Full text: St. Ingberter Anzeiger

nicht im geringsten vor, da vereinzelte Fälle von 
polera nostras in jedem Sommer vorkommen. 
Argübelberg, 8. August. Wie uns mit⸗ 
zetheilt wird, erschiug gestern eine einstützende 
Jiebelmauer einen 7jährigen Knaben von hier. 
Der Tod sei sofort erfolgt. (Kais. Ztg.) 
Sgaiserlautern. Die Loose zur Ziehung 
unserer zweiten Kirchenbaulotterie solen dem Ver⸗ 
nehmen nach in ca. 14 Tagen zur Verausgabung 
gelangen. Die Ziehungsmodalitäten sollen wesent⸗ 
auͤch geandert sein. Auch soll eine größere Geld— 
jumme zur Verloosung kommen. Als Ziehungs⸗ 
lag ist der 31 Januar 1884 festgesetzt worden. 
— In dem Dorfe Adenbach (Gei Odenbach) 
ereignete sich nach der Pf. Pr. am Mittwoch ein 
ehr bedauerlicher Unglüdsfall. Das 12jährige ein⸗ 
zige Söhnchen des Ackerers Joh. Jat. Zeick von 
ert hütete zwei Kühe und befestigte sich dabei den 
deitriemen der einen Kuh am Halse. Plotzlich wurde 
zie Kuh scheu, rannte davon und schleppte so den 
irmen Knaben eine große Strece mit fort. Als 
das Thier zum Stehen gebracht wurde, war der 
dnabe bereits tod. 
Vom Reustadter Turnfeste sind 
leider zwei Unglücks fälle zu melden, indem ein 
Kaiserslauterer Turner, der Lithograph Hr. Har⸗ 
dung, sich beim Turnen am Reck eine starke 
Armpberrenkung zuzog, — und der Grenadier 
Bertsch vom Mannheimer Grenadier⸗Regiment 
heim Abspringen von dem auf dem Festplatze ·be⸗ 
indlichen Velozipedenkaroussel einen zweimaligen 
Unterschenkelbruch erlitt. 
gfuhardt, 7. August. Der erst seit 14 
Tagen verheirathet gewesene hiesige Bürger Phil. 
Benz erschoß sich gestern Mittag 12 Uhr in 
eimnem Garten. Als Motir der That bezeichnet 
man Reue bei dem Manne, der eines kleinen 
Zwistes wegen ein schon lange Jahre unterhaltenes 
Fiebesverhältniß plötzlich löste und sich Knall und 
Fall mit seiner jetzt ins Unglück gestürzten Wittwe 
derheirathete. 
Sypeyer, 7. August. Die hiesige Wasser⸗ 
leitung verwandelt sich in eine Aktiengesellschaft; 
der Stadt sind dabei bis zu 50,000 M. Aktien 
200 M. (das ganze Aklientapital beträgt 420, 000 
M.) angeboten. Der Stadtrath überwies am 6. 
d. das Offert an seine Finanzkommission. 
8udwigshafen, 8. August. Der Gene⸗ 
calagent F. Heckel, dormals W. Ruélius, 
hier wurde in der letzten Schöffengerichtssitzung 
vpegen 8 Verletzungen des Auswanderungsgesetzes 
u je 10 Mk., also zu einer Gesammigeldstrafe 
‚on 80 Mk. und zur Zahlung der Gerichtskosten 
verurtheilt. 
Vermiĩichtes. 
sy— Die Einziehung der 20.Pfennig· Stücke. In 
der kgl. Munze zu münchen, in welcher seit ge⸗ 
raumer Zeit die Arbeiten fast gänzlich ruhten, wer⸗ 
den gegenwärtig 421,000 Mark in 20⸗Pfennig⸗ 
Stucken welche in Norddeutschland aus dem Ver⸗ 
sehr eingezogen wurden, je zur Hälfte in Zwei⸗ 
ind Einmaristücke umgeprägt. Das zu erzielende 
Resultat beträgt nach Abgang der Schmutzprozente 
16,000 Mark. 
p Neunkirchen, 8. August. Gestern Abend 
Jegen halb 9 Uhr tödtete sich im königlichen Forst⸗ 
ʒistrikte „Birkum“, Bann Kohlhof, der ca. 25- 
ährige unverheirathete Tagelöhner Philipp Buchholz 
aus Merschbach in der Pfalz mittelst eines Revolvers 
durch einen Schuß in den Kopf. Heute früh wurde 
die Leiche von Einwohnern aus Plantage aufge⸗ 
unden. Motive, welche den jungen lebensmüden 
Mann zu dieser unseligen That getrieben haben, 
ind nicht bekannt. (Saar⸗ u. Bl.⸗Ztg.) 
