»“ Zugberter Atzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1“A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 75 H, einschließlich
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1588.—
Donnerstag, 16. August 1883.
18. Jahrg.
Politische Uebersicht. Sodtale und pfälzische Nachrichten.
3 *St. Ingbert, 16. August. Vor einigen
Deuntsches Reiqh. Tagen fibitzte sich das 10jährige Söhnchen eines
München, 14. August. Die Ministerialent- hiefigen Bergmannes in Abwesenheit seiner Eltern
gliezung auf die Beschwerde der Gemeindecollegien einen Theil von dem Pulvervorrath, den sich sein
reffs der Simultanschulen lautet abweisend, jedoch Vater zum Gebrauche bei der Grubenarbeit aufbe—
vird dem cventuellen Beschwerdeantrag auf Um-— wahrte, um damit mit einigen Kameraden ein sogen.
randlung zweier (von 4) Simultanschulen in Con- Spautzmärnchen loszubrennen. Als dasselbe nicht
— elingen wollte, wurde mit Blasen nachgeholfen.
die wichtigste politische Neuigkeit ist die von der dabei entzündeie sich plötzlich das Pulver und die
inftunft des englischen Kardinals Howard, in Flamme verbrannie dem' haffnungsvollen Jungen
ziisingen am 11. August. Die Ankunft geschah recht empfindlich, jedoch nicht gefährlich, das Gesicht.
n strengsten Inkognito. Der Kardinal kam von doffentlich ist der kleine Deunkzeitel für ihn und
ngland. Der Umstand, daß er von dem Grafen Seinesgleichen eine Warnung, von ähnlichem leicht-
wilhelm Bis marck am Bahnhofe empfaugen innigem Beginnen in Zukunft abzulassen.
ourde, läüt auf die Vermuthung schließen, daß Se. *St. Ingbert 16. August. Das gestern
zminenz beauftragt ist, mit dem deutschen Reichs- Nachmiltag im Gebr. Becker'schen Garten von der
lanzler als preußischen Minister Unterhandlungen Mufik des 7. Westphälischen Dragoner- Regiments
u führen. Auch Graf Herbert Bismarck, des usgeführte Konzerr war ziemlich zahlreich desucht.
ianzlers ältester Sohn, ist (am 12.) in Kissingen die einzelnen Piecen des sehr reichhaltigen und
ngelroffen. jut gewählten Programmes wurden von der flotten
Hamburg, 14. August. Dem „H. C.“ wird Reitermusik sehr praͤzis durchgeführt und wurde den
iß Kiel gemeldet: Auf dem Howaldt'schen Wirft, refflichen Leistungen zu wiederhollen Malen lebhafter
woselbst s. J. der „Sokrates“ und „Diogenes“ ge- geifali zu Theil Vie Kapelle hatte die Freund-
uut wurde, werden für China zwei große, bes ichleit, dem Programme noch mehrere Stücte zuzu⸗
onders rasch laufende Dampf⸗Korvetten ge⸗ eben, die aber zum Theil des eingetretenen Regen⸗
wut. Die Ueberwachung des Baues soll seitens detters wegen in den Wirthslokahtäten im Hauie
er chinesischen Regierung einem bekannten höheren um Vortrage gelangten.
autjchen Marineoffizier a. D. übertragen sein. — Auf das von dem Vorstande des pfälz.
Berlin, 15. August. Bei der Taufe des dreislehrervereins auf Antrag mehrerer Bezirkslehrer⸗
weiten Sohnes des Prinzen Wilhelm dereine (in erster Linie des Bezirkslehrervereins Blie s⸗
ertreten, wie verlautet, Pathenstelle: Der König astelSt. Ingbery) im Namen des Kreis⸗
on Rumänien, der Kronprinz und die Kronprin- uusschusses bei hoher igl. Regierung eingereichte
esin von Schweden, der Herzog und die Herzogin Besuch um Erhöhung der Lehrerpensionen, wurde
ion Edinburg, der Prinz und die Prinzessin Christian durch Reg.-Resiript vom 1. August erwidert, daß
ron Augustenburg, der Fürst Karl von Hohenzollern die Verwaltungskommission der Schullehrer⸗Pensions⸗
ind die Herzogin Adelhaid von Schleswig⸗Holstein. anstalt die Erhöhung der Lehrerpensionen aus Mitteln
des Pensionsfonds bereits beantragt hat, und daß
zum Zwecke der Vorlage dieses Antrages an den
Landrath die erforderlichen Schritte eingeleitet sind.
