung in der 2. Wagen⸗
klasse gegen Lösung eines Billets 3. Klasse und
die Beförderung in der 3. Klasse gegen Losung
eines halben Billets dieser Klasse gestattet werde.
Vermischtes.
4.Auf dem Lager Lechfeld hat sich ein
trauriger Vorfall abgespielt. Der Sergeant Joh.
Belz von der Schießschule hatte in jugendlichem
Uebermuthe einen Schuß anstatt auf die Scheibe
nach einer einen Bestandtheil des Scheiben- oder
Signalmechanismus bildenden Schnur abgegeben
und die letztere auch wirklich zerschossen. Bei der
Aufforderung der Vorgesetzten, daß der Thäter sich
melden solle, schwieg Belz, und es mag da ziem—
lich scharfen Tadel uͤber solchen Mangel an mili⸗
tärischem Ehrgefühl abgesetzt haben. Es kam in—
dessen doch auf, daß Belz der Missethäter sei, und
derselbe sollte nun zur Strafe von der Schießschul—
weg zu seinem Truppentheil versetzt werden. Die—
beschamte und erregte den jungen Mann derart,
daß er hinging und sich eine Kugel durchs Herz
schoß.
(Ein muthiges Mädchen) Aus
Lauffen a. N. wird unterm 13. Juli berichtet:
Vom Tode des Ertrinkens hat am Donnerstag
Abend weiblicher Muth und rasche Entschlossenheit
ein Menschenleben gerettet. Am Mädchenbadeplat
wurde von dem aus dem Bade gegangenen Mäd—
hen das Augenmerk der noch Badenden durch Zu⸗
rufen auf einen in den Wellen des Neckars einher⸗
treibenden menschlichen Körper gerichtet. Die 22
Jahre alte Katharina Moser, rasch enischlossen,
schwamm darauf zu und konnte zur Freude aller
näch größter Kraftanstrengung die 14jährige Tochter
des Schneiders Rösler in Ufernähe bringen, von
wo die Außenstehenden weitere Hilfe boten und
wo es auch gelang, die Bewußtlose wieder zum
Leben zu bringen.
— Bei einem Frankfurter Bankhause wollte
dieser Tage ein Prwatmann ein Raab⸗-Grazer Loos
zum Tageskurse (942 Thaler) verkaufen; zu seiner
freudigsien Ueberraschung wurde ihm mitgetheilt,
daß die betreffende Rummer soeben mit dem höchsten
Treffer (180,000 fl. ö. W.) herausgekommen sei.
FBad Ems. Im Kurgarten hierselbst lieg!
an der Stelle, wo am 13. Juli 1870 der franzö—
sische Botschafter Benedetti die letzte Unterredung
mit unserm Kaiser hatte, die als Kriegserklärung
Frankreichs aufzufassen war, ein einfacher Stein.
welcher die Aufschrift trägt:
13. Juli 1870
9 Vbr 10 Minuten morgens
Alljährlich wird dieser Stein von patriotischen Kur⸗
gästen am 13. Juli bekränzt und auch heute war
er mit Blumen, Eichen und Loorbeerkränzen bedeckt.
Außerdem fand sich aber noch ein Vers auf dem—
selben niedergelegt, welcher dem zur Kur hier wei—
lenden Dichter Emil Ritterhaus aus Barmen zu⸗
geschrieben wird. Dieser Vers lautet:
Geschmückt sei heut mit Lorbeerblatt
Und mit dem Laub der Eiche
Der erste Stein des Fundaments
Zum heil'gen deutschen Reiche.
Gpielwuth.) Aus Hamburg wird ge—
meldet, daß bei einem Spiel einer der reichsten
österreichischen Grundbesitzer, Graf Tr., an einen
Dffizier die kleine Summe von 1,140,000 Marf
und gleichzeitig an einen Andern 200.,000 Mark
verloren hat.
