ↄt. Ioheyter Atzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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ziͤtt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 40 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen LM 75 H, einschließlich
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M 162. IJ Dienstag, 21. August 1883.
—18. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 19. August. Die „Nordd. Allgem.
ztg.“ schreibt: Die falsche Zeitungsnachricht über
jne Zusammenkunft des Cardinals Howard und
es Reich skanzlers ist von uns bereits richtig
zestellt. Beide Herren haben niemals in ihrem
eben eine Begegnung gehabt und kennen sich nicht
inmal von Ansehen. Wir bemerken dies noch aus⸗
rücklich, weil wir voraussehen, daß bei der Hart⸗
äckigkeit, mit der diele Blätter daran festhalten,
in einfacher Widerspruch gegen die angeführten
alschlichen Thatsachen doch nicht genügen wird, um
zre Leser zu überzeugen, daß sie im Irrthum sind.
iuch eine Reise des Ministers von Goßler nach
rissingen hat weder stattgefunden, noch ist sie je—
nals in Aussicht genommen.
—XXX—
autel, nach beendeter Kur sich von Kissingen direkt
ach Friedrichsruhe, also nicht nach Gastein begeben.
Potsdam, 19. Augusi. Die Tauffeierlich-
eiten des am 7. Juli d. J. geborenen zweiten
zohnes Sr. königlichen Hoheit des Prinzen Wil⸗
elm hat in Gegenwart der höchsten und allerhöchsten
errschaften, sowie der geladenen fürstlichen Gäste
tattgefunden, der neugeborene Prinz erhielt die
damen Wilhelm, Eitel, Friedrich, Christian, Karl.
In der nächsten Reichstagssession sollen bezüg⸗
ich dr Masz⸗e und Gewichts⸗Ordnung
lbaänderungsvorschläge eingebracht werden. Es wer⸗
en nicht unerhebliche Abänderungen beabsichtigt,
belche an der Hand der praktischen Erfahrungen
ich als unabweisbar bewiesen haben sollen. Es
dird beabsichtigt, die deutschen Größenbezeichnungen
ils Centner, Pfund, Neuloth, Scheffel u. s. w.)
u beseitigen und die öffentliche Anwendung dieser
Jezeichnungen unter Strafe zu stellen. Die doppelte
jezeichnung soll vielfach zu Verwechslungen und
mzuträglichkeiten geführt haben, besonders in den
Szchulen und im internationalen Verkehr. Den
zundesregierungen war die Frage zur Beantwort⸗
ing vorgelegt worden, ob die deutschen Größenbe⸗
eichnungen im Verkehr und Schulgebrauch eine
lche Verbreitung gefunden resp. behalten hätten,
aß ihre Unterdrückung bedenklich sein würde. Fast
immtliche Bundesregierungen haben sich für eine
ersetzung der Doppelgleichheit durch einen einheit⸗
chen Begriff ausgesprochen. Ferner liegt es in
ꝛer Absicht, älle diejenigen Maß- und Gewichts⸗
roͤßen, welche dem reinen dezimalen und metrischen
?ystem zuwiderlaufen (z3. B. Liter, A Helto-
iter u. s. w.), zu beseitigen, weil der Gebrauch
eser Maß⸗ und Gewichtsgrößen seit Einführung
er dezimalen Münzrechnung sowohl im praktischen
is im wissenschaftlichen Verkehr zu Unannehmlich⸗
iten geführt haben soll. Es war in Erwägung
ekommen, ob es sich mit Rüchsicht auf die weite
erbreitung der erwähnten Maß- und Gewichts
cößen, sowie auf die größere Bequemlichkeit der
)albirungstheilung für den kleineren Verkehr em⸗
thlen würde, die Anwendung derselben, sei es so⸗
t, sei es erst nach einer Reihe von Jahren, zu
ntersagen. Es hat aber den Anschein, als ob be⸗
aglich der Frage wegen Beseitigung der dem reinen
zimalen und metrischen System zuwiderlaufenden
daß und Gewichts heile unter den Bundesregier-
sich Meinungsverschiedenheiten herausgestellt
Ausland.
