Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Ju dem Jahres berichte der kgl. La⸗ 
deinschule zu Grünstadt spricht sich der Sub⸗ 
ektor derselben, Herr Spieß, in eindringlicher 
und beherzigensweriher Weise wie folgt aus:“ „Wer 
nicht wenigstens 4 Klassen absolvieren kann, bleibe 
n der deutschen Schule! Unklug handeln Eltern, 
wenn sie vornherein beabsichtigen, ihre Söhne nur 
die unteren Klassen besuchen zu lassen und sie dann 
Dnach ihrer Konfirmation — einem bürgerlichen 
Beschäfte zuzuwenden. Der Besuch der Lateinschule 
ist überhaupt nur nothwendig, beziehungsweise em⸗ 
pfehlenswerth für Schüler, welche im Sinne haden, 
ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Judu⸗ 
strieschule oder eine Realschule zu besuchen; ferner 
für jene, welche sich dem Post⸗, Eisenbahn⸗ oder 
Telegraphendienst, dein Forstwesen oder dem Lehr⸗ 
fache widmen, dann für solche, welche Apotheker, 
Tierärzte, Gerichtsschreiber, Gerichtsvollzieher, Bu⸗ 
ceaugehilfen oder Geschäftsagenten werden wollen. 
Die für die bürgerlichen Berufsarten nöthigen Kennt⸗ 
nisse können die Volksschulen ausreichend, um nicht 
zu sagen, besser als die Lateinschulen vermitteln; 
denn nach der Schulordnung für die Studienan⸗ 
stalten im Konigreich Bayern haben die isolierten 
dateinschulen den Zweck, für den Unterricht in den 
interen Klassen der vollständigen Studienanstalten 
Ersatz zu bieten; sie sind also Vorbereitungsschulen 
mehr für höhere Lehranstalten als kür bürgerliche 
Berufsarten.“ 
Der pfälzische Lehrer⸗Sterbkassenverein hat 
pro 188288 28 Sierbfälle aufzuweisen, wofür in 
zer J. Klasse 7.80 M. und in der 2. 25. M. 
Jahresbeitrag, längstens 15. August, an die Kan⸗ 
ounalrechner zu bezahlen sind. 
——— — — 
Vermischtes. 
München, 6. August. Heute fand die 
zeierliche Enthuͤllung des Liebige Denkmals im Bei⸗ 
ein der Familien-Angehörigen, des Cultusministers, 
der Mitglieder der Atademie, der Professoren der 
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Behörden und vieler höheren Beamten statt. 
Nürnberg. Das „Bahyerische Gewerbe⸗ 
museum“ beabsichtigt für das Jahr 1885 zur Er⸗ 
zffnung seines neuen Ausstellungsgebäudes eine in⸗ 
sernationale gewerbliche Spezialausstellung dahier 
zu veranstalten. 
Hemau, 2. August. Glutthat.), Der 
32 Jahre alte Maler Zankl von Hemau saß am 
30. Juli Abends im Wirthshause zu Langenreuth 
mit den Dienstknechten Wein von Deuerling und 
Benth von Endorf beim Kartenspiel. Nach kurzer 
Zeit geriethen sie in Streit, Zankl zog sofort das 
Pesser und verwundete beide Dienstknechte. Genth 
derließ das Wirthszimmer, um den Heimweg an— 
zutreten, Zankl eilte ihm nach, erreichte ihn an der 
dausthür und stieß ihm das Messer durch's Herz, 
Zaß er zu Tode getroffen niedersank. Hierauf ging 
Zankl in's Wirthshaus zurück und bedrohte den 
joch am Tisch sitzenden Wein mit dem Messer; der—⸗ 
selbe versuchte sich zwar zu vertheidigen, erhielt je— 
hoch einen tödtlichen Stich in den Rücken. Er ver—⸗ 
ieß das Gastzimmer, sank aber in kurzer Entfern⸗ 
ing von demselben zusammen und starb auf der 
Sitraße. Eine Stunde nach der That wurde der 
Doppelmörder festgenommen. 
Nach dem Ergebniß der zweiten Prüfung 
für den höheren Justizt und Verwal— 
bungsdienst im Jahre 1882 betrug in Bayern 
die Zahl der geprüften Rechtspraktikanten 84; hier⸗ 
bon erhielten die Note J —, Note II 61 und die 
Note Ul 23. Hiervon treffen auf die rechtsrhein⸗ 
ischen Regierungsbezirke 48 mit Note I und 21 
nit Note 111; dann auf den Regierungsbezirk der 
Pfalzz 18 mit Note II und 2 mit Note III. 
