Full text: St. Ingberter Anzeiger

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x3t. Ingheyfer Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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VW 166. 
Montag, 27. August 1883. 
—18. Jahrg. 
Voslifti ht. vollständige Einigkeit der royalistischen Partei ge— 
Politische Uebersicht — ichert sei. Soleil führt aus, die Stunde sei noch 
iicht gekommen, zu sagen, welche weitere politischen 
Folgen der Tod Chambords haben könne. Das 
önigliche Haus in Frankreich sei mit ihm nicht 
zerschwunden. Die ältere Linie sei erloschen, die 
üngere lebe fort. Gaulois hält es für wahrschein⸗ 
ich, daß Graf Paris den Mächten das Ableben 
Fhambords durch ein bei solchen Anlässen unter den 
xürstlichkeiten übliches Schreiben notifiziren werde, 
belches aber den Journalen nicht mitgetheilt wer⸗ 
»en solle. Der Graf werde gleichzeitig erklären, 
zaß er die ihm durch die Geburt zustehenden Rechte 
ibernehme. — Die Generalräthe der Vendée und 
oire⸗infoͤrieure hoben gestern zum Zeichen der 
Trauer ihre Sitzungen auf. 
Der Feldzug der Franzosen in Anam droht auch 
ür die europäischen Stationen in China mancher⸗ 
ei Unannehmlichkeiten im Gefolge zu haben. Dem 
Reuterschen Büreau“ wird aus Honking vom 23. 
gemeldet: Es herrscht große Erregung in Folge 
ines Konfliktes zwischen einem europäischen Zollbe⸗ 
imten in Kanton und eingeborenen Kulis. Der 
Zollbeamte gab mehrere Revolverschüsse ab, tödtete 
inen Knaben und verwundete zwei Personen. Der 
zollbeamte wurde sofort verhaftet und wird vor 
Hericht gestellt werden. Man fürchtet, daß, wenn 
zie neue Niederlage der Franzosen in Tonking be⸗ 
annt wird, die feindselige Haltung der Eingeborenen 
segen die Fremden, welche durch das Vorgehen 
zrankreichs hervorgerufen ist, sich noch mehr zu⸗ 
pitzen werde. Es sind bereits Maueranschläge er⸗ 
hienen, welche die Bevölkerung zur Ermordung 
»er Femden auffordern. Auf Ersuchen des eng⸗ 
ischen Konsuls ist die englische Korvette „Swift“ 
heute nach Kanton abgegangen. 
schwer und ein paar Andere leicht verletzt wurden, 
Finer der schwer Verletzten ein zwölfjähriger Knabe. 
soll bereits gestorben sein. (Pf. J.) 
— Wie verlautet, beabsichtigt die Direktion der 
Pfälz. Bahnen zum Besuche der internationalen 
unstausstellung in München einen Extrazug mit 
Fahrtaxermäßigung am 13., 14. oder 15. Sep⸗ 
'ember zu veranstalten. Bei einer Betheiligung von 
300 Personen, zu welchem Zwecke die Statioenen 
Anmeldungen bis Ende ds. Mis. anzunehmin haben, 
werden einfache Fahrbillets innerhalb 14 Tage zur 
reien Rückfahrt berechtigen. 
Deutsches Reich. 
Der Artikel der Nordd. Allg. Ztg. gegen Frank⸗ 
ich ist dem Fränk. Cour. zufolge in Metz nicht 
lein in den Casernen, sondern auch an anderen 
oxten als Plakat angeschlagen worden. was großes 
uufsehen erregte. 
Als Beweis der Wirkung, welche der gegen Frank⸗ 
ich gerichtete Warnungs-Artikel der Nordd. Allg. 
ig. in den Reichslanden hervorgerufen hat, 
zeͤen wir einige Stellen aus der in Mezz erschei⸗ 
enden Lothringer Zeitung mit. Das Blatt schreibt: 
die Bestürzung unter dem französisch redenden 
heil unserer Mitbürger war die denkbar höchste. 
us Wort „Krieg“ schwebte auf Aller Lippen, man 
m wiederholt auf unser Redaktionsbureau, um 
agstboll zu fragen, ob der Krieg bereits erklärt 
id ob es noch Zeit sei, sich naturalisiren zu 
ssen. Letztere Frage ist auch ganz natürlich, da 
ele fich als Ausländer hier aufhaltende Personen 
aLande Grund und Boden besitzen. Unter diesen 
nat die Furcht auch am größten. Der Rückschlag 
wein allgemeiner, und während Antoine bisher 
och von der Mehrzahl vertheidigt wurde, ist et 
zt nach allgemeinem Urtheil der Sündenbock. Man 
lärt, wo man es hören will, daß dieser der 
ienn nicht sei, dem man eine verantwortliche und 
eworragende Stelle anvertrauen könne.“ 
Ausland. 