(Ein Bonmot des deutschen
Kronprinzen.) Als der Kronprinz bei seiner
letzten Anwesenheit in Golm bei dem dortigen
Schmied vorbeitam und den Meister allein bei der
Arbeit sah, erkundigte er sich nach der Ursache des
Gehilfenmangels. „Die sind nicht zu bekommen!“
war die Aniwort. Auf den Einwand des Kron⸗
prinzen, in Berlin gäbe es doch Gehifen, erwiderte
der Schmied: „Die sind auch Alle Sozialdemo—
kraten, und dazu kann unser einer nichts thun.“
„Unser einer auch nicht“, lautete die Entgegnung
des Kronprinzen, ehe er sich von der Schmiede ent⸗
ternte
Aus Schlesien, 14. Juli, wird der „Voss.
Ztg.“ geschrieben: Auf den Schwesterschächten zu
Hermsd'orf bei Walvenburg sind durch schlagende
Wetter acht Bergleute, darunter sieben verheirathete,
perunglückt. Vier waren sofort todt, die anderen
vier erlagen am nächsten Tage ihren Verletzungen.
Tags darauf verunglückte ein Bergmann auf dem
Claraschachte dadurch, daß ihm ein herabfallendes
Holzstück den Schädel zerschmetterte. So wurden
dus dem Knappschaftslazareth zu Waldenburg neun
derunglückte Bergleute zu Grabe getiagen.
F Nach den Universifätsverzeich—
nissen des laufenden Sommerhalbjahres ist im
deuischen Reiche die Universität Berlin die besuchteste
mit 4062 Immatriculirten; auf Berlin folgt Leip—
zig mit 3097, München mit 2295, Breslau mil
1359, Halle mit 1414, Tübingen mit 1378, Bonn
nit 1165 Göttingen mit 1104, Würzburg mil
1085, Heidelberg mit 1019, Konigsberg mit 929
Marburg mit 848, Straßburg 839, Freiburg 828
HBreifswald 741, Erlangen 641, Jena 631, Gießen
164 Kiel 442, Münsier (katholisch-⸗theologische und
»hilosophische Facultät) 828, Rostock 281. Die
»reußischen Universitäten zühlen mehr Studierende
als die übrigen des deutschen Reiches, nämlich
12,592 gegen 12,489. Es studieren: evangelische
Theologie 3548, katholische Theologie 916, Rechts⸗
zelehrtheit 3088, Medizin 6118, die Wissenschaften
zer philosophischen Fakuliät 9202. Die meisten
vangelischen Theologen studieren: in Leipzig 688
dalle 488, Berlin 489, Tübingen 366; die meisten
Furisten: in Berlin 1001, München 721, Leipzig
526, Heidelberg 416, Bonn 297; die meisten Me—
diziner: in Berlin 778, München 707, Leipzig
304, Würzburg 599. Die Wissenschaften der
philosophischen Facultät haben die meisten Studier
»nden: Berlin nämlich 1829, Leipzig 1229, Mün
hen 751, Breslau 621.
— Bekanntlich hat die deutsche Turnerschaft als
Symbol ein vierfaches lateinisches F gewählt und
dieses zu einem Kreuze zusammengesetzt, welches als
Monogramm den Wahlspruch: frisch, fromm, fröh—
lich, frei darstellt. Für die Leser unserer Zeitung
ist es gewiß nicht ohne Interesse zu erfahren, daß
dieses Buchstabenzeichen zum internationalen Tur⸗
nersymbol geworden ist. Man hat nämlich in den
nußerdeutschen Ländern ebenfalls einen soschen Tur⸗
nerspruch angenommen, der aus vier mit Pebe—
zinnenden Worten besteht und seinem Inhalte nach
an den deutschen sich anlehnt. Die Worte, welche
mit dem vierfachen Pebezeichnet werden sollen, be⸗
deuten im Französischen: franc, frais, fier, fort
im Englichen: franc, fresh, frisk, fres; im Itali—
enischen: franco, fresco, fiero, forte; im Spani—
schen: trancô, faesko, firme, fuerto; im Portu⸗
ziesischen: franco, fresco, fero. sorbe; im Schwe—
dischen: frisk, from, treidy, fri. Die Niederländer
haben als Turnzeichen vier mit den Köpfen zu—
jammengestellte V, welche Vroed, Vrank. Vri
Vroom bedeuten. Ein im vorigen Jahre verstor⸗
dener Kupferdrucker soll im Jahre 1846 die vier
P als Turnzeichen erfunden haben.