Bei den preußischen Bergmannsfesten 
scheint es an Appetit nach Festem und Flüssigem 
nicht zu mangeln, und die wackeren Knappen lassen 
nii ihren Familien ganz respektable Quantitäten 
in die Verdauungsgrube einfahren. Hören wir, 
was bei dem jüngsten Bergfeste der königl. preuß. 
Berginspektion VII, Grube Heinitz, allein 
konsumirt worden. Die Belegschaft dieser Grube 
beträgt circa 4000 Mann, welche mit ihren Ange— 
Jörigen, bis wohl zum kleinsten Familienmitglied 
herab und mit Einschluß etwaiger Gäste, die nette 
Zahl von ca. 12,000 Festtheilhabern zusammen⸗ 
Frachte; diese Knappen ꝛc. haben verschafft: 
9 fette Ochsen 5125 Pfund. 
28 ,„ Schweine 3170, 
Senf 1508, 
Wormser Bier (hochfein) 12007 Liter. 
Reis 1000 Pfund. 
Salz 400, 
Brode 3600 Stück a 3 Pfd 
Cigarren 15000 Stück. 
Der Himmel erhalte den braven Leuten ihren 
gesegneten Appetit als Zeichen der Gesundheit 
Slück auf! 
In Trier fand im Offiziers-Kafino des 
30. Inf.Rgts. ein Duell zwischen zwei Portepee— 
Fähnrichen statt, wobei der eine schwer verletzt wurde 
Heranlaßt wurde das Duell durch eine thätlich⸗ 
Injurie. 
p Wie die Metzer Zeitung berichtet, waren 
an Prämien für schädliche Thiere im vorigen Jahre 
m Budget des Bezirks Lothringen 1900 Mk. 
usgesetzt. Im Kreise Metz wurden, einige wenige 
— eingerechnet, 
uicht weniger als 1319 Kreuzottern erlegt, für 
velche anfänglich für das Stück 3 Mt. gezahlt 
vurden, während später als die Zahl zu so unge⸗ 
chnter Höhe anwuchs, der Preis sich mehr und 
vehr veringerte und schließlich bis auf 80 Pfg. für 
zas Stück herabging. Die Zahl der erlegten Wolfe 
etrug im vorigen Jahre 29; die dafür gezahlte 
Brämie richtet sich je nachdem das erlegte Thier 
iin junger Wolf, ein alter männlicher Wolf oder 
ine kraftige Wölfin ist; für letztere wird der höchste 
Zreis, irren wir nicht, 12 Mt. bezahlt. 
4 Eine gelungene Verwechslung kam dieser 
Tage auf einem Mannheimer Bureau vor. 
Der Buchhalter daselbst benutzte nämlich die vor⸗ 
ibergehende Abwesenheit des Prinzipals, um sich 
nittelst Telephon in theilnehmender Weise nach dem 
Befinden eines Freundes, den er an den Apparat rufen 
ließ, zu erkundigen. Auf sein Anrufen erfolgte 
aicht gieich Antwort und da inzwischen sein Prin— 
ipal wieder eintrat, ging er vom Apparat weg. 
Ihne die Verbindung aufheben zu lassen. Kurz 
harauf klingelte es, sein Prinzipal, der Herr Direktor 
ahm die Ohrmuschel und er war nicht wenig über⸗ 
rascht, als ihm zugerufen wurde: „scheußlicher Kater 
wie geht Dir's, alter Schweinigel?“ — Auf 
die Frage: „wer dort und wen meinen Sie eigent⸗ 
ich?“ — besaß der Angerufene glücklicher Weise 
heistesgegeuwart genug, die Sache als eine Folgt 
alscher Verbindung herzustellen und im dröhnen⸗ 
)en Bierbaß ein donnerndes „Schluß“ hinein zu 
rufen. 