Paris, 25. August. Der Ministerpräsident 
erry wird morgen auf zwei bis drei Tage hier 
wartet. Der Temps dementirt, daß Waddington 
ute von London hierher berufen worden sei. Wad⸗ 
ngton habe sich direkt nach Laor. begeben, um 
n Generalrathssitzungen beizuwohnen und wird 
aris erst in einigen Tagen passiren. Der Temps 
il wissen, daß Verstärkungen nach Cochinchina 
hen würden. Ein Bataillon Infanierie und eine 
otterie würden sich nächstens in Toulon einschiffen. 
ie Journale theilen mit, angesichts der Unmög⸗ 
hteit, mit den disponiblen Mitteln die Küsten 
m Annam und Tonkin wirksam zu blokiren, be⸗ 
tänke sich Admiral Courbet auf die Blokirung 
n Turan. Hue, des Teltas, des Rothflusses und 
io. — Der Temps meint, es werde eine schärfere 
cennung als vor dem Tode des Grafen Cham⸗ 
id innerhalb der royalistischen Partei, zwischen 
n monarchischen, ultramontanen und bourbonischen 
lementen eintreien. Der Francais erklärt, der 
taf von Paris werde gemäß der historischen Tra⸗ 
sion den Familie namen Orleans ablegen und 
n Familiennamen Bourbon annehmen. Die Roya⸗ 
en würden weder getheilt noch zerstreut; diese 
den Theile der Conserbativen Frankreichs aufge⸗ 
iat aber ihre Fehler und durch ihr Unglück, seien 
uftighin einig. Die Zukunft scheine nicht mehr 
neifelhaft. Die Royalisten hielten an der Ueber⸗ 
anng fest, daß ein Umschwung komme, die Ver⸗ 
unq berechtige, eine Revision vorzusehen und an— 
Vermischtes. 
F München. Herr Josef Beraz, der vielfach 
zenannte Quellenfinder, welcher vor einem Jahrzehnt 
zuerst die öffentliche Aufmerksamkeit erregte und 
eitdem durch zahlreiche glückliche Resultate seinen 
sdamen bekannt machte, hat neuerdings einen Schritt 
orwärts gethan. Er ist, anfänglich durch einen 
Zufall angeregt, dann durch mehr als zweijähriges 
Forschen zu der Ueberzeugung gelangt, seine Wissen⸗ 
chaft auch auf unterirdische Metalle, insbesondere 
ẽdelmetalle in Anwedung bringen zu können. Nach 
einer Aussage vermag er das Vorhandensein von 
anterirdischem Eisen, Silber und Gold mit sicherer 
Angabe der Tiefe zu bestimmen. Dadurch könnte 
nancher in Kriegsläuften vergrabene Schatz oder 
onst verlorenes und verstecktes Geld, Kleinod u. 