— Der Prozeß gegen den ehemaligen Direltor
her Aktienbrauerei Tivoli in Zweibrücken wegen
Aufstellung einer falschen Bilanz wird am 16.
Oktober zur gerichtlichen Verhandlung kommen.
— Von der Rodalb, 14. August. Ein
Seitenstückchen zu der Bergzaberner Spionier-
geschichte spielte fich dieser Tage im Bezirk
Pirmasens ab. Ein von der obersten Bergwerks⸗
hbehörde in München beauftragter und von dem
Ministerium des Inneren gut legitimirter Professor
der Geognostik saß am letzten Samstag arglos auf
einem Stein auf der nach Windsberg (Gemeinde
Nünschweiler) führenden Straße und notirte etwas,
ils ein Feldschütze und ein Bauersmann hastig auf
hn zukamen und ihn anriefen: „Was notiren Sie
da?“ Der Herr, schon verstimmt durch den ihm
im frühen Morgen in seiner Wohnung zu Bieber⸗
nühle zu theil gewordenen Besuch eines Gendarmen
bdon Pirmasens, der mit aufgepflanztem Bayonnet
Legitimation verlangte, entgegnete den beiden Neu⸗
zierigen: „Was geht das Sie an? Das kann
Ihnen ganz gleichgiltig sein.“ Der Feldschütz er—⸗
lärte hierauf unseren Professor für verhaftet und
jorderte ihn auf, sofort mit nach Windsberg zu
gehen. Einsehend, daß jeder Aufklärungsversuch
erfolglos wäre und mit Gewalt erwidert würde,
ergab sich der Arretirte seinem Schicksale. Seine
ministerielle Legitimation hatte er zu Hause gelassen
und seinen geognostischen Karten schenkten die Ar—
restirungseifrigen keinen Glauben. Unterwegs brachte
er Gefangene endlich doch heraus, daß er in der
ganzen Gegend für einen Spion in der Gestalt
ines französischen Offiziers gehalten wurde und
Ortsvorsteher mündlichen Auftrag gegeben haben,
—XDO
venig einladende Wirthsstube geführt, mußte er,
in Tabaksqualm und Schnapsgeruch förmlich einge—
yüllt, einige Stunden warten, bis der Ortsadjunkt
on auswärts heimgeholt war. Letzterer, froh, den
Spion in Windsberger Händen zu wissen, war
gegen jede Aufklärung unzugänglich und verfügte.
»aß der Verhaftete in's Arrestlokal zu verbringen
ei, und die kgl. Gendarmerie anderen Tags von
»em Fang in Kenntniß gesetzt werden solle. Gegen
iese rücksichtslose Ausdehung seiner Gefangenschaft
protestirte der Professor denn doch energisch und
drohte zum Fenster hinaus zu springen, wenn er
aicht sofort unter derselben Eskorte nach Pirmasens
zeführt werde. Unser Adjunkt verstand aber noch
veniger Spaß und flugs ließ er alle Fenster be⸗
»tzen und postirte sich, aacheem er noch rasch einen
kxpreßboten nach Pirmasens geschickt, um die Gen⸗
darmerie von der beabsichtigten Flucht des Arrestanten
zu verständigen, persönlich vor die Thür. In dieser
Stellung verharrten die Wachen, jede Bewegung
des Eingekeilten, in der Absicht eiwas frische Luft
zu schöpfen, mit dem Rufe unterdrückend: „Geb'n
Acht, alleweil will er zum Fenster n'us. Ein Dreh⸗
)rgelmann kam noch dazu und ganz Windsberg
tromte zum Wirthshaus, den Spion mit neugie⸗
rigen und erstaunten Blicken zu betrachten. Endlich
nach langen Stunden des Wartens kam bewaffnete
Macht. Zwischen aufgepflanzten Bayonneten und
in Begleitung einiger Windsberger lenkte der Ge⸗
lehrte seine müden Schritte der Gendarmeriestation
zu, wo sich der Irrthum durch Vermittelung des
gl. Bezirksamtes zur allgemeinen Heiterkeit aufklärte
ind die Windsberger enttäuscht heimkehrten.