F(Großes aus Kleinem.) In Meit⸗ 
nann hielt am 29. Juli der Verband der Rheini⸗ 
chen Cigarren⸗ Abschnitt⸗ Sammelvereine seinen jüng⸗ 
ten Congreß ab. Delegirte der verschiedenen Ver⸗ 
ine aus Koln, Bonn, Tüsseldorf, Elberfeld, Barmen, 
Iberbilk, Ohligs, Aachen, Crefeld, Düren, Remscheid, 
Solingen, Paderborn, Iserlohn, Lennep und Rheydt 
ahmen an demselben Theil. Zunächst wurde der 
Zaderborner Verein in den Verband aufgenommen 
ind dem entsprechend der Name des Vereins in 
Rheinisch-Westfälischer Verband“ geändert. Inter— 
ssant war die vom Vororte mit großem Fleiß zu⸗ 
ammengestellte Statistik über die Wirksamkeit von 
20 verschiedenen Vereinen im abgelaufenen Jahre. 
die Zahl der Mitglieder ist auf 3922 gestiegen, 
die Zahl der Sammelbüchsen beträgt 2476, die der 
utomaten 229. Bestände aus dem Vorjahre be— 
iffern sich auf M. 4189. 56, die Mitgliederbeiträge 
M. 5205. 213 die gesammelten Cigarrenabschnitte 
rgaben M. 759,14, die Sammelbüchsen M. 
3268. 28, die Automaten M. 3096. 04, sonstige 
rinnahmen N. 9654. 34. Die Gesammiteinnahme 
ür 1882 belief sich auf M. 28,668.95. Aus 
iesen Erträgnissen wurden 2258 Kinder bescheert 
nii einem Kostenaufwande von M. 22,044. Die 
hesammtsumme, welche bis jetzt durch das Sammeln 
er Cigarrenspitzchen, kleinen Münzen u. s. w. von 
)en Verbandsvereinen aufgebracht wurde, beträgt 
M. 76,868, ein Ergebniß, welches in Anbetracht 
er Kleinigkeiten, mit welchen hier gearbeitet wird, 
in hocherfreuliches ist und unendlichen Segen ge⸗ 
racht hat, da bisher 6036 Kinder unterstützt werden 
onnten. Als weitere Sammelobjekte wurden ins⸗ 
esondere fremde Briefmarken, Staniolkapseln, Pa⸗ 
ronen⸗Messinghülsen, Zeitungspapiere ꝛc. empfohlen. 
Als neuer Vorort wurde Barmen bestimmt. 
7 (Carolath.) Im Schulgarten zu Rein—⸗ 
zerg steht ein alter Birnbaum, welcher seit mehr 
ils30 Jahren gelbe Frühbirnen trägt und auch 
n diesem Jahre reich mit Früchten gesegnet ist. 
Aber unter den kleinen gelben Birnen bemerkt man 
zin und wieder schöne rothe Tafelbirnen, noch ein— 
nal so groß als die eigentlichen Baumfrüchte. Früher 
ind dieie Birnen nie auf dem Baume gefunden 
worden, und man vermuthet, daß Bienen von einem 
im Nachbargarten stehenden Tafelbirnbaum Blüt hen. 
taub auf den Frühbirnbau übertragen und so * 
nteressante Erscheinung bewirkt haben. Ob diese 
Erklärung uuseren Pomologen wohl genügen wirde 
Aus Paderborn meldet man folgend⸗ 
oostliche Geschihte „In einem benachbarten Dors 
der Naine desselben thut nichts zur Sache — 
jatte ein Standesbeamter eine Ehe zu schließen und 
zer Sicherheit und der Bequemlichkeit halber daz 
Protokoll im voraus eingetragen. Das Brautpaai 
erscheint, aber zum größten Verdruß des Standes— 
zeainten erklärt der Bräutigam, statt, Ja“ zu sagen 
„Nein, denn he hat wat von der Brut —* 
lles Zureden hilft nichts, das Brautpaar entfernt 
ich wieder. Der Standesbeamte geht ärgerlich im 
immer auf und ab, und simuliert, wie er sein 
Zrotokollbuch wieder in Ordnung bringen soll, was 
zurch die nicht vollzogenz Ehe häßlich verunstaltet 
st. Da tritt zu seiner freudigen Ueberraschung das 
Brautpaar wieder ein. Die Braut hatte dem Bräu⸗ 
igam auf dem Heimwege Vorstellungen gemacht. 