F Pest, 16. Juli. Bei einer Feuersbrunst
velche die Stadt Liptoszentmiklos und das Dorj
Verbicza am 13. ds. Mis. verheerte, kamen vielt
Personen um's Leben. Gegen zwanzig werden
ʒermißt; gestern wurden acht Verunglückte beerdigt.
Unter den Opfern befindet sich auch der Stadt—
Jauptmann.
F Eine aufregende Jagdscene, in
velcher Prinz Leopold von Bayern dem Flügel⸗
idjutanten des Kronprinzen Rudolf, Major Grafen
Mittrowsky, das Leben rettete, wird aus Wien
Jemeldet und macht in Jägerkreisen viel von sich
reden. Sonntag Morgen begaben sich Kronprinz
Rudolf und Prinz Leopold von Bayern in Be—
zleitung des Flügeladjutanten Grafeu Mittrowsky
ünd kleinem Jagdgefolge nach der Lobau zur
hirschjagd. Ein unglücklicher Zufall wollte es, daß
ein starker Hirsch in der Nähe des Standplatzes
des Grafen Mittrowsky die Linie durchbrach, und
ehe der hierdurch ganz verblüffte Jäger noch einen
Schuß abgeben konnte, hatte ihn der Hirsch zu
Boden geworfen. Aber nur einige Secunden
dauerte der Kampf zwischen dem Grafen und
dirschen, denn ein Schuß krachte — und zu Tode
jetroffen stürzte der Hirsch nieder. Prinz Leopold
jatte im richtigen Moment den Schuß abgefeuert.
x8 war dies aber auch ein Meisterschuß, denn es
gehörte unbedingt ein sehr gutes Auge und eine
ichere Hand dazu, den wie toll um sich stoßenden
ind mit dem Jäger sich balgenden Hirsch zu er—⸗
legen, ohne den Jäger zu verletzen — wie ihn eben
nur ein so ausgezeichneter Schütze, wie Prinz Lee—
pold es ist, abgeben kann. Graf Mittrowekh
dessen Kleidungsstücke ganz zerfetzt wurden, in
im Kampfe namentlich am Kopfe nicht unerheblich
Verletzungen.
f.Drei Duelle mit einem Male sind
das Ergebniß des während der letzten Tage in de
Deputirtenkammer wie in der Pariser Presse geführ
sen Parteigezankes. H. Marion, Vertreter deß
Isore· Departements, hat Paul de Cassagnac wegen
eines Zwischenfalls aus der Sitzung vom letzien
Montag fordern lassen. Den Anlaß bot die Inter.
oellation Cassagnacs an den Justizminister wegen
Ernennung eines Friedensrichters im Gers-Depaile.
ment. Cassagnac beschwerte sich, weil das so hoͤchs
einflußreiche Amt eines Friedensrichters kurz vor den
Wahlen dem Bruder seines Wahlkonkurrenten über.
rxagen worden sei. Der stenographische Sitzungs
hericht verzeichnete nun folgenden Zwischenfall:
Abgeordneter Marion: Die Regierung sollte
solche Fragen gar nicht annehmen.
Abgeordneter Paul de Cassagnac: Erlauben Sit
mir Ihnen zu bemerken, Herr Marion, daß ich mi
Ihnen nicht disputiren will, weil ich mit Ihnen
überhaupt persönlich nichts zu schaffen haben möchte.