Die Franzosen machen einmal wieder eine
hauvinistischeHundstagsperiode durch.
der freche Zuruf des Reichstagsabgeordeten für
Netz, Antoine an den Statthalter von
xlsaß⸗ Lothringen hallt jetzt durch die Blätter. Das
z„ystem Manteuffels bezeichnet die „France“ als
das der heuchlerischen Milde“ und aennt es „ge—⸗
heitert wie alle früheren“; „unsere Provinzen“
üämpfen gegen die Germanisirung, „was um so
nerkwürdiger ist, als eine der Provinzen deutscher
5prache und die andere gemischter Rasse ist'. Die
France“ fügt noch hinzu: „Als man Ludwig XIV.
in Reiterstandbild auf dem Platze der Siege er⸗
richtete, stellte man an den vier Ecken des Fußge-
telles Sklaven in Ketten auf, welche vier durch
»en König seinen Staaten einverleibte Provinzen
zezeichneten. Als die Revolution kam, war die
erste Sorge des Pariser Volkes, die Wegnahme
her benannten Statue zu verlangen, weil kein Theil
Frankreichs ein Sklave sein dürfe.“ — Es ist recht
eitgemäß, daß an diese Zuftände erinnert wird:
ils Sklaven in Ketten wurden Diejenigen bezeichnet
ind behandelt, die von den Bourbonen vom
eutschen Reiche losgerissen worden, und die Nach⸗
ommen dieser befreiten Sklaven klagen heute über
eutsche Ketten und ihre heuchlerischen Schutheiligen
n Paris über vergewaltigtes Recht! „Ja, sie sind
itel genng, zu schreien: Frankreichs Niederlage von
870—71 ist für die ganze Welt die Gelegenheit
ines wirklichen Rückfalles in die Barbar ei!“ Die
rinverleibung Elsaß⸗ Lothringens beweist der, France“,
aß Bismarck kein großer Mann sei. Denn „das
noderne Frankreich, das vor Allem den würdigen
Frieden liebt, Frankreich, das eine von Siegen an⸗
efüllte Vergangenheit hat, Frankreich, das reich ist,
zrankreich, das gerecht ist, würde gezahlt haben ...,
tatt dessen wurde eine Rechtsverletzung begangen,
ind diese wird auf Europa lasten bis zu dem Tage,
vo sie beseitigt ist.“ Eine solche Sprache ist Wahn⸗
vitz, aber ein Wahnwitz, der mit brennender Fackel
ingeht und Brand stiften will. Wenn es noch
es Beweises bedürfte, was diese Antoine und Ge⸗
jossen im Schilde führen, die so heftig über Rechts⸗
zerietzung schreien, so würde die Sprache der „Re⸗
orme“, der „France“ u. s. w. denselben leisten.
Bayonne, 19. August. Nachrichten aus
Nadrid bon gestern melden: Da die Ruhe in ganz
5panien wieder hergestellt scheine, so habe die Gen⸗
armerie wieder ihre früheren Cantonnements be⸗
ogen. In Catalonien sei keine Bande Aufständischer
nehr vorhanden.
Konstantinopel, 17. August. Der Palä⸗
tina⸗Kanal. Admiral Sir Edward Inglefield, welcher
»as englische Consortium zur Anlage eines Schiff⸗
ahrts· Canals durch Palestina veriritt, ist hier ange⸗
ommen. Er wurde im Palaste äußerst freundlich
nufgenommen, da Musurus Pascha das Projekt schon
rüher sehr warm empfohlen hatte. Auch der Sultan
sat, wie verlautet, eine sehr günstige Meinung für
ie Angelegenheit, da die Türkel, durch Eröffnung
ines Wasserweges in das Rothe Meer vom Suez⸗
anal unabhängig werden würde.
veihe hatte sich in ganz besonderem Maße der Gunsl der
Witterung zu erfreuen und verlief in der schönsten
Weise. Der Besuch derselben, besonders von hier,
var ein sehr zahlreicher und sollen die Gäste unter
den Vorräthen in Küche und Keller der Herren
Wirthe recht tüchtig aufgeräumt haben.
— In der Kunstausstellung des Herrn A.