Dat is doch recht slecht von Di, dat Du mi dat 
indauhn hest. Du kriegst woll ne Fra, aber mi 
uimmt nu nach den Schimp keen Minsch.“ Der 
gräutigam wird weich und sie fährt fort: „Wenn 
wi seggen, Du wullst, aber ick wull nich, den kann 
ck doch och'n Mann kriegen.“ Gesagt, gethan: 
das Brautpaar kehrt um und tritt beim Standes⸗ 
heamten ein. Der Bräutigam beginnt: „Ich hew 
ni besunnen.“ „Schön,“ sagt der Standesbeamte 
'aber nun ordentlich: „N. N., wollen Sie diese 
i. s. w. zur Frau?“ „Ja!“ sagt der Bräutigam. 
N! N., wollen Sie diesen u. s. w. zum Mann?“ 
— 
der Bräutigam, aber der Standesbeamte fährt ihn 
an: „Wat seggt is, dat is seggt. Nu schriewt de 
Namens unner.“ 
GBliemchen über das neue Gemäß., 
Da neilich schlumbere ich ä mal so in Dräsen rum 
ind denke in mein Gedanken: De wärscht ämal ä 
Deppchen Bier trinken. Ich gehe also in änne recht 
instaͤndge Wärtschaf nein und bestelle mer ä Glas 
Bairisches. We mer der Kellner das Glas hinsezzt, 
ommt mersch aber so sehr kleene vor, un ich denke: 
ia, der werd sich wohl geärrt ham un hat der 
zloß ann Schnitt gebracht. Ich ruffen also noch 
mal her un sage zum: Härnse, mei Gutster, Se 
zam mer wohl bloß änn Schnitt gebracht, ich hatte 
i Ganzes bestellt. Ei herrjeses, ich denke doch, den 
zat was gesiochen, so ä baar Oogen machte der. 
Dann meent er, ob ich noch nicht wißte, daß mer 
raͤchstens neue Gläser kriegen däten, das wäre schon 
ens dervon, un fe wärn och geeicht. Ich gucke 
ner also das Glas noch ä mal genau an, un rich⸗ 
ig, oben ä Stikchen vom Rande, da steht 0,40. 
xdu meine Gite, das kann hibsch wärn, nun 
riegen mer also in Zukunft statt ann halben Liter 
zloß “s, i da soll doch gleich der Deiwel .... 
za warsch doch friher besser mit unseren alden Glä⸗ 
ern. wo oben das weeche D. iber den Striche stand. 
Na, da kommen mer och wieder ä mal aus'n Rä⸗ 
jen in die Troofe mit so änner neien Errunger⸗ 
chaft. Nun sagen Se mer bloß, mei gutster Hert 
Schnärke, ob das denn och werklich erloobt is, den 
Gästen for ihr scheenes Geld so ä Finkennäppchen 
dinzusetzen, indem de Wärte doch och nich mit 16 
Fengen zufrieden sein vor ä Glas Bairisches? Sähnse 
‚och ä mal zu, ob mer da nichts dhun kenn. — 
Dacauf giebt die Dorfzeitung, der wir Bliemchens 
dlage“ entnehmen, folgende gemüthliche Antwort 
dammer gar nischi ddun. De Wärte därfen sich 
or ihr Bier bezahlen lassen, was se kriegen, bloß 
zerfen se nich s for VYs Liter un dergleichen ver⸗ 
oofen. Der Fall kommt hier aber nich in Frage 
denn Sie ham ja nich en halben Liter. sondern o 
Blas verlangt. 
GDer zerstreute Droschken-Kut⸗ 
scher.) Ein Herr nahm an der Ecke der Koch⸗ 
und Charlottenstraße in Berlin eine Droschke nach 
der Großbeerenstraße, war aber höchst erstaunt, als 
der Kutscher ihn trotz des nicht weiten Weges kreuʒ 
und quer fuhr. Auf seine Ermahnung entschuldigte 
ich der grauhaarige Rosselenker damit, daß ihm so 
vic im Kopfe hecumginge. „Sehen Sie,“ weint 
er, „meine Frau ist mir davon gelaufen; e⸗ is 
die dritte, zwei habe ich schon begraben. Wenn ig 
die driste wenigstens auch begraben hätte dann 
könnte ich mir die vi erte nehmen!“ — Das wan 
sein Kummer. 
FArchangel, 5. August. Bei dem Orlow— 
2deuchtihurm ist ein deutsches Schiff „Hermann