Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Iudheyter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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W 154. 
Volitische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 8. August. Der General-In⸗ 
zekteur der bayerischen Armee, Prinz Luitpold, 
delcher in diesem Jahre verschiedene Abtheilungen 
es II. Armeekorps inspiziten und den Hauptman⸗ 
öbern desselben beiwohnen wird, wird vom 12. 
zeptember ab sein Standquartier in Bamberg 
ehmen und die kgl. Residenz daselbst bewohnen. 
Unmittelbar nach dem Wiederzusammentritt des 
andtages wird Herr Abg. Kopp seinen Austritt 
us dem Finanzausschuß erklären, damit Herr Abg. 
duppert wieder in diesen Ausschuß gewählt und 
um Vorsitzenden desselben (wie in den früheren 
zudgetsessionen) ernannt werden kann. Bei Beginn 
er jüngsten Landtagssession konnte Herr Ruppert 
icht in den Finanzausschuß gewählt werden, weil 
damals aus Gesundheitsrücksichten abwesend war. 
Straßburg, 8. August. Die Elsaß-Loth— 
agische Zeitung veröffentlicht einen Erlaß des 
zZtatthalters an den Staaissekretär, wodurch 
ie von dem Reichstags-Abgeordneten Antonie-Metz 
zabsichtigte Herausgabe einer Zeitung verboten wird. 
m Eingang des Erlasses heißt es: Nach allen 
rundgebungen, mit welchen Herr Antoine seither 
n die Oeffentlichkeit getreten, läßt sich nicht be— 
weifeln, daß die Zeitung, deren Richtung Antoine 
u beeinflussen in der Lage wäre, keinen anderen 
jnteressen als denen des Auslandes im Gegensatz 
u1 denjenigen Elsaß-Lothringens zu dienen bestimmt 
gr 
Berlin, 8. August. Das Armeeberordnungs- 
an veröffentlicht die Verlegung des 83. Bataillons 
6 383. Füsilierregiments von Königsberg nach 
zoldap, des Füsilierbataillons des Regiments Nr. 
5 von Metz nach Loetzen, des Infanterie -Regiments 
t. 98 von Brandenburg nach Metz, des ostpreuß⸗ 
chen Jägerbataillons von Braunsberg nach Allen⸗ 
ein. des Füsilierbataillons des Regiments Nr. 5 
on Kulm nach Deutsch-Ehlau, des pommer'schen 
agerbataillons von Greifswald nach Kulm, des 1. 
sataillos des 14. Infanterie⸗Regiments von Swine— 
nünde nach Greifswald, des 8. Bataillons des 34. 
nfanterie-Regiments von Stetten nach Swinemünde 
nd des pommer'schen Dragoner-Regiments Nr. 11 
ach Bromberg. 
Berlin, 9. Aug. Soeben erfolgte eine Be⸗ 
untmachung, welche die durch den deutsch⸗spani⸗ 
den Handelsvertrag stipulirte Zollermäßigung pro⸗ 
ssorisch und unter Vorbehalt der Ratißcation in 
lraft setzt. Die ermäßigten Sätze des spanischen 
onbentioual-Tarifs auf die deutsche Waareuein 
iht in Spanien und der deuische Zoldltarif nebst 
m dem Vertrage beigefügten Tarif. a. auf die 
danische Waareneinfuhr in Deutschland werden 
*14. August ec. ab Anwendung finden. 
Die Zusammenkunft der beiden 
aifer von Oesterreich und Deutschland, die sih 
elmäßig seit einer Reihe von Jahcen wiererhott 
diesmal schon um deswillen eine höhere Bedeut⸗ 
beizumessen, weil der im Jahre 1879 zwischen 
atschland und Oesterreich abgeschlossene Banbele. 
sag im nächsten Jahre abläuft. Man darf mit 
herheit annehmen, daß der Zusammenkunfi der 
n Herscher, auf deren Einverständniß der Welt⸗ 
* ruht, Verhandlungen vorausgegangen sind, 
die Fortdauer des Bündnisses garantiren. 
Nhes Aufsehen erregt ein Artikel der Verl. Nat- 
welche schreibt, daß das österreichisch-deutsche 
undniß im herflossenen Winter eine Art von Qrisis 
Samstag, 11. August 1883. 