4 Auf den sämmtlichen 9 königl. preußischen 
Steinkohlengruben des Saarreviers kamen im Be⸗ 
riebsjahre 188211883 42 Unglücksfälle mit tödt⸗ 
ichem Ausgange vor, welche sich nach ihren Ur—⸗ 
achen folgendermaßen zusammensetzen: durch Stein⸗ 
all 28, bei der Schießarbeit 4, üͤber Tage 4, in 
Bremsbergen 2, in Schächten 2, durch schlagende 
Wetier 2. Bei einer Belegschaft von durchschnitt⸗ 
lich 23,786 Mann entspricht diese Zahl einem Satze 
pon 1,76 auf je 1000 Mann, ein Verhältniß, das 
als günstig bezeichnet werden muß, denn auf je 
1000 Mann der durchschnittlichen Belegschaften 
amen Verunglückungen mit tödtlichem Ausgange 
m Jahre 1869: 2,38; 1852: 1,913; 1876: 
64, 1877: 1,777; 1878: 1,79; 1879: 2,52; 
880: 1,91; 1881: 1,77 und im Jahre 1882; 
76, wonach das abgelaufene Jahr 1882383 also 
uur von dem noch günstigeren Jahre 1876 über⸗ 
roffen wird. Bei dem außerordentlich gefahrvollen 
gerufe des Bergmannes, der unausgesetzt von tück— 
schen Gasen, von Wasser und Steinfall bedroht 
it, wird es ja leider niemals ohne Unglücksfall hergehen 
onnen; aber ein Blick auf die verhältn ißmäßig 
zünstigen Zahlen gibt doch auch dem Laien die Ueber⸗ 
eugung, daß Alses, was menschenmöglich ist, zur 
Zicherung und Wahrung von Leben und Gesund⸗ 
jeit beobachtet wird. 
Aus Karlsruhe wird der „Frankf. Ztg.“ 
ein Vorfall gemeldet, der, wenn auf einer That⸗ 
ache beruhend, geeignet wäre, auf die dortigen 
zustände ein eigenthümliches Licht zu werfen. Ein 
junge hatte am Syldesterabend einen „Schwärmer“ 
osgelassen und wurde deshalb resp. dessen Eltern 
nii8 Mark in Stwafe genommen. Die Strafe 
purde gegen Quittung bezahlt. Am 28. Juli nun 
vurde der jugendliche Missethäter, der krank zu 
gette lag, in Abwesenheit der Eltern von einem 
dolizeisoldaten in aller Herrgottsfrühe aus dem 
Zette geholt, dem Herrn Amtmann vorgeführt, und 
on diesem ihm eroffnet, daß er, da die ihm diktirte 
Strafe noch nicht bezahlt sei, auf dierundzwanzig 
ztunden brummen müsse. Kurze Zeit darauf 
chlossen sich die Thüren des Gefängnisses hinter 
»em Delinquenten. Man kann sich die Angst und 
den Jammer des Kleinen denken, ebenso die Ueber⸗ 
raschung der Eltern, als fie, heimgekehrt, ihr 
rind nicht mehr fanden und von Nachbarn dessen 
Zchicksal erfußren. Natürlich reklamirte die Mutter 
ofort das Kind, das ihr jedoch nur gegen Vor⸗ 
eigung der Strafquittung herausgegeben werden 
'ann. Da sie diese nicht gleich vorfand, ließ sich 
zie geängstigte Mutter auf dem Steueramt ein 
Duputat derselben ausstellen, was auch anstands- 
os geschah, und jetzt erst wurde der Kleine frei⸗ 
gegeben. 
pNierstein, 5. August. Ein schredlicher 
Borfall hat sich gestern Nachmittag hier ereignet. 
der Verwalter Sch. eines einer Mainzer Wein⸗ 
Jandlungsfirma (L.) gehörigen Weingutes betraf 
inen neunjährigen Knaben Namens Elbing auf 
inem Baum Uepfel herunterwerfend, ein Fall, 
velcher sich fast täglich wiederholt hatte. Hierüber 
gerieth Sch. in so furchtbare Aufregung, daß er 
em Knaben nacheilte, ihn erfaßte, an Kopf und 
Füßen hoch hob und ihn mit solcher Kraft nieder⸗ 
varf, daß der Junge besinnungslos liegen blieb. 