Abgeordneter Marion: Ich bin zu Ihrer Ver—
ügung, Herr de Cassagnac.
(Mehrere Stimmen rechts: Zur Ordnung.)
P. de. Cassagnac: Sie hätten besser gethan
zur Verfügung des Syndikus der Wechselagenten zu
hleiben, als aus dieser Korporation unter Umstän⸗
den auszutreten, die ich Ihnen wohl nicht nähe
hezeichnen brauche.
Präs. Brisson: Ich bitte um Ruhe, mein—
Herren!
Marion: Herr Präsident, ich will mich nich
hHeleidigen lassen. Uebrigens verachte ich die Be—
ichimpfungen des Herrn de Cassagnac.
Trotz dieser Verachtung hat Herr Marion aber
doch geglaubt, zur Wiederherstellung seiner Ehre sich
nit Cassagnac schlagen zu müssen, welch' Letzterer
ndeß die Genugthuung durch die Waffen verweigern
vill. Dies wäre das erste Duell. Ein zweites
vird zwischen dem Deputirten Emanuel Aroͤne, dem
ehemaligen Günstling Gambettas, und Herrn Simon
Boublée, einem Redacteur des „Clairon“ stattfinden.
Endlich hat auch noch Herr Judet, Redacteur der
„France“, Zeugen an Herrn Dreyfuß geschickt; der
Beforderte, welcher Municipalrath und Redacteur
an der „Lanterne“ ist, hatte in einer Polemik, be—
teeffend die Pariser Gasgesellschaft, zu drei wider
holten Malen Herrn Judet einen Lügner genannt
FGWoher das Vermögen der Orlean—
stammt.) Unter dieser Spitzmarke bringt da
„Frkf. Journ.“ folgende piquante „Enthüllung“
welche wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten
ohne indeß der ziemlich abenteuerlichen Geschicht
allzu große Wahrscheinlichkeit zuzumessen. Dew
Frankfurter Blatt wird geschrieben:
Durch die Krankheit des Grafen Chambord sind
die Orleanisten momentan wieder in den Vorder
grund getreten, und glauben wir den Lesern ein
nicht uninteressantes Factum enthüllen zu sollen
weliches durch notarielle Aktenstücke beglaubigt wurde
Es handelt sich nämlich um den eigentlichen Ur⸗
sprung des bekanutlich kolpssalen Vermögens der
Familie Orleans, über den die authentischen Daien
in Lyon gesammelt wurden.
Wir müssen auf das Jahr 1700 zurückgreifen
Zu Beginn desselben lebte zu St. Apollinaris in
der Schweiz ein gewisser Gabriel Ollivier Bendi
Dumas, dessen Vater in jenem Orte eine hoch ge
achtete Stellung einnahm. Der ldöjährige Gahriel
Dumas entfloh nach Paris.
Im Alter von 20 Jahren trat Gabriel Dumas
in die französische Marine ein und erwarb sich di
Gunst seines Capitäns in dem Maß, daß diest
ihn beie seinem Tod zum Universalerben einsett
Gabriel Dumas kehrte nach Paris zurück und ber—
deirathete sich daseibst. Aus dieser Ehe stammten
wei Söhne, welche sich beide nach Cochinchina be
jaben, um daselbst in den Dienst eines reichen
Zaufmanns Namens Duvivbier zu treten, Beid
nachten rasche Carrière und während der Eine die
Tochter Dudiviers zur Frau erhält, heirathete det
Zweite eine reiche Eingeborene. Der Erstgeborene
von diesen Brüdern schwingt sich nebstbei zu r
so hohen Stellung in Pondichery empor, daß
Hroßmogul mit ihm eine Allianz abschließt u
hm die Geldprägung gestattet. Er sagt *
Franzosen ferner 3000 Mann Soldaten zu