—18. Jahrg. 
bestanden habe. Diese Behauptung ist nicht neu; 
ie war wiederholentlich in deutschen Blättern zu 
esen, ohne daß aber angegeben worden wäre, wo⸗ 
in diese „Krisis“ eigentlich bestanden. Der Pester 
Aoyd, der zuweilen noch für offiziöse Auslassungen 
»enützt wird, nimmt in einem längeren Leitartikel 
Anlaß, dieser Behauptung auf den Leib zu rücken. 
Ddas Blatt erklärt es für völlig unglaubhaft, daß 
»on Seite Oesterreich- Ungarns der Versuch sollte 
gjemacht worden sein, von Deutschland abzuschwen⸗ 
len und sich irgend einer anderen Combination hin— 
ugeben. Es wird dann des Weiteren nachgewiesen, 
daß Oesterreich:, Ungarn kein Interesse haben könne, 
eine Coalition mit irgend einer andern Macht ein⸗ 
zugehen. Der bemerkenswerthe Artikel schließt mit 
den Worten: „Keine Voraussetzungen, unter denen 
das Bündniß zu Stande kam, ist geschwunden, 
»der hat sich geändert und somit ist wohl die An⸗ 
nahme berechtigt, daß auch das Bündniß selbst keine 
Aenderung erleiden werde.“ 
Ausland. 
Wien, 8. August. Die Wiener Abendpost 
hreibt zur Kaiserbegegnung in Ischl: Die Völker 
Zesterreich Ungarns und Deutschlands erblicken da⸗ 
in mit Recht einen erneuten Beweis der aufrich— 
igen Freundschaft, welche beide Regenten und ihre 
steiche innig verknüpft und von ganz Europa als 
nächtige Friedensgewähr mit lebhafteiler Symbathie 
»egrüßt wird. 
Jichl, 8. Aug. Der Kaiser von Oesterreich 
uhr dem deutschen Laiser bis Ebensee entgegen, 
vo eine sehr herzliche Begrüßung Statt fand. 
dierauf erfolgte die gemeinschaftliche Weiterreise nach 
Ischl, woselbst fie präzis 12 Uhr in dem reichbe— 
laggten Bahnhofe ankamen und von der Kaiserin 
khisabeth empfangen wurden. Die Kaiserin 
uhr mit dem Kaiser Wilhelm bis zu dem Hotel 
Elisabeth. der Kaiser von Oesterreich mit dem 
PBrinzen Reuß. Längs des Weges vom Bahnhofe 
dis zum Hotel bildeten riesige Menschenmassen 
Spalier und brachten stürmische Hochrufe dar. 
Jichl, 8. August. Nachmitlsags um 3 Uhr 
var Galladiner, wzzu Kaiser Wilhelm von 
dem Kaiser von Oesterreich abgeholt wurde. Um 5 
Ahr folgte eine gemeinschaftliche Spazierfahrt nach 
Laufen. Um 7 Uhr findet eine Festvorstellung durch 
das Balletkorps der Wiener Hofoper statt. Der 
dronprinz von Portugal wird Abends 6 Uhr hier 
erwartet. 
London, 9. August. Der Nihilist Hartmann 
ind der französische Communist Dubois sind aus 
Baris hier angekommen. Dieselben treffen Vorbe— 
eitungen für einen im Laufe des Monats Sep⸗ 
ember in London abzuhaltenden internationalen 
Socialisten⸗Congreß. 
Madrid, 8. August. Die Generale Ser⸗ 
ano, Lopez und Dominguez und andere 
Heitglieder der Linken protestirten gegen die Revolte 
inn Badajoz und stellten sich der Regierung zur Ver⸗ 
ügung. General Blanka begann bereits die Unter⸗ 
uchung. Der Präfekt will ermittelt haben, von 
zorilla abgesandte Emissäre hätten den Aufstand 
ingezettelt. 
