St. Jugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 150. Sonntag, 5. August 1883. 18. Jahrg
Volitische Uebersicht.
Deutsches Reich.
S. M. der König von Bayern hat
sich unmittelbar nach dem Eintreffen des Fürsten
Bismarck in Kissingen telegraphisch nach dem Be—
inden desselben erkundigen lassen.
Müͤunchen, 3. Aug. Die Allg. Zig. bestätigt
die Enthebung v. Ziegler's von der Funktion eines
Fabinetssekretaͤr und die Ernennung desselben
zum etaismäßigen Ministerialrath im Cultusmini—
terium.
Karlsruhe, 1. August. Die „Voss. Ztg.“
neldet, der commandirende General des 14. (badi—
chen) Armeecorps, v. Obernitz, habe seinen Ab⸗
chied erbeten.
Berlin, 2. Aug. Der General⸗Feldmarschall, Frei⸗
jerr v. Manteuffel, Statthalter von Elsaß-Lothringen,
jat heute früh Berlin wieder verlassen und sich
uͤber Frankfurt a. M., wo er fich einige Tage
uufzuhalten gedenkt, nach Straßburg zurückbegeben.
Berlin, 3. August. Das Gerücht, daß be
jufs Ratifizirung des deutsch-spanischen Handels—
ertrags die Einberufung des Reichstages beab—
ichtigt sei, entbehrt bisher jeder Begründung.
Officiss wird geschrieben: Die umlaufenden
Mittheilungen über die Umarbeitung des Arbeiter⸗
Unfall⸗Versicherungs⸗Gesetzes, namentlich
aber die bereits beschlossene Beibehaltung des Reichs⸗
zuschusses sind zweifellos verfrüht. Bis jeztzt ist
nur eine Uebersicht über die Behandlung des Ent—
vurfs in der Reichstags-Commission mit erläutern⸗
»en Bemerkungen hergestellt worden. Der Reichs—
lanzler hat sich gerade bezüglich des neuen Ent—
wurfs alle Anordnungen persönlich vorbehalten und
—— absolut außer Stand gefühlt, dieselben zu
treffen
Ausland.
Dublin. Die Freudenfeuer, welche am
Dienstag Nachts anläßlich der „Hinrichtung“ Careys
n den Straßen Dublins loderten, haben eine große
Zahl irischer Patrioten in Conflict mit der Polizei
gebracht. Die wackeren Leute rissen nämlich, in
krmangelung von Geldmitteln zur Anschaffung von
Feuerholz einfach Fensterladen aus, sowie Bauge—
rüste und Gartenzäune ein, mit denen sie die
Freudenfeuer zum Leidwesen der betreffenden
dauseigenthümer nährten. Das Polizeigericht in
Dublin kühlte gestern den Feuereifer der Enthusiasten
ab, indem es je 90 Personen zu je 10 Schillingen
Strafe oder im Nichtzahlungsfalle zu acht Tagen
Befängniß, und vier Maänner wegen Angriffen gegen
die Polizei zu je einem Monat Kerkerhaft verur—
theilite. Troßdem kam es gestern Abend in Dublin
zu neuerlichen Demonstrationen, die von der Polize'
niicht ohne kleine Straßenkämpfe unterdrückt wurden.
Nihilistische Verschwörung. Wie die
Limes ersährt, ist in einer festländischen Hauptstadt
die amtliche Nachricht aus St. Petersburg einge—
jangen, daß eine nihilistische Verschwörung der ge⸗
ährlichsten Art, an welcher eine große Anzahl von
Personen, betheiligt ist, entdeckt worden ist. Eine
Menge Verhaftungen find vorgenommen worden,
allein die Sache werde sehr verschwieden gebalten.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Die „Pf. Volksztg.“ vom 1. August 1888
nthält zwei interessante amtliche Bekanntmachungen,
zämlich Ausfertigungen von rechtskräftig gewordenen
Strafbefehlen des kgl. Amisgerichts Kaiserslautern.
gerichtet gegen Job. Eichelberger, geb 1852, Müller
wohnhaft zu Neumühle, Gde. Münchweiler, und
Heinrich Woll, geb. 1844, Ackerer, wohnhaft in
Stockborn. Gegen Beide wurde wegen am 21.