Fr wurde nach Hause gebracht, wo alle Mittel des 
Arztes vergebens versucht wurden; nach einigen 
Stunden starb der Mißhandelte. Sch. stellte sich 
ioch am Abend der Behörde. Er ist über seine 
That außer sich und nur durch das Dazwischentreten 
einer Frau wurde verhütet, daß fich Sch. erschoß. Heute 
Bormiltag um 10 Uhr fand in Gegenwart des 
— 
Kachmittags 8 Uhr unter zahlreicher Betheiligung 
die Beerdigung statt. 
F.Goörlutz, 6. August. Angesichts seiner 
Familie und einer großen Menschenmenge ertrank 
jestern Nachmittag beim Uebrefahren über die Neisse 
zie infolge hohen Wasserstandes eine ungewöhnliche 
S„trömung hat, der Weinhändler und Glashütten⸗ 
desitzet Julius Neubauer von bier, eine auch in der 
Pfalz und im Rheingau wohlbekannte Perfönlich⸗ 
leit. Auf einem Spaziergange mit Frau und 
Zindern und Enkelkindern wollte er bei dem Via— 
zuct überfahren, doch gerieth der vollbesetzte Kahn 
in das Wehr. Um den Kahn zu erleichtern, sprang 
Neubauer heraus, wurde aber von den Wellen fort⸗ 
—— 
her Kahn mit seinen übrigen Insassen glücklich über 
zas Wehr hinabfuhr. Wiederbelebungsversuche, die 
‚on einem Arzt sofort angestellt wurden, waren 
»ergeblich. Der so plotzlich einem großen Wirkungs⸗ 
reise Entrissene hat sich seinerzeit um die Einführ⸗ 
ing der Pfälzer Weine in Görlitz verdient gemacht 
ind seine Weinstube „Zur engen Weste“, wie sie 
m Volksmunde hieß, versammelte in den sechziger 
Jahren die erprobtesten Weintrinker. 
4 In Berlin sind einem durchreisenden Ju⸗ 
tizrath am Sonntag Abend gegen 10 Uhr im 
droll'jchen Theater nach Schluß der Vorstellung 
16000 Mk., welche sich in einer Brieftasche be— 
tanden, aus der Brusttasche seines Ueberrockes ge— 
tohlen worden. Das Geld bestand aus 13 Ein— 
ausend⸗Markscheinen, mehreren Fünfhundert- und 
Funfzig-Markscheinen und 2 Depositenscheinen der 
keichsbank. 
4 Eine sonderbare Wette wurde am Mittwoch 
n Berlin zum Austrag gebracht. Der Bäcker— 
meister F. hatte sich verpflichtet, 48 Stunden lan 
ununierbrochen und ohne auszuruhen mit sich san 
Billard zu spielen. Natürlicherweise war das zut 
Durchführung dieser interessanten Wette bestimmne 
Restaurant Tag und Nacht von Gästen voll ß 
daß der Wirth dabei das beste Geschäft macht⸗ 
Die Menge der Gäste staunte sich aber geradesu, 
als die Weite zu Ende ging und der Urthalssprug 
der Unparteiischen, die selbstredend mit einanden 
abgewechselt hatten, erfolgte und der allerdings etwat 
zespensterhaft aussehende Bäckermeister als Sieger 
derkündet wurde. Ein mächtiger Kranz von bunen 
Beorginen, an welchem eine rothseidene Börse mit 
100 M. hing, belohnte den heroischen Bäckermeistet 
doch will derselbe, wie er eorklärte, und wenn b 
ausend Mark damit gewinnen könnte, in seinem 
Leben keine solche Wette mehr eingehen. 