Petersburg, 6. August. „Raus mit den 
Deutschen!“ wurde den Berliner Domchorsängern 
nuch bei ihrem zweiten Auftreten in Pawlowsk zu⸗ 
jerufen. Besonders sollen sich ein paar Offiziere 
ind einige Gymnasiasten, welche sich mit Metall⸗ 
Ffeifen bewaffnet hatten, bei dem Scandal ausge⸗ 
eichnet haben. Mehrere Personen wurden zwar 
»qleich, als der Lärm sich erhob. von der Polizei 
ergriffen und abgeführt, aber die meisten auch eben 
io schnell, d. h. sobald sie im Freien waren, wie— 
der laufen lassen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. In gbert, 10. August. Wie wir ver— 
iehmen, findet die Bewirthung der hiesigen Knapp— 
chaft am diesjährigen Allerhöchsten Geburts- und 
stamensfeste in den Wirthschaftslokalitäten der 
Herren Baumann und Horst. 
e Ensheim, 9. August. Viktualienmarkt, 
Fier per Dutzend 70 Pfg. Butter per 2 Kilo 
1,10 Mk., Kartoffeln per 50 Kilo 2,70 Mtk., 
Weißkraut und Blumenkohl durchschnittlich 15 Pfg. 
der Kopf. 
— Alschbach, 8. August. Gestern Nach— 
nittag braunten Wohnhaus, Scheuer und Stall 
des Schreiners Spon von hier vollständig nieder. 
Mobilien und Haus sind versichert. 
— In Imsweiler ertrank im Mühl⸗Teiche 
das vierjährige Mädchen des Tünchers Heinrich 
Schuler von dort. 
— Homburg, 8. August. Sonntag den 
19. August wird das Missionsfest in der prote— 
stantischen Kirche dahier abgehalten. 
— Aus Zweibrücken wird dem „Pf. K.“ 
geschrieben: Sicherem Vernehmen nach soll dem⸗ 
nächst der vor circa 22/0 Jahren gegen den früheren 
Direktor der Actienbrauerei Tivoli dahier wegen 
Bilanzfälschung anhängig gemachte Prozeß bei dem 
k. Landgerichte zum Austrage kommen. Es würde 
manchem Leser 8 geschätzten Blattes angenehm 
sein, wenn er in demselben vielleicht den Tag der 
Berhandlung erfahren könnte, da bei derselben viel 
leicht manches Interessante und bis jetzt nicht Be— 
kannte zu hören wäre. 
— Man schreibt der „Saarbrücker Zeitung“ 
aus dem zwei Standen von Saargemünd entfernten 
pfälzischen Dorfe Bliesmengen: Heute wurde 
ein Cholerakrankheitsfall dahier konstatirt. 
Ein verheiratheter Mann, im benachbarten Neun— 
tirchen in Arbeit stehend, liegt schwer krank darnieder; 
ex wird von Herrn Dr. Schäffer aus Saargemünv 
»ehandelt; Vorsichtsmaßregeln sind getroffen Der 
Erkrankte wurde eben mit den Sierbsakramenten 
»ersehen. — Betreffs vorstehender Mittheilung hat 
die „Saarbrücker Zeitnng“ sich an Herrn Vr. 
Zchäffer in Saargemünd gewendet und von dem— 
elben in freundlicher und dankenswerther Weise 
tolgende Auskunft erhalten: „Die Nachricht ist in⸗ 
ofern richtig, als es ein ganz ausgeprägter Fall 
der Cholera nostras war, der bereits mit Waden— 
trämpfen, Krämpfen in den oberen Extremitäten 
und den charakteristischen Reißwasserstühlen komplizirt 
war. Kalter Schweiß bedeckte den Kranken, der 
am ganzen Körper eisig kalt war, keinen Puls mehr 
jatte und bei dem die Urinsekretion gänzlich sistirte. 
In diesem Stadium sind Choloera nostras und 
Molera asiat. sehr ähnlich. Das Haus, welches 
der Patient bewohnt, ist feucht, klein, niedrig, fast 
»hne Dielen am Boden; dicht nebenan Stau und 
Dunggruben, dicht oberhalb feuchte Wiese. Da⸗ 
ieben der Diätfehler.“ — Der „Saargemünder 
Zeitung“ zufolge ist die Nachricht vollständig er⸗ 
funden. Allerdings sei in dem Doekfe ein Mann 
unter großen Schmerzen gestorben; derselbe hatte 
ich jedoch durch übermäßiges Essen — 3 Pfund 
Kartoffelbrei, nicht gerechnet Brod und Speck — 
den Tod geholt. Mag nun der Berichterstatter 
der „Saarbr. Ztg.“ oder derjenige der „Saargem. 
3tg.“ recht haben. Anlaß zur Veunruhigung diea