— Für Weilerbach und Umgegend wurde
fürzlich ein landwirthsch. Konsum-Verein ins Leben
zerufen; derselbe zählt bereits über 60 Mitglieder.
— In Kaiserslautern hat eine größere
Dekonomen-Versammlung aus der dortigen Gegend
die Gründung einer Molkerei-Genossenschaft be—
chlossen.
— Edenkoben, 9. August. Der Stadtrath
von Edenkoben hat vor mehreren Jahren beschlossen,
venn der 2. September auf einen Sonntag fällt,
mmer 100 fl. zu einer Sedanfeier zu bewilligen.
Dieser Fall tritt nun dieses Jahr ein und hat daher
der Kriegerverein beschlossen, die Enthüllung einer
Gedeuktafel für die im Jahre 1870 71 gefallenen
Bürger aus Edenkoben mit der Sedanfeier zu ver⸗
dinden. Die Tafel wurde von den Herren Gebrüder
Bienanth aus Eisenberg gegossen und es ist dieselbe
sehr schön ausgefallen und wird eine Zierde für
insere Stadt werden.
— Zu der vor einigen Tagen zu Ende ge—
gangenen Aufnahmeprüfung in das katholische Schul⸗
lehrerseminar zu Speyer hatten sich 49 Präpa⸗
randen angemeldet. Als ein Beweis dafür, daß
man jetzt, wo der Lehrermangel in der Pfalz fast
Jededckt erscheint, die Aufforderungen höher zu schrauben
ür angezeigt hält, mag der Umstand gelten, daß
in der Prüfung 13 durchfielen.
— Aus der Pfalz berichtet die „Sp. Z.“:
Häufig kommt es auf dem Lande noch vor, daß die
Einträge in's Civilstandsregister in Abwesenheit des
Standesbeamten vorgenommen werden und dieser
gelegentlich seines Unterschrift der Urkunde brifügt;
s ist jedoch dieses Verfahren nach dem Gesetze
trafbar. In mehreren zur Anzeige gelangten Fällen
Ausland.
Wien, 14. August. Nach hier soeben einge⸗
ingenen Nachrichten liegt Chambord im Sterben,
o daß stündlich die Kunde von seinem Tode er—
attet wird. Eine Anzahl von Legitimisten, auch
ur Graf von Paris sind bereits nach Frobsdorf
erwegs.
London, 14. August. (Derzweite Suez⸗
nal.) Von den Verhandlungen mit der Suez⸗
aalgesellschaft behufs Anlegung eines Parallelka—
us ist es wieder ganz stiu geworden. Dagegen
neldet das Liverpooler Handelsblatt, im Verlaufe
n nächsten Tage werde in London eine Versamm⸗
adgehalten werden, um das Project für den
u eines neuen, gänzlich unter britischer Controle
thenden Canals durch die Landenge von Suez zu
wägen und zu fördern. Die conservativen Führer
unn ihne Unterstüßzung für dieses ihnen sympa—
tische Unternehmen zugesagt; die ganze Augelegen⸗
it wurde aber nicht ais Parteisache berrachtel.
J beweist, daß man sich in den englischen Han—
nlteisen bei der Zurückziehung des Verirags mit
v. Lesseps nicht beruhigen, sondern die Ca—
roge auf eigene Fauft losen wili
Madrid, 14. August. Der König hielt
en eine Truppenrevue ab, bei welcher er ent⸗
is begrüßt wurde. Er tritt demnächst eine
mwreie nach Valladolid, Valencia, Saragossa,
na und Vittoria an und schifft sich dann in
un nach Havre ein, von wo eer sich über Paris
Deutschland und Oesterreich begiebt.
WMadrid, 14. August. Die Ruhe ist überall
sSpanien hergestell⸗