Funi in Kaiserslautern bethätigten fahrlässigen Ver⸗
aufs gefälschter Milch (Verfehlung gegen die Vor—
schriften des 8 11 des Nahrungsmittelgesetzes
vom 14. Mai 1879) zu Gunsten der Stadtkasse
von Kaiserslautern je eine Geldstrafe von 150 M.
(ev. 30 Tage Hafh) verhängt und die öffentliche
Bekanntmachung auf Kosten der Schuldigen ange—
ordnet. (Anseres Wissens sind in Kaiserslautern
Milchmesser eingeführt, welche die Polizei bei der
Milchkontrole in Anwendung bringt. Red.)
— Speier, 3. August. Vom competenter
Seite geht uns die Nachricht zu, daß sämmiliche 46
Abiturienten des humanistischen Gymnasiums die
Prüfung bestanden haben. Schlußfest am 8. August,
Vormittags 9 Uhr. (Sp. 3.)
— Zwei Knaben aus Wörth, 8 u. 7 Jahre
ilt, sind am Donnerstag in einer Grube in der
Nähe des dortigen Altrheins ertrunken.
Vermischtes.
Dem „Fr. Kur.“ wird folgende Anektode
mus einer oberbayerischen Volksschule mit—
getheilt: In der Dorfschule zu R. am Inn kam
üngst der Lehrer zu der Frage: „Ist es Pflicht,
Zeluͤbde zu halten?“ — Antwort des Sepph: „Ja
es ist Pflicht, Geliabte zu halten, und wer keine
hat, der kann sich um eine schauen.“
Ohne Augen geboren.) Vor einigen
Tagen wurde dem Schlosser Letzgus'schen Ehepaare
in Kannstatt ein anscheinend ganz normal ausge—
zildetes Mädchen geboren. Als nach Verfluß von
iniger Zeit die Kleine ihre Aeuglein nicht öffnete
vurde ein Arzt zu Rathe gezogen, welcher die
raurige Entdeckung machte, daß die Augenhöhlen
eer und gar keine Augen vorhanden sind. Eir
Spezialarzt, welcher ebenfalls konsultiert wurde
ehauptet, daß dies ein sehr seltener Fall und schon
eit 1861 nicht mehr vorgekommen sei.
In Dortmund ereignete sich auf dem
Werk „Rothe Erde“ ein gräßlicher Unglücksfall:
einem Walzmeister drang ein weißglühender Rund⸗
isenstab in den rechten Oberschenkel. Mit dem
Fisen in der Wunde sprang er einige Schritte zu—
rück und wäre dann vor rasendem Schmerz gewiß
u Boden gestürzt, wenn nicht ein Arbeiter beige—
prungen und ihn festgehalten hätte. Nachdem das
Jühende Eisen aus der Wunde entfernt war, er—
Joß sich aus derselben ein heftiger Blutstrom. Bald
zrlöste der Tod den Unalücklichen von seinen aräß
ichen Leiden.
4 Für den 28. September, den Tag, an welchem
die Enthüllung des National-Denkmals auf
dem Niederwald Statt findet, prophezeit Dr. Ove r⸗
zier in Köln, daß der 28. September, wenn auch
Horgens wolkig bis zeitweise drohend, so doch Nach—
nittags aufgeheitertes, herbstlich schönes Wetter
hringen wird. — Abwarten!
F Nyiregyhaza, 3. Aug. Im Tiszar
Eßlarer Prozeß wurden sämmiliche Angeklagten
freigesprochen. (Es sind das die Israeliten, welche
der Ermordung des Christenmädchens Esther Soly-
mossiy zu rituellen Zwecken angekiagt waren.) Die
Stimmung der Bevolkerung ist günstig. Die An—
geklagten vergossen Freudenthränen. In Rakamaz
ist in den Judenhäusern Feuer ausgebrochen.