Donecker in Mannheim ist eine seltene Skulptur⸗
arbeit in Alabaster ausgestellt, welche die Aufmerk⸗
amkeit aller Kunstfreunde in hohem Maße auf sich
iieht. Diese Skulptur stellt, wie wir der „Pf. Z.“
ntnehmen, die Abnahme des Leichnams Christi vom
dreuze dar und stammt aus dem Jahre 12483, in
velcher die sehr reiche und kunstsinnige Gräfin Elisa⸗
»eth von Blieskastel das idyllisch gelegene Thal
»on Bliesmengen „aus Dankbarkeit für die Befrei⸗
ing von einem ebenso gefährlichen als hartnäckigen
Uugenübel“ zu Ehren Mariens mit einem Gottes⸗
sause schmückte, welches sie mit Kunstschätzen reich⸗
ich ausstattete. Elisabeth war die Erb⸗Tochter des
Hrafen Heinrich von Blieskastel (Luneville'sche Linie)
ind dessen Gemahlin Agnes (Tochter des Grafen
kberhard von Sayn) und in erster Ehe mit dem
Hrafen Berthold von Salm vermählt, welcher vom
dochstifte Metz mit der Grafschaft Blieskastel belehnt
vurde. Das von ihr im Jahre 1278 während
hrer zweiten Ehe mit Reinald von Lothringen,
yerrn zu Bitsch und Stenay, Graf von Blieskastel,
estiftete Kloster „Gräfinthal“ wurde im Jahre
420 vom Grafen zu Eberstein feindlich überfallen,
eplündert und in Asche gelegt; die abhanden ge⸗
ommenen Urkunden und Güter aber (1421) wieder
zroͤßtentheils ersetzt. Viele Gegenstände blieben je⸗
och in fremden Händen. Der erwähnte Gegenftand
st sowohl hinsichtlich seiner künstlerischen Ausführ⸗
ing als seines hohen Alters wegen von hohem In⸗
eresse. Derselbe befindet sich in dem Besitze des
Telegraphen⸗Assistenten Ant. Colling in Ludwigs⸗
jafen a. Rh.
— Zweibrüden, 20. August. In der ver⸗
jangenen Nacht zwischen 12 und 1 Uhr ist das
zier garnisonirende 2. Bataillon des 18. Inf.Rgts.
»er Bahn zu den Herbstmandvern abgerückt.
— In Trulben ist kuͤrzlich Nachts gegen
12 Uhr ein Wohnhaus, welches schon längst orts⸗
zekannt baufällig war, buchftäblich eingestürzt und
jat die Insassen, zwei arme Familien, unter den
Trümmern begraben. Das bischen Habe der Armen
st theilweise zerstört, doch danken sie der Vorsehung,
daß sie mit dem Leben davongekommen sind.
— Landau, 20. August. Heute Nacht 11
Uhr verließen mit klingendem Spiele die beiden hier
jarnisonirenden Bataillone unter zahlreicher Be⸗
zleitung der Einwohnerschaft unsere Stadt, um sich
zu den im jenseitigen Bayern stattfindenden Ma—
noͤvern zu begeben. Die Abfahrt fand um halb
1 Uhr statt.
— Ein lustiges Zigeunerstückel er—⸗
zählt die „Palatina“ in einem Artikel über „Zi⸗
gjeunerleben aus der Pfalz.“ Südlich von der
Madenburg, am Fuße des Berges, liegt die sog.
Thalmühle, dessen früherer Besitzer spät Abends
eine Truppe Zigeuner aufnimmt, bewirthet und be⸗
herbergt. Ein alter Stall dient als Schlafsaal.
Dda — plötzlich zu Mitternacht, entsteht Lärm und
schreckliche Lamentation unter dem Heidenvolke. Der
Müller sieht nach und — die steinalte Großmutter
var gestorben und bereits in einen Bretterkasten
ꝛingesargt. Man bat den Müller dringend, doch
zie Leiche bis etwa gegen Bergzabern zu fahren.
Der Müller froh, so leicht der Gäste los zu werden.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 21. August. Gestern feier⸗
en die hiesigen Hüttenarbeiter in der üblichen Weise
— durch Gottesdienst in der kath. Kirche — das
Fest ihres Schutzpatrons.
*St. Ingbert, 21. August. Die am Sonn⸗
ag und gestern stattgehabte Schnappbacher Kirch⸗