F (Ein altes Lied mit neuer Ver— 
sion.) In Berlin liest man folgende „zeitgemäße“ 
Version von Simon Dach's schönem Liede: „Aenn⸗ 
hen von Tharau ist's, die mir gefällt, spielt nicht 
Piano, ist hübsch und hat Geld.“ 
F Die Preisbewerbung für Ausstattung 
einer kleinen Wohnung mit Möbeln ist vom Ma 
zistrat zu Berlin ausgeschrieben werden. Aufgabe: 
Ausstattung einer aus Wohnstube, Schlafstube und 
Züche bestehenden Wohnung mit dauerhaften und 
»er Form nach gefälligen Möbeln zu einem billigen 
Preise. Anmeldefrist 1. Oktober. Bedingungen 
m Bureau der Gewerbe⸗Deputation im Köolnischen 
sathhause Zimmer Nr. 1, zu haben. 
F Die Zahl der Lokouotiven, welche am 
S„chlusse des Jahres 1881 auf den gefammten 
zeutschen Eisenbahnen vorhanden waren, betrug 
10869; von ihnen waren 10339 von deutschen 
ind 580 von ausländischen Fabriken geliefert. 
Anter andern wurden von Borsig bezogen 2345 
Stück, von Maffei 966, von der Hannoverschen 
dokomotivfabrik 939, von Henschel und Sohn 871, 
on der sächsischen Maschinenfabrik 768, von Vul— 
an in Stettin 755, von der Maschinenbaugesell⸗ 
chaft Karlsruhe 638, von Eßlingen 634, von 
Wöhlert 629, von Schwartzkopff 574, von Krauß 
278. Außerdem wurden in einigen Werkstätten 
der Bahnen 241 Maschinen gebaut. Von den ein⸗ 
zeführten Lokomotiven stammen 286 aus Oester⸗ 
teich, 193 aus England 51 aus Belgien. 
F Der große Gotthardtunnel ist laut 
„L. T.“ nun doppelspurig fertig gestellt und es 
treuzen sich seit einigen Wochen täglich sechs Zuge, 
darunter die Mittagsschnellzüge in demselben. Auch 
der neue Bahnhof von Göschenen, ein stattlicher 
Bau, rückt seiner Vollendung entgegen. 
F Eine abenteuerliche Luftschiff— 
fahrt.) Zwei französische Luftschiffer, welche am 
Freitag in Versailles aufstiegen und gegen Paris 
zu fahren wollten, sind am Samstag Abend in — 
Woodgreen bei London gelandet! Sie stiegen 
zu einer beträchtlichen Höhe, wurden von einer 
Luftstromung erfaßt und zuerst gegen Westen ge⸗ 
rieben, wo sie sich über den Pyrenäen fanden. Die 
deimath Atta Troll's schien ihnen wenig einladend 
sum Niederstieg; sie beschlossen daher sich weiter 
nach dem Lande treiben zu lassen, „wo die Citro⸗ 
nen blühen“; der Wind wechselte aber und sie be⸗ 
'anden sich bald über dem Meer. So flogen sie 
die ganze Nacht fort. Gegen Morgen begann der 
Zallon plötzlich zu sinken und sie retteten sich nur 
durch das Üeberbordwerfen alles Ballastes und aller 
Instrumente ꝛc. Der Ballon erhob sich, so er⸗ 
eichtert, wieder zu einer namhaften Höhe und gegen 
Miltag erblickten die deiden Luttschiffer Land. Um 
3 Uhr flogen sie schon über eine Stadt weg — 
vahrscheinlich Portsmouth — und einige Stunden 
pater waren sie in London. Die Herren gedenken 
vieder per Ballon nach Frankreich zurückzureisen. 
x. Eine eigene, freilich etwas kostspielige Arh, 
ich die Wiedererlangung seines Mandats zu sichern, 
erzählt man sich von einem französisch en Depu 
irten. Derselbe hatte sich in seinem Wahlbeʒir 
jor den einflußreichsten seiner Wähler in einer 
außerordentlich schmeichelhaften Rede soeben verab⸗ 
chiedet. Da heißt es: „Wie? Sie wollen un⸗ 
»erlassen, und warum?“ — Ich fürchte, das Ver⸗ 
rauen meiner Wähler nicht mehr zu besitzen, — 
— „Bah, wier hat Ihnen das weiß gemacht?“ 5 
„Nun, ich wette 8000 Francs, ich falle bei den 
nächsten Wahlen durch.“ — „Topp! schrieen r 
'ünf, zehn Stimmen entgegen, „die Wette gin 
— Ich halte sie gegen alle Zehn!“ erwiderte — 
ute Deputirte. Er verlor seine 30000 Francs. 
bher — er war wiedergewählt.