4 Im südlichen Frankreich sind die Stier—
gefechte an der Tagesordnung und die Regierung
zat fich fraß aller an sie eraangenen Arfforderungen
noch nicht veranlaßt gesehen, dem Unfug ein Ende
zu machen. Ueber eine kürzlich in NRimes veran—
staltete derartige Thierquälerei schreibt das „Ebene—
ment“: Ganz Nima war in der dortigen römischen Arena
versammelt, um der Abschlachtung von sechs Stieren
beizuwohnen, die sorgfältig unter den wildesten ihrer
Gattung gewählt worden waren. Frascuelo und
Angel Pastor, die berühmten spanischen Espadas,
waren gekommen um zur Verschönerung des schmäh⸗
lichen Schauspiels das Ihrige beizutragen. Maͤnner,
Weiber, Kinder weideten sich daran während mehrerer
Stunden zu Eintrittspreisen, welche sich von 20
bis auf 3 Franken abstuften. Man klatschte wie
toll, wenn den Pferden der Bauch aufgerissen,
die Stiere zerfleischt und die armen Thiere endlich
niedergemetzelt wurden. Man hoffte einer der Henker
würde unter die Füße der Stiere kommen und von
diesen mit den Hörnern traktirt werden; aber diese
üße Erwartung ging nicht in Erfüllung. Aufge—
choben ist zum Glück nicht aufgehoben. Natur⸗
ich spendete auch der Präfekt von Nimes dem ab⸗
cheulichen Blutvergießen enthusiastischen Beifall.
Man versichert sogar, dieser wunderliche Staatsbe⸗
amte hätte sich erdreistet, dem Minister des Innern
die Fechter Frascueld und Angel Pastor fur die
TFhrenlegion in Vorschlag zu bringen.
F Neapel, 3. August. Von Deutschen aus
Ischia sind weiter gerettet: Schilling, Heyroth,
Wagner und Frau, Bertha Held, Maler Freidler
und Frau und zwei Fräulein Merzer (Hamburg).
F Aus Wolsk im Gouvernement Saratom
telegraphirt man unterm 26. v. M. den Peters⸗
zurger Blättern: Ein Blitßzstrahl setzte heute früh
einen Dampfer auf der Wolga, welcher 17,000 Pud
680,000 Pfund) Naphtha führte, in Brand. Der
Dampfer brennt den ganzen Tag, und es ist keine
Möglichkeit, das Feuer zu löschen. Viele Menschen
ind in demselben umgekommen. Es hat den An—
chein, als brenne das ganze Wasser im Wolgastrom.
F(Eine mit Silber beschotterte
Straße.) Wie das amerikanische Engineering
and Mining Journal berichtet, hat Peter Tremply
in Clinton County (New⸗Yark) bei Herstellung
einer Straße sich der Hochofenschlacke bedient, welche,
wie die Passanten bald bemerkten, zahlreiche,
zlitzernde Schuppen einschloß. Die Untersuchung
ergab, daß diese Schuppen reines Silber seien.
Die Erklärung für diese Erscheinung fand sich bald
in der Entdeckung, daß in der Eisensteingrube, aus
welcher das verhüttete Eisenerz herrührte, eine
Silberader durchquert worden war. Das Silbererz
wurde unbemerkt im Hochofen aufgegeben und das
Silber ging in die Schlacke, die dann zur Her⸗
tellung der Straße verwendet wurde. Mr. Tremply
beeilte sich, den Schlackenschotter von seiner Straße
zu sammeln und einzuschmelzen.
F(Nachweis von Reissmehlin Buch—
weizenunmehl.) Erwärmt man etwa 1 g Reis⸗
»der Buchweizenmehl mit 2 g konzentrierter Kalil⸗
auge und Wasser auf dem Wasserbade bis zur
Kleisterbildung und setzt dann Salzsäure zu, so ist
der Kleister von reinem Reismehl gelblich, mit
Chlorwasser versetzt, weiß, bei reinem Buchweizen
dunkelgrün, mit Chlorwasser behandelt, roth. Bei
einer Mischung beider Mehie ist der Kleister stellen⸗
weise grün und wird auf Zusatz von Chlorwasser
fleischfarbig (rothj. Ein ebenso gutes Resultat lie⸗
fert auch folgende Probe. Etwa 2 g des zu unter⸗
uchenden Mehles werden mit ca. 10 kem einer Misch⸗
ung von verdünntem (7000) Alkohol mit 5 90
Salzsäure geschüttelt und die Färhung beohachte