»gl., ebenso aber auch Erzadern und Metallgänge 
auf die leichteste Manier zu nützlicher Kenntniß ge⸗ 
angen. Das klingt freilich etwas schatzgräberlich, 
st aber, nach Aussage des Erfinders, mit wissen⸗ 
chaftlicher Sicherheit und am besten durch den 
veiteren Erfolg zu beweisen. Was Beraz' Thätig⸗ 
eit als „Quellenfinder“ betrifft, so hat derselbe zu 
einer und der Betroffenen Freude einen überraschend 
länzenden Erfolg erzielt. Zu Rath gezogen von 
)er nächst Meran gelegenen wasserarmen Gemeinde 
Algund, bezeichnete Herr Beraz nach einem unge⸗ 
ähr zweistündigen Rundgang auf einer etwa 600 
Fuß über Algund gelegenen kahlen Felsplatte das 
Borhandensein einer Quelle in einer Tiefe von 472 
Fuß. Festvertrauend auf die Richtigkeit seiner Aus⸗ 
age, welche auch in der Nachbarschaft mit Erfolg 
sekrönt gewesen, hob die Gemeinde an, durch den 
Fels einen Tunnel zu treiben, welcher nach acht⸗ 
nonatlicher Arbeit, und nachdem derselbe gerade die 
Tiefe von 469 Fuß erreicht hatte, auf ein 
ustiges Bächlein stieß, welches nun in Form 
ines kleines Wasserfalles hervorbricht und 80 
aufende Brunnen mit dem vortrefflichsten Wasser 
peist! Die dankbare Gemeinde hat das Lob ihres 
Vohlthäters urkundlich besiegelt und in Blättern 
zerkündet. Wünschen wir unserem Wunderthäter 
noch viele ähnliche Erfolge und daß er mit der Zeit 
nuch das goldene Vließ oder den Nibelungenhort, 
venn nicht gar den Stein der Weisen noch finden 
möge! 
F Elversberg, 25. August. Heute Nacht 
zrannte hierselbst ein Haus vollständig nieder. Wie 
vir hören, wurden auch die noch im Ofen der Voll⸗ 
kommenheit entgegen reifenden „Kirbekuchen“ ein 
Raub der Flammen. (S.⸗, u. Bl.⸗Ztg.) 
FSt. Johann, 24. August. Die hiesigen 
Gemüsehändler, welche gestern nach Metz zum Einkaufen 
kamen, mußten unverrichteter Sache wieder heim⸗ 
lehren; die dortigen französisch gesinnten Gemüse⸗ 
gärtner waren vollauf nur mit der Politik beschäf⸗ 
gt und brachten deshalb nichts zu Markt: di— 
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Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 27. August. Das am 
Samstag zu Ehren des Geburts⸗ und Namensfestes 
3. Maj. des Königs im „Hotel zur Post“ stattge⸗ 
jabte Festessen war recht zahlreich besucht. Im 
zerlaufe desselben brachte Herr Bürgermeister 
zuster ein dreifaches Hoch auf S. Maj. König 
'udwig II. aus, in das alle Anwesenden begeistert 
instimmten. Die Stimmung während des Fest⸗ 
ssen war eine recht animirte. Küche und Keller 
des Herrn Conrad waren gleich lobenswerth. 
— Dem Organist und Gesanglehrer Lützzel 
in Zweibrücken wurde der Titel Musikprofessor 
verliehen. 
-Se. Maj. der König geruhten, den Titel 
ines Kommerzienrathes dem Direktor der badischen 
Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen, Dr. 
zarl Clemm, und dem Direktor der Zuckerfabrif 
Frankenthal, Karcher in Frankenthal, zu verleihen. 
— Seine Exzellenz der kgl. Staatsrath und 
Regierungspräsident v. Braun ist am Abend des 
24. ds. aus Urlaub nach Speyer zurückgekehrt 
ind hat die Leitung der Geschäfte der kgl. Regier⸗ 
ing der Pfalz wieder übernommen. 
— Frankenthal, 25. August. Wie man 
»em „Frkth. Tagbl.“ mittheilt, sollen von den 18 
dandidaten, die jüngst hier das Gerichtsschreiber⸗ 
Framen machten, 16 dasselbe bestanden haben. 
— Ludwigshafen, 25. August. Bei 
em Festgeläute in der kath. Kirche ereignete sich 
eute Morgen leider ein schwerer Unglücksfall, indem 
as Achsenlager der größten Glocke des südlichen 
qzurnies brach und die schwere Glocke bis auf den 
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ehen. 
garis, 25. August. Die republikanischen 
heben hervor, mit dem Grafen Chambord 
vie Doktrin des Königlichen Rechtes von Gottes 
naden verschwunden. Die Ropublique frangaise 
xint, unter den gegenwärtigen Umstaͤnden sei der 
n kein politisches Creigniß. Journal des Débats 
nerlt, dieser Tod könne das republikanische Re— 
e welches durch die überwiegende Majorität des 
des angenommen sei, nicht erschünern. Die 
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